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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.06.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188806146
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880614
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880614
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-06
- Tag 1888-06-14
-
Monat
1888-06
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.06.1888
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Nr. 13b. — 8. Jahrgang. D« jeden Wochentag Abend (mit Datum »e» folgende» Tages) zur Versendung «langende „sächsische Lanves-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter- Haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Psg., bei denPost-Anst. 75 Pf. (1888er ZtgS.-PreiSlist- Nr. 5035.) Für Abonnenten erscheintje einmal im Jahr: Sommer-Eisenbahiifahrvlanheft für Sachsen. «inter-Eisenbahiisahrplanbcft für Sachsen. Iünstr. «alcnder de» Sächsischen Landboten. Jllustrirtes Jahresbnch des Landes-Auzeigers. SSchsischer Lüllilks-Ailskisskr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen nnd Thüringen. Donnerstag, 14. Jnni 1888- LeiWiederhvlung großer Anuonceri» Bei Bestellungen von Auswärts wolle ma JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifügest «e 8 SilbmEorpuSschrist bilden ca. IZeive.) » Annoncenannahm« nur bi» Bormittag. keckli: Mk«dn Niest. Buchdrnckrrrt, Chemnitz. Theaterstrab« 5 (Fernsprechstelle Nr. 18«). Telegr -Adr-: LandeS-Anzeiger, Themnijtz, Mit täglich einem besonderen Unterhaltnngsblatt: 1. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. Jllnsirirtes Unterkaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — Crtra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch« Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde beute auf Folium 3003 verlautbart, daß Frau Auguste Ernestine verw. Fleck in Chemnitz die Firma W. Höffert daselbst aus dem Nachlasse des bisherigen Inhabers derselben zur Fortführung übernommen hat. Chemnitz, am 7. Juni 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 12. Juni. Wien. Das „Vaterl." bespricht die Puttkamerkrise in hämi schem Tone; cs sei möglich, daß auch Gotzler fällt. Damit müsse sich aber der trennende Eiser in der Nähe des Monarchen bescheiden, es sei denn, daß es noch gelänge, an Stöcker das Müthchen zu kühlen. Der heimische Liberalismus werde sich enttäuscht sehen und begreife» müssen, daß er auf dem Aussterbeetat stehe. — Der „Pol. Corr." wird aus Konstantinopel gemeldet, daß der Großvezicr den Vertreter Bulgariens, Or. Vulkowitsch, aufgefordert hat, eine» neuen Entwurf zu einer bulgarisch-türkischen Eisenbahn-Convention auszu- arbeiten. vr. Vulkowitsch kam diesem Wunsche nach und der Ent wurf liegt nun der Begutachtung der Regierung in Sofia vor. Bis zum Einlangen der Antwort sind die Unterhandlungen vertagt. London. Der Prinz von Wales hat infolge der Nachrichten über das Befinden des Kaisers Friedrich die Prozession anläßlich des Rennens in Ascvt abbestellt. Potsdam, 13. Juni, Mittags. Das heute ausge gebene Bulletin über das Befinden des Kaisers sagt: Der hohe Kranke hat nach guter Nachtruhe wieder leichteres nnd ruhigeres Athmen, die Ernährung geht leichter von statten, der Kräfteznstand ist bester. Herrn von Puttkamers Nachfolger. HI Chemnitz, den 13. Juni. Er ist noch nicht gefunden oder doch sein Name wenigstens noch nicht authentisch bekannt gegeben. Freilich wollen die „Börsen-Ztg.", die „Vossische Ztg.", der „Berliner Börsen-Courier" und das „Berl. Tgbl." wissen, daß der geheime Oberregierungsrath Freiherr von Zedlitz-Neutirch, augenblicklich Vortragender Rath im Ministerium für öffentliche Arbeiten, zum Nachfolger Puttkamers ausersehen sei. Von anderer Seite wird diese Nachricht allerdings dementirt und es heißt, daß der Lberpräsident Graf von Zedlitz-Trützschler die Nachfolgcschaft Puttkamers antreten werde. Auch das „Deutsche Tgbl." ist dieser Meinung. Nun gleichviel, vorläufig bedarf Kaiser Friedrich, wenn auch keine dirccte Verschlechterung in seinem Gesammtbefinden einge treten ist, doch etwas der Schonung, und die Verhandlungen über die Persönlichkeit des neuen Mitgliedes des preußischen Staats- Ministeriums können also nur langsam geführt werden. Wer nun aber auch der neue Minister sein mag, jedenfalls wird cs ein Mann sein, welcher in den Rahmen des Ministeriums Bismarck hineinpaßt, und daß dem so sein wird, darüber macht sich auch Fürst Bismarck keine Gedanken weiter. Alle, die ihn am Sonntag in Potsdam ge sehen, rühmen, daß Aussehen und Stimmung des Reichskanzlers sehr gut gewesen, und aus Friedrichskron selbst wird berichtet, daß der Fürst vom Kaiser und der Kaiserin mit der größten Freundlichkeit empfangen worden ist. Die „Nordd. Allg. Ztg." berichtete, auch dem Reichskanzler sei der Rücktritt des Herrn von Puttkamer unerwartet gekommen; das ist doch wohl nur so zu verstehen, daß Fürst Bis marck keine vfficielle Kenntniß von den Vorgängen hatte, was mit anderen Worten heißt, er wollte sich nicht in die Angelegenheit hineinmischen. Daraus ergiebt sich zur Genüge, daß die Thätigkeit des Kaisers in der inneren Politik für den Fürsten Bismarck kaum jemals Anlaß zu einem Rücktrittsgesuch wird bieten können. Kaiser Friedrich ist kein Freund von radicalen Umwälzungen, das zeigt sein Programmel laß an den Fürsten Bismarck; für ihn handelt es sich nur um weiteren Ausbau des Bestehenden, Rcformirung dessen, was verbesserungsbedürftig ist. Wenn Herr von Puttkamer jetzt schon, in der politisch-stillen Zeit, wo kein Zwang vorlag, sofort zurückzutreten, sein Entlassungs gesuch eiureichte, so lag dem unzweifelhaft die Ueberzeugung zu Grunde, daß seine Wirksamkeit doch nicht mehr von langer Dauer sein werde, daß der Kaiser andere Wege, als die bisher von ihm verfolgten, eiuschlagen werde. Wie die „Norddeutsche" mittheilte, hat der Kaiser in seinem ersten Erlaß an den Minister keine Recht fertigung Herrn von Puttkamer'S verlangt, sondern einfach betont, daß die Freiheit der Wähler auf das Sorgfältigste zu achten sei, und die behördlichen Organe sich unbedingt alles dessen zu enthalten hätten, was als Wahlbeeinflussnng zu deuten wäre. Herr von Putt kamer hat in feiner Eingabe diesem Prinzip, wie ferner die „Nord deutsche" sagt, durchaus zugestimmt; darnach muß also das zweite Schreiben etwas ganz Besonderes enthalten habe». Trotzdem wäre aber doch wohl ein Ausgleich der Gegensätze über diese Frage er folgt, wenn nicht eben der Minister erkannt hätte, sein Verbleiben im Amt werde doch kein dauerndes sein. Sein Nachfolger wird keine leichte Stellung haben. Das gewaltige Beamtenthum, welches zum Ministerium des Innern gehört, folgte selbstverständlich auf das Ge naueste den Grundsätzen seines bisherigen Chefs; nun sollen auf ein mal andere Prinzipien zur Geltung gelangen, und wenn auch den Weisungen des neuen Ministers des Innern, die den Intentionen des Kaisers entsprechen, gewiß unbedingte Folge gegeben werden wird, Zustände, die sich in einem halben Dutzend Jahre gebildet, sind nicht sofort auf den Kopf gestellt. Die vornehmste Aufgabe des neuen Ministers des Innern in der nächsten Zeit soll sein, die Wahlfrciheit bei den bevorstehenden Wahle» zum preußischen Abgcordnetenhause in strengster Weise auf recht zu halten. Zum ersten Male erfolgt die Wahl der Abgeord neten auf die Dauer von fünf Jahren, schon dadurch gewinnen die selben eine erhöhte Bedeutung. Wir brauchen aber nicht daran zu zweifeln, daß, wie oben schon angedeutet, Kaiser Friedrich auch Re formen für Preußen plant, die sich besonders im Gebiete der Ver waltung und der Finanzen bewegen werden. Wer jetzt den vorstehend schon erwähnten Programmerlaß des Kaisers nochmals durchlieft und zwar recht genau, der wird finden, daß die Ereignisse seit dem Thron wechsel manches Wort klar stellen, welches bei der Publikation über sehen oder unrichtig gedeutet wurde. Daraus erklären sich auch die Gerüchte, der Finanzminister von Scholz wolle feinen Abschied neh» men. Die Gerüchte sind nicht beglaubigt und werden vielleicht auch nie zur Thatsache werden; was aberThatsache werden wird, ist, da auch in die oft begonnene und stets unvollendet gebliebene Steuer reformgesetzgebung in Preußen ein neues Tempo kommen wird. Der Kaiser ist durch sein Leiden an der freien Aussprache verhindert und mehr auf eigene Denkthäligkeit hingewiesen. Daraus erklärt sich schon, daß er sich in sehr hohem Maße mit den Staatsangelegen heiten und seinen Reformideen beschäftigt. Diese Ideen sind nicht das Product der letzten Monate; der gereifte Kaiser trägt sich mit ihnen schon seit Jahren, und deshalb wird er auch Alles aufbieten, seine Lieblingsgedanke» durchzusetzen. Nicht ohne Absicht nahm Kron prinz Friedrich Wilhelm den Kaiser-Namen „Friedrich" an. Manches haben wir schon erfahren, und es wird noch mehr kommen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 13. Juni. Deutsches Reich. Aus Schloß Friedrichskron. Am Dienstag Vormittag ist folgendes Bulletin ausgegeben worden: „Bei Sr. Majestät dem Kaiser und König haben die Schlingbeschwerden zuge nommen, so daß die Ernährung schwierig wird. In Folge dessen fühlt sich Se. Majestät schwächer als bisher. Mackenzie, Wegener, Krause, Hovell, Bardeleben, Leyden, Senator." Wenn sich der Zu stand des Kaisers somit seit der Nacht zum Dienstag leider etwas verschlechtert hat, so ist doch noch keine direkte Gefahr vorhanden, und es läßt sich erhoffen, daß auch diese Beschwerden wieder vorüber- gehen werden. Den Montag hatte der Kaiser noch bei leidlichem Wohlbefinden und unter Entfaltung emsiger Thätigkeit verbracht; nur die Abendspazierfahrt war auf den Wunsch der Aerzte abbestellt worden. Die Nacht war auch durch leichtes Fieber gestört, dtt Kaiser verließ aber Vormittags nach der Konsultation der Aerzte sein Bett, verweilte auf der Gartenterrasse, wo er den Besuch der Kronprinzessin empfing, und fuhr dann im Ponnywagen spazieren. Am Dienstag Nachmittag war übrigens nach erfolgtem Kanülen wechsel eine Erleichterung der Schlingbeschwerden eingetreten. Der Kaiser war nach längerer Ruhe wieder im Park. Abends war wieder größere Konsultation. Die Arbeitslust des Kaisers ist immer noch außerordentlich groß, der Appetit gering, die Kräfte sind gesunken. Wenig Fieber. — Ueber das Befinden des Kaisers schreibt die „Nah- Ztg.:" Das Befinden des Monarchen hat sich wieder beunruhigender gestaltet. Die Schlingbeschwerden dauern fort und haben sogar noch zugenommen; bei der Aufnahme flüssiger Nahrung verschluckt sich der Kaiser zuweilen, d. h. cs fließt von der Nahrung auch etwas in den Kehlkopf und ruft starke, krampfartige Hustenanfälle hervor. Wenn dies schon für einen gesunden Menschen unangenehm ist, so ist es für einen Patienten mit krankem Kehlkopf besonders belästigend. In Folge dessen bereitet die Aufnahme der Nahrung, welche jetzt ohnehin auf flüssige und breiige Speisen beschränkt ist, gewisse Schwierigkeiten und erfordert besondere Vorsichtsmaßregeln. — Die „Post" meldet: „Das Befinden des Kaisers ist leider kein günstiges. Das neueste Bulletin läßt keinen Zweifel mehr übrig, daß wir vor einer neuen Krisis stehen, die noch viel ernster aufzu fassen ist, als die in Charlottenburg. Es scheint jetzt doch die Speise röhre in Mitleidenschaft gezogen zu sein, da die Ernährung, wie das Bulletin sagt, Schwierigkeiten bereitet. Ob gegen diese Schwierig keiten die Anwendung einer Schlundsonde zu erwarten ist, mittels der die Nährstoffe dem Magen direkt zugeführt werden, ist aus dem Bulletin nicht ersichtlich. Trotz aller Beschwerden zeigt der Kaiser doch außerordentliche Arbeitslust. In der Nacht zum Dienstag hat die Kaiserin selbst mit vr. Hovell und dem ganzen Personal den Nachtdienst übernommen." — Die „Voss. Ztg." schreibt: „Wie wir hören, beruhen die Schlingbeschwerden auf dem mangelhaften Schluß des Kehldeckels; die Speiseausnahme ist dadurch wesentlich erschwert. Die Körperkräste sind nicht mehr so günstig wie bisyer." — Priva tim wird aus Potsdam gemeldet: „Die jetzige Verschlechterung im Befinden des Kaisers ist sehr schnell gekommen. Es besteht die Mög lichkeit, daß die Speiseröhre ergriffen ist, wenn auch noch kein Beweis dafür erbracht ist oder erbracht zu sein scheint. Ist die Speiseröhre in Mitleidenschaft gezogen, so werden schließlich die Speisen direkt dem Magen zugeführt werden müssen. Auch jetzt hängt, gerade wie in Charlottenburg, Alles davon ab, den Kaiser bei Kräften zu er halten und ein stärkeres Fieber zu verhüten. Eine direkte Gefahr für das Leben des theuren Herrn erscheint zur Stunde nicht vorhan den. Der Besuch von Homburg wird wahrscheinlich aufgcgeben werden, oder kann doch erst später stattfinden. Es wird längerer Zeit bedürfen, nach einer Ueberwindung des Anfalles den Kaiser wieder zu Kräften zu bringen." — Der Kronprinz stattete dem Reichskanzler Fürst Bismarck einen Besuch ab und empfing am Dienstag Abend den zu kurzem Aufenthalt in Berlin eingetroffeuen König Oskar von Schweden. — So lange Fürst Bismarck in Berlin anwesend ist, ruht die Thätigkeit des Vicepräsidenten des Staatsministeriums, welche dem Minister des Innern von Puttkamer übertcagen war; in Behinderung des Fürsten Bismarck würde das älteste Mitglied des Staats ministeriums, der Minister für die öffentlichen Arbeiten, von May bach, den Vorsitz führen. — Der Chef des Civil-Kabinets Kaiser Friedrichs, Wirkl. Geh. Rath von Wilmowski, hat aus Gesundheitsrücksichten seinen Abschied erbeten. Das Gesuch hat die Genehmigung des Kaisers erhalten und Herr von Wilmowski wird bereits am 1. Juli seine jetzige Stellung verlassen. Derselbe hatte schon wiederholt auf Grund eines Mabel Meredith's Liebe. Novelle von Mrs. Leith Adams. Autorisirte Uebersetzung von M. D. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». Seit jenem verhängnißvollen Abende habe ich auf meinen Reisen in den verschiedensten Ländern viele talentvolle Spieler und Spieler innen gehört, niemals aber ein fertigeres und scelcnvollercs Spiel, als das von Mauck Vandeleur. Sie verstand es, den Saiten die herrlichsten Töne zu entlocken, sie wußte alle Empfindungen des menschlichen Herzens wiederzugeben in diesem Liede ohne Worte, welches sie jetzt vortrug. Auch ich fühlte mich wunderbar berührt und merkte, daß un bewußt meine Augen sich mit Thränen gefüllt hatten. Tief in meinen Herzen aber empfand ich die erste Regung eines Schmerzes, den bisher im Leben ich nicht gekannt hatte und den die ergreifenden Töne einzuläuten schienen. Meinen Verlobten jetzt an meiner Seite vermissend, blickte ich mich nach ihm um und sah ihn neben der lieb lichen Spielerin stehen, zu der in diesem Augenblicke er sich nieder beugte - Bewunderung im Auge, die lebhafteste Erregung in allen seinen Gesichtszügen. ^ Der Herbst ist in Schottland fast immer eine schöne Jahreszeit; die Lust ist meistens klar und heiter und von dem frisch durchsichtigen Himmelsblau strahlt noch warm und mild die Sonne auf die Erde herab, die sich zur Winterruhe vorbereitet. In der Natur aber geht langsam und sicher das Absterben vor sich; das Laub der Bäume und Sträucher nimmt die verschiedensten Färbungen an, vom hellsten Gelb bis zum dunkelsten Braun, und nur wenige Blätter bewahren sich bis zum Eintritte des Reifes, des Nebels und des Winters ihr ursprüngliches Grün. Mit diesen und den verschiedenen rothen und schwarzen Beeren, die mir die Haide und die nahen Waldungen lieferten, habe ich stets zur Herbstzeit unsere Zimmer ausgeschmückt, und Tante Janet und Nannie haben nie vergessen, mir ihren Beifall ju erkennen zu geben. In diesem Jahre aber suche ich nicht nach de» glänzenden rothen und schwarzen Beeren, nicht nach den Blättern, die noch in frischem Grün vorhanden sind, es würde mir keine Freude gewähren, unsere Zimmer zu schmücken, und Niemand würde sich über deren herbstlichen Schmuck freuen. Denn in WhitegateS war es still und traurig geworden, die ulternde Herrin lag krank darnieder und nur in Flüstertönen wagte ihre Umgebung zu sprechen, während wir leise die breite Treppe auf- und abgingen und Nannie und ich uns besorgt umblicktcn, doch keinen Trost für einander hatten. In ihrem langen Leben hatte Tante Janet sich stets der besten Gesundheit zu erfreuen gehabt, jetzt aber war sie, wie bereits gesagt, ernstlich erkrankt. Mit jedem Tage nahm ihre Schwäche zu und sie prach nur noch mit leiser, flüsternder Stimme. Seit dem Anfauge ihrer Kranheit war es mir aufgefallcn, daß sie mich mit ungewohnter Milde nnd Zärtlichkeit behandelte, und als ich eines Abends ihr aus ihrer großen Bibel vorgelesen und diese, da es zu dämmern be gann, beiseite gelegt hatte, versuchte sie mein Gesicht zu erreichen, und als ihr das gelungen war, ließ sie ihre Hand sanft und zärt lich über meine Wangen gleiten und sagte mit matter, kraftloser Stimme: „Ich habe Dich von jeher mehr geliebt, als Du glaubst, Kind, denn wir Frasers sind nie für viele Worte nnd Betheucrungen ge wesen. Bin ich Dir auch wohl hart und streng erschienen, so hast Du doch meinem Herzen sehr nahe gestanden, und Gott der Herr schütze und bewahre Dich vor jedem Unglück und allem Leid!" Bei diesen Worten, die mich tief gerührt hatten, waren Thränen in meine Augen getreten, ich hatte ihre weiche Hand ergriffen, die unsicher von meinen Wangen abgeglitten war, und hatte leise einen Kuß darauf gedrückt. Diese Krankheit, welche der Arzt unseres Dorfes mit keinem Namen zu bezeichnen wußte, war unmerklich herangekommen. Lange hatte Tante Janet gegen alle Zeichen und Vorboten des kommenden Alters gekämpft und sich gegen diese gesträubt, bis endlich sie eines Morgens Nannie erklärt hatte, im Bette bleiben zu wollen, worauf diese eiligst und voll Bestürzung in meinem Zimmer erschien und mir diese ungewohnte und ungeahnte Mittheilung machte. Von dem Tage an hatte ihre Schwäche zugenommen; wir befolgten fast ängst lich die Vorschriften unseres Arztes, sahen aber keinerlei Veränderung n ihrem Zustande eintreten und mußten uns nach und nach auf das Schlimmste gefaßt machen. Als ich eines Morgens Nannie am Kiichentische sitzen fand, trug ihr Gesicht unverkennbare Spuren von Thränen, und als ich sie nach der Ursache derselben fragte, erwiderte sie: „Ich habe an vielerlei gedacht, Miß Mabel — cs ist auch jetzt Zeit genug dazu in diesem stillen großen Hause, wo ich fast keine Arbeit habe und Niemand mich tadelt und mit mir zankt, weil die jenige, die es immer gethan, meine gute, alte Herrin, schwach und krank ist! — Auch an Sie habe ich gedacht, Miß Mabel —" hier wandten sich ihre Augen von mir ab — „denn es scheint mir, als ob Master Donald nicht so oft wie sonst dieses verödete Haus durch sein freundliches Gesicht erfreut, und das — das will mir nicht auS dem Sinne und hat niir zu denken gegeben," und sich erhebend verließ Nannie eiligst die Küche und ging zu ihrer kranken Herrin hinauf. Bis dahin hatte ich kaum gewagt, mein Herz zu befragen, welche tiefe Betrübnis) und Sorge außer dem Kummer um Tante Janet; mich täglich und stündlich erfüllte; die treue Nannie war die erste! gewesen, dem neuen Gefühle, welches so unerwartet mein Dasein be glückt, Worte zu verleihen, so war es ihr auch Vorbehalten, der bitte ren Wahrheit, welche ich bisher noch nicht den Muth gehabt hatte ins Auge zu fassen, Ausdruck zu geben. Bei Nannie's Worten zwar schmerzlich zusammenzuckend, wagte ich es dennoch nicht, diesen Schmerz beim richtigen Namen zu nennen, auch hatte Donald — zu kommen, mir versprochen nnd dies war eine Entschädigung für mehrere Tage stillgetragenen Kummers und Grams. Der Tag verfloß mir langsam genug und endlich näherte sich die Stunde, wo ich ihn erwarten konnte. Zweimal hatte Tante Janet mich mit leiser, schwacher Stimme gefragt: „Ist Donald ge kommen?" und jedesmal hatte ich ihre Flage verneinen müssen, da ich noch keinen bekannten Fußtritt, noch nicht das Oeffnen der großen weißen Gartenpforte vernommen hatte. Da meine Tante schlummerte, trug ich Nanni auf, in der Krankenstube zu bleiben, und begab mich in unser Wohnzimmer hinab, wo ich das Feuer zu einer lichten Flamme anfachte. Dann hüllte ich mich in ein großes blaues Tuch, welches Donald stets die graue Wolke nannte, setzte mich an de« Kamin, dem eine behagliche Wärme zu entströmen begann, und er wartete voll Sehnsucht, Sorge und Unruhe meinen Verlobten. Mit cinbrcchender Dämmerung erschien er. Ich hörte ihn die Thüre öffnen, durch die Vorhalle gehen, dann stieg er die breiten Stufen hinan und trat nach leisem Klopfen ein, ohne daß ich ihm wie sonst entgegen gegangen wäre. Bei seinem Anblicke durchzuckt« mich eine traurige Vorahnung und ich schreckte instinktiv vor der, nächsten Minute zurück, die schon mir diese verwirklichen konnte. Er kam zu mir und wir begrüßten uns, dann legte er seine Hand auf meine Schulter, neigte sein von Jugendmuth nnd Frohsinn
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