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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 25.06.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189906256
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990625
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990625
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-06
- Tag 1899-06-25
-
Monat
1899-06
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 25.06.1899
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145. 288S Kretverger Anzeiger und Tageblatt. Sekte 4. — 25. Junk Pf. hatte, denen an Ausgaben die Strohhutfabrik Reichel, das städtische Hierauf erstattete Frau Bergrath über die Arbeiten und die wich- Der VereinSsekrctär trug die noch Herrn Oberlehrer einer. Krüger, nach welcher der Verein eine Ein- vom früheren Kassenführer, abgelegte Jahresrechnung vor, nähme von 21899 Mark 47 für ihre opferfreudige und thatkräftige Leitung des Vereins im vergangenen Jahre, diese aber den Erschienenen für ihre Theil- nahme gedankt hatten. Der Vereinsvorstand trat hierauf zu einer Sitzung zusammen, um sich neu zu konstituiren. Der Erfolg war, daß Frau Bergrath Braunsdorf als Vorsteherin, Frau Amtshauptmann vr. Steinert als Stellvertreterin, Herr Superin tendent Hösselbarth als Schriftführer einstimmig wiedergewählt wurden. — Der hiesige Handwerkerverein unternimmt Montag, 3. Juli, einen Ausflug nach Dippoldiswalde. Früh 5 Uhr 55 Min. erfolgt von hier die Abfahrt nach Seifersdorf. Von dort aus Hause zu Dippoldiswalde ein geselliges Beisammensein mit dem dortigen Gewerbeverein. — Heute ist Johannistag. Gestern zogen Viele hinaus nach der Stätte des Friedens, um die Gräber theurer Verstor bener mit Blumen zu schmücken. Es ist ein schöner Brauch der Todten zu gedenken gerade zu einer Zeit, wo das Jahr aus seinem Höhepunkte angelaugt und das Lebe» in der Natur eben zur größten Entfaltung und höchsten Entwickelung gekommen ist. wandert man zu Fuß durch die Haide nach Dippoldiswalde. Am Vormittag wird daselbst die Strohhutfabrik Reichel, das städtische Elektrizitätswerk und die alte Kirche besichtigt. Dem Mittagessen, das im Goldenen Stern eingenommen wird, solgt im Schützen- — Der hiesige Fraucnverein hielt gestern im Saale des Kgl. Bergamts seine ordentliche Hauptversammlung ab, die zahl reich besucht war. Nachdem die Vorsteherin, Frau Bergrath Braunsdorf, die Anwesenden herzlich begrüßt hatte, erfolgte nach einer Ansprache deS Vereinssekretärs, Herrn Superintendent Hässelbnrth, die feierliche Prämiirung von 7 Dienstboten und 2 Aufwartungen, von denen 6 als Hausmädchen 7, bez. 14 Jahre, 1 als Kindermädchen über 3 Jahre, als Aufwartungen aber über 20 Jahre bei einer Herrschaft gedient haben. (Die Namen der Ausgezeichneten werden im Jnseratentheil der vorliegenden Nummer veröffentlicht.) Jede erhielt ein Diplom und ein Geldgeschenk in Höhe von 15 bezw. 10 Mark. Braunsdorf den Jahresbericht tigsten Ereignisse des Vereins. 21217 Mk. 34 Pf. gegenüberstehen, so daß sich ein Kassenbestand von 682 Mk. 13 Pf. ergiebt. An besonderen Zuwendungen sind hervorzuheben: 300 Mk. vom hiesigen Stadtrathc zur Unter haltung der Näh- und Strohflechtschule, 316 Mk. 96 Pf. Vcr- mächtniß der Frau Direktor Breithaupt, 300 Mk. von einer nicht genannt sein wollenden Dame als Weihnachtsstipendium zur Feier deS 60jährigen Jubiläums des Vereins gestiftet, 600 Nik. Vermächtniß von Frau Gerichtsrath Glöckner in Leipzig, 2000 Mk. von Frau Fabrikbesitzer Schippan, 78 Mk. Ertrag eines von dem Gesangverein „Liederkranz" zum Besten des Vereins gegebenen Konzerts. Im Namen des Vorstandes sprach der Herr Schrift führer für diese hochherzigen Spenden besonderen Dank aus, und die Erschienenen folgten gern seiner Aufforderung, sich zu Ehren der Heimgegangenen von den Sitzen zu erheben. Dieses geschah auch später bei Erwähnung der Stiftungen von Fräulein Olga Theone Zier und Frau Franziska Mathilde vcrw. Sprößig. Die Rechnung wurde, nachdem die Erledigung einiger Erinnerungen erfolgt war, einstimmig richtig gesprochen, und den Revisoren, Herrn Geheimen Bergrath Merbach und Herrn Oberlehrer Friedrich, sowie dem Kassensührer, Herrn Oberlehrer einer. Krüger, Dank ansgedrückt. Die ordnungsgemäß austcheidenden Vorstandsdamen, Frau Bürgermeister vr. Schroeder, Frau Amtshauptmann vr. Steinert und Frau Schulrath vr. Winkler wurden durch Zuruf einstimmig wiedergewählt. Da Anträge nicht-gestellt waren, wurde die Versammlung mit Ver lesung und Vollziehung des Protokolls geschlossen, nachdem der Herr Schriftführer der Vorsteherin, Frau Bergrath Braunsdorf, wendigen Fällen gemacht werden. Begleitberichte zu Zusammen stellungen, Uebersichten rc. fallen weg. An Stelle der wegsallendcn Personalakten für Beamte und Bedienstete sollen Personalbogen geführt werden. Bei jeder Dienststelle ist nur ein Aktenstück zu halten, m welches nur Schriftstücke von allgemeiner Bedeutung oder von dauerndem Werthe aufzunehmen sind. Damit geschieht von der Eisenbahnverwaltung ein weiterer erfreulicher Schritt zur Beschneidung des Bureaukratenthums und zur Entkleidung entbehrlichen Beiwerks bezüglich ihrer Verwaltungseinrichtunge». — Die Gerichtsferien dauern vom 15. Juli bis zum 15. September. Erledigt werden während dieser Zeit nur Strafsachen, Arrestsachen, Meß- und Marktsacheu, Wohnungs- streltiakeiten zwischen Miethern und Vermiethern, Wechselsachen und Bausachen, wenn es sich um Fortsetzung eines angesangeneu Baurs handelt. Auch Mahn-, ZwangSverstcigerungs- und Kon kursverfahren werden während der Ferien geführt. — Auf verschiedene Anfragen, ob der „Freiberger Anzeiger" auch eine Herabsetzung des Bezugspreises für die Poft- abonnenten eintreten lasse, theilen wir mit, daß die Post abonnenten bereits jetzt den Bezugspreis von 1 Mk. 80 Pfg. für das Vierteljahr an den Verlag unseres Blattes entrichte», wenn sie auch 2 Mk. 25 Pfg. an die Post bezahlen. Die 45 Pfg. Differenz pro Exemplar nimmt die Post — abgesehen von der Zustellungsgebühr — für ihre Vermittelung in Anspruch. Eine Herabsetzung des Postbezugspreises kann in Folge dessen nicht stattfinden. — Heute Vormittag fand an OberhuttenamtSstelle die all- lährlich zu Weihnachten und zu Johannis vorzunehmende VertheUung des Oberfchiedswarvcin Sicgharvt'schcn Legates sowie von für den Hüttenbesuch eiugcgangenen Elii- trittsgeldern statt, wobei an 130 Hüttenarbeiterwaisen 260 Mk. vertheilt wurden. — In der nächsten Mittwoch, 28. Juni, im Saale deS Hotels zum Schwarzen Roß stattfindenden Versammlung rcichStrener Wähler wird unser Reichstagsabgcorvncter Herr Georg Oertel Bericht erstatten über seine Thäbgkeck im Reichs tage. Herr vr. Oertel ist bereits gestern in Freiberg eingetrosfen: er wird auch in diesem Jahre mit seiner Familie den Sommer urlaub in seinem Wahlkreis verleben, und zwar zunächst in Mulda, später in Frauenstein. — Für das morgen Sonntag stattfiudende Schneckenberg- Aonzert des Jägermustkchors ist folgendes Programm aus gestellt worden: 1. Krönungsmarsch a. d. Op.: „Die Folkunger", von Kretschmer. 2. Ouvertüre z. Operette: „Flotte Bursche", von Supps. 3. Kaiserblumenlied, von Abt. 4. „Die Glocken von Corneville", von Metra. 5. Finale a. d. Op.: „Rienzi", von Wagner. 6. Marsch der sächsischen Leibgarde. — Deutsche Versuchsanstalt für Lederindustrie. Die Herren Gebrüder Denhardt, welche daS gegen Helgoland eingetauschte Witugebiet erforscht haben und auch aus den jüngsten Reichstagsverhandlungen wegen ihrer an das deutsche Reich ge stellten Schadenersatzansprüchen bekannt sind, statteten am vor gestrigen und gestrigen Tage der Deutschen Versuchsanstalt für Lederindustrie einen längeren Besuch ab. Welch tiefer, echt christlicher Sinn liegt darin! Wie alljährlich so widmeten auch in diesem Jahre am Vorabende des Johannis- ages die Mitglieder des Gesangvereins „Liederkranz" den Schlummernden unter den grünen Hügeln einige ernste Gesänge. Sie hallten weihevoll und von tiefer Empfindung getragen durch die Stille des Abends. Auf den beiden Freibergsdorfer Fried höfen ehrte der Freibergsdorfer Männergesangverein durch Ge sänge das Andenken der Tvdtcn. — Die Belastung vcr ans ven Kommunikations- Wegen Des Bezirks ver Amtshauptmannschaft Frei berg verkehrenden Fuhrwerke darf nicht mehr als 2500 Kilo betragen. Ausnahmen zu gestatten, sind die Gemeindevor stände und Gutsvorsteher befugt, die ihre bezügliche Genehmigung von dem Vorhandensein einer entsprechenden Breite der Radfelgen (mindestens 9,5—10 Centimeter abhängig zu machen haben. Die Königliche Amtshauptmannschast Freiberg bringt diese, in dem Erlaß vom 20. August 1894 enthaltenen Bestimmungen im amt lichen Theile vorliegender Nummer audcrweit zur öffentlichen Kenntniß. — Ter Centralausschnß für das IV. Wettlnbunves- schictzen 1900 in Freiberg hielt gestern Abend eine Sitzung ab, in der Herr Hosschncider Opitz zum stellvertretenden Vor sitzenden und Herr Baugewerke Zemmrich zum stellvertretenden Schriftführer gewählt ward. — In Bezug ans die in der letzten Nummer gebrachte Mit- tbeilnng über die Vorgänge während des Konzertes auf der Brauhostcrrasic am 21. Juni werden wir ersucht, unserem Leserkreise mitzuthcilen, daß die Mitglieder der Freiberger B u r s ch e u s ch a f t „Glückauf" sich an dem „studentischen Scherze" am Abende des GeUchtnißtages für unseren verewigten Altreichskanzler nicht bethciligt haben. — In einem „Bedenkliche Symptome" überschriebenen Artikel sagt die „Schles. Ztg.": „Dem größeren Theile der arbeitenden Klassen, welchem noch der gesunde Sinn für Er haltung der Staats- und Gesellschaftsordnung innewohnt, hat die Rechtsprechung nicht allgemein die nöthigc Rechnung getragen. Vielmehr läßt sich in manchen Fällen Nachweisen, wie vom Nichter stuhle aus das Ncchtsgcsühl des Volkes und somit eine der wichtigsten Grundlagen des Staates geradezu erschüttert worden ist. Das anschaulichste und erschreckendste Beispiel dieser Art ist neuerdings erst in Berlin voroelommen, wo in der Klagesache des „Vorwärts" die 4. Stafkammer des Landgerichts I gegen das Obcrlandesgcricht in Dresden erkannte, weil es „ost die Sozialdemokraten als minderen Rechts erklärt habe". Charakteristisch war anch bei diesem Urtheil die Jdentifizirung der „Angehörigen der Arbeiterklasse" mit „Sozialdemokraten". Wir haben hier ein Beispiel gerichtlicher Anarchie, desjengleichen — gerade in dieser Art — selbst das moderne Frankreich trotz aller seiner Rechts- Verwirrung nicht anfzuweisen hat. Dort herrscht nur der'Wider spruch zwischen militärischer und bürgerlicher Gerichtsbarkeit; bei uns erhebt sich ein bürgerliches Gericht wider das andere und be schuldigt es des Rechtsbrnches!" Die sächsische Forstakademie i n TharanVt ist iin gegen wärtigen Sommerhalbjahre von 82 Stndirenden besucht. Unter diesen befinden sich 21 Sachsen, 16 andere deutsche Rcichsange- hörige und 45 Ausländer. Die Besucherzahl hat sich in den letzten 5 Jahren um nahezu 40 Proz. vermehrt, trotzdem die Aufnahmebedingungen wesentlich verschärft worden sind. Zum Studium der Forstakadcnuier in Tharandt ist im Lause dieser Woche in nächster Nähe der Köhlcrhütte im breite» Grunde ein Meiler errichtet worden, der morgen Sonntag früh 7 Uhr in Brand gesteckt werden soll. Auf das vom Oberbürgermeister vr. Beck in Ehemnitz an den Kaiser gesandte Telegramm ging folgender telegraphischer Dank ein: „Herrn Oberbürgermeister Or. Beck, Chemnitz. Se. Majestät der Kaiser und König habe» Allerhöchst sich über die Meldung von der in Gegenwart Seiner Majestät des Königs von Sachsen nnd der Prinzen des königl. Hauses stattgehabten feierlichen Enthüllung des Reiterstandbildes des große» Kaisers sehr gefreut und beglückwünschen die Stadt Cbemnitz zu diesem schönen Monument dankbarer Pietät gegen de» hochseligen Herrn und seine Paladine. Auch lassen Seine Majestät für den freund lichen HuldigungSgruß der dortige» Bürgerschaft herzlichst daiiken. Auf Allerhöchsten Befehl von LncanuS, Geh. Kabiuettsrath." Das am Donnerstag m Gegenwart des Königs in Chemnitz geweihte Reiterstandbild Kaiser Wilhelms l. hat eine Höhe von 9,20 m, nämlich 4,55 w das Postament und 4,65 m die Reiter figur. ES beträgt die größte Länge des Postaments 6,44 m und die größte Breite 4,14 m. Die Höhe der Denkmäler BiSmarcks und Moltkes beträgt etwa 6,30 m, und zwar 3,34 in die nach allen Seiten an der Basis 2,35 m breite» Postume»te nnd etwa 2,96 m die Figuren bis zur Helmspitze gemessen. Die Entwürfe stammen von Professor von Rümann-München, während der Guß den Gräflich von Einfiedelschen Werken zu Lauchhammer über tragen worden war. Die Bronzcthcile haben em Gewicht von zusammen 5635 kg-, nämlich die Reiterfigur Kaiser Wilhelms I. 3232 llx, die Fignr des Fürsten Bismarck 948 kA und diejenige des Grafen Moltke 871 lcx, sowie das Wappen und die Friese i584 kx. Das Gewicht des GranitS zu den 3 Postamenten beträgt nsg esammt ca. 110,000 kx. Nachdem von dem Reichstag beschlossen worden ist, die am 16. Jnni vorigen Jahres stattgesnndcne Wahl eines Abgeordneten für den Pirnaer (8. sächsischen) Wahlkreis für ungültig zu er klären, ist in diesem Wahlkreise eine Neuwahl vorzunehmcn. Als Wahltag ist der 12. Juli bestimmt. Als Wahlkommisfar ist der Amtshauptmann Freiherr v. Teuber» in Pirna bestellt worden. Die Realschnle mit Progymnnsi'am in Reichenbach i. B. begeht demnächst die Feier ihres 50jährigen Bestehens. Fortsetzung des Oertlichen und Sächsischen i« der zweiten Beilage. Sprechfaal. (Ohne Verantwortlichkeit der Redaktion.) Die in der Sonnabeiidnummcr gegebene Kritik über das am letzten Mittwoch von Seite» des Stadtmusikchors im Brauhof ver anstaltete Streichorchester stimmt mit dem Urtheil vieler anderer miisikverstäudiger Konzertbesucher voll und ganz überein. Das Stadtmusikchor hat bei diesem Konzert wieder einmal bewiesen, daß es im Stande ist, sich zu ganz vorzüglichen musikalischen Leistungen auszuschwingeu, sür welche von Seite» des Publikums reicher Beifall gespendet wurde. — Was nun hingegen den öffentlichen Tadel über das Verhalten der hiesigen StudEende» anbelangt, so muß Verfasser dieses gestehen, daß der überaus schneidige Kritiker der Sonnabendimmmer nicht ganz im Sinne aller Konzertbesucher, sondern höchstens im Sinne einzelner seine Klagelieder m öffentlicher Presse kund giebt. Der Verfasser, selbst Musikliebhaber und Mufitverständiger, allerdings auch alter Akademiker, der sich die akademische Fröhlichkeit bewahrt hat, nahm Rücksprache mit verschiedene» andern Konzcrtbcsuchern und hat von diesen erfahren, daß man im allgemeinen nicht eine 'o herbe Kritik über unsere hiesigen Stndirenden fällt. Wenn Ver* sasser auch zugcben muß, daß die Unterhaltung zum Theil etwas laut war und für ein Streichorchester nicht ganz vaßte, jo muß er dennoch die scharfe Angriffsweise des Kritikers zurückweisen. Daß die allgemeinen Sympathicen unserer Freiberger Bürger, gleich viel welcher Stände, auf Seiten der Studenten und vor allem auf Seiten der korporirten Studenten sind, wagt der Verfasser als unwiderlegbar hmznstcllen und er bedarf dazu keiner weiteren , Beweise. Ein solch abfälliges und mißbilligendes Urtheil in der Presse kund zu geben über eine allgemein freudige patriotische Stimmung, kann nur im Kopfe eines Mannes entstanden sein, der nie die akademische Freiheit genossen hat oder ihr längst ent rückt ist. Wir hingegen, die wir uns den alten akademischen Sinn gewahrt haben, freuen uns darüber, daß unsere akademische Jngend fähig ist, Freud und Scherz maßvoll zu genießen und wenn es sein muß auch in reiner ungezügelter Freude überzu- schäumen, zumal wenn sie gezeigt hat, daß sie die patriotische und königstreue Gesinnung ererbt hat und daß sie ihr anerzogeu ist. Dem Tadler in der Sonnabendnummer rufe ich zu: „Lege milde den Maßstab des Tadels bei unserer akademischen Jngend an und beherzige Bismarcks Ausspruch: „Ob ungebärdig auch der Most im Fasse schäumt, es wird doch Wein!" X. 15. Verschiedenes. * Die Unstlücksfälle ver Touristen in den Alpen während des Jahres 1898 sind in den „Mittheilungen" des Alpenvereins einer eingehenden Besprechung unterzogen worden. Man unterscheidet von den eigentlichen Hochalpennnfällen die „halbalpinen" UnglückSMe, deren 40 zu verzeichnen waren. Davon forderte das Edelweißsuchen allein 8 Ovfer; das Durch schnittsalter der Verunglückten betrug etwa 19 Jahre, ein Beweis, daß man pinge Leute nicht genug vor der unglücklichen Sucht des Edelmeißpflückens warnen kgnn. Aus Ueberanstrengung sind 7 Todesfälle zurückzuführen. Die Zahl der wirklichen Hochalpcn- »nsälle beträgt 18, zwölf davon betreffen führerlose Touristen. „Angesichts solcher unwiderleglicher Thatsachen ziemt es sich, von Neuem und möglichst eindringlich Unberufene vor führerlosem Gehen zu warnen. Und damit Jeder weiß, was man unter Unberufenen zu verstehen hat, sei das Rezept genannt, welches kein Geringerer als Conway sür die Ausbildung zum Führer losen vorschreibt: Im ersten Jahre lasse man sich m einem der großen Centren der Hochtouristik nieder und steige unter Leitung eines Führers ersten Ranges. Es versteht sich von selbst, daß dazu 14 Tage nicht genügen, die Uebung muß wochenlang, ein bis zwei Monate dauern. Nachdem man so die hauptsächlichste Berggewandtheit sich angeeigiiet hat, kann man im nächste» Jahre mit ein paar Führerlosen, die Führergewaiidtheit besitzen, leichtere Touren unternehmen. In den folgenden Jahren wird der Lehrling zu schwierigeren Unternehmungen fähig sein, jedoch immer nur in Gesellschaft sicherer Touristen oder in Ermangelung solcher mit einem Führer. Wenn er drei bis vier Sommer in dieser Weise gut benützt hat, kann er getrost alles unternehmen." Unter den 18 Hochalpen- unsällen spielt in 16 Fällen die Schuld der Betheiligten eine ge wisse Nolle; sie war in vier Fällen eine geringere, in 6 dagegen eine grobe zu nennen. Tie Zahl der alpinen Unglückssälle, bei denen niemand ein Verschulden trifft, ist also ganz minimal ge wesen. Am meisten Aufsehen erregte der bisher unerhörte Fall der beiden Brüder Kotula vom 19. August vorigen Jahres, die von Franzenshöhe aus die vielbesuchte Geisterspitze besteigen wollten. Sie gingen führerlos und hatten sich durch ein Seil verbunden. Auf dem Ebenferner brach plötzlich der zuerst gehende in eine Spalte, wobei er entgegen allen Regeln den Bergstock von sich warf, ein Beweis, wie wenig so ein Mann das 'Recht hatte, führerlos die Tour zu unternehmen. Sein Bruder Andreas schnitt darauf das ihn beengende Seil ab. Bronislaus siel etwa 25 Meter tief hinunter und ertrank in dem Eiswasser der Spalte. Das Verhalten des Ueberlebende» hat seiner Zeit in den alpinistischen Blättern die denkbar schärfste Verurtheilung erfahren. Mittlerweile ist die Nachricht emgegangen, daß derselbe jetzt in einer Irrenanstalt Aufnahme gefunden hat. Er soll ein vollkommener Neuling in den Bergen und nicht imstande gewesen sein, die Folgen seiner Handlungsweise zu beurtheilen. Gegenüber solch tragischem Geschick schweigt die Kritik; als warnendes Bei spiel nur möge der Fall Kotula allen denjenigen dienen, welche ohne die nöthige Uebung und Erfahrung führerlos einen Gletscher zu überschreite» sich erdreisten. * Ein «ngehobener Schatz. Einen eigenartigen Auftrag hat ein Berliner Detektiv-Institut aus Schlesien übernommen. In einem Dorfe bei Reichenbach war vor nunmehr 16 Jahren ein Kaufman» Moritz H. etablirt. Das Geschäft ging gut, und H. wäre im Laufe der Jahre ein vermögender Mann geworden, wenn er Ausdauer gehabt hätte. Diese fehlte ihm jedoch, und um das Reichwerden zu beschleunigen, machte er Bankerott. Tas brachte zwar den erwünschten Mammon ein, aber Herr H. hatte die Rechnung ohne den Staatsanwalt gemacht, der die Unter suchung wegen betrügerischen Bankerotts einleitete. H. mußte flüchten. Den Preis seines Verbrechens, 25 000 Mk. in Silber und Gold, nahm er mit sich. Das unstete Flüchtlingsleben sagte ihm jedoch nicht zu, und er stellte sich bald freiwillig dem Gericht. Ueber den Verbleib des Geldes machte er widersprechende An gaben, dann gestand er ein, dasselbe vergraben zu haben. Zur Herausgabe war er nicht zu bewegen. Das Gericht verurtheilte H. zu vier Jahren Eefängniß. Von der Strafanstalt zu Schweidnitz aus, wo er seine Strafe verbüßte, machte H. den Versuch, seinen Angehörigen den Ort, an dem der Schatz ver graben lag, zu verrnthen. Dies mißlang jedoch. Die Behörde fing seine Kassiber ab, konnte aber doch nicht das Versteck erfahren, da H. Lunte roch und die Korrespondenz einstellte. Nur soviel konnte man erfahren, daß das Geld in der Nähe von Friedland liege. Die angestellten Ermittelungen blieben natürlich erfolglos. Zwei Jahre später starb H. im Gesängniß und nahm das Ge- heimniß, wo das zu Unrecht erworbene Geld liegt, mit ins Grab. Seitdem sind 16 Jahre vergangen. Die meisten damals geprellten Gläubiger des H. haben den Angehörigen H.s ihre Forderungen erlasse». Durch Vermittlung eiiies in Berlin wohnenden Be kannten haben sich die Hinterbliebene» mit einem Detektivinstitut in Verbindung gesetzt, das das Geld suche» soll. Falls dies gelingt, wird es der Behörde auSgeliefert. Nach Abzug vernicht erlassenen Forderungen und der Gerichtskosten dürfte daün für die Hinterbliebenen »och ein erkleckliches Sümmchen übrig bleiben. * Dreimal zum Tove verurthcilt. Vor dem Schwur gericht zu Osnabrück wurde in der Strafsache gegen den 23jäh rigen Bäckergesellen Wilhelm Möllenkamp aus Bremen wegen Mordes verhandelt. Der Angeklagte hat im Oktober v. Js. an seiner Geliebten, der Dienstmagd Marie Bruns aus Detern, ein scheußliches Verbrechen verübt und sie dann ermordet. Er war geständig und wurde von: Schwurgericht in Aurich im November zum Tode vcrurlh«lt. Dieses Urtheit wurde vom Reichsgericht wegen eines prozessualen Verstoßes ausgehobcn. und am 14. März
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