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«nd Tageblatt lt-gMwl» '/.«ilhrfürdeu li Jahrgang. MLLLkL! Donnerstag, Sen 11. Mai. V108 am 9. Mai 1899. 8»I»««lL»r. AMMau für die Miglicheu Md Wüschen Behörde» zu Freiberg Md BraM verantwortliche Leitung ver Redaktion: Georg Burkhardt. Die in Zethau auSgebrochen gewesene Maul- und Klauenseuche ist wieder erloschst, «önigl. amtshauptmannschaftliche Delegation Sayda, Inserate werden bi, «orwitt-g " Uhr angenommen. Prei« für di« Dpaltz-Ü- U P» «utzerhalb de, Die städtische Sparlaffe OeSerau nimmt stets Spareinlagen in jeder Höhe bei s, eventuell »V,°/o Md Dieselbe^ gewährt Lombard-(Faustpfand) Darlehne gegen Hinterlegung Weitere« mündelsicheren Credit-Papieren, sowie Sparkassenbüchern ,u mästtgem l V,°/v niedrigeren Zinssutze als die Reichsbank. . Expeditionszeit: 8-12 Uhr vor- und 2—5 Uhr nachmittags an ledem Wernage. Die Sparkasse erpedirt auch schriftlich. zweimonatlich 1 Mk. 50 Psg. semitisch ist unser Antrag nicht, den Cha^kter haben 'hmdie Gegner beigelegt. Ein religiöser Brauch darf nicht geschont werden, wenn es sich um Verhütung v?" Tierquälerei In der Bibel steht vom Schächten nichts, -S 'st Menschensatzung. Die einzige Aeußerung deS alten TestE die dem Juden den Genuß des BluteS verbietet, ht unserem Antrag nicht entgegen. Daß wir diesen Zustand dulden muffen, zeigt nur, daß die Juden ihren Arm weiter aussreckendurfen als es ihnen vor Gott und den Menschen gebührt. (Heckes Es handelt sich für unS darum, erst wieder die Gleichberechtigung der Deutschen herzustellen. (Lachen lmksH WoAn Sie «twa bestreiten, daß die Deutschen in ihrem Reich daS Recht haben zu befehlen? Minderheiten haben zu schweigen und zu aeyorqen. Den Juden wollen wir ihre Menschenrechte nicht verkümmern, aber man braucht ihnen nicht die gleichen Rechte Kn geben, wie dem eingeborenen Volk, sonst kommt es dahm, dag die Minder, heit dem ganzen Volk seinen Willen aufnöthlgt. Bel BiM» sektion besteht wenigstens ein guter Zweck, der dem Schachten handelt es sich nur um eine Magenfrage. Die Vivisektion ist aber in unseren Augen eine unmenschliche Grausalnreih ote sich auch nicht mit dem Mantel der höchsten Wissenschaft decke» läßt. Sie muß so bald wie möglich abgeschafft werden. Sie haben wohl erwartet — ich will keine Person nennen —, daß auS unserem Antrag ein sogenannter antisemitischer Skandal werden wird. Man hat sich getäuscht. ES ist unS ernst mit dem Antrag. Aber ein Skandal ist es, daß deutsche Leute, die ihr Volk mehr lieben als die Juden, mit Schimpf und Schande bedeckt werden. Wir werden in unseren Bestrebungen nicht nachlassen und den Antrag stets aufs Neue einbringen. Abg. Schrader (freis. Ver.): Die Antragsteller haben den Beweis nicht erbracht, daß das Schächten eine Thierquälerei ist. (Heftiger Widerspruch bei den Antisemiten.) Die große Mehr heit des Reichstags ist davon überzeugt, daß keine Veranlassung zu dem Anträge vorliegt. Wer die heutigen Reden gehört hat, wird nicht zweifelhaft sein, daß es sich hier keineswegs bloß um eine Frage der Humanität handelt, sondern daß antisemitische Gesichtspunkte zu diesem Anträge geführt haben. Ich stimme dem Abg. vr. Lieber vollkommen darin bei, daß wir jeder Thier quälerei entgegenzutreten haben. Die Konsequenz davon ist aber nicht, daß wir diesem antisemitischen Anträge zustimmen müßten. (Beifall links.) Abg. vr. Kruse (natlib.) erklärt, daß nach seiner Erfahrung das Schächten keine Thierquälerei bedeute. Auch jede andere Methode füge dem Schlachtthier Schmerz zu. Wolle man das vermeiden, so müsse man das Thier chloroformiren. Abg. Liebermann von Sonnenberg: Herrvr. Kruse hat nicht von den Zuständen in seiner ostfriesischen Heimath gesprochen. (Abg. vr. Kruse ruft: Das geht Sie nichts an.) Ja gewiß geht es mich an, denn wer über solche Dinge sprechen will, muß etwas davon verstehen, und Sie, Herr Kruse, verstehen davon nichts. Die Herren berufen sich immer auf die Gutachten. Ich schätze dagegen die Gutachten sehr gering, denn sie sind vielfach durch die Furcht vor Nachtheilen beeinflußt. Daß unser Antrag nicht antisemitisch ist, habe ich schon einmal erklärt. Ich bin nicht so schüchtern, ich sage es offen, wenn ich die Juden angreife. Redner geht nochmals auf die Einzelheiten des Schächtens und anderer Schlachtmethoden ein und fährt dann fort: Wer gegen unsern Antrag ist, zeigt, daß ihm die Verhinderung einer argen Thier quälerei weniger Werth ist, als die Hochachtung seiner jüdischen Mitbürger. Es handelt sich ja doch nur um die Be täubung des Thieres vor dem Schächten. Das kann bei den Juden doch weniger Bedenken erregen, als das Herumwürgen der Schlächtergesellen im Halse des Thieres nach dem Schnitt. Meine Herren! Thun Sie doch irgend etwas. Bringen Sie wenigstens unter Ablehnung meines Antrages eme Resolution ein, die eine genaue Untersuchung unserer Behauptungen fordert oder dergleichen. Aber thun Sie etwas, ich will Ihnen gern die Priorität lassen. Setzen Sie heute die Abstimmung über meinen Antrag aus, bis Sie sich über die Resolution schlüffia gemacht haben. ' v Nach unwesentlichen Bemerkungen der Abaa. vr. Lieber lEtrs von Tiedemann (Reichs^, Bindewald (Antis.) schließt die Er' örterung. Abg von Liebermann (Antis.) ^att? beantragt die Abstunmnng über leinen Antrag auszusetzen. Das HanS beließt gegen die stimmen der Antisemiten und einiger Konservativen, dennoch AnstE^n. Mg von Liebermann (Antis.) bezweifelt dawi-f d'e. Belchlußsahigkett. Präsident Graf Ballestrem: Diesem Zweifel schließt das Bureau sich an. Unsere Sitzung hat d°durch'he Ende erre,^ Mittwoch 1 Uhr zweite Lesung der Juvalidengesetznodelle. Präsident Graf Ballestrem: Der Abg. Singer wünscht noch das Wort; die Sitzung ist eigentlich schon geschloffen. Abg. Stellungnahme zur Schächtfrage ohne jede Beschlußfassung hinweggegangen ist. Damit ist doch der Beweis erbracht, daß das Schächten keine Thierquälerei sein kann. Der sogenannte Verband der Thierschutzvereine des deutschen Reichs, der sich gegen das Schächten ausgesprochen hat, umfaßt aber von den 243 deutschen Thierschutzvereinen nur 123. Also auch dessen Gut achten ist nicht zwingend. Meine Partei ist allerdings der Meinung, daß die staatliche Gesetzgebung nicht das Recht hat, sich in die inneren religiösen Angelegenheiten der Staatsangehörigen zu mischen. Mit dieser Ansicht befinden wir uns in unversöhn lichem Gegensatz zu dem Herrn Antragsteller. Wir werden niemals die verfassungs- und naturrechtsmäßigen Rechte der im Staate anerkannten Religionsgesellschaften antasten. Die Ansicht der 257 Rabbiner, daß das Schächtverbot ein religiöses Verbot des Judenthums sei, ist von mehr als 2000 jüdischen Ge meinden bestätigt worden. Die Emanzipation der Juden ist eine geschichtliche und staatsrechtliche Thatsache. Wir werden die Konsequenzen daraus ziehen. Die Praxis der Antrag steller wird durch einen Vorgang beleuchtet. Sie führen einen Gelehrten noch heute als Autorität an, der schon im Jahre 1893 erklärt hat, daß er mit dem ihm zugeschriebenen Gutachten nichts zu thun hat. Die Fälschung ist bereits im Jahre 1894 aufgedeckt worden und sie verliert nichts von ihrem Charakter, wenn Herr Vielhaben die falsche Behauptung im Jahre 1899 noch einmal wiederholt. Wenn man sich auf Gutachten beruft, so steht Gut achten gegen Gutachten, das preußische gegen das sächsische; ja wenn man bis 1882 zurückgeht, so stehen sich gar zwei sächsische Gutachten gegenüber. Wir stellen uns auf den Standpunkt, daß wir das religiöse Gefühl in erster Linie achten. Nicht mitzuhassen, mitzulieben sind wir da. Und ich erinnere zum Schluß an das Wort, das der verstorbene Erzbischof Krementz an eine Depu tatton der jüdischen Gemeinde richtete: „Die Menschen sollen in den Werken der Nächstenliebe und Tugend wetteifern und in Ruhe und Frieden mit einander leben." Nach dieser Rede erhebt sich plötzlich auf der Zuschauertribüne ein junger, schmächtiger Mann und schleudert mit dem Ruf: „Nicht für Ochsen-, sondern Menschen rechte" ein Pack kleiner Broschüren und Flug blätter in den Saal. Die Abgeordneten erheben sich von den Sitzen und rufen: „Raus." Der junge Mann wird von einem Diener hinausgeführt. Vizepräsident vr. v. Frege: Wenn die Sitzung noch einmal durch solche Zwischenrufe gestört wird, werde ich alle Tirbünen räumen lassen. Abg. vr. Oertel-Freiberg (kons.): Sachsen hat das einzig Richtige getroffen, indem es das Schächten überhaupt ver boten hat. Das Schächten ist eine Thierquälerei, das wird Jeder sagen, der einmal dem Schächten beigewohnt hat. Auf Gutachten kann man gar nichts geben, denn Gutachten stehen gegen Gut achten, und die Gutachten wechseln und lauten heute so und nach Jahren wieder anders. Herr vr. Lieber hält das Gutachten einer preußischen Behörde für werthvoller als das einer sächsischen. Für mich ist es das nicht. Ich wundere mich, daß gerade vr. Lieber dies gesagt hat, der sonst stets für das föderative Prinzip eintrat. Das Königreich Sachsen hat das Schächtverbot erst nach reiflicher Ueberlegung und nach Anhörung zahlreicher Sach verständiger, Stadträthe u. s. w. erlassen. Wenn auch geschächtetes Fleisch in Sachsen eingeführt wird, so geschieht dies doch nur in beschränktem Maßstabe, die meisten Juden in Sachsen haben sich mit dem Verbot durchaus abgefunden. Abg. v. Tiedemann (fk.) : Die Antragsteller haben Un recht daran gethan, sich nur auf das Schächtverbot zu beschränken. Einem generellen Anträge auf Beseitigung aller mit dem Tödte» des Schlachtviehes verbundenen Grausamkeiten würde ich zu stimmen. Die Anwendung von Schlachtmasken ist unpraktisch, sie ist sogar auf dem Berliner Schlachthofe aufgegeben. Ich wiederhole nochmals: ich bin bereit, jede zur Verhinderung von Thierquälerei dienende Maßregel zu unterstützen, aber dazu scheint uns der Antrag Liebermann nicht geeignet. Er ist nur gegen die Juden gerichtet; und wenn der Antragsteller das Gegcnthcil versichert, so sage ich: „die Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube." Abg. Bindewald (Antis.): Wenn cs erwiesen ist, daß das Thier beim Schächten noch lange Minuten bei Bewußtsein bleibt, so muß das Schächten verboten werden. Und es ist erwiesen. Bessere Methoden giebt es auch, wie die Schußmaske zeigt. Es grenzt an Böswilligkeit, wenn Jemand an diesen Thatsachen zweifelt und für das Schächten cintritt. (Glocke des Präsidenten. Vizepräsident vr. v. Frege: Wenn der Herr Abgeordnete Mit gliedern des Hauses Böswilligkeit vorwirft . . .) Abg. Binde wald (Antis.) (fortfahrcud): Selbstverständlich habe ich kein Mitglied deS Hauses gemeint. (Große Heiterkeit.) Antt- Dek Anttaß -uf Stlälldkk dtt Schlkchtthiert im Reichstag. mit^m^?!^ WAG gestern in zweiter Berathung L w-g-, m Abg. Liebermann von Sonneniberg (Antis.): AuS den W^der^A^ 'ch ersehen, aus welchem Wege der Antrag schließlich zur Annahme gelangen wird. Man muß den Nachweis fuhren, daß das Schächten tatsächlich eine ""d daß eS eine vollkommenere Methode des S'ebt. Gegen die Juden ist unser Antrag nicht ge- eS mir wohl zutrauen, daß ich mich > nicht scheue eS ^auszusprechen, wenn ick gegen die Juden auf- (Heiterkeit^ Die von den Rabbinern geleitete indisch« Presse hat aus Anlaß der ersten Berathung so heftige Angriffe gegen uns gerichtet, daß ich ihr antworten muß. Das muß IN der That eine sehr jämmerliche Religion sein, wenn sie den Verlust einer so nebensächlichen Bestimmung nicht ertragen kann. Andere Vorschriften, die direkt in den Büchern MosiS den Juden gegeben sind, wie von dem Scheidebrief der Frau u. A., .sind von den Juden einfach fallen gelaffen worden, weil es vom Staat verboten wurde. Redner geht dann auf die Verhandlungen der ersten Lesung ein und schildert das Schächten als eine Thier quälerei, namentlich die Vorbereitung dazu sei eine Brutalität sondergleichen. Die entgegengesetzten 253 Gutachten bedeuten nichts; einige dieser Gutachter haben nach ihrer eigenen Bekundung !das Schächten persönlich nie gesehen, wie z. B. Prof. Virchow und Prof. Dubois-Reymond. Dagegen haben sogar Rabbiner, jüdische Aerzte und Versammlungen von Veterinärpersonen offen anerkannt, daß sie das Schächten für eine Thierquälerei und jede andere Schlachtmethode für bester halten. In den kleinen Städten muß man solche Prozedur einmal ansehen, um zu begreifen, wie brutal die Vorbereitungen zum Schächten sind. Nach dem Schächt- schnitt verstopfen sich die Adern, das Blut stockt, bcS die Schlächter gesellen mit ihren Messern nachhelfen. Das Thier ist während dessen nickt bewußtlos, das Gehirn war nicht blutleer, das Auge zuckte noch 15 Minuten nach dem Schnitt, der beste Beweis, daß noch Bewußtsein vorhanden war. Um nur etwas zu erreichen, möchte ich sogar mit einem Gesetz zufrieden sein, das den Juden ausnahmsweise das Schächten gestattet, dann würde die Empörung des Volkes die Ausnahmestellung bald be seitigen. Es giebt nur eine absolut unfehlbare schmerzlose TödtungSart, durch die Schußmaske. Sie enthält eine scharfe mit rauchschwachem Pulver gefüllte Patrone, die durch einen schwachen Schlag zur Entzündung gebracht wird. Das Thier ist zfofort todt, und wenn dann der Schnitt gemacht wird, strömt das Blut unaufhaltsam heraus. Die Anwendung der Schußmaske könnte also auch von den Juden vor dem Schächten geschehen. In Zwangslagen find die Juden von dem Genuß geschächteten Fleisches entbunden, man braucht sie also nur unter den gesetz lichen Zwang zu stellen, nicht schächten zu dürfen. Der Wider stand der Juden gegen das Schächtverbot stammt daher, weil die Juden sich als Staat im Staate aneinanderschließen. Wir wollen keine Verletzung religiöser Gebräuche, aber wir können keinen rituellen Gebrauch dulden, der gegen dis Gebote der Humanität verstößt. Abg. vr. Lieber (Ctr.): Wesentlich Neue? hat der Vor redner nicht vorgebracht. Aber ich will doch auf Einiges ant worten. Er hat das Hauptgewicht auf den Nachweis gelegt, daß das Schächten eine Thierquälerei sei. Dann hat er gemeint, man könne das rituelle Schächten von der Vorschrift, die Schlacht- thiere vorher zu betäuben, ausnehmen. Schließlich hat er seine Behauptung dahin eingeschränkt, daß der Schnitt selbst keine Quälerei sei, nur die Vorgänge vor und nach dem Schnitt seien bedauerlich. Nun wir haben mit keinem Wort erklärt, daß wir diese Brutalitäten nicht abstellen wollen Aber auch bei den anderen Schlachtmethoden kommen üble Begleiterscheinungen vor, die unter den Begriff Thierqälerei fallen. Es giebt auch Thier- quälerei bei der Vivisektion und es wäre wohl zu erwägen, ob nicht eine Bestimmung des Strafgesetzbuches darauf anwendbar wäre. Eventuell könnte man die betreffenden Paragraphen ver- schärsen und auf alle Thierquälerei anwenden, die bei ledem Schlachten vorkommt. Empörend ist in den klemenStädten die Oeffentlichkeit der Prodezur, wobei meist Kinder die Zuschauer bilden. Kann die Polizei dem Unfug nicht steuern, so muß es das Strafgesetzbuch thun. Die Antragsteller wollen aber nicht wie wir, nur die Begleitübelstände treffen, sondern gesetzlich eme neue Schlachtmethode einführen. Das halten wir für unnothig. Ich weise darauf hin, daß der elfte internationale Kongreß der Thierschutzvereine in Bern im Jahre 1894 über die Frage der Freiberg, am 10. Ma^Eg Maul-unvKlauenseuche ist wieder erloschen. -xai 1889. Königliche «mtshauptmannschaft. ——— Nr. ktelnei-t. Pferderennen bei Reick. ll. M« di-d-n I«. °»d «önigliche Generaldirettion der Sächsischen Staatseisenbahuen. Nr. u 6. 1884. Abteilung.