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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 14.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189904143
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990414
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990414
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-04
- Tag 1899-04-14
-
Monat
1899-04
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 14.04.1899
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« S5. 18SS. § Langenau, ls. April. Herr Fleischermeister Emil Meyer wollte gestern eine Kuh schlachten. Beim Fekseln wehrte sich dieselbe heftig, drückte Herrn Meyer gegen die Wand und brachte »hm mit den Hörnern schwere Verletzungen bei. Meyer trug außer anderen Verletzungen auch »inen Bruch deSSchlüssel- 'beinS davon. Die Ortsgruppe Döbeln deS Alldeutschen Verbandes erörterte die Samoa-Angelegenheit und beschloß, an den Reichskanzler sofoxt folgende Resolution abzusenten: „Der Vorstand der Ortsgruppe Döbeln des Alldeutschen Verbandes erhofft von Ew. Durchlaucht eine energische Wahrung der Interessen des deutschen Volkes in der Samoa-Angelegenheit und an anderen Orten. „Niemals zurück!" sei stets die Loosung der Deutschen." — — Ferner wurde beschlossen, den Abgeordneten für den 10. Reichstagswahlkreis, vr. Lehr zu «suchen, die Angelegenheit durch eine Interpellation in Reichstage zur Sprache zu bringen oder dazu di« nationalliberale Partei zu veranlassen. Das sogenannte Wamm-Gut in Thiemenvorf bei Oederan .ist, wahrscheinlich infolge Brandstiftung, ein Raub der Flammen geworden. Der Rath zu Dresden hat die nachgesuchte Bewilligung einer Beihilfe zur allgemeinen deutschen Obstbau-Aus stellung mit der Begründung abgelehnt, daß für dieselbe der städtische Ausstellungspalast ohnehin schon zum niedrigen Preise von 1500 Mk. überlasten worden sei. Der Rath zu Dresden hat unter dem 28. v. M. daS E i n- bringe» aller Milch, welche aus Gehöften stammy in denen die Maul- und Klauenseuche unter dem Rindviehbestande auSgebrochen ist, unter Androhung von Geldstrafe biS zu 150 Mk. oder entsprechender Haftstrafe verboten. Der Baugewerke Karl Wagner iu Dresden ist unter Mitnahme größerer Summen Hypothekengelder verschwunden. Er hatte viele Spekulationsbaue in Striesen, Hinterjessen rc. unter nommen. Viele Lieferanten »nd sonstige Geschäftsleute haben bedeutende Verluste erlitten. Der Ausstand der Schmiedegehilsen in Dresden hat weiteren Umfang angenommen. In den Schmiedewerkstätten, deren Gesellen streiken, sind vielfach Ersatzleute von auswärts eingestellt worden. DaS Schöffengericht zu Dresden verurtheilte gestern die Mit glieder deS „Dresdner HilfScomitöS zur Unterstützung der Opfer oes Schwurgerichts-Urtheils über die Löbtau er Bauarbeiter" zu je 30 Mk. Geldstrafe ev. 6 Tagen- Haft wegen Uebertretung der Bekanntmachung der Polizeidirektion Dresden, das Verbot öffentlicher Geldsammlungen betreffend. DaS HilfScomitö hatte öffentlich zur Sammlung für die Familien der Verurtheilte» aufgefordert. Bei der Strafausmestung berück sichtigte man, daß über 20 000 Mk. eingegangen sind. Di« UI. Bürgerschule in Leipzig feierte am Dienstag und Mittwoch das Jubelfest ihres fünfzigjährigen Bestandes unter großer Theilnahme der alten Schüler und Schülerinnen, sowie auS allen Kreisen der Stadt in erhebender Weise. Ein geleitet wurde die Feier durch einen Festgottesdienst am Abend des 11. d. M. in der der Schule gegenüberliegenden St. JohanniS- .kirche, bei welchem ein früherer Schüler der Anstalt, Superinten dent und Dompfarrer HLsselbarth auS Freiberg, vor einer über aus zahlreich versammelten Festgcmeinde die Festpredigt hielt. Dieselbe machte einen solchen Eindruck, daß in der dem Gottes dienste folgenden Begrüßungsversammlung unter allgemeinem Beifall beschlosten wurde, dieselbe seitens des Festausschusses in Druck zu geben und jedem Festtheilnehmer, sowie Allen, welche zur Jubiläumsgabe beigetrageu haben, ein Exemplar zuzusenden. Der Festabend am Mittwoch war von gegen 1500 Theilnehmern, unter denen viele Ehrengäste, besucht und verlief auf das Groß artigste. Der Vorstand der Ortskrankenkaste Leipzig hat neben der bisher schon bestandenen Bestimmung über Pensionirung der Beamten die weitere Bestimmung getroffen, daß nunmehr auch die Wittwen und Waisen verstorbener Beamten Anspruch auf Pension haben. Als Grundsatz diente hierzu daS Pensions regulativ für die städtischen Beamten in Leipzig. Dem neu geschaffenen Regulativ ist rückwirkende Kraft verliehen worden. Die Sozialdemokraten beider Leipziger Reichstags- Wahlkreise beschlosten im Gegensatz zur Landesversammlung die Nichtbetheiligung an den Landtagswahlen. In der praktischen Werkstatt der Ingenieurschule in Zwickau hat man kürzlich ein Kunstwerk der Feinmechanik hergestellt. ES ist dies eine Dynamomaschine, welche auf einem 20-Markstück montirt ist. Ihre größte Ausdehnung beträgt 20 mm. Die kleine Maschine gebraucht einen Strom von 1,5 Volt Spannung und 0,002 Ampöre Stromstärke. Der Stadtgemeinderath zu Plauen i. D. beschloß, für die dort zu errichtende Stickerfachschule bis auf Weiteres eine jährliche Beihilfe von 3000 Mk. und den Einrichtungskosten einen ein maligen Beitrag von 3000 Mk. zu bewilligen. Das königliche Ministerium des Innern trägt für die erstmalige Einrichtung der Schule 9000 Mk. und zu den Unterhaltungskosten jährlich 5000 Mk. bei. In Meerane sand die Einweihung des neuen, mit einem Kapital von 208000 Mk. erbauten Realschnlgebäudes statt. Ein eigenthümliches Mißgeschick betraf dieser Tage den Buch halter einer Firma in Grotzenhain. Derselbe hatte eine ver schlossene Kassette mit Kassenscheinen in die Röhre des Ofens gestellt. Der Ofen wurde in Abwesenheit des Buchhalters ange- yeizt und dabei geschah's, daß die Scheine in der Kassette infolge eingetretener Glühhitze buchstäblich zu Asche wurden. Der ent standene Schaden soll nickt unbedeutend sein. Ein mysteriöser Todesfall macht gegenwärtig in Löbtau von sich reden. In der Nacht zum Sonnabend vernahmen Passanten der Wallwitzstraße ein fürchterliches Kindergeschrei, das aus einem Hause der genannten Straße stammte. Als man sich am anderen Tage nach der Ursache dieses Geschreies erkundigte, erhielt man als Antwort, daß in der vergangenen Nacht daS Jahr alte Kind eines Bauarbeiters erstickt sei. Den Behörden siel dieser Todesfall auf und die Polizei stellte sofort die eifrigste Nach forschung an. Hierbei wurde festgestellt, daß die Eltern das arme Wesen, welches bis zum Skelett abgemagert war, in ein entlegenes Kämmerchen untergebracht hatten. Die Eltern gaben an, das Kind müßte sich in der Nacht ein Tuch über das Gesicht gezogen haben und aus diese Weife erstickt sein. Die königliche Staatsanwaltschaft in Dresden ordnete die amtliche Beschlagnahme des Leichnams an. Ani Montag früh begab sich eine Gerichtskommission mit dem Raubmörder Schneider aus Briesnitz bei Dresden in die sog. „Räuberhöhle" (Silbergrube) im Schoouer Grund, um hier Er hebungen über den Thatbestand anzustcllen. Nach Beseitigung d« am Eingänge befindlichen Schuttmasfen, stieg die Kommission in den Stollen hinab. Die Beamten trugen Laternen am Gürtel. Wie verlautet, ist Schneider geständig, seinen Freund Uhlemann in den Teich gestoßen zu haben. Zwischen dem Bahnhofsrestaurateur MattheS in RutzVorf bei Zittau und mehreren Czechen kam «S zu einem heftigen Streite, bei dem Matthes an Armen und Brust verletzt wurde durch Fußtritte, die von den Czechen mit aller Wucht mittels der Stiefelabsätze ausgeführt wurden. Zwei czechische Weiber zerrieben auf bestialisch« Weise einen auS dem Teiche Matthes' gestohlenen Fisch auf dem Gesicht des ganz wehrlos daliegenden ManneS. Verschiedenes. * Der Vater des im Duell gefallenen Stuventen Klövekorn in Bonn sendet der „Köln. Ztg." folgende Zuschrift: „Sie werden es begreiflich finden, daß ich em Interesse daran habe, die Veranlassung zu dem tragischen Vorfall so dargestellt zu sehen, daß kein Zweifel darüber bestehen kann, daß mein Sohn der Provozirtc gewesen ist, wie es ja auch durch die Aus sagen der bei dem Streite Anwesenden bestätigt wird. Nachdem der Leutnant Döring die beleidigende Aeußerung gethan, ist mein Sohn in aller Ruhe zu ihm gegangen und hat ihn gebeten, mit ihm herauszukommen. Draußen hat mein Sohn ihn in aller Ruhe gebeten, zu erklären, ob er ihn mit der Aeußerung habe beleidigen wolle». Hierauf schrie der Leutnant ihn an, waS ihm emfalle, ihn hercmszurufen; er scheine nicht zu wissen, wer er sei. Mein Sohn antwortete ihm ruhig, der Leutnant habe sich ihm zwar nicht vorgestellt, er wisse aber doch, daß er der Leutnant D. sei. Dann hat mein Sohn ihn noch zweimal in ruhigster Weise um Aufklärung gebeten, und als er immer dieselbe Bemerkung machte, er scheine nicht zu wissen, wen er vor sich habe, und ihn schließlich Rüpel und Feig ling schimpfte, da versetzte ihm mein Sohn eine Ohrfeige; als D. ihn dann noch Lump schimpfte und selbst auf ihn einschlug, erhielt D. einige weitere Ohrfeigen. Einen spätern Versuch des Leutnants D., mit meinem Sohne zu sprechen, wies dieser mit dem Bemerken zurück, daß er für ihn an dem Abend nicht mehr existire, er möge, wenn er irgendwelche Wünsche habe, sie morgen -undgeben. Am folgenden Tage, Nackmittags gegen 2 Uhr, erhielt mein Sohn die Forderung auf Pistolen, die er annahm, mit der Aufgabe, seine Sekundanten bis 5*/, Uhr zu den Sekundanten des Leut nants D. zu senden. Den Sekundanten meines Sohnes wurde eröffnet, daß sich die Beleidigung nur durch ein Pistolenduell bis zur Kampfunfähigkeit sühne» ließe. Auf ihre Einwendung, daß kein Corps einer Universität über einen dreimaligen Kugel wechsel hiuausginge, und sie, da mein Sohn Student sei, auch nicht mehr zugestehen könnten, wurde ihnen eröffnet, daß das Alles nichts nütze, sie müßt«, die Bedingungen des Offizier- EhrenratheS, die auf Kampfunfähigkeit laute, annehmen, da sich ohne das die Sache nicht sühnen 'aße. Die Sekundanten theilten meinem Sohne das mit, und mein in solchen Sachen ganz un erfahrener Sohn, der noch nicht 21 Jahre alt war, nahm in dem Glauben, daß er seiner Ehre nicht voll genüge, wenn er nicht auf diese scharfen Bedingungen eingehe, sie an. Die Sekundanten meines Sohne? haben dann zu Protokoll erklärt, daß sie darauf beständen, daß dem Unpavteiischen nach dem dritten Kugelwechsel daS Recht zustehen solle, das Duell zu beenden. Der Unparteiische, der Vorsitzende des Ehrenraths deS 68. Regiments, wurde dann auch nach dem dritten Gang von den Sekundanten meineL SohneS mit Rücksicht daraus, daß mein Sohn einen Streifschuß an der Wade erhalten hatte, aufgesordert, das Duell für beendigt zu erklären. Die Offiziere beriethen zusammen und beschloßen, daß das Duell weiter zu gehen habe. Im fünften Gang wurde dann mein Sohn tödtlich verwundet. Ich bin der Meinung, daß mein Sohn und seine Sekundanten sich in ihrer jugend lichen Unerfahrenheit zwar dazu haben drängen lassen, ein Duell mit der scharfen Bestimmung: biS zur Kampfunfähigkeit anzunehmen, daß aber ein Duell mit dreimaligem Kugelwechsel wohl auch genügt hätte." — Wie verlautet, hat die Angelegenheit dem militärischen Ehrenrath vorgelegen. * Einem raffinirt angelegten Gaunerstreich ist der GastwirtHF. in der Brnnnenstraße in Berlin zum Opfer gefallen. Der „B. L.-A." berichtet darüber: Ein anständig gekleideter junger Mann hatte bei dem Wirth« eine Zeche von 2 Mark ge macht. Aeußerst bestürzt wandte sich der Gast an den Wirth mit der Mitthcilung, daß er sein Portemonnaie vergeßen habe und schnell nach Hause eilen wolle. Er ließ seine Brieftasche mit seinen Legitimationspapieren zum Pfand, wobei er den Wirth auf eine in der Briefliche sehr we- .hvolle ausländische Briefmarke aufmerksam machte, deren Werth nach seiner Angabe den Betrag der Zeche zwanzigfach decke. Der Mann machte einen so ver trauenerweckenden Eindruck, daß Herr F. seinen Mittheilungen vollkommen Glauben schenkte. Durch die Angaben über den hohen Werth der Ma.ke neugieri« gemacht, besichtigte Herr F., als der Gast gegangen war, die Marke näher und zeigte sie auch seinen Gästen. Unter diesen befand sich zufällig ein Kenner, der die Marke als Neu-Seeländer Raität auf 100 Mark abschätzte. Ein Anderer taxirte die Marke auf 150 Mark und suchte dies durch einen Katalog, den er aus seiner Tasche zog, zu beweise». In dem Katalog fand sich auch die Marke, dieselbe Jahreszahl tragend, mit 150 Mark verzeichnet. Er bedauerte sehr, daß er nicht soviel Geld besitze, nm dem jungen Manne, der den vollen Werth der Marke anscheinend noch gar nicht kenne, diese abzu kaufen und rieth dem Wirth, die Briefmarke zu kaufen, da er hiermit ein gutes Geschäft machen könne. Der Besitzer der Marke erschien denn auch bald, um seine Zeche zu bezahlen. Dabei machte ihm HerrF. das Anerbieten, die Marke zu kaufen. Dian wurde schließlich um den Preis von 60 Mark einig, welchen Betrag Herr F. sofort auszahlte. Als nun Herr F. die Marke Tags darauf einem Marlenkenner anbot, erfuhr er zu seiner Ueberraschung, daß sie nur einen Werth von zwei Mark habe. Offenbar haben die beiden „sogenannten Kenner" mit dem Be sitzer der Briefmarke Hand in Hand gearbeitet, und es ist leicht anzunehmen, daß sie ihr Gaunerstück noch anderswo versuchen werden. * Ein Eisenbahnzng mit vier Wochen Verspätung. In Amerika herrscht völliger Winter. In Cyeyenne, Wyoming, ist kürzlich ein Zug der Cheyenne und Northern-Bahn mit einer Verspätung von nicht weniger als einem Monat eingetrosien. Er war bei einer Zwischenstation am Iran Mountain in Schnee und Eis stecken geblieben und hatte selbst mit Hilfe der größten Rotationsschnecpflüge nicht „losgeeist" werden können. Die Passagiere, 42 an Zahl, darunter ein Dutzend Damen, blieben einen Monat lang Gefangene in der wilden, unwirthlichen Gegend, und es wäre ihnen wohl schlecht ergangen, wenn nicht einige große Viehzüchtereien in der Nähe des Jron Mountain die von aller Welt Abgeschnittenen mit Nahrung versorgt hätten. * Annie unv Fritzi. Aus Wien wird berichtet: Im Gerichtssaal, wo sich selten ein erfreuliches Bild bietet, gab es gestern eine wohlthuende Abwechslung: eine Szene aus dem Kinderleben. Sie spielte sich vor dem Bezirksgericht Leopold- stadt ab, und zwar gelegentlich einer Verhandlung, die gegen das -Kindermädchen Marie Schimek stattfand. Die Schunck ist bei dem Reisenden LouiS Schaffer bedienstet, dessen vierjährige- Töchterchen Annie mit der sechsjährigen Fritzi deS im selben Hause wohnhaften Privatiers Edmund Heidler innig befreundet ist. Kürzlich war nun Fritzi bei Annie auf Besuch, und daS Dienstmädchen Marie Schimek war mit der Aufsicht über die spielenden Kinder betraut. DaS Mädchen entfernte sich für einen Augenblick auS dem Zimmer und ließ eine Schale Thee, der ziemlich heiß war, zurück. Beide Kinder wollten sich nun in den Besitz des TheeS setzen, und Fritzi entriß ihrer Freundin die Schale, wobei sie sich die Flüssigkeit auf die Hand goß und eine leichte Brandwunde erlitt. Das Kindermädchen hatte sich vor dem Strafrichter der Leopoldstadt wegen Vergehens gegen die, körperliche Sicherheit zu verantworten. Sie stellte jedes Ber-' schulden in Abrede und bemerkte, daß sie nicht vorauSsehen konnte, die Kinder werden die Schale an sich nehmen. Die beiden Mädchen, die als „Zeuginnen" vorgeladen waren, tummelten sich unterdessen auf dem Gang vor dem Gerichtssaale herum. Der Richter vernahm zuerst die ältere Fritzi als Zeugin. Sie betrat an der Seite ihres Vaters den Saal, machte aber gleich ein sehr bedenkliches Gesicht, und der Richter befürchtete, daß die „Zeugin'' zu weinen beginnen werde. Richter: Also Du bist die Fritzi? Fritzi (schüchtern): Ja. Richter: Ei, Du hast aber einen schönen Hut! Wer hat Dir denn den gekauft? Fritzi (freudig): Die Mama. Richter: So, und damit gehst Dn in die Schule? Ja welche Klasse denn? Fritzi: In die erste. Richter: Du lernst da auch, daß man immer die Wahrheit sagen muß? Fritzi (weinerlich): Ja. Richter: Also sag' schön, hast Da der Annie die Schale weg- gerissen? Fritzi (heftig weinend): Nein, die Annie hat's gethan. Richter: So wein' doch nicht. Die Kleine weint fort und giebt gar keine Antwort mehr. Nun erscheint die vierjährige Anni^ vom Vater geleitet; lachend im Saale. Richter (zu Fritzi): Schau, Fritzi, wie sich die Annie freut. Sie lacht Dich aus. Fritzi trocknet jetzt die Thräneu und macht ei» freundliches Gesicht. Richter: Also sag' uns, Annie, bist Du schuld, daß Deine Freundin verbrannt wurde? Annie: Nein, sie hat mir die Schale weggerissen. Staatsanwaltschastlicher Funktionär: Bist nicht Du die Schlimmere gewesen? Nun bricht Annie in heftiges Schluchzen auS und versichert, sie sei brav gewesen. Fritzi kann den Schmerz ihrer Freundin nicht ansehen und bricht gleichfalls in Thränen aus. Die Väter beruhigen ihre Kinder, und während diese noch heftig weinen, verkündet der Richter die Freisprechung des Dienstmädchens. Neueste Nachrichten. Köln, 12. April. Im unteren Sieggebiete herrscht Hoch wasser. Die Sieg überschwemmt weite Strecken. Auch aus dem oberen Ruhrgebiet kommen Meldungen, die besagen, daß die Ruhr bedenklich im Wachse» begriffen sei und bereits die Niederungen überschwemme. Cagliari, 12. April. Unmittelbar nach dem Eintreffen der „Savoia" begab sich Schiffskapitän Cardier, Generalstabschef deS) französischen Geschwaders, mit einer Dampfschaluppe nach der. „Savoia", um dem Könige Humbert den Gruß der französisches Negierung zu überbringen. Das Gedränge in den Straßen ist' so groß, daß an verschiedenen Stellen der Verkehr schwierig ist. Paris, 12. April. Wie auS bester Quelle versichert wird, hat der Kassationshof beschloßen, alle Geschworenen des DreysuS- Prozesses vorzuladen und zu vernehmen. Weiter heißt eS, der frühere Präsident der Republik, Casimir Perier, solle dem General Mercier gegenübergestellt werden. San Francisco, 12. April. (Meldung deS „Reuterschen Bureaus"^) Aus Auckland eingegangenen Nachrichten zufolge war der Kampf in der Nähe von Apia am 1. April sehr heftig. Die amerikanischen und britischen Matrosen wurden wiederholt von den Angreifern, welche sie durch ihre numerische Uebermacht zu bewältigen suchten, zurückgeschlagen. Die Leichen der ge fallenen Offiziere und Matrosen wurden mit militärischen Ehre» in Mulinuu bestattet. Vierzig Mataafa-Leute wurden getödtet, eine Anzahl derselben verwundet. Die Letzteren wurden vou de» Aufständischen mitgenommen. Eigene Drahtberichte. (Nach Schluß der Redaktion eingegange«.) Drcsven, 13. April. Prinz Georg und Prinzesfm Mathilde sind heute Morgen 7,30 von Wien hier wieder eiuge« getroffen. Drcsven, 13. April. A» der Ovation, die die sächsische« 1849er Veteranen heute Vormittag 11 Uhr im Parke der Billa Strehlen dem König Albert darbrachten, betheiligten sich etwa 700 Veteranen. Nach Erscheinen des Königs im Parke brachte General der Kavallerie v. Carlowitz ein Hoch auf den König aus, in welches die Anwesenden begeistert einstimmten. Hierauf spielte die Kapelle des Jnfanterie-RegimentS Nr. 177 die Sachsenhymne. Auf die Begrüßungsrede des Vor standes der 1849 er Veteranen, Herrn VenuS, erwiderte der König mit DankeSworteu. Sodann durchschritt der König die von den Veteranen gebildete Doppelreihe, nach recht- und links viele der Veteranen anredend. Hierauf begaben sich die Veteranen in das nahe gelegene Hotel Duttler, wo ihnen auf Befehl des Königs ein Frühstück geboten wurde. Um */,2 Uhr empfing der König eine Deputation von 28 Rittern des HeinrichsordenS, an deren Spitze Prinz Georg stand. Der König nahm die Glück wünsche derselben anläßlich seines 50jährigen Jubiläum- als Ritter dieses Ordens entgegen. Nachmittags */,6 Uhr findet bei den Majestäten im Residenzschlosse eine größere Tafel statt, zu der die Mitglieder der Deputation und eine Abordnung der 1849er Veteranen geladen sind. Köln a. Rh., 13. April. Die „Köln. Ztg." schreibt über die letzten Vorgänge auf Samoa, es sei nicht zu leugnen, daß sich die Dinge in einer für Deutschland recht unerfreulichen Weise entwickelt haben. Das Vorgehen Amerikas und namentlich Eng lands sei ein so außergewöhnliches! Der Widerspruch, welcher zwischen den Worten und Thaten dieser beiden Regierungen be stehe. erzeugte, daß in Deutschland eine tiefe Mißstimmung Pla.^ greisen mußte. DaS Blatt meint, dem Leiter der
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