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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189902033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990203
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-03
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.02.1899
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Freiberger A«reiger ««d Tageblatt. Sette L. — 8 Februar 28 Offiziere über die Gefahren des Spiels ernste Belehrung er- Pottttsche Umschau. Freiderg, den 2. Februar. Deutschland. Inder Budgetkommission des Reichstages kamen gestern die Spielerassairen inBerlin und Hannover, worin Offiziere verwickelt sind, zur Sprache. Der Kriegsminister v. Goßler sprach sein Bedauern über die Vorkommnisse aus und versicherte, daß der Kaiser rücksichtslos durchgreise, um den Schaden auszurotten. Das Spiel in OfsizierSkreisen habe that- sächlich abgenommcn. Mau erwäge, den Offizieren die Anzeige der oft harmlosen Geldanerbietuugcn, wodurch die Offiziere zum Spiel verleitet werden solle», zur Pflichi zu machen, selbst in fahren. Die »Köln. Ztg." schreibt: „Die englische Nachricht, daß der Sultan dem GehelmenRegierungsrath vrLender in Konstantinopel, Direktor der Anatolischen Bahnen, die Genehmigung zur Legung und zum Betrieb eines unterseeischen Telegraphen kabels von Konstantinopel nach Constanza, dem rumänischen Hasenplatze am Schwarzen Meere, endgiltig erthcilt hat, wir > uns bestätigt.* Es handelt sich ja hier nur um eine kurze Strecke; es ist aber immerhin eine bedeutungsvolle Er rungenschaft. Sonst besitzt Deutschland nur noch zwei über seeische Kabel, nämlich Emden-Valencia (Irland) und Emden- Vigo tNordwestküste Spaniens). Uebrigens wird jetzt beab sichtigt, eine große Kavel-Gesellschast zu errichten, die zunächst ein Kabel von Deutschland nach den Vereinigten Staaten legen soll. Die Herstellung des Kabels, über die schon vor längerer Zeit verschiedene Abmachungen mit den amerkanischen Kabel- Gesellschaften getroffen sind, soll in England erfolgen, und das Kabel selbst soll über die Azoren gelegt werden. Die Ver ständigung mit den amerikanischen Gesellschaften sichert dem neuen Kabel die Benutzung für amerikanische Depeschen nach Deutsch land, und andererseits soll auch mit der deutschen Reichspost ein Uebereinkommen getroffen sein, durch das dem neuen Unter nehmen die Benutzung für eine bestimmte Zahl von Worten zu gesichert sein soll. Wiener Meldungen zufolge soll entgegen den bisherigen Ab leugnungen doch noch ein dritter Band der Bismarckschen „Gedanken und Erinnerungen" vorhanden sein, der sich mit den Vorgängen bei der Entlassung des Reichskanzlers befasse. Ter Fürst soll wenige Monate nach dem Ausscheiden aus dem Reichsdienste die Niederschrift dieses Bandes begonnen haben, die er bald vollendete. Schon im Jahre 1892 soll diese Niederschrift, um allen Zwischenfällen vorzubeugen, in sichere Verwahrung nach England gebracht worden sein. — So die Wiener Meldung des „N. W. T." Wir vermuthen, es handelt sich hier um die Wieder holung einer schon ost dementirten Meldung, deren Authentizität jetzt ebenso fraglich bleibt, wie bisher. Der „Vorwärts" meldet: Seit einiger Zeit müssen die Ar beiter der Spandauer Gewehrfabrik täglich eine Ueberstunde machen. Dies geschieht, weil sich ein neues Gewehr in Arbeit befindet, das bald für das Heer eingeführt werden soll. Vom 1. April d. I. solle der Fabrikationsbetrieb so eingerichtet werden, daß täglich etwa 80 Gewehre sertiggestellt werden können. — Bisher sinv alle Meldungen über die beabsichtigte Ein« ührung des neuen Gewehrs sofort dementirt worden. Man wird daher abzuwarten haben, ob dre jetzige Mittheilung zuver lässiger ist. Unsere Heeresleitung sucht von allen Fortschritten der Technik, soweit sie für die Armee brauchbar sind, Anwendung zu machen. Im diesjährigen Militäretat findet sich die Summe von 100000 Mark zu Versuchen mit Selbstfahrern aufge worfen. Wir erinnern uns, im Feldzuge 1870/71 Lokomobilen thätig gesehen zu haben, welche aus gerader Chaussee in ebenem Gelände mehrere beladene Wagen fortbewegten. In neuerer Zeit sind Wagen mit einem eigenen Motor, also Automobilen, vieder mehrjach hergestellt worden und da dieselben große Ge schwindigkeit mit guter Ladungssähigkeit vereinigen, so ist man der Frage ihrer Verwendbarkeit für militärische Transportzwecke in Frankreich schon näher getreten und will es jetzt auch bei uns tkun. Es giebt in Deutschland schon mehrere Fabriken solcher Automobilen, z. B. in Cannstatt und Karlsruhe, welche ihre Fabrikate aus die erst vor Kurzem geschlossene Ausstellung von Selbstsahrwagen in Paris geschickt hatten. Anfänglich sollten diese Wagen nur Personen in sich ausnehmen und bestanden aus der eigentlichen Automobile, welche neben ihrem Führer und Heizer noch drei Personen Unterknnstsraum bot und einem an gehängten Wagen, in welchem etwa 30 Personen Platz sanden. Diese letzteren Wagen könnten ober auch zum Verwundeten- und Krankentransport, als Geschäftsräume für höhere Truppen behörden, als automobile Küchen, Bäckereien u. s. w. eingerichtet werden. Die Bewegungsgeschwindigkeit dieser Fahrzeuge betrug bei einem in Frankreich stattgchabten Versuch 38 km in der Stunde, bei einer Gesammtwegestrecke von 236 km. Schwierig keiten würde wohl nur die Beschaffung und Mitführung des für die Automobile nöthigcn Heizmaterials machen; die nöthige Zahl geübter Führer derselben ließe sich im Frieden ausbildcn, sowie nur erst solche Fahrzeuge im Heere eingeführt sind. JhreHaupt- verwcndnug würden dieselben aber voraussichtlich hinter der Armee zur Heranschaffung der Munition, Lebensmittel und deS sonstigen Nachschubs für ein Heer finden. Vermöge ihrer Geschwindigkeit könnten sie die langen Wege hin zu den Truppen und wieder zurück zu den einen Tagesmarsch hinter dem Heere folgenden Kolonnen in viel kürzerer Zeit zurücklegen, als die mit , Pferden bespannten Kolonnen. In Folge ihres großen Fassungs vermögens würde ferner der Voltheil einer bedeutenden Ver- in Saarbrücken, im Bereich der v. Stummjchen Verwaltungen. Wenn der Bundesrath heute nicht hier erjcheine, obwohl doch ein jeder anständige Mensch aus eine Frage zu antworten pflege, jo liege das offenbar daran, daß die Gründe, die etwa der Bundes- rath hier gegen den Antrag Rickert vortragen könne, so saden- scheinig seien, daß er sich schäme, sie hier vorzubringen. (Beifall; rechts Unruhe.) (Präsident Graf Ballestrem ruft den Abg. Dasbach wegen dieser Ausdrücke über den Bundesrath zur Ordnung.) Abg.Frhr.v.Stumm bestreitet die Richtigkeit der Ausführungen Dasbachs aus dem Wahlkreis Saarbrücken. Abg Groeber. Es mag gefehlt worden sein hüben oder drüben, von den Schwarzen und von den Weißen (Heiterkeit), auf jeden Fall sichern wir durch diesen Antrag das Wahlgeheimniß. Und daß das nöthig ist, be weisen die Wahlprüsungs- und Wahlkajsirungcn in allen bisherigen Legislaturperioden. Nach einigen Bemerkungen des Abg. Binde wald (Antisemit) wird Vertagung beantragt, aber um 6'/« Uhr abgeleynt. Nach weiteren Ausführungen der Abgg. v. Liebermann, Ernst, Frhrn. von Stumm, Bindewald und Dasbach wird die Debatte geschlossen und der Antrag Rickert gleich in zweiter Lesung angenommen gegen die beiden konservativen Parteien. — Freitag: Postetat. kürzung der langen Marschkolonnen der Trains, sowie eine große Ersparniß an Pferden und dem für diese nöthigen Futter er reicht werden. Diese Ersparniß an Pferdefutter käme also der guten Ernährung der Pferde der fechtenden Truppen zu Gute. Die Schnelligkeit der Automobilen käme vortheilhast sowohl bei Bewegungen des Heeres vorwärts wie rückwärts in Betracht. Auch mehr oder weniger starke Steigungen des Weges behindern den Gebrauch dieser Fahrzeuge nicht; bei den Versuchen in Frank reich sind z. B. Höhen von 400 m glatt überwunden worden. Ter Preis einer luxuriös ausgestatteten Automobile beträgt jetzt 12-—15000 Mark, wird'tzber bei stärkerer Fabrikation und ein- sacher Ausstattung des Wagens stark heruntergehen. Die Ver suche werden zeigen, welchen militärischen Werth diese Fahrzeuge haben. Wie bereits mitgetheilt, hat das Reichsjustizamt dem Reichs tage eine Zusammenstellung der in den größeren Bundes staaten geltenden Bestimmungen über die bedingte Be gnadigung und über die Ergebnisse der bisherigen Anwendung diese Vorschriften zugestellt. Die Gesammtzahl der Fälle, in welchen bis zum 1. Dezember 1898 in den Bundesstaaten, für welche Erhebungen vorliegen, eine Aussetzung der Strafvoll- streckung mit Aussicht auf spätere Begnadigung bewilligt worden ist, beträgt 15063. Davon entfallen 10075 (etwas über zwei Drittel) auf Preußen. Im Uebrigen vertheilen sich die Fälle auf die einzelnen Bundesstaaten folgendermaßen: Bayern 1938, Sachsen 814, Württemberg 599, Baden 671, Hessen 93, Mecklenburg 192, Oldenburg 63, Elsaß-Lothr. 618, Summa 4988. Nach allen von den einzelnen Bundesstaaten erlassenen An ordnungen soll bei der Bewilligung von Strafaufschub vor nehmlich das Vorleben des Verurtheilten in Betracht gezogen werden. In Baden ist es schlechthin Voraussetzung der Ge währung des Strafaufschubs, daß der Verurtheilte noch keine Freiheitsstrafe verbüßt hat. Auch in Bayern und Württemberg wird d -c Vorausietzuno wenigstens als Regel gefordert. In den andern Bundesstaaten, insbesondere in Preußen, sollen vor nehmlich nur erstmalig verurtheilte Personen berücksichtigt werden. Aus dem vorliegenden Material läßt sich jedoch nicht ersehen, in welchem Maße ausnahmsweise auch Vorbestrafte die Ver günstigung erlangt haben. Für die Dauer der Bewährungsfrist sind in einigen Staaten ausdrückliche Vorschriften gegeben. So soll sie in Bayern in der Regel nicht weniger als ein Jahr und nicht über fünf Jahre betragen; in Mecklenburg soll sie regel mäßig drei Jahre, und in den Fällen, in denen die Strafvoll streckung in zwei Jahren verjährt, anderthalb Jahr nicht über steigen. Nach den vorliegenden Erhebungen ist die Bewährungs frist in Hessen gleichmäßig auf fünf Jahre, in Sachsen meistens (von 814 in 769 Fällen) auf drei Jahre, in Preußen in der Hälfte der Fälle auf mehr als zwei Jahre, endlich in Württem-' berg, Baden, Mecklenburg, Oldenburg und Elsaß-Lothringen in der Mehrzahl der Fälle auf zwei Jahre oder weniger bemesse» worden. Ein sicheres Bild der Ergebnisse, zu denen die Straf aussetzungen mit Aussicht auf spätere Begnadigung geführt haben, ist mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit, über welche sich die Beobachtungen erstrecken, nicht zu gewinnen. Auch reichen die vorliegenden Ermittelungen vielfach nicht aus, um die Zahl der Fälle, in welchen der Verurtheilte sich bewährt und die Be gnadigung erlangt hat, mit der Zahl derjenigen Fälle zu ver gleichen, in welchen zum Widerruf der Bewilligung des Straf aufschubs oder zur Strafvollstreckung geschritten werden mußte. Nur für einzelne Bundesstaaten ermöglicht das vorhandene Material die Anstellung eines solchen Vergleichs. Wegen zahlreicher Fälle von verdächtiger Untauglichkeit zum MilitSrdienst ist von der Staatsanwaltschaft zu- Elberfeld eine Untersuchung eingeleitet worden. Wie bekannt wird, hat das Vergehen gegen den Z 142 R.-Str.-G. darin be standen, daß die betreffenden zur Aushebung vorgeladenen Per sonen vor der Musterung Pillen eingenommen haben, die eine starke Wirkung aus die Herzthätigkeit ausübten; in Folge dessen ist in zahlreichen Fällen die Untauglichkeit zum Militärdienst ver fügt worden. Das Rezept zu den Pillen soll der in Köln ver haftete Arzt vr. Ziel geliefert haben. Der Verfertiger bez. Ver läufer der Pillen soll der gleichfalls verhaftete Kaufmann Strucks- berg in Köln gewesen sein. Die Untersuchung soll auf über 50 Personen ausgedehnt sein. AuS Hamburg wird gemeldet, daß es unter den dortigen Hafenarbeitern wieder bedenklich gähre. Nachdem der' vom Arbeitgeberverband begründete Arbeitsnachweis für die Stauerbetriebe die Statuten publizirt und angekündigt hat, daß am 20. Februar seine Thätigkeit beginne, beschloß eine Versammlung der Schauerleute in geheimer Abstimmung mit 922 gegen 12 Stimmen, von den Nachweiskarten keinen Gebrauch zu machen^ weil die Schauerleute bei der Ueberwachung und Geschäftsführung der Arbeitsnachweis-Anstalt nicht betheiligt sind. Damit ist ein Streik in Aussicht gestellt, salls eine Vereinbarung nicht zu Stande kommt. Die gestern erfolgte Vertagung des österreichischen Reichs raths überraschte allgemein, weil man die Maßregel erst nach Lösung der ungarischen Krise erwartete. Da letztere sich aber hinzieht, entschloß sich die Regierung, die unhaltbare parlamen tarische Lage sofort zu beendigen. Man erzählt, daß Gras Thun sich der täglich zunehmenden Forderungen der Rechten kaum erwehren konnte. Die parlamentarische Kommission der Rechten wollte gerade heute neuerlich von Thun bindende Erklärungen über sein weiteres Verhalten zu den Forderungen der Mehrheits parteien verlangen. Die weitgehenden Ansprüche der Jungczechen und Südslaven verstimmten nicht bloß die Klerikalen, sondern auch die Polen, weshalb diesen die Vertagung des Parlaments nicht unwillkommen ist. Daß diese bis zum Herbst dauern soll, gilt als sicher. Man glaubt jedoch, daß Thun nach Fertigstellung der gemeinsamen Forderungen mit den Deutschen neue Verstin- digungsversuche unternehmen werde. Schritt für Schritt geht die österreichische Regierung aus ihr Ziel: Slavisirung Oesterreichs und insbesondere Czechi- sirung der deutschen Gerichte Böhmens los. Nach dem durch die unterschiedlichen Sprachenverordnungen und Ent scheidungen die czechlsche Sprache auch als innere Amtssprache eingesührt wurde, soll den Gerichten nun auch äußerlich der" Stempel der Zweisprachigkeit aufgedrückt werden. Die Staats anwaltschaft in Reichenberg hat nämlich, wie eben kurz gemeldet, „von oben" die Weisung erhalten, in ihren Abtheilungen statt der bisher nur deutschen nunmehr deutsche und czechische Auf schriften unverweilt anbringen zu lassen. Derselbe Auftrag soll, wie wir vernehmen, demnächst auch an die Kreis- und Bezirks gerichte ergehen. Es wird fortslavisirt. Dabei wird die deutsch nationale Presse in schärfster Weise gemaßregelt und ihr auf diese Weise förmlich unmöglich gemacht, derartige Dinge zu be sprechen. So wurde Sonnabend die „Ostd. Rundsch.", Sonntag und Montag die Reichenberger „Deutsche Volksztg." beschlag nahmt; letztgenanntes Blatt wegen eines Aussatzes „Los von Rom" und wegen der Ausforderung: „Deutsche, kauft bei deutschen Gewerbetreibenden und Kausleuten!" Endlich beginnt sich das Protestantenthum in England ent schlossen gegen die Einschlcichversuche des Katholizismus zur Wehr zu setzen. Wie der „Voss. Ztg." ein Drahtbericht aus London meldet, hat dort in der Alberthalle eine großartige protestantische Protestkundgebung gegen das Ueberhandnehmen ritualistischer Bräuche in der Staatskirche stattaefunden. Die Versammlung faßte einstimmig den Beschluß, den Protestantismus der britischen Nation ausrechtzuerhalten und die Unterdrückung des Messelesens und des Beichtstuhls in der Staatskirche zu ver langen. An die Königin wurde eine Drathung gesandt mit der Bitte um sofortige Gesetzgebung im Sinne dieses Beschlusses. Damit allein wird es freilich nicht gethan sein. Aus der großen Masse des Volkes heraus muß der Widerstand dagegen, daß die römische Kirche sich durch Hinterthüren in die Staatskirche ein schleiche, erwachsen, das wird auf die pflichtvergessenen Priester stärkeren Eindruck machen als Gesetzesparagraphen und Polizei- chikanen. Nur eine geistige Widergeburt des englischen Protestan tismus kann ihn vor dem Rückfall in die Papislerei bewahren, auf den die ritualistische Pfaffheit seit Jahren planmäßig hin- ardeitet. Der Kampfruf der vierziger Jahre „No poporzi!" (keinen PapismuS!) muß abermals die Losung der weitesten Volkskreise , werden, der Geist der Church Association von 1865 diese" durchdringen, dann, aber auch nur dann wird den Umtrieben der Jünger Puseys und Newmans, endgiltig eine Schranke ge-; zogen werden können. Frankreich. Gewiß nicht ohne schwere Kämpfe wird die - „lox tzuosna^", der Negierungsantrag aus Aenderung des l Revisionsverfahrens, von den französischen Kammern er- - ledigt werden. LLon Bourgeois, der Führer der radikalen Partei, : läßt antündigcn, daß er die Vorlage bekämpfen werde, Barthou I hat den Vorsitz der Fortschrittspartei nicdergelegt, um freie Hand i rur Ovvosition zu gewinnen. Poincarö, neben Barthou der beste reguug zu gut gehalten. Weit« verwahrt Redner unsere Rede freiheit un deuftchen Reichstage mit aller Entschiedenheit gegen eme Einflußnahme seitens der ausländischen Presse. Abg. Lieber: Meine Aeußerung enthielt nur den Hinweis, daß die Schweiz anderen Leuten das Asylrecht gewährt, aber den Jesuiten nicht. Herrn Sattler danke ich für sein Eintreten für unsere Redefreiheit. Wir werden uns dieselbe auch nicht nehmen lassen, auch wenn hundert schweizerische Blätter sie uns nehmen wollen. (Beifall.) Damit schließt die Debatte und die Gesetz entwürfe Lieber einerseits und Rickert-Limburg andererseits werden mit denselben Majoritäten angenommen, wie bei der zweiten Lesung. Ohne Debatte wird sodann in dritter Lesung der gestern iu zweiter Lesung beschlossene Gesetzentwurf Bachem- Muuch-Ferber, betreffend Verzollung von Ponee - Seidengeweben, angenommen. ES folgt in erster Lesung der Rickertssche Gesetzentwurf zum Schutze de» Wahlgeheimnisses (Einführung von JsoUr- räumrn und Abgabe der Stimmzettel in Couverts). Abg. Rickert empfiehlt den Entwurf in längerer Ausführung, namentlich hinweisend auf Vorgänge im Stolper Wahlkreise. Abg. v. Stumm (sreik.) bekämpft den Antrag, weil er nur Verwechselungen im Gefolge habe, den Wähler der Lächerlichkeit preisgeb« rc. Die Heimlichkeit der Wahl verwerfe er überhaupt als Auswuchs des allgemeinen Wahlrechts, weil mit der Mannes- Würde unvereinbar. Windthorft sei ursprünglich ebenfalls für offene Wahl gewesen und habe erst später aus taktischen Gründen sich zu einer anderen Anschauung bekannt. Abg. Schaedler tritt namens des Centrums lebhaft für den Antrag eul. Angesichts des leeren Bundcsrathstisches scheine es leider, als ob jetzt beim Bundesrath d«r Papierkord die Haupt sache sei. Bon „Manneswürde" sei erst recht nicht die Rede, wo versucht werde, mit materiellen Mitteln Wähler und Wahl zu be einflussen. Windthorst sei nicht aus taktischen Gründen, sondern infolge traurigster Erfahrungen zu einer anderen Ansicht ge kommen. Wer eS offen und ehrlich mit der Wahlfreiheit meint, muß auch für die loyale Durchführung sorgen und das geschieht durch vorliegenden Antrag. Abg. Bassermann tritt namens der Nationalliberalen gleichfalls lebhaft für den Antrag ein unter Hinweis auf d>e Er fahrungen in Baden. Dort habe dieses Wahlverfahren keinerlei Mißstände, wie Stumm sie behaupte, und von irgend welcher Lächerlichkeit sei leine Rede. Abg Kopsch (freis. Volksp.) spricht für den Antrag, er drückt seine Genugthuung namentlich darüber aus, daß auch die National liberalen jetzt geschlossen für den Antrag zu stimmen gedächten. Weiter übt Redner namentlich an den zu kleinen Wahlbezirken Kritik; diese Zwergwahlbezirke hätten hauptsächlich den Zweck, das Wahlgeheimniß illusorisch zu machen. Die Wähler würden jeden falls dafür sorgen, daß dieser Antrag, wie das Mädchen aus der Fremde, mit jedem jungen Jahre wiedcrkehre. Abg. Auer (soz.) spricht gleichfalls die Zustimmung seiner Partei zu dem Anträge aus, dabei noch weitergehende Forde rungen seiner Partei geltend machend. So müsse der Zeitpunkt, mit dem das Wahlrecht beginne, herabgesetzt werden auf den Punkt, wo die Wehrpflicht beginne. Werde doch auch das Recht der Thronbesteigung an das vollendete 18. Lebensjahr geknüpft. Da könne doch auch daS Wahlrecht mit 18 Jahren beginnen, falls man nicht etwa meine, daß zum Besteigen eines Thrones weniger Einsicht und Erfahrung gehöre als zum Wählen. Redner er innerte u. A. auch an die Gelüste der Rechten und — nach einer Aeußerung Müller-FuldaS — auch der Regierungen auf Be seitigung des allgemeinen gleichen und direkten Wahlrechts. -- Abg. Werner (Antisemit) ist für den Antrag, ebenso der Welse von Scheele-Wunstors, der insbesondere die behördlichen Be einflussungen im Hannöverschen und das dortige System der offiziellen Kandidaturen geißelt. — Abg. Ernst (fress.Ver.): In der Theorie hat Herr von Stumm Recht, wenn er sagt, die Manneswürde erfordere cs, seine Stimme offen abzugeben. Praktisch liegt die Sache aber doch anders. Wenn ein Jeder die soziale Stellung des Herrn von Stumm hätte, würde sich auch Niemand zu scheuen brauchen, offen zu sagen, wen er wählen will. Herr Werner ist hier für den Antrag eingetrcten; aber wie kommt es da, daß bei der Wahl in Swinemündc die Antisemiten den Vorschlag der Liberalen betreffs Benutzung gleichförmiger Wahlzettel abgeleknt haben?! Redner bespricht dann eine Reihe von Wahlbecinflussungen zu Gunsten konservativer Kandidaten. — Abg.GrasLimburg-Stirum widerspricht dem Anträge. Von allen Beschwerden über Wahlbeeinflusjungen sei nur der kleinste Theil wahr. Ter vorgeschlagene Wahlmodus fei unpraktisch und mit dem Charakter der Lächerlichkeit behaftet. Seine Freundc wollten das Wahlrecht nicht so einseitig geändert wissen. Abg. Dasbach (Centr.) beleuchtet namentlich die Wahlbecinflussungen Thatsachen frstgestellt, uud diese Thatsachen hat Herr Bebel in I Kadettenanstalten und Kriegsschulen sollen die angehenden fei»« Vertheidigung der Schweiz nur bestätigt. Abg. Sattler (nat.-lib.l führt aus, er habe die Worte Liebers überhaupt nicht so schwer genommen und sie seiner Er-
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