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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.01.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-01-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189901085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18990108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18990108
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-01
- Tag 1899-01-08
-
Monat
1899-01
-
Jahr
1899
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.01.1899
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Freiberger Nn;eiger «nv Tageblatt. Sette 2. — 8. Aa«u«r. I8SS- Welcker er in Geschäftsverbindung steht, erhielt. Die Karte ist in großem Format und besteht aus einer Daurbrogsflagge, in deren weißen Streifen aus dänisch steht: „Fröhliches Neujahr!" Zu dieser Mittheilung bemerkt „Flensdorg Avis": „Was thut der Deutsche nicht für Geld." Wir glauben nicht, daß die freisinnige Presse diese Notiz ihren Lesern zugänglich machen wird; eS ist aber dringend nöthig, ihr eine möglichst weite Ver breitung zu geben, damit man sehe, welcher Art diejenigen Deutschen find, die unser Vaterland vor dem Auslände bloßstellen. In der That muß man leider bekennen, daß in anderen Nationen eine so unpatriotische Handlungsweise nicht vorkommt. Außer ihren bereits zahlreich vorliegenden — meist für Nichts eingebrachten — aus „alten Bekannten" bestehenden Anträgen, will die sozialdemokratische Fraktion, wie verlautet, noch eine Resolution einbringen, in der sie einen „Schutz für die Schulkinder" verlangt. Welche Schulkinder und wovor sie geschützt werden sollen, sowie welcher Art der betretende Schutz sein soll, wird sich erst später ergeben. Zunächst wird noch tüchtig „Material gesammelt". Wenn diese Sammelei nur nicht in die Hände des Herrn Bebel gelegt wird, sonst könnte das Material leicht ein „eigenartiges" Aussehen erhalten! Oesterreich. Das Oberlandesgericht fällte eine Entschei dung bezüglich der Beschlagnahme der „Ostdeutschen Rundschau" wegen des Aussatzes „Bismarcksäulen und Grabfahrtcn", welche im Abgeordnetenhause bekanntliche wilde Szenen herbeigeführt hat. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde des Staatsanwalts gegen die Aushebung der Be schlagnahme ab, weil in der Ehrung Bismarcks an und für sich noch nicht ein Versuch erblickt werden kann, zur Verachtung und zum Haffe wider den österreichischen Staatsverband aufzureizen. In der ungarischen Krise scheint sich eine entscheidende Wendung vorznöereiten. Während von einzelnen Offiziösen des Kabinetts Banssy die Gerüchte von dem nahe bevorstehenden Rücktritt des Ministerpräsidenten nachdrücklich bestritten werden, erhält sich andererseits die Auffassung, daß die zwischen der liberalen Partei und der Opposition eingeleiteten Kompromiß- Verhandlungen guten Fortgang nehmen. Die Opposition be harrt aus ihrem Verlangen, Baron Banffy habe seinen Platz zu räumen; in diesem Falle dürste ein liberales Kabinett, in dem auch di« liberalen Sezessionisten Szilagyi und Andraffy Platz finden würden, unter dem Vorsitz des Barons Fejervary das Kabinett Banffy ablösen. Wie der „N. Fr. Pr." aus Budapest gemeldet wird, hat bei dem Ministerpräsidenten Baron Banffy eine wichtige Besprechung stattgesunden, woran die Minister Banffy, Lukacs und Fejervary, und von den Dissidenten Szilagyi und die Grasen Julius Andraffy und Csaky thrilnahmen. Nach mehrstündiger Konferenz sei Baron Banffy abends nach Wien ab- aereist, vermuthlich, um dem Kaiser über die Lage und die .Stimmungen der Parteien sowie über die gepflogenen Besprechungen Bericht zu erstatten. Schweiz. Das „Neue Wiener Abendblatt" will aus ver läßlicher Genfer Quelle erfahren haben, Luccheni habe sich vor einigen Tagen bei der Gejängnißdirektion gemeldet und die Ab sicht geäußert, ein neues Geständniß abzulegen. Luccheni sei dem Gefängnißdirektor vorgesührt worden und habe diesem sodann mitgetheilt, er habe Mitschuldige seiner That namhaft zu machen. Es seien dies zwei Anarchisten, von denen einer, mit einem Revolver bewaffnet, der Kaiserin auf dem Bahnhose in Genf aufgelauert habe; der Zweite sei mit einer Bombe bewaffnet gewesen und habe den Auftrag gehabt, die Kaiserin bei einem etwaigen Ausflüge in die Umgebung zu tödten. Luccheni habe erklärt, die Kaiserin wäre demnach unter keiner Bedingung ihrem Schicksal entgangen, auch wenn er sie verfehlt haben würde. Dieses neue Gcftändniß Lucchenis wurde, wie die Genfer Meldung mecker besagt, sofort an die kompetente Stelle in Wien gemeldet. — Von anderer Seite wird dagegen berichtet: Luccheni hat vor einiger Zeit in wenig klarer Form Mittheilungen über Mitschuldige gemacht, die er bei seiner That gehabt haben will, und Aeußerungen gethan, welche die Annahme zu bestätigen scheinen, zu welcher die Genser Ge richtsbehörden in der Frage der Mitschuld stets hingeneigt haben. Luccheni hat aber keine genauen Angaben gemacht, welche es ge statten würden, Verhaftungen vorzunehmen oder gegen dieses oder jenes Individuum gerichtliche Schritte zu ergreifen; auch hat Luccheni nichts von einem Individuum erwähnt, welches, wie eine Genfer Meldung eines Wiener Blattes besagt, damit beauftragt gewesen sein soll, beim Passiren der Kaiserin eme Bombe zu Wersen. — Wahrscheinlich will Luccheni lediglich eine vorüber gehende Aenderung seiner strengen Hast damit erreichen! „Petit Bleu" fordert ein Einschreiten der belgischen Re gierung gegen den Prinzen Viktor Napoleon wegen Ver schwörung gegen die französische Republik. England. In einer am Donnerstag in Gloucester ge haltenen politischen Rede drückte Sir Charles Dilke die Meinung aus, Herr C a mp be l l-B a nne r m a n werde einstimmig zum Führer der liberalen Partei im Unterhause an Stelle Harcourts gewählt werden. Tilke bezwciselt indeß, ob er die Führerschaft dauernd bekleiden werde, da er eines der konservativsten Mit glieder der liberalen Partei und kein besonders begeisterter An fänger von Homcrule sei. Das „Echo" schreibt: „Es wird die meisten unserer Leser, die den verstorbenen Sozialisten vr. Aveling gekannt haben, wundern, zu erfahren, daß er viele Monate vor seinem Tode, obgleich er mit Eleanor Marx, der Tochter von Karl Marx, znsammenlebte, ein junges Mädchen von 22 Jahren geheirathet hat. Es ist eine bekannte Thatsache, daß dir freie „Ehe" des Dr. Aveling und des Frl. Marx sehr unglücklich war, trotzdem daß diese den Doktor leidenschaftlich liebte und ihm viel von ihrem Vermögen, Tausende von Pfunden Sterling, geopfert hatte. Das unglückliche Verhältniß bildete ohne Zweifel den Grund ihres Selbstmordes. B>S jetzt waren die thatsächlichen Umstände in Dunkelheit gehüllt. Am Morgen des Tages, wo Eleanor Marx Hand an sich legte, erhielt sie einen Bries, worin stand, daß der Mann, den sie stets als ihren Gatten betrachtet hatte, eine junge Dame in Chelsea (Loudon) geheirathet habe. Der Vertreter des „Echo" fand bei seinen .Nachforschungen, daß der Trauschein am 8. Juni 1897 vom Registrator ausgestellt worden ist. Der Schein besagt, daß der 45jährige Wittwer Alec Nelson, Strand No. 420 wohnhaft, der unverheiratheten 22jährigen E- von Chelsea angetraut wurde. Der Bräutigam gab den Namen seines Vaters als Thomas William Nelson, kongregationalistischen Geistlichen, und die Braut den ihrigen als Professor der Musik au. vr. Aveling pflegte sich des Namens Alec Nelson bei verschiedenen seiner Artikel und Bücher zu bedienen. Als er mit Frl. Marx in Grays-Inn wohnte, stand aus dem Thürschilde: vr.A. Aveling (Alec Nelson). Ehe Frl. Marx Gist nahm, sandte sie ein Schreiben an ihren Anwalt und fügte diesem den erhaltenen Bries bei, woran die Einzelheiten der Heirath oes vr. Aveling standen. Der Anwalt hat die beiden Briefe nie erhalten. Das Testament vr. Avelings setzt Frau Nelson zur Erbin ein. Es beginnt: „Dieses ist der letzte Wille Edward AvelingS, Lima Alec NelsonS". Die junge Wittwe, die vou großer Schönheit ist, hat sich seitdem der Bühne gewidmet." Arankretch. Der radikal-sozialistische Deputirte Grousset hat einen Brief an den General-StaatSanwalt deS Kaffationshofes gerichtet, mit der Aufforderung, daS angebliche Schreiben Kaiser Wilhelms H., daS in den Akten noch fehle, einzu- fordern. Grousset behauptet, daß die vielbesprochene Fälschung des Kaiserbriefes nicht in dem Dossier vorhanden sei, das dem Kassationshof vorgelegt worden ist. Aber, sagt er, für die Ehre der Nation vor der Gerechtigkeit der Menschheit ist es nothwendig, daß dies gefälschte Schriftstück an den Tag gebracht wird, oder daß die Militärpolizei ein Protokoll ansstellt über den Ein- und Ausgang dieses Schriftstückes. Grousset sagt alsdann, er habe seit langer Zeit eine rege Untersuchung in Frankreich sowohl als im Ausland geführt. „Als Bürger sowohl wie als Abgeordneter habe ich die Pflicht, den Richtern des Kaffationshofes das Er- gebniß dieser Untersuchung vorzulegen. Die Thatsachen, die ich auszählen werde, sind einer gewissen Anzahl europäischer Persön lichkeiten bekannt, worunter ich nur zu nennen brauche den Zaren Nikolaus, die Königin Viktoria, den Kaiser von Oesterreich, den König von Italien und ihre unmittelbare« Rathgeber, auch den Papst Leo Xlll. und den König der Belgier, mehrere Mitglieder der französischen und der auswärtigen Diplomatie, die Exkaiserin Eugenie und die Herzogin von Orleans. Die Ausschlüffe, die ich gebe, stammen auS zwei verschiedenen gleichguten Pariser Quellen, und ich habe sie genau geprüft." Grousset erinnert sodanu an tue bereits bekannte Mittheilung des Grasen Münster an den Grafen Turenne über die in Frage stehende Fälschung des Kaiser brieses, an di« auS dem Generalstab stammenden Mittheilungen Rocheforts und an dir Erklärungen Poincarss in der Kammer vom 28. November 1898. Mit Bezug auf letztere Erklärung fährt er fort: „Am darausfolgenden Tage vervollständigte Poin- carä seine öffentlichen Erklärungen inmitten einer Gruppe von 30 biS 40 Abgeordneten von allen Parteischattirungen in der Art einer kleinen Kammersitzung. Grousset fragte Poincarö: Haben Sie keine Kenntniß davon, daß im Jahre 1895 während der letzten Tage des Kabinetts Dupuy ein großer Zwischenfall sich ereignete? Poincare zögerte auch nicht eine halbe Sekunde und antwortete sofort: „Das ist wahr! Damals erlebten wir eine Stunde großer Angst, vielmehr eine Nacht, eine historische Nacht, die ich mit Charles Dupuy zubrachte. Wir erwarteten ein Telegramm, und als es angekommen war, versuchten wir es zu entziffern, die verschiedenen Ziffergruppen zu errathen, denn wir besaßen den Schlüssel nicht." Grousset erläutert alsdann die Worte Poincaräs folgendermaßen: Im Januar 1895 befand sich Hanotaux in Südfrankreich in der Sommerfrische aus dem Gute Paul Bourgets. Daraus erklärt sich, daß Dupuy und Poin- carä mit den Angelegenheiten des auswärtigen Ministeriums während der historischen Nacht beauftragt waren. Dieser schwere diplomatische Zwischenfall vom Monat Januar 1895 ist daher keine Legende, und es ist festgestellt durch öffentliche Er klärungen der damaligen Regierung, daß der diplomatische Zwischenfall wirklich vorgekommen. Ich kann das Datum dieses Zwischenfalls genau angeben. Er sand statt am 9. Januar 1895, vier Tage nach der Degradation Dreyfus'. Die historische Nacht war die Nacht vom 9. aus den 10. Die Nacht ist historisch in mehr als einem Sinne. In den drei salzenden Tagen sah man 1) den Minister Barthou das Ministerium am 13. Januar ver lassen in Folge eines Zwischenfalles betreffend die Orleans- und Südbahnen; 2) am 14. Januar fielen auch die übrigen Mit glieder über dieselbe Frage; 3) Casimir-Perier legte sein Amt als Präsident am 15. Januar nieder. Das waren die unmittel baren und aufcinandersolgenden Rückwirkungen des Zwischen falles vom 9. Januar. Die Ursache davon war das Vorhanden sein eines gefälschten Briefes von Kaiser Wilhelm, den dieser angeblich an seinen Botschafter gerichtet haben sollte und in dem der Hauptmann Dreyfus als Geheimagent des Kaisers genannt war. Der falsche Kaijerbries wurde alsbald dem deutschen Bot schafter Gras Münster bekannt, und er drückte persönlich in den ersten Tagen des Monats Dezember 1894 dem damaligen Präsidenten der Republik, Casimir-Perier, seine Ansicht über diese Fälschung aus. Es wurde gemeinsam beschlossen, daß das Schriftstück unterdrückt würde, und man nahm an, daß es nicht existire. Nun aber ereignete es sich, daß das Schriftstück am 23. Dezember 1894 dem ersten Kriegsgericht im Berathungs- zimmer vorgelegt und dem Vorsitzenden Morel zur Verfügung gestellt wurde. Grousset wiederholt alsdann seine schon bekannte Darstellung, wie Morel die Verurteilung Dreyfus' herbeigeführt haben soll. Vier Tage nach der Degradation Dreyfus wurde der Vorgang dem deutschen Botschafter, Münster, bekannt. Er begab sich nach dem Elysse und beklagte sich darüber als eine positive Verletzung des gegebenen Wortes. Das war die un mittelbare Ursache des Rücktritts Casimir-Periers. — Wir haben seiner Zeit schon die obige Version von dem Rücktritt Pcriers, die gar nicht unwahrscheinlich klingt, mitgetheilt. Ob die Angaben Groussets sich in allen Einzelheiten bestätigen werden, ist freilich eine andere Frage. Schon jetzt erklärt der „Temps", daß der geschilderte diplomatische Zwischenfall keineswegs mit dem angeblichen Kaiserbriefe im Zusammenhänge stehe. Wie der „Gaulois" meldet, soll der Jnstizminister im Namen der Regierung dem Präsidenten der Krinunalkammer Loew er klärt haben, es sei nothwendig, zu einer baldigen Lösung der Revisionsfrage zu gelangen. „Matin" glaubt versichern zu können, das höchste Gericht werde gegen Ende des M mats seine Untersuchung in der Dreyfussache beendet haben. Dreyfus' Antwort auf den ihm Anfang Dezember zugesandten Fragebogen erwartet man gegen den 26. Januar, die öffentlichen Schlnßverhandlungen würden in der ersten Februarhälfte stattfinden; als Berichterstatter wird diesmal Atthalin bezeichnet. Eine aus London übermittelte Drahtung des „Daily Telegr." aus Cayenne meldet, Dreyfus sei ernstlich an der Ruhr erkrankt. Den nationalistischen Blättern zu Folge soll Esterhazy, falls er der Vorladung als Zeuge entspreche, sicheres Geleit erhalten. Der Untersuchungsrichter BertuluS selbst habe dem Advokaten Esterhazys, Cabanes, versprochen, daß Esterhazy wegen des von seinem Vetter Christian gegen ihn angestrengten Betrugsprozesscs nicht beunruhigt werden solle. „Rappel" zu Folge hat der Kassationshof beschlossen, noch eine andere frühere Geliebte Esterhazys, ein gewisses Fräulein I., zu verhören. Ein namentlich für deutsche Anschauungen geradezu ver blüffendes Beispiel von militärischer Auflehnung gegen den Civil-Kriegsmini st er ergiebt sich aus gewissen Pariser Blättern. Freycinet hatte bekanntlich die weitere Betheiligung von Offzieren an der Sammlung für die Wittwe Henrys untersagt, mrd die Offiziere, die vorher namentlich gezeichnet hatten, wurden zu je vier Tagen Stubenarrest ver- urtheilt. Trotzdem haben die Offiziere sich weiterhin an der Sammlung bethelligt. Das beweisen die Sammellisten der drei letzten Tage. Sie verzeichnen noch ohne NamenSangabe 6 höhere Offiziere, 51 Hauptleute und Leutnants, 23 „Offiziere" schlechthin und 8 Gruppen von Offizieren. Daneben hohen sich noch em- gezeichnet 24 Marine-Unteroffiziere von Toulon, 12 Marine- Unteroffiziere, 6 Feldwebel aus dem „Vogesenloche" u. s. w. Mit Namenangabe (!) finden sich in den drei letzten Listen 3 Genrale, 2 Obersten, 4 Majors, 29 Hauptleute uud Leutnants. Es ist nicht ersichtlich, ob sie Alle dem aktiven Heer antzebören, aber bei der Mehrzahl scheint dies der Fall zu sein. Biele be merken es ausdrücklich mit Begleitausdrücken, die dem KriegS- minister recht sonderbar in die Ohren klingen müffen. Ein Stabs offizier bestätigt seine Aktivität ausdrücklich mit den Worten, daß er sich „den Teufel scheert" um den Erlaß Freycinets. Ebenso zeichnet ein „aktiver Offizier", weil es verboten worden sei, ferner ein Kürassier-Leutnant zum zweiten Male, um „gegen den von der Synagoge und dem Großen Orient eingegebenen Erlaß der weißen MauL (Freycinets) zu protestireo, und zwei Kavallerie-Hauptleute, „um gegen die Arreststrafen ihrer Kame raden zu protestiren". Ein anderer Offizier zeichnet, „erröthend„ weil er ein Erzeugniß Panamas und des Cornelius Herz zum Chef habe", und ein und derselbe Rittmeister zeichnet hinter einander zweimal, erstens, „um zu beweisen, daß kein Erlaß die' „große Stumme" hindern kann, zu denken und zu geben", zweitens „1500 Mann fordernd, um den Oberst Monteil zum Elysee zu führen, und zwei Minuten, um Reinach zu füsilireu". — Kann es denn da Wunder nehmen, wenn man in der Haupt stadt immer mehr die Ueberzeugung gewinnt, daß der Boden für einen Staatsstreich namentlich im Heere aufs beste vorbereitet und daS Pferd für den Kronritt nach Paris bereits gesattelt sei?! Spante«« Silvela und General Polavieja haben im Ein verständnisse mit einander sich bereit erklärt, die Neubildung deS Kabinetts zu übernehmen, salls die Königin-Regentin sie dazu ausfordern sollte. Dieses Einverständniß macht es wahrscheinlich daß die Konservativen au die Regierung kommen. Im „Neuen Wiener Tageblatt" veröffentlicht Professor F. Blumentritt in Leitmeritz, ein mit den Verhältnisjen aus den Philippinen genau vertrauter Gelehrter, bemerkenswerthe Mittheilungen, die ihm von einem Freunde Aguinaldos zugegangen sind. Danach beruht Aguinaldos Weigerung, die gefanaenen Spanier freizugeben, auf folgenden Gründen: 1) Agminaldo will unmittelbar mit der spanischen Regierung in Unterhandlung treten, zumal da die Amerikaner im Frieden zu Paris auf die Forderung der Spanier, die Gefangenen Aguinaldos zu befreien, antworteten, sie würden sich hierfür bei Aguinaldo verwenden. Die Zahl der von Aguinaldo gefangenen Militärs beträgt 11000, unter ihnen zwei Generale, 40 Stabs- und 400 Oberoffiziere. Alle diese Kriegsgefangenen sind regelrecht im Kampfe oder durch schriftliche Kapitulation in die Hände der Aufständischen gefallen. Außerdem haben die Tagalen unter ihren Gefangenen 1900 Civilbeamte und Privatpersonen, unter ihnen verschiedene Provinzgouverneure, Finanzräthe und andere höhere Verwaltungsbeamte und Amtsrichter. Sie gelten als. Kriegsgefangene, weil sie sich in die Freiwilligencorps der Spanier einreihen ließen. 2) Die Freigebung all dieser erwähnten Gefangenen kann nur dann erfolgen, wenn als Gegenwerth alle Philippiner, die von den Spaniern in ihren afrikanischen uud anderen Besitzungen in den Kerkern und Verbannungs orten sestgehalten werden, die Freiheit erhielten, und zwar auch solche, die gemeiner Verbrechen wegen verurtheilt wurden, insofern diese gemeinen Verbrechen in irgend einem Zusammenhänge mit den revolutionären Vorfällen der letzten Jahre stehen. Man schätzt die Zahl dieser Unglücklichen auf als mehr 3000 Köpfe. Bei diesem gegenseitigen Austausche der Gefangenen sollen die Unterhaltungskosten gegenseitig ersetzt werden; bei jenen gesangencn Philippinern, die yicht durch einen Richter spruch, sondern durch die Verbannungsdekrete der Gouverneure ihre Freiheit verloren, soll die spanische Regierung einen eigenen Schadenersatz leisten. 3) Die gefangenen Mönche werden von einem ganz anderen Gesichtspunkte aus behandelt. Nach Ansicht Aguinaldos sind sie nicht als spanische Unterthanen, sondern nach ihrem eigenen Ausspruche als solche des Papstes zu betrachlen. Deshalb ilt bezüglich ihrer Freigebung nur mit dem Vatikan zu unterhandeln. Aguinaldo verlangt, daß der Papst einen Legaten nach den Philippinen entsendet, der mit der Nationalregierung nicht nur über die Freilassung jener Mönche, von denen die Meisten an dem Kriege sich persönlich betheiligt hatten, unterhandle, sondern auch über folgende Forderungen der Nationalregierung: a. alle Bullen, die zu Gunsten der Mönche erlassen wurden, sind zu widerrufen; d. ebenso alle, die dem Weltklcrus eine untergeordnete Rolle zuwiesen, da die Welt- geistlichen in hinreichender Zahl vorhanden sind, um alle kirch lichen Interessen zu fördern; e. daß künftighin alle Bischöfe des Landes nur dem Weltklerus entnommen und das Vorschlagsrecht des Diözesanklerus und der Vertreter des Laienelements Berück sichtigung fände. Aus Grund dieser Forderungen könnte mit dem Vatikan ein Konkordat abgeschlossen werden. Aguinaldo weist schließlich die Verleumdungen zurück, als ob die spanischen Gesangencn übel behandelt würden. Er könne sie freilich nicht anders als nach philippinischer Art ernähren. China, lieber die Mißhandlungen des deutschen Paters Stenz in Shantung enthält die soeben hier eingehende Nr. 1 der „Deutsch-Asiatischen Warte", des amtlichen Anzeigers des Kiautschou-Gebietes, die von Tsintau, 21. November, datirt ist, folgenden eingehenden Bericht: Schweren Mißhandlungen' durch Eingeborene ist der seit dem Ueberfall von Tjchantjaschuan- Dors (1./2. November 1897) oft genannte Pater Stenz abermals zum Opfer gefallen. Der Schauplatz der neuen Unthaten, die nicht mit dem vorjährigen Ueberfall in Zusammenhang zu bringen sind, sondern auf Macheus haften des Mandarins und der Ge lehrten des Bezirks Gitschau zurückgesührt werden, ist der kleine, nur etwa 300 Li von hier entfernte und in dem genafinten Be zirk gelegene Ort Tjetou. Am 1. November begab sich Pater Stenz zu Schiffe von Tsintau nach dem Bezirk Gitschan. Am 8. langte er in Tjetou an, einem kleinen Dorfe in der Nähe des großen Marktplatzes gleichen Namens. Es war Markt und viel Volk vereinigt. Da Pater Stenz gehört hatte, daß etliche Tag« vorher ein zu der amerikanischen Mission gehöriger Katechist in der Umgebung von Tjetou durch Schläge mißhandelt worden war, hatte er von dem Mandarinen vier Soldaten zur Begleitung ver langt. Der Mandarin hatte die vier Soldaten geschickt und ließ vier Polizisten ohne Wissen des Pater Stenz vorausgehen. Am andern Morgen (9. November) wollte Pater Stenz früh nach Tuschena. Das Gepäck war schon in Ordnung gebracht, als plötzlich Kinder unter dem Rufe herbeieilten, alle Berge seien mit Menschen besetzt. Pater Stenz ging vors Dorf und sah wirkt ch die Berge dicht voll Menschen. Schnell ließ er die Soldaten nnt
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