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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.07.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188507196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18850719
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18850719
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1885
-
Monat
1885-07
- Tag 1885-07-19
-
Monat
1885-07
-
Jahr
1885
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.07.1885
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S.JahMnq. AbonnementSpreiS: Der unparteiische — jeden Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende — Landes-Anzeiger mit Beiblättern kostet bei den Ausgabestellen in Chemnitz und den Vororten 50 Pfennige monatlich; bei der Post 60 Pfg. (10, Nachtrag 4523V.) Verlag: Alexander Wiede, vuchdruckerei, Chemnitz. Sächsischer FMkS-AMlM mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Sonntag. IS. Juli 188S. Jnsertionspreiö: Raum einer schmalen Korpuszeile 15 Pfg.; — Reklame (lspaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung grober Annoncen Rabatt- Bei Bestellungen von Auswärts wolle man Jnsertionsbetrag (in Briefmarken) beifügen (je 8 Silben Korpusschrist bilden ca. 1 Heile). Annoncenannahme: nur bis Vormittag. Expedition und Redaktion: Ehemnih, Theaterstraße Nr. 48. Telegramm-Adr.: Wiede'S Anzeiger, Chemuttzi WM»! „Tägliches Unterhaltungsblatt ' m>i> himrißisch illustrikt« SoimlllPblolt „Lustiges Bilderbuch". Amtlicke Bekauvimachun-en sächsischer Behörden. Gegen den unten beschriebenen zuletzt hier aufhältlichen Packer Friedrich Paul Henselius aus Dresden, welcher flüchtig ist, ist die Untersuchungshaft wegen Unterschlagung und Widerstands rc. verhängt. Beschreibung: Alter: 85 Jahre. Größer ea 1.,» w. Statur: schlank. Haare: blond. Stirn: frei. Nase und Mund: gewöhnlich Zähne: gut. Gesicht: oval. Gesichts farbe: gesund. Besondere Kennzeichen: auf linker Backe eine frische ziemlich bedeutende Bißwunde. Es wird ersucht, denselben zu verhaften und in die hiesige Gefangenanstalt abzuliesern. Chemnitz, den 16. Juli 1885. Die Königliche Staatsanwaltschaft. Telegramme des Landes-Anzeigers. Vom 17. Juli. Bremen. Sämmtliche sechs neuzuerbauenden Lloyddampfer für die neuen Linien sind bei der Gesellschaft „Vulkan" in Stettin bestellt worden. Drei neue Schnelldampfer für die amerikanische Hauptlinie erhalten John Elder aud Company in Govan b. Glasgow Mainz. Soeben verbot da- hiesige KreiSamt die auf heute Abend anberaumte VolkSversammluug. in der Liebknecht sprechen sollte. Luxemburg Aufgetauchtr Gerüchte über Zwistigkeiten im Ministerium werden als unbegründet bezeichnet. Wien. Anfang nächsten Monats beabsichtigt der Kaiser Frauz Josef dem deutschen Kaiser in Gastein einen Besuch abzustatten. Wien. In Reichstädt soll vom 3. bi» 5. September eine Zusammenkunft des österreichischen mit dem russischen Kaiser statt finden. Wien. Dem im Jahre 1877 in Bozen zum Tode verurtheilten, daun aber zu achtzehn Jahren Kerkers begnadigten Gatteumörder Prerreau, genannt Tourville, soll, der „Bozener Zeitung" zu folge, auch der Rest der Strafe nachgelassen worden sein. Wien. Der Londoner Mitarbeiter der „Reuen Freien Presse" hatte über die neueste englisch-russische Lage mit einem englischen Staatsmann «ine Unterredung und telegraphirt heute seinem Blatte darüber Folgendes: „Mein Gewährsmann erklärtesofort.dieLage sei allerdings erustergewordkn, die Russen hätten nicht blos den nördlichen Zugang des Zulficar-Passes besetzt, während nach demUebercinkommen, wie auch Gladstone seinerzeitim Parlamente bestätigte, der ganze Zulficar-Paß dem Emir gehören sollte, sondern die Russen hätten auch noch Truppen vorgeschoben, wodurch sie auch das andere Ende des Passes bedrohten. Dieses Vorschieben von Truppen betrachte man hier als ein sehr ernstes Anzeichen. Die russische Regierung beabsichtige vielleicht jetzt die Angelegenheit in einer sür Rußland günstigeren Weise durchzufahren, indem sie glaube, die Liberalen würden die jetzige konser vative Regierung im Widerstande gegen die russischen Forderungen nicht unterstützen, während nach den Neuwahlen ein im Amte bleibendes conser- vatives Cabinet jede russische Forderung sehr erschweren würde. Käme aber dann doch wieder ein liberales Cabinet zur Regierung, so habe Rußland sicherlich keinerlei Folgen von dem jetzigen Borstoße zu befürchten. Der Gewährsmann erklärte jedoch weiter, auch die Liberalen hätten nach Glad- stone'S Anleitung beschlossen, jedem Versuche Rußlands, den Zulfikar-Paß zu occupiren, aus das thatkräftigste entgegenzutreten." Bern. Der Bundesrath beschloß, zu dem Congresse, welcher anläßlich der Feier der fünfzigjährigen Eröffnung der belgischen Eisen bahnen in Brüssel am 8. August znr Prüfung und Verbesserung der im Bau begriffenen und im Betrieb befindlichen Eisenbahnen Zusam mentritt, eine Vertretung abzuordnen. Rom. Um zur Erforschung und Ueberwachung der nach dem Innern führenden Straßen zu dienen» sendet der Kriegsminister KriegSballonS nach Massauah. Paris. General Courcy telegraphirte gestern, daß er sich nach Haiphong zu einer Besprechung mit den Divisionsgeneralen begebe und bei der Rückkehr nach Hue werde er die Häfen AnamS besichtigen. Paris. Die Vorlage, laut welcher die Negierung ermächtigt wird, den Zoll auf rumänische Maaren eventuell bis auf fünfzig Proceut des Werth«» zu erhöhen, ward von der Kammer ange nommen. London. Zum Vertreter von ÄyleSbury im Unterhause Ward an Stelle des in das Oberhaus versetzten Sir Nathaniel Roth schild Ferdinand Rothschild gewählt. London. Das Unterhaus nahm gestern ohne Abstimmung in zweiter Lesung die Budget-Bill an. Im Laufe der Debatte erklärte Hicks-Beach, die Regierung habe die Erhöhung der Alkoholstärke von sechsundzwauzig auf dreißig Grad aufgegeben, weil die commerciellen Unterhandlungen mit Spanien gescheitert seien. Er wolle die Be Handlungsweise Englands von Seiten Spaniens nicht mit starken Ausdrücken charakterifiren» obschon es kaum mit zu fiarken Worten charakterisirt werden könne. Sollte übrigens die Möglichkeit entstehen, den Handel Englands mit Spanien aus einen besseren Fuß zu stellen, so werde die Regierung ihr Bestes thuv, um dies zu er wirken. — Das Unterhaus nahm mit zweihundertneunundsiebzig gegen zwanzig Stimmen in zweiter Lesung die Bill an, welche die Be stimmung der jüngst angenommenen Wahlrechtsbill, nach welcher Personen, die ärztliche Verpflegung au» der Armencasse erhalten haben, da» Wahlrecht nicht ausüben dürfen, wieder aufhebt. London. Der .Standard" schreibt, es sei Deutschlands aus drücklicher Wunsch, daß von der egyp tischen Anleihe drei Millionen in Deutschland zur Ausgabe gelangten. London. Wie aus Teheran gemeldet wird, halten die russischen Truppen drei Punkte auf persischem Gebiete zwischen SerakhS und Pul i-Khatun dauernd besetzt. Petersburg. Das .Journal de St. Petersbomg" stellt gegenüber den irrthümlichen Auffassungen über Zulficar die Thatsachen fest und sagt: „Wenn wir uns an die Karle des Capitäns Peacock halten, ist Zulficar das zwischen Hericoud und dem Flusse de» Ge birge» liegende Thal. Man sollte annehmen, daß gerade dieses der Punkt sei, worin England sich dem Emir gegenüber engagirte; Ruß laut» wenigstens verstand in dieser Weise die Bezeichnung .Zulficar", als es im Priucip zustimmte, diese Stellung dem Emir zu über lassen — konnte es aber nicht glauben, daß England sich Afghanistan gegenüber bezüglich deS DefileS festmachte, welche sich von dem in Frage stehenden Punkte in östlicher Richtung erstrecken und noch Gegen stand der Verhandlungen zwischen beiden Regierungen sind. Petersburg. Das Gesetzblatt veröffentlicht einen kaiserliche» Erlaß, welcher die Enteignung von fünshundertsünfundsiebzig DeSjaiinc» Land in der Umgebung von Grodno behufs Errichtung eines ständigen Lagers und einiger Befestigungen anordnet. Wan« kommt die Lösung? — Non den Reichslanden aus wird wieder einmal in energischer Weise versucht, dem übermäßigen Branntweingenuß entgegenzutreten. Das ist eine neue Attacke im Kampf mit dem Schnaps; wir haben nur abzuwarten, ob sie einen größeren Erfolg erzielt, als die früheren Versuche, den Alkoholconsum einzuschränken. Seit Jahr und Tag schon st in Deutschland der Kampf gegen den Branntwein ausgenommen; bald hat man es mit frommem Coffecküchen versucht, bald mit Donner Worten das Laster der Trunksucht gegeißelt, auf seine zersetzenden Wirkungen hingewiesen, die das Familienglück zerstören, die geistige Willenskraft vernichten, kurzum den Unglücklichen moralisch und physisch ruiniren. Ja, eine Ruine ist der Mensch, der sich dem Schnaps mit Leib und Seele ergeben, er ist der schrecklichste Beweis sür die Wahrheit und Behauptungen über die Folgen des Alkohol- genuffes, ein Beweis, daß der Mensch, der Gottes Ebenbild, sich selbst herabwürdigen kann, so tief, daß alles sittliche Bewußtsein, das menschliche Wesen in ihm aufhört. Leider sehen wir solche Brannt wein-Ruinen in Deutschland mehr als wünschcnswerth; wir könnten aber nicht sagen, daß sie im Allgemeinen eine Mahnung zur Besserung nicht nur gewesen, sondern letztere auch hervorgerufen hätten. Dasselbe läßt sich von allen anderen Agitationen und Manipulationen sagen: Vieles ist schon gegen den Branntwein gethan, Warnungen über Warnungen in die Volksmenge hineingerufen. Aber die Letztere glich bisher einem Siebe, es ist Alles durchgelaufen und nicht- hängen ge blieben. Mit Einem Worte, die Agitation gegen den übermäßigen Branntweingeuuß hat eine allgemeine und wahre Unterstützung im Volke, die doch unbedingt uothwcndig, bisher nicht gefunden. Man verdammt die „Sauferei", jawohl, aber man mißtraut auch, wenigstens bisher noch, den MäßigkeiStaposteln, und wenn den Letzteren gebildetere und weitersehendere Persönlichkeiten zustimmen, so ist das immer noch nicht die große Volksmenge. Das ist ein leider traurige», aber un angreifbares Resultat. Das kann anders werden! Gewiß, und auch wir hoffen das, steter Tropfen höhlt ja den härtesten Stein schließlich, aber wir fürchten, der Stein wird sich als recht, recht hart erweisen. Die Lust an einem guten Trünke liegt dem Deutschen einmal im Blute und deshalb werden Mäßigkeitsreden bei ihm immer einer zweifelhaften Aufnahme begegnen. Das beweisen auch unsere Landsleute in Nord amerika, die bekanntlich die hestigsten und energischsten Gegner der dortigen geradezu verrückten Temperenzbewegung find und schon manchen harten Strauß glücklich ausfochten. Ein vortreffliches Mittel gegen den Branutweinconsum ist Caffee, Thee und gutes, billiges Bier, aber mau darf nicht daran denken, damit in Deutschland zu erreichen, was man erreichen will. Wir dürfen nicht damit zufrieden sein, den Trunkenbold aus den Schanklocalen und von der Straße zu entfernen, wir müsse» vor Allem verhüten, daß sich der Schnaps genuß in den Familien einnistet, daß ihm Frauen und eben erst erwachsene Kinder verfallen. Hier liegt eine große Gefahr, die größte sogar. So lange das Laster offen anftritt, kann es controllirt »nd nothweudigenfallS in die heilsamen Schranken eingeengt weiden, Alles das fällt fort, sobald es im Geheimen sich verbirgt, um unter der Maske äußerer Tugend um so verheerender zu wirken. Was Hilst uns die Verminderung der SchnapSkneipen, die Einrichtung von Caffeeschänken, wenn hinter verschwiegenen vier Wänden dem Schnaps teufel iu maßloser Weise gestöhnt wird? Wir hätten praktisch nichts erreicht, uns nur einen Gegner geschaffen, der sich gegen weitere An griffe viel, viel sicherer als bisher fühlt. Deshalb muß die Parole sein: Entfernung des Schnapsgenusses nicht nur an der Oeffeutlichkeit, sondern Verhütung eine» maßlosen Branutweinconsum» überhaupt. Die Anti-Alkohol-Bewegung in Deutschland, wie sie jetzt besteht, hat viel Gutes geschaffen, aber nach den bisherigen Resultaten ist es doch nicht anzunehmen, daß es ihr allein gelingen wird, dem be kämpften Gegner den Fuß aus den Nacken zu setzen. Das vermag nur eine weise, aber energische Reichsgesetzgebung, die den „Soff" an seinem Ursprung trifft und die Quelle theilweise schließt, aus welcher ihm die Nahrung zukommt. Nur eine Vertheuerung des Branntweins ist das Universalrecept gegen übertriebenen Genuß, das ist auch im Reichstage schon wiederholt ausgesprochen worden. Wann wird aber die Lösung kommen? Politische Rundschau. Chemnitz, den 18. Juli. Deutsches Reich Der Reiseplan des Kaisers ist, wie man aus Konstanz schreibt, folgendermaßen festgestellt: In der Nacht vom 20. auf den 2i. Juli wird der Dampfer .Greif" den hohen Reisenden von der Insel Mainau quer über den Bodensee nach Bregenz befördern. Sollte ungünstige Witterung herrschen, so wird schon in Lindau gelandet und von da mit der Bahn nach Bregenz gefahren werden. Dieser von den früheren Reisepläueu ab weichende Plan wurde hauptsächlich der großen Hitze wegen und thetl- weise wohl auch in Rücksicht auf da» hohe Interesse gefaßt, welche- ganz Oesterreich für die großartige Arlbergbahn hat, die nun zum ersten Male ein gekröntes Haupt befahren wird. Am 22. Vormit tags neun Uhr vierzig Minuten wird der Extrazug in Kufstein, um ein Uhr Nachmittags iu Leud eintreffen, woselbst während eines dreistündigen Aufenthalts das Mittagsmahl eingenommen wird. Die Ankunft iu Gastein ist auf sechs Uhr Abends vorgesehen. In Salz burg. wo früher immer längere Zeit Aufenthalt genommen wurde, ist diesmal kein solcher vorgesehen. Von Lend ans wird in diesem Jabre zum ersten Male für Kaiser Wilhelm ei« für die G steiner R ise eigens in Berlin gebauter, den Gebirgsverhältnissen angepoßier Reisewagen benutzt werden. - Die „Nene Freie Presse* bestätigt heute, daß Graf Kaluoky mit dem Fürsten Bismarck auch in diesem Jahre jedenfalls Zu sammentreffen werde. — Vorgestern tagte in Köln eine Versammlung von Delegirten der verschiedenen Decanate de» Erzbisthums Köln. ES handelte sich darum, dem Erzbischof Melchers die Mittel zur Verfügung zu stellen, welcher derselben anläßlich seiner Cardinals-Erhcbung bedürftig ist. Als seiner Zeit Erzbischof von Geißel, Melcher»' Vorgänger, den Cardinalshut erhielt, bewilligte Friedrich Wilhelm lV. die erheblichen Kosten aus seiner Prioatschatulle. Auch erhielt von Geißel kurz darauf den Schwarzen Adler-Orden. Jetzt sind die Verhältnisse anders ge worden, und e» soll in der Erzdiöcese Köln eine Sammlung in'» Werk gesetzt werden, deren Trträgniß Herrn Melcher» alsdann zur Ber- fttgung gestellt wird. — Zwischen Varzin und Berlin ist gegenwärtig ein regelmäßiger Courierdienst eingerichtet. Täglich reist ein Bote mit Schriftstücke» des hiesigen Auswärtigen Amte» nach Varzin. Auch der telegraphische Verkehr zwischen der Reichshauptstadt und dem augenblicklichen Aufent haltsorte de» Reichskanzlers ist ein sehr reger. Der Kanzler fühlt sich in Varzin, da» er wegen umfassender baulicher Aenderungen im vorigen Jahre nicht besuchen konnte, sehr wohl und denkt vorläufig nicht daran. eS zu verlassen. Insbesondere ist die Frage, ob und wann er nach Friedrichsrnhe überfiedeln wird, noch eine offene. — Der .Reichsbote" tritt für die Zwangskraukencaffeu gegen die freien Lassen ein. Der größte Fehler des Krankencassengesetze» — meint er — bestehe iu der .Zwiespältigkeit" der Krankenversicherung, die dadurch hineingetragen sei, daß neben den neu errichteten Zwangs- cassen noch die freien Lassen bestehen geblieben seien. Freilich, wenn man die freien Lassen sogleich todtgeschlagen hätte, so ginge e» heute allen gleich schlecht; man hätte dann nichts Bessere», mit dem man einen Vergleich anstellen könnte. Und daun müßten Alle — daran glauben. — Die .Germania" erhält von zwei Seiten zugleich die Nach richt, daß die Paderborner Angelegenheit über da» Stadium Paderborn hinaus ist und weitere kirchliche Instanzen schon beschäftigt. Der .Moniteur de Rome" schreibt: „Die Zurückziehung des Erlasses, welche im Princip entschieden ist, aber noch nicht stattgefunden hat, wird bald eine vollendete Thatsache sein können. Im Uebrigen wissen wir, daß die zuständigen Autoritäten sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen und daß der Zwischenfall ohne Zöger» beendigt werden wird." — Das Direktorium der Deutsch-ostafrikauische» Gesellschaft hat unlängst bei der Firma Friedr. Krupp in Esse» zwei eigen» für Colonialzwecke coustruirte 5 bis 5V, Ceutimeter-Neschütz« bestM, deren Rohre nur je 60 Kg. wiegen werden, um für den Transport durch Träger geeignet zu sein. Fallen die Versuche mit ihnen günstig au-, so soll ihre Zahl auf zwölf erhöht werden. Wie wir hören, find dies sogenannte Buschgeschütze. — Von allgemeinerem Interesse ist vielleicht nachstehendes Ur- theil, daS von dem Fachblatt: „I-s wouvemout ^ograpdigue" über die deutschen Colonial-Unternehmungen in Ostafrika gefällt wird. Dasselbe lautet am Schluffe einer eingehenden Schilderung von Land und Leuten: „Man erkennt aus diesen Einzelheiten die Zukunft, welche de» zwischen Zanzibar und der Nordseite des Nyassa-SeeS sich ausdehnenden Gebieten Vorbehalten ist. Von einem fruchtbaren, wohl bewässerten, gesunden, be völkerten Lande, wo da» Vieh eine Reichthumsquelle der Einwohner dar- stellt, kann man Alles erwarten und Alles erhoffen. Gewiß werden i« Anfang Schwierigkeiten jeder Art zu überwinden sein, aber dem Beharr lichen gehört der Erfolg." — Dir Verwaltung der Eisenbahu-Werkstätte zu St. Johann bei Saarbrücken, die ausdrücklich die Bezeichnung Haupt-Werkstätt« führt, hat an ihrem Thore folgenden Anschlag ver öffentlichen lassen: „Wir machen darauf aufmerksam, daß in einzelnen Abtheilungen unserer Werkstätte die Arbeit in so erschreckender Weise abge nommen hat, daß wir mit großer Sorge dem Winter entgegensetzen. Wen» nun auch jetzt noch hier und da ein guter Verdienst erzielt wird, so wolle» wir doch einen Jeden zur größten Sparsamkeit ermahnen und an di« Noth« läge des verflossenen Winters erinnern, wo es bei dem steten Arbeitsmangel nicht möglich war, lohnenden Verdienst zu finden." — In Barmen hat die Polizeibehörde, nach einer Mittheilung der „Volkszeitung", den schon oft mißglückten Versuch gemacht, eine Brottaxe einzuführen. Anregung dazu soll die Regierung zu Düsseldorf gegeben haben. Das Gewicht soll durch einen eingedrückten Stempel in ganzen und halben Kilogrammen deutlich angegeben werden; wiegt ein Brot weniger, so find die nachsehendeu Polizeibehörden an gewiesen, dasselbe zu zerschneiden. DaS mangelhafte Gewicht durch eine Zugabe auszugleichen, ist unzulässig. Eine ganz ähnliche Ver ordnung, die in Bromberg ergangen war, ist von der dortigen Straf kammer sür rechtsungültig erklärt worden; wahrscheinlich wird es mit dem Barmener Erlaß ebenso gehen. — In Herne cursirt unter dem evangelischen Arbeiterverein ein« Eingabe an den Reichskanzler, in welcher es heißt: „So wagen wir denn', ohne irgendwie in die Politik einareifen zu wollen, Ew. Durchlaucht die Erklärung abzugeben, daß wir die obligatorische Befreiung von jeder nicht durchaus nöthigen oder auf schnöden Gewinn berechneten Sonntagsarbeit als ein durchaus anzustrebendes Ziel und al» ein hohes unersetzliches Gut für jeden Arbeiter ansehen " Möchten doch die Herren, welche solche Adressen verfassen, bedenken, daß da geschrieben steht „Bete und arbeite" und gesälligst ihre Augen nach Oesterreich wenden, wo dies „hohe unersetzliche Gut" der Sonntag-Heiligung nach dem Herzen dieser Herren bereit» solche Früchte getragen hat, daß man die Hände über den Kopf zusammev- schlägt und Petitionen über Petitionen einlaufen, welche die so fortige Abschaffung dieser „Segnung" verlangen. — In juristischen Kreisen bezweifelt man, ob der von der Presse vielfach erwähnte Plan, das braunschweig'sche Regentschaftsgesetz über die Dauer der einjährigen Giltigkeit hinaus zu verlängern, praktisch durchführbar sei. Dieses Gesetz ist bekanntlich durch die Zustimmung de» braunschweigischen Landtages und des verstorbenen Herzog» zu Stande gekommen und bildet seitdem einen Bestavdtheil der braun schweigischen Landesverfassung. Die Befugnisse des Herzog» find nach dessen Tode auf den Regentschaftsrath übergegaugen, der demnach in die Lage kommen würde, über sein eigenes Fortbestehen zu ent- scheiden. Es fragt sich aber sehr, ob dies rechtlich zulässig wäre, und deshalb glaubt man kaum, daß dieser auch sonst zu manchen Bedenken Anlaß gebende Weg eingeschlagen werden wird. — Bäcker dürfen nicht — Kuchen backen. Die Ber liner Marktpolizei hat neuerdings den auf den Wochenmärkten handelnden Bäckern verboten, Kuchenwaaren zu führen, da dieselben nicht zu den Backwaaren gehören, sondern zur Conditorei zu zählen seien. Die den Bäckern ertheilten Eclaubniß'cheine lauten aus Brot und Backwaaren. Einige Bäcker wollten jedoch diesem Verbot nicht vachkommen, sondern es bei einer etwaigen Denunciation aus richter liche Entscheidung ankommen lassen, da ihrer Meinung nach zu den Backwaaren alle- gehört, was gebacken wird, folglich auch Kuchen. Die „Neue Stettiner Zeitung" bemerkt zu diesem bezeichnenden Bor- kommniß sehr treffend: „Wenn die Herren darin sich nur nicht täuschen. Als der Abgeordnete Broemel während der letzten Wahlbewegung in Stettin einen Bortrag über die Handwerkersrage hielt und aus der Zeit der Zunstherrschaft in Deutschland und in Oesterreich eine Reihe ähnlicher Curiosa erzählte und
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