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Schönburger Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage »nd Donnerstag, den 28. Juli t«SL M 17S Filialen: in Altstadtwaldenburg bei Herrn Kaufmann Otto Förster, in Langenchurs dorf bei Herrn H. Stiegler; in Penig bei Herrn Kaufmann Rob. Härtig, Mandelgaffe; in Rochsbmg bei Herrn Paul Zehl; io Wallenburg bei Herrn Lrnst Rösche; in Ziegelheim bei Herrn Eduard Kirsten. MMM flr de« Stadtrath s» Waldendnrg. Zugleich wett verbreitet in den Städten Penig, L««ze«a«, Lichteustein-Callnberg und in den Ortschaften der nachstehenden StandeSamtsbeztrke: Altstadt-Waldenburg, BräunSdorf, Callenberg, St. Egidien, Ehrenhain, Frohnsdorf, Falken, Grumbach, Kaufungen, Langenchursdorf, Langen leuba-Niederhain, Langenleuba-Oberhain, Niederwiera, Oberwiera, Oberwinkel, Oelsnitz i. E., Reichenbach, Remse, Rochsburg, Rußdorf, Schlagwitz, Schwaben, Wolkenburg und Ziegelheim. nach Sonn- und Festtagen. Annahme von Inseraten für die nächster- V Waldenburger Anzeiger Inserate pro Zeile 10 Pf., Einges. 20 Pf. VA, Expeditton: Waldenburg, Obergaffe 2918. WitteruugSbericht, ausgenommen am 27. Juli, nach«. 4 Uhr. Nsrometerftaud 765 mm. reducirt auf den Meeresspiegel. Thermometerstaud -t- 22,r" 0. (Morgens 8 Uhr -s- 17,5°) Feuchtigkeitsgehalt der Luft nach Lambrechts Polymeter 27°/°. Thau-nult -f- 4,» Grad. Windrichtung: Nordost. Daher WitternMsauFsichteu für den 28. Juli: Vorwiegend heiter. *Watdeuburg, 27. Juli 1892 Es wird nachgerade einmal Zeit, eine schon längst bekannte Thalsacye offen auszusprechen: Wenn Deutsch land in seinen Kolonieen mit manchen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, manche runde Summe ausgeben mußte, so war daran allerdings mit unsere bisherige Unbekanntschaft mit dem Kolonialwesel', mancher Fehl- griff, widrige und unerwartete Umstände Schuld, aber auch mancher L.ebesdienst von falschen Freunden, der schwere Folgen hatte. Als diese guten oder vielmehr falschen Freunde in den Kolonieen haben wir ganz un streitig die Engländer anzusehen, nicht die Londoner Regierung, sondern jene Engländer, welche wie Beute- geier noch jedem Zipfel herrenlosen Landes auf Gottes weitem Erdboden schauen und auf das Acngstlichste be müht sind, zu verhüten, daß außer ihnen sich Jemand in der Fremde festsrtzl. So ist es uns ergangen vom ersten Tage unserer Kolonialpolttik an, überall waren es Engländer, die in hämischer Weise uns einen Streich zu spielen gedachten, und gegen welche erst ihre eigene Regierung einschreitrn mußte, um den Deutschen die ihnen zukommenden Rechte erfolgreich zu sichern. Aller dings war die britische Regierung nicht immer eine solche, welche in loyaler Weise, ohne allen Tadel ihren Verpflichtungen gegenüber dem befreundeten deutschen Reiche nochgekommen wäre. Unter Gladstone, der sich jetzt, nach dem Ausgange der letzten Neuwahlen, wieder vorbereitet, die britische Regierung zu übernehmen, pasfirten recht, recht häßliche Geschichten, und es bedurfte erst eines außergewöhnlich kräftigen Auftretens des Fürsten Bismarck, die englischen Staatsmänner zu dem zu veranlassen, was sich gehörte. Unsere erste Kolonie, in welcher der leider nur zu früh verstorbene Generalconsul und Afrikaforscher, vr. Gustav Nachtigal, die deutsche Flagge hißte, war be kanntlich das westafrikantsche Togogebtet, alsdann folgte Kamerun, schließlich Angra-Pequena, das allerdings schon einem Deutschen, dem Bremer Lüderitz, gehörte. Auf der Ostküste des dunklen Erdthetls wurde das Hinterland unseres heutigen ostafrtkantschen Schutzge bietes durch vr. Karl Peters und Genossen erworben, und schließlich kam mit den Erwerbungen in der Südsee der Kolontalvertrag für das Reich zum Ab schluß. In allen diesen Schutzgebieten haben die Eng länder uns größere oder kleinere Schwierigkeiten be reitet, und leider muß hervorgehvben werden, daß mit den englischen Speculanten und Landjägern die britischen Missionare nicht selten wetteiferten, deren Beruf es doch war und ist, das Chrtstenthum, das Evangelium und die Kultur in diese wildfremden Gebiete zu tragen. In Kamerun bereiteten uns die englischen Missionare von ihrer Niederlassung aus manche Mtßhelltgkeiten, in Angra-Pequena war es ein britischer Landjäger, welcher die Eingeborenen so lange aufhetzte, bis er feierlich aus dem Lande verwiesen wurde, an der Grenze «von Togo gab es Mtßhelltgkeiten, und besonders in Deutschostafrtka haben es die Briten an recht unlieb samen Freundschaftsdiensten nicht fehlen lassen. Mag man über Karl Peters und seine Bedeutung denken wie man will, daß die Engländer eine große Expedition auSrüsteten, um ihn wie einen Feind zu bekriegen, als er zu Emin Pascha ziehen wollte, war nicht honett. Dergleichen offene und versteckte Feind seligkeiten gegen uns find noch zu wiederholten Malen vorgekommen, und namentlich können wir uns bet dem früheren englischen Generalconsul in Zanzibar, Mr. Evans Smith, für systematische Verleumdung und Verhetzung bedanken. Dieser Herr hat die tollsten Dinge über unsere ostafrikanische Kolonie verbreitet, nachdem die bis dahin dem Sultan von Zanzibar ge hörige ostafrtkantsche Küstenstrecke ebenfalls in deutschen Besitz übergegangen war. Von ihm rührt die tolle Nachricht über die Abhaltung offener Sklavenmärkte im deutschen Schutzgebiet her, die so viel Aufsehen be reitete, und es ist sür das Benehmen dieses britischen Beamten kennzeichnend, daß die Londoner Regierung ihn abberufen mußte. So ist es geschehen, häufig zum Schaden der deut schen Colonialverwaltung, und mancher Aufstand, manche Unruhe ist in Folge von englischen Einflüsterungen, durch die Lieferung von Waffen an die Eingeborenen Seitens englischer Händler entstanden. Das dauert auch heute noch fort, und eben dieser Umstand sollte uns dazu veranlassen, reine Bahn zu machen. Wo die Engländer sich als unsere Feinde erweisen, da fort mit ihnen über die Grenze! Die Rücksichtslosigkeit, welche die Briten in Colonteen beweisen, und die sie eben erst wieder bet den entsetzlichen Menschenschläch tereien in Uganda bewiesen haben, werden wir doch nicht so leicht erreichen. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Nordlandretse des Kaisers ist beendet, ohne daß der angenehme Verlauf derselben durch die ge ringste Störung beeinträchtigt worden wäre. Am Heu- tigen Mittwoch wird der Monarch mit dem gesamm- t-n deutschen Manövergeschwader, welches ihm bis in die nordischen Gewässer entgegengefahren ist, wieder in Wilhelmshaven eintreffen und von dort nach der Taufe des vom Stapel zu lassenden neuen Panzerfahrzeuges »U" sich direkt nach Potsdam begeben. Ende der Woche wird dann die Reise nach England zur Theilnahme an der bet Cowes stattfindenden Regatta angetreten. Zur Berliner Weltausstellung schreibt die „Na- ttonalztg": Sicherem Vernehmen nach ist von verschie denen Bundesregierungen, darunter einer der größten, aus die von Berlin aus ergangenen Anfragen hinsicht lich des Berliner Weltausstellungsprojektcs ein ablehnen der Bescheid erfolgt. Ebenso sind aus den Kreisen der Industriellen mehrfach ungünstige Antworten eingetroffen, während die erfolgte Zustimmung von anderen mit nationalen Erwägungen begründet wurde. Im Hin blick aus die in dieser Angelegenheit kundgegebenen Meinungsverschiedenheiten darf der aus Anlaß der Rück kehr des Kaisers von der nordischen Reise bevorstehen den Entscheidung mit Spannung entgegengesehen werden. Nach den am letzten Sonntag in Kissingen stattge- habten Ovationen seiner Verehrer begab sich Fürst Bismarck in das Altenburger Haus, eine nahe seiner Wohnung gelegene Restauration, woselbst unter Mufik sich eine Art Volksfest entwickelte. Der Fürst, in vr. ChrysanderS Begleitung, ging mit dem Bterkrug in der Hand fast an jeden Tisch, plauderte mit den frem den Gästen und stieß mit ihnen an. Hierbei erregte ein Mann mit zahlreichen Orden, die derselbe offenbar nur zur Feier des Tages angelegt hatte, das ganz be sondere Interesse des Fürsten, so daß er sich zu der Frage an den so vielfach Decorirten veranlaßt sah, bet welchen Kämpfen er sich denn diese Ehrenzeichen er worben habe. Stolz warf sich der Gefragte in die Brust und erwiderte: „Ew. Durchlaucht, ich bin Rad fahrer". Die riesige Heiterkeit der Zeugen dieser Scene läßt sich wohl denken, und auch der Fürst wandte sich lächelnd, ohne sich weiter um den nunmehr verdutzt Dreinschauenden zu bekümmern, Anderen zu. Bet den Kundgebungen in Kissingen am vorigen Sonn tag hat Fürst Bismarck auf eine Ansprache eines Herrn Thorbecke aus Mannheim über unser Verhält- niß zu Oesterreich Folgendes ausgeführt: „Die Er wähnung unseres Bündnisses mit Oesterreich hat mich auf eine Unterlassung in mein-r Rede aufmerksam ge macht. Es ist eine der größten Verleumdungen, die gegen mich gerichtet worden sind, daß tch ein Gegner des Bündnisses geworden sei. Man hat dafür einen Artikel, der in einem Wiener Blatt erschienen ist, gel tend gemacht. Gerade das Umgekehrte war meine Ab sicht, nämlich geltend zu machen, daß wir an dem Bündniß unter allen Umständen festhalten müssen. Es liegt in ihm eine wesentliche Verbesserung gegen das alte Bundesverhältniß. So lange wir den alten Bund halten, hatten wir, wenn tch nicht irre, von Oesterreich auf 95,000 Mann Anspruch, wenn wir angegriffen würden. Jetzt können wir auf den Beistand von ganz Oesterreich rechnen. Auch für Oesterreich ist ein weit günstigeres Verhältniß entstanden. Im alten Bunde war Oesterreich von uns nur bis zur Leitha gedeckt, jetzt umfaßt diese Deckung ganz Oesterreich-Ungarn. Beide Bündntßstaaten stehen sich jetzt besser dabet. Ich habe tm Jahre 1879 dies Bündniß nicht ohne große Anstrengungen zu Stande gebracht, und ich erkläre es als eine große Lüge, wenn gesagt wird, ich wäre dessen Gegner. Ich habe als Minister in Wien stets dafür platdirt, die Oestcrreicher sollten es ihren eigenen In teressen entsprechend finden, wenn wtr mit Rußland Fühlung hätten und den Frieden zwischen Oesterreich und Rußland zu erhalten suchten. Ferner wird be hauptet, tch hätte Oesterretch-Ungarn dte Handelsver träge übel genommen. Das tst ebenfalls unwahr. So leichtfertig bin ich nicht, daß tch auf diese Weise das Größere dem Kleineren nachwerfe, ich habe nur gesagt, daß tch den Steg, den Oesterreich in dieser Sache über uns davongetragen hat, den Oesterretchern nicht übel nähme, und daß ich das Nämliche gethan hätte, wenn ich die Gelegenheit dazu gehabt hätte. Uebel genom men habe tch nur unseren Unterhändlern thre Unge schicklichkeit. Das tst es, was ich gesagt habe." Dte Abreise des Fürsten Bismarck von Kissingen ist auf Sonnabend Nachmittag 2 Uhr verlegt worden, und begtebt sich der Fürst alsdann über Jena und Berlin, wo er am Sonntag Abend eintreffen und über nachten will, nach Varzin. Der Kaiser hat dann seine Reise nach Wilhelmshaven und England schon ange- treten. Der preußische Minister sür Handel und Gewerbe hat der „V. Z." zufolge entschieden, daß der Ausnahme einer Bestimmung in dte Arbeitsordnung, wonach das Arbeitsverhältntß gleichmäßig von Arbeitgebern und Arbeitern ohne Aufkündigung jederzeit gelöst wer den kann, gesetzliche Hindernisse nicht entgegenstehen. Die letzte ostafrtkantsche Post brachte genauere Nach richten über das unglückliche Gefecht am Kili mandscharo. Der Hergang tst danach folgender ge wesen: Der RetchScommtssar Or. Karl Peters hatte nach Begründung der Station Marangu, welche auf seinen Vorschlag den Namen Kiltmandscharostatton er hielt, dte frühere Station am Kilimandscharo „Moscht", dte s. Z. von Herrn v. Zelewski als Beamten der