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Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.03.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-03-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188803097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880309
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-03
- Tag 1888-03-09
-
Monat
1888-03
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 09.03.1888
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esä hegen keine Sympathie für den Fürsten Ferdinand, fürchten aber das mögliche Anfiauchen eines neuen Kanditalcn von der Sorte des Mingrelier-, nnd taran liegt ih ien wenig. Sie bezweifeln deshalb, ob der Koburger jo ohne Weiteres Bulgarien räumen wird. Teutich- lands Anschluß an Rußland wird als gewahr dafür angesehen, daß eS nicht zu einer Verletzung österreichischer Interesse» durch die russische Politik kommen werde. Traukrelch. Der italienische Botschafter Baron Blanc ist in Paris eingetrofscn, um nochmals einen Ausgleich in den wirtbschaft- lichen Streitigkeiten zu versuchen. — Da Erkundigungen des Prinzen Jerome Napoleon bei der italienischen Regierung mit der Versicherung beantwortet wurden, ein Zusammenstoß mit Frankreich lei nicht zu befürchten, ließ er seinen Sohn Louis im italienischen Euere und ist dieser wieder in seiner Garnison Verona angekommcn. — Das Mittel meergeschwader, sechszchn Kriegsschiffe stark, darunter sechs Panzer schiffe ersten Ranges, verließ, vollkommen ausgerüstet, Toulon und segelte nach Billafranca. Um der Uebung nicht den Character einer kriegerischen Kundgebung zu verleihen, werden neue Ausflüge in hohe Ser vermieden und die französischen Küstcngewäfser nicht verlassen. — Die Pariser Blätter äußern sich skeptisch über den Erfolg des Neusten Vorgehens gegen den Fürste» von Bulgarien. Sic wünschen ja Rußland alles Gute, glauben aber nicht, daß sich die Sache so leicht machen wird. — Die Armeekommission der Kammer hat sich für die vom Kriegsminister Logerot vorge'chlagene Ernennung von fünf Armeeinspectvren ausgesprochen. — Wilson s Appcllationrver- handlung gegen die Verurtheilung zu zwei Jahren Gefängniß wird am 19. März zur Verhandlung kommen. Italien. In dem Anträge des Abg. Sonnino in der italienischen Deputirtenkammer, dem deutschen Kronprinzen die Thcil- uahme des Hauses auszudrücken, ist von dem Berliner offiziösen Telegraphenbureau ein interessanter Passus verschwiegen. Ter An trag, der einstimmig angenommen wurde, lautete, wörtlich aus dem Italienischen übersetzt: „Wir Alle verfolgen bewegt die Phcnen der Krankheit, welche stoisch erträgt der deutsche Kronprinz, der Gast Italiens, dessen ausrichtiger Freund, der aufgeklärte und liberale Prinz, Soldat und Künstler. Ich bin überzeugt, die Kammer wird einen Gruß aufrichtiger, warmer und herzlicher Sympathie an ihn, die Kronprinzessin, die Majestäten und an ganz Deutschland im Namen des gestimmten italicnischen Volkes richten wollen." (Leb hafte Zustimmung.) — Wie das römische Journal „Risorma" meldet, hat Fürst Bismarck dem italienischen Ministerpräsidenten Crispi tele graphisch seinen Dank für die von der Tepmirtenkammer ausge sprochenen Wünsche für die Wiedcrgenesung des deutschen K-onprinzen, wie für Crispi's zustimmcnde Worte übermittelt. Die „Risorma" fügt hinzu, das Telegramm sei nicht nur der Ausdruck eines einfachen Tankes, sondern habe auch einen besonderen politischen Eharacier, da es die Bande der Freundschaft zwischen dey beiden Ländern erwähne. England. Lord Salisbury hat seinem alte» Gegner Gladstone einen tüchtigen Hieb versetzt. Gladstone's schwächstes Stück war be kanntlich seine Sudan-Politik, der General Gordon in Khartum zum Opser fiel. Salisbury hat nun Briefe der Königin Victoria an die Schwester des Generals veröffentlichen lassen, in welcher dieselbe ihren Unwillen darüber ausspricht, daß Gordon nicht besser von der da maligen Regierung, also Gladstone, unterstützt sei. —.Bei Minister präsident Lord Salisbury fand am Dienstag ein Diner zu Ehren des Grasen Herbert Bismarck statt, o» welchem auch der deutsche und der österreichische Botschafter thcilnahmen. — Die meisten Lon doner Blätter glauben, daß die Ungesctziichkcitscrklärnng der Negier ung des Fürsten Ferdinand diesen zum baldigen Verlassen Bulgariens veranlassen werde, daß sich indessen nach der Abreise des Fürsten die bulgarische Frage noch schwieriger gestalten werde. Ob der Fürst Wohl gehen wird, wen» er nicht muß? Und noch muß er nicht! Spanien. Der Kriegsminister sagte in den Kvrtes gelegentlich der Diskussion über militärische Reformen, Spanien müsse einzig und allein darauf bedacht sein, im Falle eines europäischen Krieges stricte Neutralität ausrecht zu erhalten. Daran würde cs auch sehr klug thnn. Orient. Bei den am Sonntag staltgehabtcn serbischen Skttp- schtina-Wahlen ist cs zu zahlreichen Ruhestörungen und Schlägereien zwischen Radikalen nnd Liberalen gekommen. Die Behörden ent hielten sich jeder Einmischung. — Aus Wien wird tclcgraphirt, daß Oesterreich-Ungarn, England und Italien, die dem nencstcn russischen Schritt gegen Bulgarien nicht beigctretcn sind, sich bereit erklärt haben, eine dadurch mögliche friedliche Lösung der Angelegenheit zu unterstützen. Alle drei Mächte verwerfen aber ein bewaffnetes Ein schreiten unter allen Umstände». Die türkische Note wider den Co- burger ist an Ministerpräsident Stambnlow in Sofia gerichtet. Sic sagt: Die Anwesenheit des Prinzen F rdinand an der Spitze der Negierung des FürsteuthumS ist ungesetzlich und läuft dem Berliner Vertrage zuwider. ^ Amerika. Aus Ncw-Aork wird tclegraphirt: Zwei Offiziere und zwei Soldaten der mexikanischen Armee überschritten bei der Verfolgung eines Deserteurs die Grenze unweit des Adlerpasscs und kostüm gekleidete Gestalt der vielleicht vierzigjährigen Frau zeigte das entzückendste Ebenmaß, und alle ihre Bewegungen waren vollendet graziös. Die schmalen, ineinander verschlungenen Hände mit unbeschreib licher Gcberde dem Eintrctendcn entgcgenstrcckend, vcrh irrte die Un glückliche einen Moment schweigend, dann aber löste sich der Bann von ihrer Seele. Mit dem Rufe: „Alsonsv, — mein Kind!" eilte sie auf den jnnecu Mann z» und wollte ihn in ihre Arme schließen. „Scnnora!" klang'cs ihr da von den Lippen des Sohnes ent gegen, und was für sie in diesem einen Worte lag, war so viel, so qualvoll viel, daß sie aufstöhncnd die erhobenen Arme sinken ließ und eine Thräne über ihre erblaßte Wange rollte. Sie bot dabei einen so ergreifenden Anblick, es lag eine solche Verzweiflung in dem schönen Gesicht, daß Alfonsvs Herz auch jetzt wieder schnell über wunden war. Er trat rasch aus die Aermste zu, und ihren Arm in den seinen legend, sagte er ungleich freundlicher und versöhnlicher: „Lassen Sie sich zum Divan führen, Scnnora, ich bitte darum." „Scnnora!" stieß sie unter heftigem Ausichlnch,en hervor. Und jetzt, jetzt lag die schöne, stolze Erscheinung plötzlich dem Sohne zu Füßen. „Alfonso, wenn Du ein Herz trägst i» der Brust, eine fühlende Seele hast, so nenne mich Mutter!" flehte sic. Dann, seine Hände fassend und sie an ihre zuckenden Lippen ziehend, setzte sic in der ganze» Qual ihrer armen, gemarterten Seele hinzu: „Kind, Kind, ich bin keine Verbrecher««, und Dein unglücklicher Vater ließ sich durch den Schein täuschen. Alfonso, ich schwöre cs Dir bei der Madonna und allen Heiligen, zu denen wir beten, daß Du Dich meiner nicht zu schämen hast. — O, ich habe mich jahrelang nach dieser Stunde gesehnt, nach den Minute», in denen ich Dir meine Rechtfertigung geben könnte! „Aber Dein Vater haßte mich so glühend, daß er das eigene, heißgeliebte Kind wie mit einer Mauer umgab. Du solltest es nicht erfahren, wie sich damals — in jener fürchterlichen Stunde vor sechzehn Jahren — die Trennung vollzog, daß ich aus den Knien vor dem Wüthendcn gelegen und mciue Unschuld bcthcnert habe. „Alfonso, ich war rein wie das Sonnenlicht, — ich wußte, daß ich die treueste, die liebevollste Gattin, eine aufmerksame, zärtliche Mutter war, — ich wußte, daß ich nicht einmal in Gedanken gegen Sitte, Pflicht und Ehre gesündigt, — und Dein Vater, Dein un glücklicher, durch Schmerz und Eifersucht bis zum Wahnsinn vcr. blrndeter Vater beschuldigte mich doch." fisch er L a n d , s. R n, elger. Nr. 57. Freitag. 9. März deiralen das Gebiet der Vereinigten Staaten. Der amerikanische Schcriff forderte sie aus, die Waffen zu strecken, und da sie dies ver weigerten, wurven.Schüsse gewechselt, wodurch einer der Mexikaner getödlet und ein anderer verwundet wurde. Ein Amerikaner ward ebenfalls verwundet. Deutscher Reichstag. —UN. Berlin, den 7. Mürz. Am BundeSrathstische: von Bötticher. — Ter in Greifenberg- Kammin neugewählte Abg. Kohli (sreis.) ist in das Haus eingetreten und wird von seinen Fractionsgenoffen lebhaft begrüßt. Auf der Tagesordnung steht zunächst: Erste Berathung des Gesetzentwurfes über die Auslegung des Gesetzes betr. die Einführung des deutschen Strafgesetzbuches in Elsaß-Lothringen. Nach der Vorlage sollen ge wisse strenge Bestimmungen über die Bestrafung von Preßvergeben, von aufrührerischen Rufen, Tragen und Aushängen von unerlaubten deutschieindlichen Abzeichen durch Einführung des Strafgesetzbuches nicht außer Kraft gesetzt sein. UnterstaatSsecretär von Putt- kamer begründet die Vorlage mit dem Hinweis darauf, daß in Elsaß-Lothringen auf solche Ausnahmebestimmungen nicht verzichtet werden könne, so lange dort deutschfeindliche Bestrebungen zu Tage treten. Abg. Träger (freist) beantragt Verweisung der Vorlage an eine Commission von 14 Mitgliedern. Ohne Commissionsberathung ist es meinen politischen Freunden unmöglich, für die Vorlage zu stimmen. Abg. Fieser (natlib.) befürwortet unveränderte Annahme der Vorlage. Tie Verweisung an eine Commission würde Ablehnung bedeute», denn bei der Geschäftslage des Hauses ist die Erledigung in dieser Session dann nnmöglicki Abg. Hartmann (cons.) erklärt sich gleichfalls gegen Commissicn berathung. Tie Sache sei eilig und klar, so daß sie nicht aus die lange Bank geschoben zu werden brauche. Ter Antrag auf Commissionsberathung wird darauf abgelehnt, die zweite Berathung findet direct im Plenum statt. Ter Gesetzentwurf betr. den Reingewinn aus kriegsgeschichtlichen Werke» des großen Generalstabes, sowie die internationale Literar-Verbands-Convention werden debattclos in erster nnd zweiter Berathung angenommen. Der Nachtragsetat betr. den Bau strategischer Bahnen wird ans An trag des Abg. von Bennigsen der Budgctcommission zur schleunigen Berathung überwiesen. Es folgt dritte Berathung des Gesetzentwurfes betr. die unter Ausschluß der Oeffcntlichteit statlfindenden Gerichts verhandlungen. Abg. Singer (soc.) macht die Natioualliberalen für das Zustandekommen dieses Gesetzes verantwortlich und behauvtet, die Vorlage richte sich weniger gegen die Hoch- und Landesverraths- prozesse, als viclmebr gegen die Socialdemokratcn, da die Regierung ciugesehen habe, daß das Socialistcngesetz keine ausreichende Waffe sei. Abg. K ulemann (natlib.) protestirt dagegen, daß seine Partei die Oeffentlichleit der Gerichtsverhandlungen vernichten wolle. In dem Gesetzentwurf könnte ja Manches noch anders gefaßt sein, aber Bedenken kann er nicht weiter erwecken. Abg. von Strombeck (Centrum) erklärt sich entschieden gegen die Vorlage. Abg. Träger (freist) wendet sich gegen einzelne Bestimmungen der Vorlage, insbesondere bemängelt Redner die Dehnbarkeit der Para graphen und befürwortet nochmals seine in zweiter Lesung abge- lchnten Anträge. Nachdem noch Abg. Hahn (kons.) für die Vor lage gesprochen, wird dieselbe ohne Weiteres definitiv angenommen. Es folgt drille Berathung der Anträge Ackermann-Hitze betr. die Sonntagsruhe. Abg. Niethammer (natlib.) bezeichnet die Rege lung der Sonnlagsfrage als ein Glied der Sozialreform und hofft, daß der Bundesrath sich dem einmülhigen Beschluß des Reichstages gegenüber nicht ablehnend verhalten werde. Abg. Stöcker (kous.) bedauert die jüngsten Auslassungen der „Nordd. Allg. Ztg." gegen die vorliegenden Anträge; die „Nordd. Allg. Ztg." habe die mate rielle Seite dieser Frage gar zu sehr hervorgehoben. Ich bin der Ansicht, daß der Ausfall der Svuntagsarbcit die Arbeitslöhne er höhen wird. Die große Mehrheit der Arbeiter hat sich zudem für die ideale Forderung der Sonntagsruhe ausgesprochen. Der blaue Montag erklärt sich einfach aus der Indignation der Arbeiter, die am Sonntag arbeiten müssen. Nimmt der Reichstag die Anträge einmülhig an, so werden auch die verbündeten Regierungen nicht länger zögern, ihre Zustimmung zu crtheilen. Abg. Bebel (Soz.) erklärt Namens der Sozialdemokraten, daß sie, nachdem der H 105n der Vorlage in der zweiten Lesung eine solche Abschmächnng erfahren, gegen das Gesetz stiinmcn würden. England und Amerika, die beiden größten Industriestaaten, haben ihre Sonntagsfcicr, warum soll Deutschland als dritter fehlen? Es würde sich überhaupt empfeh len, endlich eine internationale Arbeiterschutzgcsetzgcbuug deutscherseits anzurcgcn. Die Diskussion wird geschlossen und die Vorlage unocr ändert angenommen. Es folgt dritte Berathung der Anträge betr. die Entschädigung unschuldig Verurthciltcr. Der Antrag wird gegen die Stimmen der Konservativen angenommen. Es folgen Wahlprü fungen. Die Wahlen der Abgg. Domms (4. Maricnwcrder) und Böhm (5. Hessen) werden für giltig erklärt. Donnerstag 11 Uhr: Kleine Vorlagen, dritte Etatsbcrathung. Leidenschaftliches Schluchzen erstickte jedes weitere Wort auf den Lippen der unglücklichen Frau. Da aber fühlte sie sich emporgehobcn, sic lag an der Brust des Sohnes, und Alfonsvs Stimme flüsterte an ihrem Ohr wieder und wieder: „Meine Mutter, meine arme, heißgeliebte Mutter, ich wenigstens glaube jetzt an Dich!" Bald darauf saßen beide Hand in Hand auf dem Sopha, und während die Augen Donna Jnanitas zärtlich an dem schönen Gesicht ihres Sohnes hingen, erzählte sic ihm leise die Geschichte ihres Lebens — von dem schöne» Rom, in dem ihre Wiege gestanden und wo sie in einem Kloster gelebt bis kurz vor der Zeit, wo Vergreise spanische Grande die kaum erblühte MädchenknoSpc kennen gelernt und hcim- gesllhrt hatte in seine eigene Hcimath. Alfonso hatte ihr theilnchmcnd zugehört, jetzt aber fuhr er heftig auf: „Mutter, ich flehe Dich an, nenne mir nur den Namen des Nichtswürdigcn, der sich »utcrstandcn hat, den Schein der Ehrlosigkeit aaf die Gemahlin eines Marentv zu werfen!" Ei» schwerer Seufzer hob die Brust Donna Juanitas: „Gleich", hauchte sic dann. Und Plötzlich ihre Arme um de» Hals ihres Sohnes legend, sagte sic hastig: „O, Kind, vorher aber muß ich Dir gestc'e», daß mich außer der grenzenlosen Sclinsncht, Dich zu sehen, auch noch eine unendlich schmerzvolle Pflicht hierher gerufen hat. Alfonso, nnr durch Zufall habe ich den Namen der jungen Deutschen erfahren, die Tn in wenigen Stunden zu Deinem Weibe machen willst. Und ich bin Tag nnd Nacht gereist, nm noch vor der Traunngsfcierlichkeit bei Dir zu sei», den» — Kind, cs bricht mir säst das Herz, daß ich es Dir sagen muß; aber —" sic stöhnte schmerzvoll auf, dann setzte sie mit dem Aufgebot ihrer ganze» Kraft hinzu: „Aber Du darfst die Tochter Otto von GörgcnstcinS nicht zum Altar führen." Bleich, erschrocken hatte Alfonso sich aus den Armen der aufge regten Fra» gelöst. Jetzt blickte er mit großen, finsteren Augen in ihr schmcrzzuckcndes Gesicht. „Mutter, was sagst Du da? Ich — ich sollte Angelica nicht zu meinem Weibe machen dürfen? Mutter, und welche Gründe kannst Du haben, dieses — grausame, widersinnige Ansuchen an mich zu stellen? Welche Gründe vermöchten mich überhauvt dazu zu bewegen, einen — verzeihe mir de» Ausdruck, Mutter! - einen Schurkenstreich zn begehen, wie der wäre,, wenn ich mein Wort bräche?'" 1888. , Vom sächsischen Landtag. Die 11. Kammer beschäsliate sich am 7. März ausschließlich mit Bittschriften. Beachtenswerth ist hierbei diejenige von Johann Friedr. Müller in Dresden und Gen. und A. May in Blasewitz um Be steuerung der Katzen. Zur Begründung dieses Wunsche» verweisen die Petenten auf daS außerordentliche Ucberhandnehmen der Katzen und auf ihre Gefährlichkeit als Träger von Krankheiten. Wenn eine Steuer nicht einzuführen fei, so solle man wenigstens dafür Sdkge tragen, daß die Gefährlichkeit dieser Raubthiere allgemein bekannt werde. Abg. Philipp erklärt, cs gebe zwar wichtigere Dinge zwischen Himmel und Erde, als eine Besteuerung von Katzen, wenn sich aber so hochachtbare Namen unter den Petenten befänden, so müsse man der Sache doch mit Ernst näher treten. Das Halten von Katzen sei mit großen Uebelständen verbunden; in manchen Stadttheile» Dresdens sei es wegen dieser Thiere absolut unmöglich, Singvögel zu halten oder Hühner herumlaufen zu lassen. Er gebe zu, daß es schwer sei, eine Besteuerung einzuführen, schon deshalb, da eS ganz unmöglich sei. die Stcuermarke an einer Stelle anzubringen, wo sie das Thier nicht in seiner Bewegung hindere. Dagegen sei es am Platze, namentlich die Gutsbesitzer darüber aufzuklären, daß es ihnen gestattet ist, herumtreibende Katzen zu tödten. Wenn die Petition dies erreiche, so habe sie ihren Zweck erfüllt. Gemäß dem Dcp.- Antrag bleibt die Petition auf sich beruhen. Eine längere Debatte verursacht die Beschwerde einiger Gemeinderathsmitglicder zu BolkmarS- dorf bei Leipzig wegen einer Entscheidung des Ministeriums des Innern über die Auslegung einiger Bestimmungen der revid. Land- gemeindecrdnung. Es handelt sich haupisächlich um die prinzipielle Entscheidung der Frage, ob bei Feststellung des Ccnsus für die Ge- lucindcrathswahten die Einkommensteuer als Staatssteuer anzusehen sei. Die Deputation beantragt, die Regierung zu ersuchen, daß im Verordnungswege eine Auslegung des tz 30 der revid. Landgemeinde ordnung dahin vorgcnommen werde, daß unter dem Wort „Staats- steuer" lediglich die staatliche von den Ansässigen als solche zu ent richtende Steuer, also dermalen die Grundsteuer, zu verstehen sei, jedoch mit der Maßgabe, daß die Giltigkeit derjenigen Statute, in welchen die Eiutheilung der Ansässigen in Klassen nach der Ein kommensteuer erfolgt ist, hierdurch nicht berührt wird, dafer» die Revision innerhalb einer von der Regierung festgcstelltcn Frist er folgt. In, Uebrigcu soll die Petition auf fick beruhen bleiben. Gege.n diese Auffassung wenden sich die socialdemokratischen Abgg. Geyer und Stolle, welche auch d.e Einkommensteuer in diesem Falle den StaatSsteucrn hinzugercchnct wissen wollen, während das Dcp.- Voinm von dem Abg. Ör. Schill und Berichterstatter Jungnickel vertreten wird. Regiernngs-Commissar Geh. Rath von Charpentier erklärt, daß es der Regierung erwünscht c>"wesen, daß diific Sache in der Kämmer zur Sprache kam. Es sei wahr, daß Unklarheiten in der Auslegung der Lauhgemeiudcordnung beständen durch das Hinzukommen der Einkommensteuer. Zu dem Deputations-Antrag habe er die Zustimmung der Regierung auszusprechen. Der Antrag wird schließlich gegen die drei socialdemokratischcn Stimmen zum Beschluß erhoben. Die I. Kammer nahm in ihrer Sitzung am 7. März ohne Debatte den Gesetzentwurf über die Regelung der Unfall- und Kranken- Bersichcrung der in land- und forstwirthschafltichen Betrieben beschäf tigten Personen einstimmig ay. Sächsisches. — Der während der Nacht zum 7. d. M. wüthcnde Sturm hatte wiederum einige Störungen im Verkehre der Frühzüge der Linien Bieneumühlc-Freiberg-Nossen-Hcclasgrün-Falkeustein nnd Pot- schappel-Wilsdruff im Gefolge. Glücklicherweise waren die Störungen nicht zu bedeutender Natur und hatten deshalb auch nur eine kürzere Dauer. Auch auf der Strecke Marienberg-Reitzenhain, welche Diens tag Nachmittag erst von den Verwehungen der letzteren Tage befreit und dem Verkehr geöffnet werden konnte, ist wiederum Verwehung eingetreten. Genannte Strecke ist darnach bis auf Weiteres wieder gesperrt und die Züge verkehren nnr noch bis bez. von Marienbcrg ans in der Richtung von bez. »ach Chemnitz. Die Linie Annaberg- Weipert ist ebenfalls nicht fahrbar; der Uebergang nach Böhmen also weder in Reitzenhain noch in Weipert möglich. Selbstverständlich sind die Arbeiten zur Freilegung in flottem Gange. — Dresden, 7. März. Aus München berichtet man, daß vcr Prinzregcnt anläßlich des Besuches bcs sächsischen Königspaarcs dem sächsischen Gesandten am dortige» kgl. Hofe, Freiherr» v. Fabrice, das Großkrenz des Kronenordcns, dem Gcncraladjutauten Geucral- ientnant v. Carlowitz das Großkrenz nnd dem Flügeladjntanten Oberstleutnant v. Schimpfs das Cvmthnrkrenz des Militär-Verdienst ordens verliehen hat. — Bo» dem am 6. März in die Collection von Her,». Janke hier gefallenen 50,000 Mark-Gewinn der sächsischen Landcslotterie sind die von demselben verkauften fünf Zehntel sämmt- lich von unbemittelten Leuten, u. A. von einigen Dicnstmäunern, so-, Donna Jnanita erhob flehend ihre Hände. „Still, still, Alfonso!" unterbrach sic ihn und setzte mit leiser, vibrircnder Stimme hinzu: „Hier kan» von einem Schurkenstreich nicht die Rede sein, mein Sohn, gewiß nicht! Aber cntscheise Du selbst! Mit klaren Worten will ich Dir darzulegen versuchen, was Dich von diesem Mädchen trennt; nur sich' mich nicht mit so düsteren, vorwurfsvollen Blicken an und versuche cs wenigstens, ruhig zu sein!" Ein bitteres Lachen kam über die Lippen des jungen Mannes; dann verließ er hastig seinen Platz nnd machte einen Gang durch daS Gemach. Wieder vor dcm Sopha angelangt, blieb er mit verschränk ten Armen vor der Dame stehen, die mit den Augen traurig jeder seiner Bewegungen gefolgt war. „Es müßten seltsame Umstände sein, die mich jetzt noch von meiner Braut zu trennen vermöchten", sagte Alfonso mit mühsam unterdrückter Heftigkeit, „selbst wenn ich Angelica nicht liebte mit ganzer Seele; denn schon schmückt sie sich zu dem wichtigsten Schritt ihres Lebens." „Und dennoch kannst Du ibr nicht den Eid der Treue leisten, mein Sohn", erwiderte Frau de Marento, „wenn Du mich gehört haben wirst. Ich wiederhole Dir: eine Tochter Otto von Görgen-- stcins kann nicht Deine Gemahlin werden. Und »»» setze Dich zu mir, mein Kind, nnd laß Dir berichten, was — leider! so verhäng» nißvoll zwilchen Dir »nd der Comtesse steht. Vor Allem, aber,. Alfonso, glaube mir, daß Deine Mutter gern ihr Leben darum gäbe;- wenn sic mit i.n» lnnwegränmcn könnte, was Dich von Angelica von- Görgenstcin trennt, aber —" Die große», braunen Augen Donna Juanitas blickten schmerz voll in das finster verzogene Gesicht ihres Sohnes, und die Hände auf die wogende Brust drückend, kam es wie ein Aufschrei über ihre Lippen: „Sechzehn Jahre hindurch habe ich keinen sehnlicheren Wunsch gekannt, als meinen Sohn wieder in die Arme schließen zu dürfen, und nun sich mein brennendes Sehnen erfüllt, muß ich dem geliebten Kinde auch gleich in der ersten Stunde Schmerz bereiten!" Es lag eine so tiefe Verzweiflung in den Worte» der Aermsten, daß Marento in seiner großen Herzensgüte schnell das eigene Leid über dem der Mutter vergaß und, sich neben sie setzend, in sanftem Ton sagte: „Ich weiß, daß Du es gut mit mir meinst, Mutter, und will Dich geduldig anhören. Aber ich bitte Dich, sprich ohne Umschweife; >cde Vcrzöjicrung in Deinem Bericht wäre Pein." „Mein lietur, theurer Sohn;" flüsterte Juanita und blickte ihn
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