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August 1890 durch die von ihm verfaßte Broschüre ! „Der Verzweiflungskampf der arischen Völker mit dem Judenthum" 1) den Lehrer Heiseke, 2) den Magistrat von Berlin und die ihm unterstellten Organe und Be amten und der Schulverwaltung, 3) den Lehrer Klop- ' stech, 4) den Lehrer Bühring, 5) den Lehrer Holzmann ' und 6) den pract. Arzt vr. Freudenberg im Sinne des § 186 des Strafgesetzbuches öffentlich beleidigt zu haben. Der Andrang des Publikums war ein außer- , ordentlich starker. Ahlwardt hat vornehmlich behauptet, ! daß in Berlin in der städtischen Verwaltung der jü- ' dische Einfluß überwiege. In Folge der Einzelausfüh rungen haben sich die vorstehend genannten Personen beleidigt gefühlt und ist deshalb Strafantrag gestellt worden. Zum Knabenmord in Xanten meldet die Kreuzztg., daß der Untersuchungsrichter Brixius, der Schwieger vater des Vertheidigers des Schlächters Buschoff, um seinen Abschied eingekommen sei. Nach anderen Mel dungen wäre Brixius vom Amt suspendirt worden. Der deutsche Handwerkertag, welcher seine Ver handlungen soeben in Berlin abgehalten hat, hatte zu derselben einen Heerbann von Delegirten aus Hand werkerkreisen aufgeboten, wie er auf keiner bisherigen Versammlung dieser Art vorhanden gewesen ist. Mag man die wiederholt und mit größtem Nachdruck vor- gebrachte Forderung der Einführung des Befähigungs nachweises bet Eröffnung des Gewerbebetriebes nun für durchführbar halten oder nicht, unanfechtbar ist die Thatsache, daß sie von einer starken Partei im Hand- ? werk vertreten wird. Es ist auch nicht zu leugnen, daß die Sprache der Handwerkervertreter eine recht, recht energische geworden ist, man sagte der Reichs- regterung nicht blos unverblümt ins Gesicht, daß sie von Handwerkerfragen wenig Kenntniß habe, man ging auch noch einen Schritt weiter, und betonte, von dem schlecht unterrichteten Kaiser an den besser unterrichteten Monarchen appelliren zu wollen. Am schlimmsten erging es dem Unterstaatssekretär von Rottenburg, weil derselbe auf der letzten Haudwerkerconferenz in Köln auf die Bemerkung „viele Handwerker möchten zu den Socialdemokralen übergehen, wenn auf sie so gar keine Rücksicht genommen werde," mit der Antwort herausfuhr, davon werde das deutsche Reich auch noch nicht untergehen. ^eperreich-Uugarn. In Krakau wurde auf der Festungsbastion ein rus sischer Spion verhaftet und dem Militärkommando übergeben. Kraukreich. Die französische Deputtrtenkammer hat am Dienstag ihre Sitzungen nach längerer Pause wieder ausgenommen. Die Anträge wegen Ermäßigung der Lebens miltelzölle soll in den nächsten Tagen zur Be- i rathung kommen. , Rußland. Die Polenblätter melden, der Noth st and gewinne , in den westgalizischen Bezirken an Ausdehnung. Im Bezirk Mislentce seien in 62 Gemeinden von 76,000 Einwohnern 62,000 nothleidend, in 19 Gemeinden fehle es fast sämmtlichen Familien an den nöthigsten Nahrungsmitteln. Der Czar traut der Ehrlichkeit seiner Beamten durchaus nicht mehr. Wie die Blätter melden, sind aus den Garderegimentern eine Anzahl Offiziere und Untermilitärs bestimmt worden, um die Gaben des Hilfskomitees unter dem Präsidium des Großfürsten- Thronfolgers unter die Nothleidenden an Ort und Stelle zu vertheilen. Amerika. Finanzschwierigketlen zeigen sich auch in der süd amerikanischen Republik Uruguay. Die ganz und balb bankerotten Staaten können unter Rußlands Prä sidium nun bald einen Club bilden. Aus dem Muldenthale *Waldeuburg, 17. Februar. Die für gestern Abend seitens des Herrn Bürgermeister Kretschmer in den Raihskeller einberufene öffentliche Versammlung hiesiger Gewerbtreibender war von gegen 60 Personen besucht. Nach Mittheilung der bezüglichen Bestimmun gen seitens des Herrn Bürgermeisters sprach man sich dahin aus, daß die Handelsgeschäfte an Sonn- und Festtagen in hiesigen Stadt 5 Stunden lang offen ge halten werden möchten, und zwar sollen diejenigen Ge schälte, welche mit Nahrungsmitteln handeln, eine Ge schäftszeit von vormittags '/»8 bis '/-10 Uhr und nachmittags von '/,3 bis '/r6 Uhr, die übrigen Schnitt- und Kurzwaaren. rc. Geschäfte aber von vormit tags '/r12 bis nachmittags ^-2 Uhr und von ^/r3 bis i/-6 Uhr haben. Dem entsprechend wird auch, wie wir hören, die ortsstatutarische Bestimmung lauten. Altstadt-Waldenburg, 17. Februar. Der Mi- litärverein hiesigen Ortes beging am vergangenen Mon tag in den festlich geschmückten Räumen des Gasthau ses zu Grünfeld sein 27. Stiftungsfest. Unter Marsch klängen, gespielt von dem Lindnerschen Musikchore, zog der Verein mit Fahne von dem Vereinslokale aus hinaus in den Festsaal. Nach einigen Musikpiecen pla- cirte man sich an der Festtafel und gereichte allhier Küche und Keller Herrn Winkler zu besonderem Lobe. Nach Vortrag eines Musikstückes begrüßte der Vor steher, Kamerad Helbig, die versammelten Mitglieder mit ihren Angehörigen, sowie die verschiedenen anwe senden Gäste und schloß mit einem Hoch auf Se. Maj. unsern allverehrten König Albert von Sachsen, worauf stehend die Sachsenhymne ertönte. Kurz darauf toastete derselbe Kamerad in poetischer Weise auf Se. Maj. den deutschen Kaiser und erklang im Gesang „Deutsch- land, Deutschland über Alles." Kamerad Börnigen gedachte weiter des Hohen Schönb. Fürstenhauses. In den nachfolgenden Toasten gedachte man der Gäste, der Gemeinde und Kirchenbehörde, des Soldatenstan des, Eintracht und Kameradschaft nach außen, des Vor stehers im Verein, sowie des Pflanzendccoraieurs, Ka merad Pohlers. Ein schöner Schmuck wurde dem Ver ein durch das Künstlertalent des Kamerad Robert Resch zu Theil, bestehend aus einer hohen Gypssäule, ' geschmückt mit den Kriegsemblemen, Lorbeerkranz und : eisernem Kreuze, oben darauf prangte die Büste Sr. s Maj. des Königs von Sachsen. Kamerad Resch so wohl, als auch Kamerad Illgen, welcher den Unterbau ; geliefert, brachte man den Dank dar durch ein allset- , tiges kräftiges Hoch. Nach Beendigung der Tafel er klangen die schönsten Tanzweisen und blieb man lange noch bet Wort und Trunk zusammen. i — In Glaucha« fand am 16. d. vormittags eine Versammlung der Mitglieder der Spar- und Credtt- f bank, des Vorstandes und Aussichtsrathes, des Concurs- verwalters und des Gläubiger-Ausschusses statt, um etwaige Einwendungen gegen die Vorschußberechnung vorzubringen, die vom Concursverwalter ausgestellt worden ist. In dem Fehlbetrag von 740,000 Mk. befinden sich 64,000 Mk., die als Massekosten anze- : nommen worden sind. Auf 279 Mitglieder berechnet, kommen auf den Kopf 2550 Mk. Indessen müssen 138 Mitglieder wegen Unvermögens unberücksichtigt i bleiben, von den 141 Mitgliedern, welche übrig blei- j ben, können verschiedene nur Theilbeträge leisten. Die ' Hauptlast liegt auf 45 Mitgliedern, welche je 11,733 ? Mk. aufzubringen haben. - — In der am Montag Abend in Glaucha« in j Stadt Hamburg abgehaltenen öffentlichen Versamm- lung dortiger Gewerbetreibender, die leider nicht so besucht war, wie es zu wünschen gewesen wäre, be- f schloß man, in Bezug auf die Offenhaltung der Han delsgeschäfte an Sonn- und Festtagen, daß an den im Gesetz festgesetzten 5 Stunden festgehalten werde, daß bei allen Gewerben hierzu die Zeit von vormittags 11 bis nachmittags 4 Uhr festgesetzt werde und daß bei den Bäckern, Fleischern, Materialwaaren-, Cigar» ren-, Blumen- und Grünwaarenhändlern, sowie bet ' den Barbieren und Friseuren insofern eine Ausnahme empfohlen werde, daß denselben außerdem die Zeit von früh 7 bis 9 Uhr im Änter und von früh 6 bis 8 Uhr im Sommer zu ihrem Gewerbebetriebe einge räumt werde; falls diese Ausnahme von 7 Stunden aber nicht genehmigt werde, solle bei diesen Gewerben i die Zeit von 7 bis 9 bez. 6 bis 8 und von 1 bis ' 4 Uhr bestimmt werden. ! — Am Montag Abend gegen '/«8 Uhr ist der in i Zwicka« stattonirte Schaffner Jahn beim Abholen l eines Kohlenzuges vom Bockwaer Kohlenbahngeleise durch : Ueberfahren der Brust tödtlich verunglückt. Der Be- z dauernswerthe ist jedenfalls von seinem Bremssitze i heruntergefallen und so unter die Räder gekommen. i — Am Dienstag früh gegen 8 Uhr wurde in der - Laube eines Vorgartens in Zwicka« am Moritzgraben - ein junges, unbekanntes Mädchen bewußtlos und voll- ! ständig erfroren aufgefunden. Anwohnende trugen das nur noch schwach athmende Mädchen in ihre Be hausung, von wo aus die Ueberführung in das Stadt krankenhaus erfolgte. Die Bedauernswerthe, deren Arme und Beine stetnhart gefroren waren und in welcher später das seil 2 Tagen stellenlose 17 Jahre alte Dienstmädchen Auguste Minna Dümmler aus Mül sen St. Micheln erkannt wurde, verstarb zwei Stun- Leuilleton. Eine dunkle Thal. Eine elsässische Geschichte aus dem Jahre 1870. Bon Karl Wohlfahrt. Nachdruck verdat««. (Fortsetzung.) „'s bleibt bei Allem ein verteufelter Streich," sagte der Maire nach einer kurzen Pause. „Wär Ihnen aber auch wahrscheinlich wohl gelungen, wenn der Hu mann nicht Alles bekannt hält." „Was ist dem Dummkopf nur eingefallen, daß er geplaudert Hal?" „'s hat ihm keine Ruh gelassen," sagte er. „'S giebt halt seltsame Leut auf der Welt. Hält den Baron nicht erschießen sollen, wenn er gar so ein zartes Gewissen hat, — 's war wohl wegen der Frau?" fetzte der Jäger hinzu. »Ja" „Dacht mirs gleich. Hab längst gemerkt, daß der Baron etwas mit ihr hat. Hab manches Brieflein zu ihr bringen müssen. Vorgestern freilich, da dacht ich an nichts dergleichen, denn ich glaubte, er war in Straßburg." „Der Baron ist nur bis Hagenau gefahren und dann zurückgekommen, wahrscheinlich zu einem verab redeten Rendezvous." „Bei dem der Humann ihn erwischt hat. Aha! Na, und ein jähzorniger Mann, wie er ist, der den Baron dabet schon längst auf den Strich hatte, weil er allerlei munkeln hören mußte, was ihm nicht gefiel." „So ist es." „Was kann ihm geschehen, Herr Maire? So zwei, drei Jahre, was?" „Möglich! Vielleicht auch weniger. Man hat Bei spiele, daß Einer von den Geschworenen fretgesprochen wurde in einem derartigen Falle." „So! Da wärs am Ende ganz überflüssig, wenn er vor Gericht käm?" „Wie meinen Sie daS?" „Na, i h mein halt, daß es Krieg giebt, Herr Maire. Und wenn es Krieg giebt, werden Reserven einberufen und da muß er auch mit. Und wenn man ihm vor stellt, daß es besser für ihn wär, wenn er als Soldat für die Fahne des Kaisers kämpft, als daß er so ein halbes Jahr im Loch steckt, und daß dem Oberdank so wie so nicht viel geschieht, na, so wird er sich zu frieden geben und wird den Waffenrock anztehen und wird denken, daß Gras über die Geschichte wächst. Und wenn er in der Pfalz oder im Preußischen in Quartier steht, wird er nicht viel davon hören, was hier vor dem Gericht verhandelt wird. Na, und dem Oberdank wird's auch den Kopf nicht kosten. Hat vielleicht nur ein Paar Wochen Schrecken auszustehen und schaden kann ihm das auch nicht." „Der Jäger sah den Maire von der Seite mit einem lauernden Blicke an, als wolle er fich überzeugen, ob seine Worte auf einen fruchtbaren Boden gefallen waren." „Und was gedenken Sie anzufangen, Friedrich?" fragte der Maire nach einer Pause. „Jsts Ihnen Ernst mit dem Krieg?" „Wenn ich offen sein soll, Herr Maire, so ganz Ernst ist mirs nicht damit. Sind mir zu viel Stra pazen dabei und ich bin mehr für ein leichtes Leben. Am liebsten möcht ich zu meinem Bruder in die Schweiz. Aber es wird nicht gut angehn." „Warum nicht?" „Es fehlt halt am Besten." „An Geld?" „So ists, Herr Maire." „Wie viel brauchen Sie?" Der Jäger zuckte die Achseln und schwieg, als über lege er sich, wie viel er fordern solle. Der Maire hatte seine Brieftasche hervorgezogen, „Hier find fünfhundert Francs, aber Sie müssen noch heute abreisen." „Je eher, je bester! Meinen besten Dank, Herr Maire!" „Wohin gehen Sie jetzt?" „Nach Niederbronn! Muß doch sehn, was es Neues giebt. Am Nachmittag hol ich meine Sachen ab und die Nacht schlafe ich schon In Straßburg. Nochmals meinen Dank, Herr Maire!" Die beiden Biedermänner trennten fich und während der Jäger seinen Stock schwingend und ein Lied vor fich hinpfeifend, sich im Dunkel des Waldes verlor, ging der Maire auf das Schloß zu. Als sein Blick vom Hofe aus durch den Garten fiel, bemerkte er ein dunkles Kleid zwischen den Büschen. Er erkannte die Gestalt Clara's, und da es ihm er wünscht war, daß er Gelegenheit fand, das junge Mäd chen allein zu sprechen, so öffnete er die Pforte und trat in den Garten. 16. Kapitel. Man kann sich denken, in welcher Stimmung aw Abend vorher die Baronin die Rückkehr ihrer Tochter erwartet hatte. Clara hatte sich darauf gefaßt gemacht, mit Vorwürfen empfangen zu werden, und es wär« ihr leichter gewesen, sich gegen harte Worte zu ver« theidigen, als die stumme Klage der Mutter zu hören, die, vor Angst aufgerieben und zugleich von einem An fall ihrer Nerven hetmgesucht, zu Bette lag und nichts als einzelne Worte, Seufzer und Thränen fand. Unter diesen Umständen hielt es Clara für gerathen, der Mutter nichts von dem zu erzählen, was in Nieder bronn geschehen war, und sie mit der Versicherung zu beruhigen, daß Wilhelm sich wohl befinde und daß ihm der Unterpräfekt seinen Schutz zugesagt habe. Die Mutter hatte sich endlich beruhigt und die ge sunde Natur des jungen Mädchens half fich durcheineu festen Schlaf, der sie nach den ermüdeten Anstrengungen des Tages doppelt erquickte. (Fortsetzung folgt.)