Volltext Seite (XML)
1. Weilage zum Ireiöerger Anzeiger und Hageölatl. 284. Sonntag, Sen 6. Dezember. 1896. (18. Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) kuskv ü. üekms, kreikelK, WeihnaHts-Ausverkauf. Herrevs-Irrvllgeu. Novelle von Mathilde Grohmann. in schwarz und farbig, zu Blousen und Kleibern. grotze Auswahl, Meter von 35 Pfg. an. I am» L in den neuesten Muster«, sehr billig. i« schwarz und sarbig, Halb- und Reinwolle, 1 Kleid 4.8V, S.yy, 7^0 . 9.00, 1V.VV Mark. zu Hemden, »lausen und Jacken. Reste zu 1 Jacke reichend, 1 Mark, 12« statt 1.8V und 1.SV, ferner Tischrrugk, HMtüchtr, MrM D. Auflösang des Preis-Riithsels ans Ur. 278. Die Mutter ist 36 Jahre, die Tochter 12 Jahres alt. Lösungen gingen im Ganzen 208 ein und zwar aus Freiberg 116, aus Freibergsdorf 12, aus Friedeburg, Brand, Großvocgts- berg je 6, aus Lichtenberg 5, aus Halsbrücke, Erbisdorf je 4, auS Weißenborn, St. Michaelis je 3, aus ConradSdorf, Großschirma, Loßnitz, Bräunsdorf, Hilbersdorf, Müdisdors, Kleinvoigtsberg, Kleinwaltersdorf, Oberbobritzsch, Niederlangenau je 2, ans Borsten dorf, Langenau, Niedercolmnitz, Wien, Dittmannsdorf, Frauenstein i. E., Nossen, Wingendorf, Geyer, Franlenstein, Mulda, Sand, Erlicht, Weigmannsdorf, Großhartmannsdorf, Reichenbach bei GroßvoigtSberg, Geringswalde, Chemnitz, Oberschöna, Nürnberg- Thon, Grubnitzb. Stauchitz, Riechberg, Niederschöna,Rothenfyrth je 1 Lösung. Falsch war leine Lösung. Von den 208 richtigen Lösungen, die in die Urne kamen, wurde gezogen Nr. 64 mit der Unterschrift: Rudolf Otto, Gymnasiast. Gewinn: Der alte Fritz in 50 Bildern für Jung und Alt von C. Röchling und Echt ruff. GMUlWhc, Wah. Mmm "iRrM- ! Gedenket der nothleidenden Bögel z und frierenden Zngthierer « kunstveretn».Lokal (Thielestraßc Nr. 0, parterre). Regelmäßig ge öffnet Sonntag» von Bormiltag» 11 Uhr bi» Mittag» 1 Uhr. Ein- mtt»vrei» kür Nicktmitalieder SO Wo „Denkst Du nicht daran, daß ich Deiner einmal bedürfen werbe, oder einst vielleicht verlassen sterben müßte?" stieß sie ahnungsvoll hervor, indem ihr eine unerklärliche Angst die Kehle zusammenschnürte. „Du hast Deinen Gatten, wirst also nicht verlassen sein." Und Plötzlich einer warmen Regung folgend, setzte Angelika weich hinzu. „Solltest Du meiner jemals bedürfen, ein Schreiben von Deiner Hand führt mich an Deine Seite. Zu der unglücklichen, liebebedürftigen Mutter eile ich mit weit geöffneten Armen, de doch die Glückliche meiner nicht bedarf." „Angelika," rief Hildegarde schmerzlich auS. „Lebe wohl, Mama! Ich muß Abschied von Dir nehmen, da ich noch Vieles bis zur Abreise zu ordnen habe und Dich nur flüchtig oder gar nicht zu sehen bekomme." Sie beugte sich über die Hand der Mutter und wollte kalt und stumm daS Ge- mgch verlassen. „Angelika, so kalt kannst Du von mir gehen? Empfindest Du keinen Funken von Liebe mehr für Deine Mutter? Denkst Du nicht daran, daß wir unS möglicherweise das letzte Mal in dieser Welt sehen?" „Mutter!" schrie Angelika aufschluchzend und sank in die weit geöffneten Arme derselben. „Werve glücklich!" flüsterte sie unter Thränen einen Kuß auf die Stirne Hildegardes drückend. „Du willst dennoch fort?" frug diese schüchtern. „Ich muß!" klang es mit unerschütterlicher Ruhe zurück. „Auch wenn mein Glück dadurch getrübt würde?" „Ich kann nicht anders!" kam es auS des MLdchenS ge quälter Brust. „Aber wenn die drei Jahre abgelaufen find?" „Das liegt in Gottes Hand. Lebe wohl, Mama, ich werde für Dich beten." Am Abend desselben Tage» befand sich Angelika auf der Reise nach Kloster Lindenhain, während ihre Mutter acht Tage später, an der Seite Manganis, dem herrlichen Süden zudampfte. (Fortsetzung folgt.) Dieser weihevolle Augenblick der Trennung wurde durch häßliches, höhnisches Lachen auf das Unangenehmste gestört. Frau von Osten stand in ver Thür des Empfangssalons und sah mit schadenfrohen Blicken auf die beiden jungen Leute herab. Sie hatte ihren Besuch abgekürzt, da eine unerklärliche Un ruhe sie nach Hause getrieben, und da sie aus dem Gemache Ge räusch vernommen, war sie in dem Augenblicke eingetreten, als Bruno vor Angelika niedergesunken war. „Ah, Pardon, wenn ich ein zärtliches tete-L-tet« störe!" rief sie spöttisch. „Hätte ich gewußt, daß ich so ungelegen komme, würde ich nicht so bald heimgekehrt sein, aber ich will Euch diesen schönen Augenblick nicht verderben." Sie wollte sich zurückziehen, aber Bruno, der aufgesprungen war und bebend vor Zorn ihre frivolen Worte angehört hatte, rief befehlend: -Bleiben Sie, Madame!" Unwillkürlich trat Hildegarde einen Schritt in daS Gemach zurück. „Sie scheinen nach sich urtheilen zu wollen, Madame", fuhr er mit blitzenden Augen fort, „waS ich mit Fräulein von Osten zu verhandeln hatte, kann die ganze Welt hören. Also braucht unS Ihre Gegenwart durchaus kein Zwang aufzuerlegen!" Ohne das Beleidigende in Ton und Worten bemerken zu wollen, erwiderte Hildegarde, sich sichtlich an Angelikas Seelen kampf, der sich deutlich m ihren Mienen spiegelte, weidend: „Ich habe nicht geahnt, daß ich mich so bald revanchiren könnte, noch weniger, daß ich vor zwei Lagen Euch einen großen Dienst erwiesen habe." Brunos Stirnabern schwollen an und eS flimmerte vor seinen Augen. Dieses gefühllose, unzarte Wesen hatte er an sich ketten wollen. Er war im Begriffe, zu vergessen, daß es Angelikas Mutter war, die vor ihm stand, und verachtungsvolle Worte schwebten auf seinen Lippen, aber ein Blick auf das holde Mäd chen an seiner Seite, die ihn um Schonung anzuflehen schien, und deren Wangen Blässe und Röthe blitzschnell wechselten, drängten sie zurück. Er ignorirte die schwere Beleidigung vollständig und sagte dann kalt: „Ich kam, um Fräulein Angelika Lebewohl zu sagen. Ich habe mein Vorhaben ausgeführt und habe hier mchts mehr zu thun!" Er führte Angelikas Hand an seine Lippen, verbeugte sich dann förmlich vor Hildegarde und verließ dann den Salon. Einen Augenblick standen die beiden Frauen sich stumm gegen über, dann Hub Frau von Osten nach einer Weile beißender Ironie an: „Das ist also das Resultat Deiner klösterlichen Erziehung? Du hast Heimlichkeiten mit dem Manne, der Deiner Mutter Gatte werden sollte? Während Du diese abwesend glaubtest, hattest Du diesen Mann empfangen, der vor kurzer Zeit mich auf das Tiefste gedemüthigt hatte. „Wer weiß", fuhr sie, von einem Gedanken ergriffen, und wahre Blitze deS Zornes aus das bleiche Mädchen schleu dernd, fort: „Es war verabredete Sache unter Euch, Ihr wolltet mich in meiner eigenen Falle fangen, und spionirtet so lange, bis sich der günstige Augenblick bot, und Ihr das Hindernitz beseitigen konntet, daS Eurer Liebe im Wege stand." „Mutter!" ries Angelika, mit so wildem Schmerze in dem Tone, und ihr leichenblasses Gesicht mit den Händen bedeckend, daß Hildegard eine Regung der Reue empfand. „Muß mich das eben Gesehene zu diesem Verdachte nicht be rechtigen ?" fuhr sie etwas sanfter fort. „Erkläre mir auf glaub- würdige Weise Euer unerklärliches Alleinsein, und ich will mit Freude meine harten Worte zurücknehmen, ja, Dich um Ver zeihung anflehen!" Sie ließ ihre durchdringenden Augen prüfend auf Angelikas Zügen ruhen, während diese in ihrem Innern einen schweren Kampf bestand. „Ich kann nicht", versetzte sie traurig aber fest. Ich will Dir nur die Versicherung geben, daß ich unschuldig bin und daß Dein unwürdiger Verdacht grundlos ist. Willst Du meiner Er klärung keinen Glauben schenken, muß ich stillschweigend die schwere Beschuldigung hinnehmen." Hildegarde sah zweifelnd in das Gesicht ihrer Tochter, deren einfache, der Wahrheit entspringende Rede sie schuldlos erscheinen ließ, und dennoch so unvollkommen war. „Ich kann nicht in Deinem Herzen lesen, Angelika," erwiderte sie etwas ruhiger geworden, „aber ich will zu Deiner Ehre an nehmen, daß Du die Wahrheit sprichst, obzwar Du zugeben mußt, daß Deine Erklärung sehr mangelhaft ist, ja, daß mein Verdacht dadurch noch bestärkt werden könnte, weil Du mir nicht die ' Ursache angeben kannst, was Dein vorhin entdecktes tete-4-tet« bedeuten sollte." „Du sollst es später erfahren," entgegnete daS Mädchen, „wenn Du ruhiger geworden und vorurtheilsfreier denken gelernt hast. Jetzt würdest Du mir keinen Glauben schenken, Dein Verdacht würde sich noch verstärken. Ich will es Dir eines Tages schreiben." „Schreiben? Von wo?" fragte Hildegarde erstaunt. „Aus dem Kloster der frommen Schwestern!" „Du wolltest dahin zurück?" rief Hildegarde, sie verwundernd betrachtend. „Es ist mein unabänderlicher Entschluß. Noch heute Abend reise ich dahin ab. Die Oberin ist von meinem Vorhaben unterrichtet." „Ohne meine Erlaubniß?!" brauste Frau von Osten er regt auf. „Ich bin überzeugt, daß Du sie mir nicht voreuthalten wirst, da ich Dir doch uur bindernd cm Wege stehe. Selbstverständlich wirst Du Dich nun mit dem Grafen Mangani vermählen, und ich bin dabei doch gänzlich überflüssig, nur eine Art Glücksstörerin. Ich gebe Dir die Versicherung, daß ich mich in dem Kloster völlig glücklich fühlen werde, und mich das ictzige Leben zu Grunde richten würde. Nicht einen Tag länger mag ich hier verweilen, obzwar mich die Oberin erst Ende dieser Woche erwartet. Das < Nöthigste ist bald gepackt und den Rest meiner Sachen wird mir Bertha nachsenden." Hildegarde war bei Nennung des Namens Mangani etwas zusammengezuckt und eine leichte Röthe stieg in ihre Wangen. Befremdend sah sie auf Angelika, die mit solch resoluter Gewiß heit ihren Entschluß aussprach. Sie konnte ihre Handlungsweise noch immer nicht fassen und frug nun unsicher: „Und welche Stellung gedenkst Du im Kloster der frommen Schwestern zu bekleiden?" „Anfangs die einer Pensionärin, und später nach abgelegter Prüfung denke ich mir einen Wirkungskreis als Lehrerin und geistliche- Schwester zu erwerben." „Du willst Nonne werden?" stieß Frau von Osten hervor. „So ist es." In Hildegardes Herzen ging eine Wandlung vor. Eine tiefe Reue erfüllte sie und die Ahnung stieg in ihr auf, daß sie dem reinen, schuldlosen Mädchen Unrecht gcthan. Würde diese, die doch jung, schön und reich war, sich in öde Klostermauern be graben? DaS junge Wesen mußte in der eitlen Mutter Nähe ihre Lcbensfreudigkeit verloren haben. „Angelika, geliebtes Kind, sei nicht thöricht!" sagte sie weich und suchte die Hand ihrer Tochter zu erfassen. „Du bist jung und unerfahren. Dieser furchtbare Entschluß könnte Dich reuen." „Das wird er niemals," erwiderte sie fast kalt, ohne die Hand der Mutter zu bemerken. „Außerdem gönne ich mir eine Prüfnngszeit von drei Jahren, nach denen ich mich erst voll und ganz meinem Berufe hingeben werde."