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Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188809266
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880926
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880926
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-09
- Tag 1888-09-26
-
Monat
1888-09
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.09.1888
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Nr. 225. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum der folgenden Tages) zur Versendung gelangende,.Sächsische LandeS-Anzctger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler S. Sächsische Gcrichtszcitnng 4. Sächsisches Allerlei 5. IllustrirteS Unterhaltungsblatk s. Sonntagsblatt 7. Lnstiges Bilderbuch Met bci den Ausgabestellen monatlich Psg., bei den Post-Anstalten 75 Psg. i (Post-Zcltungs-PreiSliste Nr. 5035.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Buchdrnekerei, Chemnitz, Theaterstrahe Ar. 5. Fcrnsprech-Anschluss Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mittwoch, 26. September 1888. Von den Hauptblätter» des „Sächsischen Landes-Anzeigers" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-Ausgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur SO Pfg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monatl. 57 Pf. in. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachtr. Nr.! 250».) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: SomMr-Liseiibahnfahl'iilanheft für Sachsen. Wiiiter-Eiscnbahnfnhrplanheft für Sach en. Allustr. Kalender des Sächsische» Landvolk». JlluskirteS Jahresbuch des Landes-AnzeigerS. wolle man Bevorzugte Stelle (lspaltige Pctitzeilc) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts ^ "" ' >erden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern Meypreis: Raum ßiner schmalen Corpuszeile 15 Psg. , ^ LO- ... Einrückungsbetrag (in Briefmarken) beifügen lje 8 Silben Corpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen könne» nur bis Vormittag angenommen werden, - — .. . - . ,, ..... - - >ie Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hanptblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). Amtsgerichtliche Bekanntmachungen. Die zum Armenrecht zugelassenen Personen: l. Karl Otto Schneider, nnereiarbeitcr, in Chemnitz, 2. Ernst Fürchtegott Moritz Schicket«»;, Packer, Waldheim, vertreten durch: zu 1. Rechtsanwalt Hösel in Chemnitz, zn 2. Rechtsanwalt Hnth in Waldheim, klagen gegen ihre Ehefrauen: zn l. Amalie Theresia Schneider, geb. Otto, bisher in Chemnitz, jetzt unbekannten Aufent halts, zu 2. Marie Hedwig Schicketanz, geb. Jähncr, früher in Waldheim, ' 't unbekannten Aufenthalts, wegen: zn 1. Ehebruchs, zn 2. böslicher Ber ns, mit dem Anträge ans: zu 1. Ehescheidung, zu 2. Verurtheilung zur tellung des ehelichen Lebens, cvent. Ehescheidung, und laden die Beklagten Klk mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor die dritte Civilkammer des «vniglichen Landgerichts zn Chemnitz ans de» 4. Dccembcr 1888, Vormittags 8 Uhr mit der Aufforderung, einen bei dem gedachten Gerichte zugelassenen Anwalt z» bestellen. Zum Zwecke der vom Gericht bewilligten öffentlichen Zustellung wird dieser Auszug der Klagen bekannt gemacht. Königliches Landgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 24. September. Paris. Bazaine's Tod hat von Neuem den Haß gegen den Capitulanten von Metz zum Ausbruch gebracht. Alle Blätter fluchen ihm in's Grab nach und sprechen die Hoffnung aus, daß kein Franzose MMin Begräbnisse beiwohnen werde. — Heute wurde das Denkmal ist Vexincourt für den von dem deutschen Soldaten Kaufmann erschossenen Jagdhüter Brignon enthüllt. Dasselbe trägt die Inschrift: pMn 24. September 1887 wurden zwei französische Bürger, Graf Wangen, Dragoneroffizier, und Brignon, der eine schwer verwundet, der andere getödtet durch den deutschen Soldaten Kaufmann." Ueber die gehaltene Rede ist noch Xichts bekannt. London. Der „Times'' zufolge sind in Zansibar Briefe aus Uganda vom 27. Juni eingctroffen. Dieselben enthalten keine Nach richten über Emin; dagegen melden sie, daß der Stanlcywcg gänzlich versperrt sei. Das Blatt meldet ferner, General Matthews sei ge zwungen gewesen, Pangani zu verlassen; der Sultan habe die Ver waltung von Tanga und Pangani zeitweilig übernommen. Ein allgemeiner Aufstand werde befürchtet; die Lage in Lindi und Kilwa sei drohend. Vom 25. September. Berlin. Bei dem gestern stattgefundenen Abendessen anläßlich der Uebcrgabe der neuen Offiziers-Speiseanstalt an das Offiziercorps des Leib-Husaren-Regiments gedachte der Kaiser, der „Krcuzzeitung" zufolge, in erhebenden Worten seines Großvaters und seines Vaters und gemahnte daran, wie die neuen Räume nicht eine Stätte des Wohllebens sein sollten, sondern insbesondere eine Pflegcstätte echter Kameradschaft. Als besonderes Zeichen seiner Anhänglichkeit übergebe er die herrlichen einleitenden Worte der bezüglichen Cabinetsordre weiland Kaiser Wilhelms I. dem Offiziercorps unter Glas und Nahmen in der Hoffnung und mit der Zuversicht, daß der Geist der strengen Manneszucht, daß die angespannteste Thätigkeit auch fürderhin die Oberhand in diesen Räumen behalten werde. In dieser Hoffnung trinke er auf das Wohl des Offiziercorps des Regiments und seiner früheren Mitglieder. Berlin. Fürst Bismarck, welcher gestern Abend hier einge- trosfcn, begab sich heute Vormittag »/ill Uhr nach Potsdam, wohin Graf Herbert Bismarck bereits vorher gefahren war. — Schloezer hat seine Rückreise nach Nom angetretcn. Bazaine s. In Madrid ist am Sonntag Nachmittag elend und verlassen ein Mann gestorben, der i» seinem Vaterlands von Ehren zu Ehren ge stiegen war, die Entscheidung eines großen Krieges in der Hand hatte, dann des Vaterlandsverrathcs angellagt wurde und alle Schmerzen des politischen Sturzes und der moralischen Entehrung bis hinab zum materiellen Elend und sogar bis zum Vcrlassenwerden von Weib und Kind durchwachen mußte. Franyois Achills Bazaine war am 13. Februar 1811 in Ver sailles geboren, wo sein Vater als pcnsionirter Offizier lebte. Im Jahre 1831 trat er als Freiwilliger in die Armee und kämpfte als Unterleutnant in Algier mit Auszeichnung bis 1835. In diesem Jahre ging er mit der französischen Fremdenlegion in den Dienst der Königin Christine von Spanien und kämpfte über zwei Jahre gegen die Karlistcn. Dann kehrte er nach Frankreich zurück, wurde Stabs offizier und erwarb sich das Osfizierskreuz der Ehrenlegion. Beim Ansbruch des Krimkricges wurde er Brigadegencral, concmandirte die beiden Frcmdcnregimenter vor Sebastopol und wurde nach dem Falle der Stadl Commandant derselben. Im Jahre 1855 wurde er Divi- sionsgeneral und befehligte die Expedition gegen die russische Festung Kinbur». Im italienischen Kriege befehligte er eine Division des 1. Armeecvrps, eroberte am 8. Juni 1869 Mclcgnano und nahm einen hervorragenden Anthcil an der Schlacht von Solfcrino, deren Ansgang den Kaiser von Oesterreich zum Frieden uvthigtc. Noch hervorragender war die Rolle, die er in der Expedition nach Mexiko spielte. Er war zuerst Commandant von Veracruz, dann führte er die erste Division und endlich übernahm er den Oberbefehl über die ganze französische Armee. Sein Verhalte» war ein ziemlich zwei deutiges ; er unterhielt Verbindungen mit mexikanischen Parteiführern, heirathete eine reiche Mexikanerin, arbeitete gegen den Kaiser Maxi milian, der wiederholt vergeblich um dessen Abberufung bat. Als die Franzosen Mexiko räumen mußten, leitete Bazaine ihren Rückzug; als er am 12. März 1867 mit dem Reste der Truppen in Veracrnz sich eiugcschifst hatte, war Kaiser Maximilian und sein Reich verloren. Während des mexikanischen Krieges, am 5. September 1864, war Bazaine zum Marschall ernannt worden, wodurch er zugleich Senator Wurde. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich befehligte er zuerst das dritte Armcccorps in Nancy und dann die kaiserliche Garde in Paris. Beim Ausbruch des deutsch-französischen Krieges übernahm Bazaine das Kommando des 3. Korps der sogenannten Nhcinarmcc. Als »ach den Schlachten von Wörth und Spichcru (6. August 1870) die Abteilung Mac Mähens von der bci Metz siebenden Armee abgctrcnnt war, wurde Bazaine zum Oberbefehlshaber der Rhcin- armce ernannt. Er übernahm das Kommando am 12. August, ver sammelte alle Korps bei Metz und zog auch den größten Theil des 6. Korps des Marschalls Canrobcrt heran. Er hatte nun das 2., 3. und 4. Korps, die kaiserliche Garde, eine Brigade des 5. und 3'/, Divisionen des 6. Korps, sowie mehrere Divisionen Reiterei, zusammen 225,000 Man», beisammen. Bazaine sah die Unmöglichkeit ein, die Moscllinie zu halten; er beschloß daher, sich hinter die Maas zurück zuziehen und in Chalvns mit der Armee Mac Mahons, die sich wieder sammelte, zu vereinigen. Die deutsche Heeresleitung erkannte jedoch diesen Plan, der durch die Schlachten vom 14. bis 18. August vereitelt wurde; Bazaine wurde geschlagen, mit dem größten Theil seines HecreS nach Metz zurnckgewvrsen und dort eingcschlosscn. Mehrmals versuchte Bazaine, den eisernen Ring zu durchbrechen, der ihn umfing, aber immer vergebens. Inzwischen war die Schlacht von Sedan geschlagen, der Kaiser gefangen, das Kaiserreich gestürzt worden; Bazaine mußte die Hoffnung ans Entsatz verlieren, cs trat Mangel au Lebensmitteln ein, Krankheiten nahmen überhand, und schließlich, am 27. October, kapitulirte er. Er und seine ganze Armee, noch 173,000 Mann, gaben sich mit allem Kriegsmaterial dem Prinzen Friedrich Karl gefangen. Bazaine selbst wurde in Kassel internirt. Es ist wahr, daß die Katastrophe von Metz das Schicksal Frank reichs besiegelte. Aber es ist nicht wahr, daß die Uebcrgabe zu ver meiden gewesen wäre, wenn auch anzunchmcn ist, daß ein anderer Feldherr, ohne Nebengedanken, sich eher unter den Trümmern der jungfräulichen Festung begraben hätte, ehe er sie zuletzt kampflos dem glücklicheren Widersacher ansantwortctc.... Nach dem Kriege erschien Bazaine trotz des Sturmes, der sich wider ihn erhoben hatte, anscheinend ruhigen Gewissens in Paris. Er ucochte glauben, daß die inzwischen verflossenen acht Monate und die Niederwerfung der Kommune, welche seinen Bestrebungen, dem Vaterlande die Armee von Metz möglichst zu erhalten, gewissermaßen zur nachträglichen Rechtfertigung dienten, hingereicht hätten, ihn vor seinen Landsleuten zu entlasten. Allein er hatte sich geirrt. Von allen Seiten langten Stnrmpctitioncn auf Sturmpctitionen in Paris an, welche die Versetzung Bazaine's in Anklagezustand gebieterisch forderten. Das Oberhaupt des Staatswesens, sein alter Waffenge fährte, der Marschall Mac Mahon, der Besiegte von Wörth und Sedan, sah sich halb gegen sein besseres Empfinden gezwungen, den so hart befehdeten Marschall in Versailles vor ein Kriegsgericht zu stellen, dessen Präsidium der Herzog von Aumale führte. Die Ver handlungen vor diesem Tribunal warfen kein sonderlich günstiges Licht auf die Unparteilichkeit seiner Richter, und obwohl Bazaine sich in Allem, was er gethan und unterlassen, auf die ausdrückliche Zu stimmung seines Kriegsraths berufen konnte, wurde Er allein am 10. December 1873 des Verraths am Vaterlande für schuldig erklärt und znm Tode mit vorhergehender Degradirung vernrtheilt. Gleich sam selbst erschrocken über die Ungeheuerlichkeit dieses Urtheils, Unter zeichneten die Mitglieder des Kriegsgerichts nach Schluß der Sitzung sofort ein Gnadengesuch an den Marschall-Präsidcnte» der Republik, und der Herzog von Magenta ergriff diesen erwünschten Vorwand sofort, um die Todesstrafe in zwanzigjährige Haft nmznwandeln, in dem ex Bczaine zugleich von der Schmach der Degradirung befreite. Marschall Bazaine wurde am 27. December desselben Jahres nach der kleinen Insel St. Margucrite im Golf von Lyon übcrgesührt. Er blieb indeß nur wenige Monate auf diesem Eiland, da es ihm gelang, mit Hilfe aufopferungsvoller alter Kameraden und unter geheimer Billigung Mac Mahons, der sich doch der Schmach schämte, die er seinem alten Zeitgenossen hatte bereiten helfen, seine Flucht zn bewerkstelligen. In der Nacht vom 9. zum 10. August 1874 verließ er sein insulares Gefängniß, entkam nach Italien und begab sich über Schloß Arcnenberg in der Schweiz, wo ihm die Kaiserin Eugeuie gastliche Aufnahme gewährte, über England nnd Portugal nach Spanien. Hier, in der spanischen Hauptstadt, ist er dann bis zu seinem Lebensende verblieben. Verachtet von seinen Gastfrcunden, gehaßt von seinen Landsleuten, hat er seine langen Tage, oft mit bitterer Noch kämpfend, dahingcschleppt, und erst im vorigen Jahre war sein Name wiercrum in Aller Munde, als ein wahnsinniger französischer „Patriot" einen Mordanfall auf den „Verräther von Metz" unternahm. Der von schwerem Siechthum Gepeinigte hat diese letzte trübe Erfahrung nicht lauge mehr überlebt. Bazaines Glanz und Fall enthält für alle Völker eine ernste Lehre. Politische Rundschau. Chemnitz, den 25. September. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm arbeitete am Montag Vormit tag längere Zeit im Marmorpalais allein und nahm darauf Vorträge nnd zahlreiche militärische Meldungen entgegen. Am Nachmittag wohnte der Monarch der Einweihung des neuen Offizier-Kasinos des Leib-Husaren-Regiments bei. Sonntag Nachmittag hatten die Majestäten im Marmvrpalais den Besuch der Kaiserin Friedrich empfangen und darauf eine Spazierfahrt unternommen. — Die Kaiserin Victoria reist heute Dienstag Nachmittag mit den kaiserlichen Prinzen nach Schloß Primkenau in Schlesien. — Wie aus München offiziell gemeldet wird, wird Kaiser Wilhelm II. am Dienstag, den 2. October, Morgens 7 Uhr, dort eintressen. Der Prinz-Regent Luitpold kehrt zn Ende dieser Woche von seiner Reise durch die Pfalz nach der bayerischen Hauptstadt zurück, um den Kaiser persönlich zu begrüße». — Der Kronprinz von Griechenland ist auf acht Tage von Berlin nach Kopenhagen gereist, Graf Herbert Bismarck ist aus Rußland nach Berlin znrllckgekehrt. — Ist das publizirte Tagebuch Kaiser Friedrichs echt? Das officiöse Wolff'sche Telcgraphen-Bnreau veröffentlicht folgende Mit- thcilung, die schon in einem Thcilc der gestrigen Auflage unseres Blattes enthalten war: „Der Reichskanzler hat auf Befragen erklärt, daß er das in der „Deutschen Rundschau" veröffentlichte angebliche Tagebuch des hochscligen Kaisers Friedrich nach Einsicht des Textes für apokryph halte." — Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in derselben Sache: „Unter der Ucbcrschrift „Aus Kaiser Friedrichs Tagebuch" hat die Deutsche Rundschau Auszüge aus einem Tagcbnche veröffentlicht, welches während des letzten Krieges angeblich der Kronprinz — nachmalige Kaiser Friedrich III. gesührt haben soll. Wir sind zn oer Erklärung crmächtigt, daß diese Veröffentlichung ohne Vorwisscn Sr. Majestät des Kaisers und Königs erfolgt ist. Was den Text des angeblichen Tagebuches des verewigten Kaisers Friedrich betrifft, so enthält dasselbe nach den Erinnerungen der bei den Ereignissen betheiligten Persönlichkeiten so starke chronologische und thatsächliche Jrrthümer, daß die Echtheit bezweifelt werden muß. Namentlich ist es ausgeschlossen, daß der ganze Inhalt von dem Kronprinzen selbst hcrrührt und täglich also in frischer Erinnerung von ihm auf- gezeichnet worden ist." Die „Post" fügt hinzu, die Publikation sei nicht unter Znthun der Kaiserin Friedrich erfolgt. Die „Nat. Ztg." theilt mit, daß von mehreren Thcilen der Tagebücher Kaiser Fried richs, nicht blos von dem auf den deutsch-französischen Krieg bezüglichen Abschnitt, melallographirte Abdrücke vorhanden sind, welche s. Z. vom Kronprinzen an ihm nahestehende Personen vertheilt wurden. — Von anderer Seite wird ferner geschrieben: „Als Urheber der Publikation der Aufzeichnungen Kaiser Friedrichs ist auch der badische Minister a. D. Freiherr von Rvggenbach genannt. Auch diese Ver- muthung soll aber nicht zutreffend sein. Im klebrigen verlautet, daß die Veröffentlichung in der Hauptsache ganz authentisch ist. Wenn die Echtheit bestritten wird, so beweist das nur, daß man an den betreffenden Stellen keine Ahnung von den) wahren Inhalt hatte. Jedenfalls scheint eine Untersuchung cingeleitet zu sein, und da wird sich die Wahrheit ja sehr bald ergeben." — Die Einweihung des Offizier-Kasinos der Leib-Garde-Husaren. Am Montag wurde in Potsdam das neue Kasino der Leib-Garde- Husaren dem Kommandeur Oberstkicntenant von Gottberg für das Offizierscvrps zum Gebrauch übergeben. Bisher befand sich, die Spciseanstalt der Offiziere in der Kaserne selbst. Da sich diese aber für die Bedürfnisse des Regimentes zu klein erwirS, so wurde be schlossen, neben der Kaserne ein eigenes Gebäude zu erlichten. Das neue Hans birgt in dem Erdgeschosse die Räume für die Speise anstalt; die Bel-Etage ist zu Wohnungen für die jüngeren Offizier»- des Regiments eingerichtet. Von Anfang des Baues an hatte sich' der Kaiser sehr für denselben intercssirt und er nahm deshalb auch an der Einweihung Theil. Zu dem Feste waren ferner die direkten Vorgesetzten des Regiments geladen und sämmtliche ehemaligen Offiziere des Regiments. — Die Wiener „Montagsrevue" will wissen, Fürst Bismarck habe während Kalnoky's Besuch in Friedrichsruhe den ausdrücklichen Wunsch nach einer Verständigung zwischen Oesterreich und Rußland in Betreff der bulgarischen Frage ausgedrückt. Graf Kalnoky habe dasselbe Verlangen ausgesprochen. Fürst Bismarck habe bestimmte Vorschläge seinerseits nicht gemacht, sondern werde jede Verständigung zwischen Rußland und Oesterreich-Ungarn acceptiren. — Das Dcutzer Kürassier-Regiment hat jetzt ebenfalls seine Lanzen erhalten, mit denen die neueintrctenden Mannschaften aus- gebildet werden sollen. Die Lanzen sind gleich den Ukanen-Lanzen, nur ohne die schwarz-weißen Fähnchen, welche letzteren nur die Ulanen behalten. Auch die Bonner Husaren werden bald Lanzen erhalten. — Ueber die verschiedenen Modelle zu dem Säbel, welcher für die preußische Infanterie an Stelle des Degens eingeführt werden soll, steht die kaiserliche Entschließung noch aus. Eine Anzahl von Offizieren verschiedener Regimenter war beauftragt, Proben der neuen Modelle zu trage», auch der Kaiser selbst hat an diesen Versuchen theilgenommen, aber ein Entschluß ist noch nicht gefaßt. — Die deutsche Flotte im Jahre 1888. Mächtigere Flottillen haben in diesem Jahre die europäischen Gewässer befahren, als die deutsche Uebungsflotte es war, wir erinnern namentlich an die vierzehn schwere Panzer starke französische Miltelmeerflotte, ober keines von allen diesen Geschwadern, weder das englische, noch das französische, noch das italienische, hat sich so leistungsfähig erwiesen, als das deutsche Geschwader. In dieser Feststellung liegt keine Ucberhebung unsererseits, es ist eine einfache Thatsache, ebenso erfreulich wie un umstößlich. Dieses Factum erhält noch eine wesentlich erhöhte Be deutung durch den Umstand, daß keine von den fremden Flottillen einen so langen und angestrengten Dienst in diesem Jahre gehabt hat, wie die deutsche, ein Dienst, welcher die höchste Anspannung von Offizieren und Mannschaften erforderte, weil er unter den Augen des deutschen Kaisers zum wesentlichen Theil stattfand, weil die Blicke der Welt auf diese Hebungen gerichtet waren. Gar zn gern hätte man cs anderswo wohl gesehen, wenn den deutschen Kriegsschiffen ein kleines Malheur Paffirt wäre, welches sich zu hämischen Bemerk ungen über die deutsche Seetüchtigkeit ausbeutcn ließ, aber cs ist rein garnichts vorgckommen, nicht eine einzige Maschine hat, was auf den übrigen Geschwadern wiederholt vorgckommen ist, den Dienst auch nur für einen Augenblick versagt. Diese Leistungsfähigkeit und Zu verlässigkeit ist von sehr hohem Werth, denn darauf beruht zum nicht geringen Theile die Entscheidung im Ernstfälle. Bon der Land- arinee des deutschen Reiches weiß es ganz Europa, daß in ihr der letzte Mann und das letzte Gewehr, die im Mobilifirungsplane verzeichnet stehen, auch in Wahrheit vorhanden sind und nicht blos auf dem Papier stehen. Die deutsche Militärverwaltung kann mit einer stannenswerthcn Raschheit im Ernstfälle operiren, braucht keine Probemobilisirungen und andere Spielereien, weil sie die unbedingte Ueberzcugung hat, daß im entscheidenden Moment Alles da sein wird, was da sein muß. Die immense Gewissen haftigkeit, welche die kvmplizirtc deutsche Militär-Verwaltung anszcichnct, finden wir nirgends sonst, deshalb geht cs aber auch bei uns wie am Schnürchen. Bci der Flotte liegt die Sache weniger einfach; bci der Landarmee ist der General auf Menschen angewiesen, halten die Soldaten aus, sind sie auf dem Platze, so ist der Erfolg sicher. Der Admiral muß aber enorm schwierigen und verwickelten Maschinerien Rechnung tragen, die in Folge einer ganz geringfügigen Kleinigkeit versagen und dadurch die Mitwirkung des Schiffes ' verhindern können. Millionen erfordert die Ausrüstung der Panzerschiffe und doch ist das ganze Geld fort- geworfcn, wen» auf der entscheidenden Fahrt die Maschinen plötzlich ihre Leistungsfähigkeit verlieren. Die sichere Fnnktwnirung der SchiffSinaschinen kann nur durch eine ausgezeichnete, kaltblütige Flvtlcnmannschaft, durch umsichtige und entschlossene Osficierc garan- tirt werden, auch dann können freilich noch böse Zufälle ein- tretcn, aber das Mögliche ist doch geschehen. Nu», die dies jährigen Flottenmanöver in der Ostsee und Nordsee haben be wiesen, daß auch für die deutsche Marine gilt was von der Landarmce schon lange galt. Wenn ein Schiss ans dem Papier als kriegstüchtig angeführt steht, so kann sich der kvmmandirendc Admiral auch fest ans Maschinen und Mannschaften verlassen und getrost
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