Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 29.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189604291
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18960429
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18960429
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-29
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 29.04.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
180». 9K Freiberger Anzeiger und Tageblatt. Heile S. — 29. April. Ocrtliches und Sächsisches. Freiberg, den 28. April. — Ihre Majestäten der König und die Königin werden sich voraussichtlich am Sonntag, 3. Mai, Nachmittags zu dem alljährlich üblichen Frühjahrsaufenthalte nach der schlesischen Besitzung Sibyllenort begeben. — Mitthetlung ans der Rathssitzung am 81. April 1898. Anwesend: 9 Mitglieder — Vorsitzender: Bürgermeister vr. Beck. 1. Die Kirchrechnung von Tuttendorf auf 1895 wird richtig gesprochen. 2. Es wird Kenntniß davon genommen, daß dem Handwerker verein auf Ansuchen für die veranstaltete Ausstellung von Lehr lingsarbeiten eine Staatsbeihilfe von 50 Mk. bewilligt worden ist. 3. Der Rekurs der Königlichen Generaldirektion der Staats bahnen gegen die Heranziehung des Staatsfiskus zu den städtischen Besitzveränderungsabgaben aus Anlaß der Enteignung von Areal für den Bau der Eisenbahnstrecke Freiberg—Halsbrücke ist zufolge ergangener Entscheidung der Königlichen Kreishauptmannschaft abgewiesen worden. Der Rath nimmt hiervon Kenntniß. 4. Man erklärt sich vorbehältlich der Zustimmung der Herren Stadtverordneten grundsätzlich für den Ankauf von Bürgerfeldern durch die Stadtgemeinde, so oft sich hierzu Gelegenheit bietet, und beschließt, diese Absicht von Zeit zu Zeit öffentlich bekannt zu machen. 5. Die Schutzmannschaft soll im Dienste nach wie vor Helme in der jetzigen Form tragen, jedoch sollen dieselben leichter in Leder und Beschlägen hergestellt und hierüber zunächst ein Modell nebst Kostenanschlag vorgelegt werden. 6. Der Bau-Polizei-Jnspektor Mittag wird nach Ablauf der vereinbarten Probezeit endgültig angestellt. 7. Es wird bis zur endgültigen Regelung der Frage des Theaterumbaues davon abgesehen, eine Theaterordnung und neue Dienstanweisungen für den Theatermeister und die Logenschließer aufzustellen. 8. Herr Stadtrath Stecher wird mit der Vertretung der Stadtgemeinde bei der am 27. dss. Mts. hier stattfindenden Sektionsversammlung der Gas- und Wasserwerks-Berufsgenossen schaft beauftragt. 9. Man nimmt Kenntniß von dem gegenwärtigen Stande der rathsseitig geführten und Anssicht auf Erfolg versprechenden Aus gleichsverhandlungen zwischen der Freiberger Dünger-Abfuhr- Gesellschaft und der Bürgerlichen Dünger-Abfuhr-Genossenschaft. 10. Der Vertrag mit dem Königlichen Militärfiskus über Verpachtung des Exerzierplatzes wird mit den von der Königlichen Intendantur der Armee vorgeschlagenen, nicht erheblichen Ab änderungen genehmigt. 11. Die Vergebung der Holzschnittwaaren auf 1896 erfolgt nach dem Vorschläge des Hochbau-Ausschusses, diejenige der Ziegellieferung für den Münzbachkaualbau nach dem Vorschläge des Tiefbau-Ausschusses. 12. Der von der Bauverwaltung vorgelegte Arbeitsplan für die Tiefbauten im laufenden Jahre wird genehmigt. 13. Ein Antrag auf Herstellung eines gepflasterten Ueber- ganges auf der Schillerstraße wird an den Tiefbau-Ausschuß zur - Vorberathuug verwiesen. scheitert sein, die gleich den Sozialisten erklärt haben, sie würden ausschließlich ein Kabinett unterstützen, das auch die Durchsicht der Verfassung in sein Programm aufnähme. Dieser Bedingung konnte Sarrien, der kein Radikaler von der strengen Richtung ist, sich nicht ohne weiteres fügen, wofern er nicht ein radikales Kabinett bilden wollte, und dahin lautete sein Auftrag nicht. Was Herr Faure nun beginnen wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Vorgestern Abend waren in Paris die einen der Ansicht, der Präsident werde nochmals Herrn Sarrien mit der Kabinettsbildung beauftragen, während andere meinten, nunmehr werde an Herrn Meline der Ruf ergehen, ein Konzen- trations-, sei dies aber unmöglich, ein Kabinett der Gemäßigten zusammenzubringen. Heute liegt der „Voss. Ztg." der folgende Bericht über den Stand der Krise vor: Paris, 27. April. Was außerhalb des Elysöe jeder Urtheilsfähige vorhersah und vorher sagte, ist eingetroffen, Sarrien konnte kein Versöhnungs- oder Zusammenfassungskabinett bilden und legte gestern Nachmittag den empfangenen Auftrag endgiltig in Faures Hände zurück. Sarrien war für die Sendung, die Faure ihm aufnöthigte, die allerungeeignetste Persönlichkeit. Die Radikalen mißtrauen ihm, weil er in den letzten Tagen des Kabinetts Bourgeois zweideutig manövrirte, und stellten ihm für ihre Unterstützung härtere Be dingungen, als sie jedem andern zugestanden hätten. Sie forderten die Mehrheit im Kabinett und als politisches Programm die Verfassungsdurchsicht und die Aufrechterhaltung der Einkommen steuervorlage. Für beide Punkte waren die Gemäßigten nicht zu haben. Die Lage ist heute genau so, wie ich sie Sonnabend dargestellt habe. Radikale und Gemäßigte stehen einander schroffer als je gegenüber, die Politik der Zusammenfassung hält im Palais Bourbon Niemand für möglich. Faure jagt einem Traumbild nach und verzettelt unnütz die Zeit, wenn er diese Politik zu ver wirklichen sucht. Nach wie vor bleiben ihm, wenn er mit seinen kleinen Scherzen zu Ende sein wird, nur zwei ernsthafte Lösungen zur Auswahl: ein radikales Ministerium mit der Verfassungs durchsicht als Programm oder ein kampfbereites gemäßigtes Ministerium mit dem Kammerauflösungsbeschluß in der Tasche. Ob Möliue, dem heute der Kabinettsbildungsauftrag ertheilt wird, für diese Aufgabe der geeignete Mann ist, bleibe dahin gestellt. .Es heißt übrigens, er werde Dupuy als Tragbalken in sein Kabinett nehmen. Dann würde es vielleicht gehen. — »Jour" setzt semen stark bemerkten Feldzug gegen Faure fort. Dieses Leibsitatt Bourgeois erzählt, Bourgeois sei nur rurück- 14. Dev Münzgrabensteig wird auf Antrag der Eisenbahn verwaltung bis zur Herstellung der Tunnelverlängerung rc. gesperrt. — Zettel,»theilung für dte Herbst - Uebunge« VeS des 12. Armeekorps. 45. Infanterie-Brigade. Brigade- Manöver: Amtshauptmannschaft Meißen links der Elbe vom 24. bis mit 26. August. 64. Infanterie-Brigade. Brigade-Manöver: Amtshauptmannschaft Meißen rechts der Elbe vom 24. bi- rnit 26. August, 27. August Rasttag. 23. Division. DivistonS- Manöver: Ämtshauptmannschaft Meißen links der Elbe vom 28. bis mit 31. August. 32. Division. Divisions-Manöver: Amts hauptmannschaften Meißen und Großenhain rechts der Elbe vom 28. bis mit 31. August. 3. September Kaiserparade bei Zeithain. 8. und 9. September Kriegsmärsche. 10., 11. und 12. September Manöver des 12. (König!. Sächs.) ArmeecorpS mit der 8. Division gegen das 5 und 4. Armeecorps. Außerdem finden in der Zeit vom 18. bis mit 22. August Gefechtsfchießübungen im Gelände, statt, und zwar schießt das 12. Artillerie-Regiment AmtShauPt- mannschaft Meißen links der Elbe und das 28. Artillerie-Regiment Amtshauptmannschaften Großenhain und Meißen rechts der Elbe. — Zu besonderen Kavallerie-Uebungen werden bei Wurzen vom 18. bis mit 29. August zusammengezogen: 4. Garde-Kavallerie- Brigade, bestehend aus Leibgardehusaren und 2. Garde-Ulanen (dieselben betheiligen sich auch an der Kaiserparade am 3. Septbr), 23. und 32. (König!. Sächfl) Kavallerie-Brigade, Reitende Ab- theilung des Feld-Artillerie-Regiments Nr. 12. Pionierdetachement des Pioniex-Bataillons Nr. 12. — Der zum Kommandeur der 3. sächsischen Division Nr. 32 isi Dresden ernannte General-Lieutenant Hans Erwin v. Minckwitz ist einer der wenigen noch aktiven sächsischen Offiziere, die daS eiserne Kreuz I. Klaffe besitzen. Er hat sich dasselbe als Adjutant der 23. Jnf.-Division, deren Kommandeur . Prinz Georg von Sachsen war, erworben. 1838 geboren, zur Zeit also 58 Jahre alt, wurde er 1859 Offizier und rückte 1868 zum Hauptmann im 102. Jnf.-Regt. auf. Nach dem Kriege tand er einige Zeit als Compagniechef beim Schützen-Regt. Nr. 108 und wurde im Juli 1874 Adjutant beim General kommando. 1876 wurde er zum Major befördert, blieb aber noch bis 1881 in seiner Adjutantenstellung, um dann Kommandeur des 12. Jäger-Bat. in Freiberg zu werden. In dieser Stellung wurde er 1882 Oberstlieutenant, 1887 Oberst und Kommandeur des 133. Jnf.-Regts. in Zwickau. Dieses Regiment vertauschte er 1889 mit dem Leib-Gren.-Rgt. Nr. 100. Am 19. April 1891, wurde er General-Major und Kommandeur der 46. Jnf.-Brigade, an deren Stelle er drei Jahre darauf die 64. Jnf.-Brigade er hielt. Am 20. April 1895 wurde er unter Beibehaltung seiner Dienststellung zum General-Lieutenant befördert. — Der Konservative Landesverein im Königreich Dachse« hielt gestern Mittag 12 Uhr im Königl. Belvedere auf der Brühlschen Terrasse zu Dresden unter Vorsitz des Herr» Generalkonsul vr. Schober seine Generalversammlung ab. Die Versammlung war aus allen Theilen des Landes zahlreich besucht. Nachdem der Vorsitzende die Anwesenden begrüßt hatte, hob rks auf die Erstattung des Jahresberichtes übergehend, hervor, baß die Mitgliederzahl des Vereins auch im abgelaufenen Jahre zugS nommen habe, aber jedenfalls durch energische Werbungen, ^ welchen der Redner anregte, noch weiter wachsen werbe, me Einzelvereine würden durch Beitritt von Parteigenossen zmn Lanvesverein keinen Abbruch erleiden. Ferner empfahl Redner noch den Mitgliedern, im Interesse deS Vereins die Verbreitung des BereinsorganS, das „Vaterland", nach Kräften zu fördern. Redner ging sodann auf die Landtaaswahlen des verflossenen Jahres ein und konstatirte- mit Befriedigung die von der konser vativen Partei erzielten Erfolge, welche m hartem Kampfe gegen zwei rücksichtslose Gegner, Reformer und Sozialdemokraten, errungen worden seien. Mit kurzen Worten erwähnte Redner des neuen Landtayswählgesetzes und betonte dabei, daß durch dasselbe rührige Agitation und Wachsamkeit nicht überflüssig werde; im Uebrigen aber werde das Gesetz dem Vaterlande zum Segen gereichen. In der an den Vortrag des Geschäftsberichts sich anschließenden Debatte wurden Erfahrung«» und Rathschläge hinsichtlich der Ausbreitung des konservattven und staatserhaltenden Gedankens ausgetauscht und Fragen der Organisation rc. be sprochen. Nachdem die Jahresrechnung einstimmig richtig gesprochen und dem Vorstand Entlastung ertheilt worden war, erfolgten die Ergänzungswahlen von 12 Vorstandsmitgliedern und die Wahl der Rechnungsrevisoren. Nach Schluß der Versammlung fand ein gemeinschaftliches Mittagsmahl statt. — Am 1. Mai d. I! tritt für de« Verkehr auf zu sammenstellbare Fahrscheinhefte ei« «eueS Fahr- scheinverzeichnitz nebst Uebersichtskarte in Geltung. Hierdurch wird das im Vorjahre ausgegebene gleiche Verzeichniß sammt Nachträgen uud Uebersichtskarte aufgehoben. Das neue Ver zeichniß ist zum Preise von 70 Pf., die zugehörige Uebersichts karte zum Preise von 15 Pf. bei den Ausgabestellen für benannte Hefte in Dresden-Altstadt (Carolastraße 16) und in Leimitz (Dresdner Bahnhof), sowie bei den Fahrkartenausgabestellen käuflich zu erlangen. — An der Deutsche« Gerberschule hierselbst wurden durch Beschluß des Gesammt-Schulvorstandes der bisherige erste Chemiker Herr vr. xkll. Hänlein, welcher die erledigte Direktorstelle seit beinahe fünf Jahren interimistisch verwaltet hat, zum Direktor der Schule und der bisherige zweite Chemiker, Herr vr. vdil. Päßler, zum ersten Chemiker und Stellvertreter des Direktors ernannt. Gleichzeitig ist die Begründung der Stelle eines Assi stenten der Chemie beschlossen und dazu der bisherige HilfS- chemiker der Weinbau-Versuchsstation in Geisenheim a. Rh., Herr Kauschke, gewählt worden. Auch die Frage der Erbauung eineS eigenen Schulgebäudes für die Deutsche Gerberschule ist ihrer Verwirklichung insofern näher gebracht worden, als der Schul vorstand beschlossen hat, mit dem Neubaue, welcher neben das Lehrgerbereigebäude an die Ecke der Promenade und Terrassen gasse zu stehen kommen soll, spätestens Anfang Juni d. I. zu be ginnen, dafern bis dahin die dazu erhofften Beiträge noch eui- gehen. — Die Direktion des Königlichen Kunstgewerbemuseums zu Dresden beabsichtigt vom 25. Mai bis mit 5. Juli dss. Js. m ihren Räumen eine Sonderausstellung künstlerisch auS- gesührter Arbeite«, Vie auf Innungen Bezug haben, zu veranstalten. Da man hierzu den gejammten öffentlichen und privaten, im Königreich Sachsen befindlichen Bestand beranzuziehen gedenkt, ergeht an die Besitzer geeigneter Gegenstände die Bitte, sich zur Förderung dieses gemeinnützigen Unternehmens möglichst bald mit der Direktion, Antonsplatz 1, in Verbindung zu setzen. — Der Freiberger 8. 0. veranstaltete am Sonnabend zur Nachfeier des Geburtstages des Königs einen Festkommers im großen Saale des Gewerbehauses. Der Einladung zu demselben hatten die Professoren der Bergakademie sowie zahlreiche Vertreter der Civil- und Militärbehörden und die Vertreter des Dresdner und Tharandter 8. 6. Folge geleistet. Der Saal war mit den Wappen und Fahnen der hiesigen Corps und den Farben deS Dresdner und Tharandter 8. 6. glänzend dekorirt. Der erste verglichen wurde, zu einer Niederlage geführt worden, sind. Während der Parlamentsferien hat sich die politische Lage weder rücksichtlich der Thatsachen noch in persönlicher Hinsicht geklärt. ES ist bekannt, daß daS in Folge der Niederlage bei Adua ein getretene Kabinett in sein Programm als Hauptpunkt einen mit Menelik zu schließenden Frieden aufnahm. Ms der Konseil- präfident das Kabinett dem Parlamente vorstellte, wollte er auch die FriedenSbediygüngen präzisiren; er sagte, dis Regierung ver zichte durchaus auf daS Protektorat über Abessinien und auf Des Besitzrecht rücksichtlich Tigres. Man weiß, daß' sich gegen den Frieden eine lebhafte Agitation erhob, die sich in Beschlüssen der politischen Vereine und in von den Munizipien an den König gerichteten Telegrammen kundgab. Aber diese Bewegung er schütterte das Vorhaben der Regierung keineswegs; diese ordnete m Gegentheile an, daß sich der Major Salsa m daS Lager Meneliks begebe, uw über den Frieden zu unterhandeln. Als sich dann mit Beharrlichkeit das Gerücht verbreitete, der Negus verlange als Friedensbedingung auch eine Kriegsentschädigung, Märte der Konseilpräsident vor versammeltem Senat auf die Aussage des Senators Negrotto, die Nachricht fei unwahr, und fügte sogar bei, Menelik respektire Italien viel mehr, als eS die Italiener thäten. Alles dies ließ allgemein glauben, der Friede werde zu Stande kommen und das Kabinett werde dann auch die definitive Unterstützung aller Abgeordneten gewinnen, Welche Gegner der afrikanischen Unternehmungen sind. Man kann sich leicht vorstellen, welch tiefen Eindruck oann die Nachricht machte, oie Friedensunterhandlungen seien abgebrochen und der NeguS habe den Major Salsa als Geisel zurückgehalten. Die Begünstiger des Krieges und im Allgemeinen die Freunde Crispis hcwen den Feldzug gegen das Kabinett in heftiger Sprache wieder eröffnet und klagen dasselbe an, Italien einer Demüthigung aus gesetzt zu haben. Was aber am meisten überrascht, ist, daß ein offiziöses Organ des gegenwärtigen Kabinetts, der „Don Chis- ciotte", welcher immer der feurigste Gegner des afrikanischen Krieges gewesen war, nunmehr den Vernichtungskrieg gegen Abessinien proklamirt. Gewiß ist es natürlich, daß daS Kabinett, da xS den Frieden nicht schließen gekonnt, den Krieg fortsetzt; aber diese Aenderung seines Programmes verursacht eine große Verwirrung, da man nicht sicher ist, daß alle ministeriellen Deputirten von der Nothwendigkeit überzeugt sind. Die eigent liche politische Basis des gegenwärtigen Kabinetts ist im Norden Italiens, dessen Abgeordnete zum größten Theile jeder Kolonial politik feind sind und den Abzug aus der Kolonie Eritrea predigend Werden sich diese der Nothwendigkeit fügen, den Krieg fortzusetzen? Wird das Ministerium bei ihnen die erforderliche Ünssrstützung finden, um in dem afrikanischen Programm den Krieg an die Stelle des Friedens zu setzen? Das ist die große Frage, welche die Gemüther beschäftigt. Belgien. Die Bimetallisten haben einen Kongreß in Brüssel abgehalten. Deutschland war durch die Herren von Kardorff und Arendt vertreten. Ueber die Kongreß-Verhandlungen wird Fol gendes berichtet: Der Kongreß hat die gegenwärtige Möglichkeit des BimetallismuS besprochen in Gemäßheit der Beschlüsse des belgischen und englischen Parlaments und ist alsdann zu der Merzeugung gekommen, daß ähnliche Resolutionen im französi schen und deutschen Parlament wünschenswerth seien. Des Fer neren entschied sich der Kongreß dafür, die internationalen Be- mühungen, welche bis jetzt zu sehr zufriedenstellenden Resultaten geführt haben, fortzusetzen nach Maßgabe der von den einzelnen Mitgliedern für gut befundenen Mittel. Sodann wurde m die Untersuchung der verschiedenen gesetzlichen und anderer Maß nahmen eingetreten, von welchen eine Beschleunigung der Lösung der Währungsfrage im Sinne des internationalen BimetallismuS zu, erwarten ist. Zum Schluß wurde der Antrag des Präsidenten «S belgischen Repräsentantenhauses Beernaert angenommen, wel cher den Kongreß in Permanenz erklärt, bis die Frage gelöst ist, Md der Antrag eines fremden Mitgliedes, dem König der Belgier und der belgischen Regierung den Dank des Kongresses für die verbindliche Aufnahme in Brüssel auszusprechen. Am Sonnabend folgte der größte Theil der Mitglieder einer Einladung des Königs der Belgier zu einem Gartenfest im Schloß Lacken. Der erste Versuch zur Lösung der Kabinettskrise in Frank- rftch ist mißglückt, Herr Ferdinand Sarrien hat seinen Auftrag, ein Konzentrattonsministerium zu bilden, in hie Hände des Prä sidenten Faure zurückgelegt, nachdem er am Sonntag Vormittag Besprechungen mit Bourgeois, Brisson und verschiedenen politischen Freunden gepflogen hatte. Seine Bemühungen, ein Ministerium der republikanischen Zusammenfassung zu Stande zu bringen, dürften hauptsächlich an der schroffen Haltung der Radikalen ge getreten, weil Faure sich entschieden weigerte, eine Verfafsungs- durchsichtsvorlage zu unterschreiben, mit der Bourgeois die Dienstagskundaebung des Senats unverzüglich beantworten wollte. Die radikalen Blätter sagen Faure heute unverblümt, wenn er den aus der Donnerstagsabstimmung erhellenden Willen der Kammer verkenne, könne er seinen Umzug vorbereiten. Die hiesigen Umsturzgruppen hielten gestern zahlreiche öffentliche und geheime Berathungen, in denen die Straßenkundgebungen zum 1. Mai vorbereitet wurden. Wahrscheinlich wird sich alles auf Wanderungen nach dem Stadthaus und über denKonkordienplatz beschränken." - ' Aus Belgrad wird geschrieben: Das merkwürdige Pech, welches der junge König Alexander von Serbien bei seiner Brautfahrt nach Griechenland gehabt hat, erregt in Belgrad die lebhafteste Heiterkeit, die sich natürlich nur ganz heimlich äußern darf. Der König hatte sich, wie schon mitgetheilt, nach Athen begeben, um die Tochter des Königs von Griechenland, die junge Prinzessin Maria, zur Frau zu verlangen. Auf die diplomatischen Sondir- ungen über diesen Heirathsplan, die der serbische Gesandte in Athen vorgenommen hatte, antwortete der griechische Hof aus weichend, aber in einer Weise, die das Beste hoffen ließ. Der Gesandte telegraphirte daher an den König, daß er kommen könne. Aber am Tage der Ankunft des Königs verlobte sich die Prin zessin Maria mit dem russischen Großfürsten Alexander Michaelo- witsch; zwischen den beiden jungen Leuten bestand schon längst eine Art Liebesverhältniß, und als der Großfürst sah, daß man ihm die Braut wegfischen wollte, betrieb er die Verlobung mit Dampf. Der arme junge König hat also das Nachsehen, und der serbische Gesandte in Athen wird dafür büßen müssen; er ist bereits vom Dienste dispensirt worden. Der König hatte auf seiner Reise aber noch mehr Unglück. In Korfu wollte er die Kaiserin von Oesterreich besuchen, aber die Kaiserin weigerte sich, ihn zu empfangen. Dazu kommt noch, daß dem Könige auch sein Vater, Ex-König Milan, wieder schwere Sorgen beteitet. Milan sitzt wieder einmal auf dem Trockenen und will, natürlich gegen die übliche Abstandssumme, Europa für immer verlassen und sich in Südamerika eine neue Heimath gründen. Was bei Herrn Milan die Worte „für immer" bedeuten, weiß man ja zur Genüge. Colonialpolitisches. Die Khauas-Hottentotten, mit denen die sildwest- afrikanische Schutztruppe Kämpfe gehabt hat, in denen die Offiziere Lampe und Schmidt gefallen sind und Lieutenant Eggers verwundet sein soll, sind auch als Berseba-Hottentotten bekannt. Sie gehören zu deu Orlam-Hottentotten, die seit 1814 aus dem Kapgebiet ausgewandert sind, um sich neue Sitze jenseits des Oranje-Flusses zu suchen" Seit 1850 sind sie in Berseba ange siedelt und mögen etwa 900—1000 Seelen zählen. Ein Theil von ihnen war schon früher nach Norden gezogen, hatte sich in Nausannabis oder Wesleyvale niedergelassen und später Gobabis und Oliphantskloof besetzt. Die Bersebaer Khauas nennen sich zum Unterschiede von den andern „Kleine", und sind immer fried lich gewesen, obwohl sie unter den Kämpfen sehr gelitten haben. Dagegen waren die Gobabiser Khauas sowohl unter der Kapitän schaft der Vledermuis wie des Andreas Lambert als Räuber sehr gefürchtet. Dieser Theil des Stammes, der durch Kriege sehr geschwächt war, kann höchstens noch 100 Leute zählen, so daß nicht recht glaubhaft ist, daß sie sich empört haben, nachdem sie ent waffnet und in GoaMus gewissermaßen internirt waren. Andreas Lambert wurde, wie schon mitgetheilt, kriegsgerichtlich erschossen. Es liegt auf der Hand, daß die Schutztrüppe mit diesem Stamm bald fertig werden wird, weyn er nicht durch andere Hottentotten stämme verstärkt werden sollte.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)