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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 19.05.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189605190
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18960519
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18960519
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-05
- Tag 1896-05-19
-
Monat
1896-05
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 19.05.1896
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Mreiverger Anzeiger und Tagebratt. Seite 4. L8VS Kop. Rubel Stempelgebühren . . tt n 0 1 n n 0 36 27 30 15 3 60 5 2 1 * Ein charakteristisches Stücklein von den russischen Zollbehörden erzählt die „Nowoje Wremja". Die Eltern eines in Petersburg in Garnison stehenden Artilleriesoldaten schickten ihrem Sohne aus Reval ein Packet, das folgende Gegenstände . enthielt: ein altes Hemd, eine alte Unterhose, ein altes Handtuch, ditto Socken und endlich ein halbes Pfund Thee. Das Packet wog 5 Pfund 42 Solotnik und war vom Absender auf 2 Rubel gewerthet. Dieses Packet gerieth auf unaufgeklärte Weise statt aufs Postamt ins Revaler Zollamt und wurde von dort behufs Aushändigung an den Adressaten ans Petersburger Zollamt weiterbefördert. Das Petersburger Zollamt verlangte von dem unglücklichen Adressaten, obwohl es zwischen Reval und Petersburg bekanntlich keine Zollschranke giebt und die in dem fraglichen Packet enthaltenen Gegenstände überhaupt nicht zollpflichtig gewesen wären, folgende Gebühren: Zollgebühren in Gold Weitere Zollgebühren nach Goldwährung Aufgeld für Kursdifferenz Kanzleigebühren Hafengebühren Für Plombirung Verschiedenes. * In der Berliner „Radwelt" lesen wir die Mittheilung, daß ein „Match" zwischen einem Sechser - Nieverrav und einem Ejpretzzug geplant sei. Das Rennen zwischen dem Sextett und dem „Lmxirs 8täte Lxxress" soll — wenn es daS Wetter erlaubt — am 15. oder einige Tage später stattfinden. Eine sechs Meilen (9650 Meter etwa) lange Bahn ist in der Nähe von Albany parallel mit dem Schienenstrang „der Xsv-Vork 6entra1-Dravk" angelegt worden. Die Maschine ist bereits fertig gestellt ; sie ist auf 196 Zoll übersetzt, entwickelt also 15,64 Meter und wiegt 62 Kilogramm. Der Trainer John West übernimmt die Vorbereitung der Fahrer und die Leitung des Rekordversuchs. Die endgiltige Auswahl der Fahrer ist noch nicht getroffen, doch stehen ungefähr zehn bis zwölf vorzügliche Leute zur Verfügung. Das Team mit Trainern, Fahrern und Ersatzleuten soll schon in Buffalo trainiren und einen vorläufigen Versuch gegen einen langsamen Zug wagen, ehe das große Rennen stattfinden wird. Der Rekord des „Empire State Expreß" beträgt für die englische Meile (etwa 1609 Meter) 27^ Sekunden, also auf die Sekunde 43*/i Meter. Das ist natürlich enorm schnell und es erscheint nicht nur auf den ersten Blick, sondern auch bei ruhiger Berech nung als ein Wahnsinn, zu glauben, ein Fahrrad — und sei es auch ein Sechssitzer — könne je solche Geschwindigkeit erreichen. Denn wenn auch die Fahrt unter den günstigsten Umständen ge macht wird, wenn auch die hohe Uebersetzung und die gerade Strecke die denkbar höchste Schnelligkeit ermöglichen, und wenn man auck berücksichtigt, daß vor einigen Wochen in England auf Niederrao ohne Schrittmacher und ohne Vorbereitungen die englische Meile in 1 Minute 25 Sekunden zurückgelegt wurde, so kann man deshalb doch noch lange nicht ein solches Resultat ver- muthen. Jedenfalls ist die ganze Sache hochinteressant und man sieht ihrem Ausgang mit Spannung entgegen. Vielleicht handelt es sich in dem bevorstehenden Match um ein Vorgabefahren, bei welchem der Eisenbahnzug an das Rad ein bis anderthalb eng lische Meilen cedirt. hat. Wollte er auch diesen Zeugen seiner Blutthat stumm machen? Alle Umstände sprechen dafür. Drei auf die Schüsse nun herbei eilenden Männer (Holzarbeiter) finden am Thatorte Georg Rauchfuß bereits todt, Marianne Rauchfuß schwer verwundet. Georg Rauchfuß hatte vier Schüsse erhalten, und zwar: in die Mundhöhle, in die linke Halsgegend, den linken Herzbeutel und die linke Lunge; er starb sofort an innerer Verblutung. Frau Rauchfuß war erst nach einem Vierteljahr hergestellt, das Projektil des Revolvers hatte die linke Hand verletzt, dessen einer Finger steif bleibt und eine Verletzung der Brust hervorgerufen. Das Projektil steckt noch im Körper. Die ihr geraubte Kette hatte einen Werth von 80 Mark. Bei der Agnoscirung wurde Kögler von den beiden Rauchfuß, Voigt, Blankenstein und Kunze mit einer allen Zweifel ausschließenden Bestimmtheit erkannt. Trotzdem leugnet Kögler und doch kann den ganzen Tag (24. Juli 1894) sein Thun und Lasten kontrollirt werden. Auch der vier Tage später beraubte Kapras erkennt Kögler mit vollster Bestimmtheit. Eine Aeußerung Köglers gegenüber dem Untersuchungsrichter ist noch bemerkenswerth: „Machen Sie fick nicht viel Mühe, ich habe nur eisen Kopf und den kostet es!" Der Andrang zu der um 9 Uhr Vormittags begonnenen Verhandlung war ungeheuer. Kunst, Wissenschaft, Literatur. ** Wochenspielplan der Kgl.Hostheater in Dresden. Altstadt: Dienstag: Romeo und Julie. (Anfang 7 Uhr.) — Mittwoch: Die Zauberflöte. (Anfang 7 Uhr.) — Donnerstag: liiaoletto. Die Puppenfee. (Anfang 7 Uhr.) — Freitag: Ge- chlossen. — Sonnabend: Carmen. — Sonntag: Die lustigen Weiber von Windsor. — Neustadt: Dienstag: Der Kriegsplan. Herr Mitterwurzer, als Gast.) — Mittwoch: Doktor Wespe. Än Knopf. (Hr. Mitterwurzer, a. G.) — Donnerstag: Stella. Die Mitschuldigen. (Anfang 7 Uhr.) — Freitag: Der Kriegs- llan. (Hx. Mitterwurzer, als Gast.) — Sonnabend: König Kichard Üi. (Anfang 7 Uhr.) (Herr Mitterwurzer, a. G.) — Sonntag: Das Glück im Winkel. (Hr. Mitterwurzer, a. G.) ** Von Griebens Reisebüchern ist im Verlag von Albert Goldschmidt in Berlin erschienen: Berlin N«d die Gewerbe- ansstellung von 1886. Preis 2 Mk. Besuchern der Aus- tellung und Berlins ist dieses Buch sehr zu empfehlen. Es ent hält insbesondere eine genaue Beschreibung der Ausstellung, der einzelnen Sonderausstellungen und ihrer Lage und orientirt ein gehend über Preis-, Verkehrs-, Wohnungsverhältnisie u. dergl. — Im selben Verlag ist zugleich eine Miniaturausgabe dieses Buches zum Preise von 1 Mk. erschienen. Summa 10 Rubel 71 Kop.!! Da der arme Soldat natürlich nicht im Stande war, für ein Packet, das im Ganzen nur 2 Rubel Werth war, über 10 Rubel den er mittelst Einbruch um 100 st. erleichtert. Am 6. Juli ver sucht er am Hellen, lichten Tage um ^/,2 Uhr Mittags in das Verkaufslokal des Konsumvereins in Mildeneichen bei Friedland einzudringen, um daselbst die Geschäftskaste zu berauben. Er wird hierbei ertappt, hält seine Angreifer sich aber mit dem Revolver vom Leibe. Diese vermuthen den schon berüchtigten Kögler in ihm und von Furcht gelähmt, lasten sie ihn entfliehen. In gleicher Weise versucht er am 19. Juli früh 5 Uhr die Geld lade des Krämers Josef Theileis in Labau bei Gablonz zu be rauben, entflieht auf das Hilfegeschrei der Frau und hält dann seine Verfolger mit dem Revolver, wie in Mildeneichen, von sich ab. Am 24. Juli spielte sich dann das Drama in der Felsen gaste nächst der idyllischen Sommerfrische in Oybin am Töpfer ab. Am 5. August entreißt er endlich dem ihm im Walde be gegnenden Josef Kapras in Ferdinandsthal mit dem vorgehaltenen Revolver seine Brieftasche mit 6 fl., worauf er die Gegend ver läßt und soweit sein Aufenthalt erforscht werden konnte, sich zuerst in Komorn, Preßburg herumtreibt, wo er einem Fleischergehilfen, Namens Anton Kümpel, sein Arbeitsbuch stiehlt und fortan - diesen Namen beibehält. Dann geht sein abenteuerliches Leben ! erst recht an. Er taucht in Triest und am 19. September in i Ancona (Italien) auf, wo er sich als Kümpel vom österreichisch ungarischen Konsulat eine Reiseunterstätzung erbettelt. Ende September läßt er sich in Genua für .die französische Fremden legion anwerben, desertirt, wird eingefängen und dann in Folge , eines Hcimathsgenossen in der Fremdenlegion als Kögler erkannt , und der Schweiz und von dieser an Oesterreich ausgeliefert. Die Gründe der Anklage suchen nachzuweisen, daß Kögler, der bis auf den Vorfall in Olbersdorf alles leugnet, trotzdem aber sein Alibi nicht nachzuweisen vermag, dagegen in jedem einzelnen, ihm zur Last gelegten Falle, von vielen Personen erkannt und über wiesen wird — unter Berücksichtigung dieser einwandfreien Zeugenaussagen und aller Nebenumstände — der Thäter aller dieser Verbrechen sein muß und es auch ist. Kögler 31 Jahre alt aus Petersdorf, Bezirk Gabel in Böhmen, lebte bis September - 1893 mit seiner Frau und einem Knaben in Gablonz, betrieb ' aber sei« Steinmetzergewerbe sehr lässig und genoß, schon früher- mehrere Male wegen öffentlicher Gewaltthätigkeit mit Raub und ' Diebstahl vorbestraft, den schlechtesten Ruf. Besonders brutal ging er bei dem Einbrüche bei den Eheleuten Watzek inMasfers- dorf vor, die im Schlafe überfallen wurden und deren Schädel wunden selbst Knochensplitter zeigten. Die Absicht sie zu tödten, lag augenscheinlich vor, die beiden brauchten Wochen zu ihrer! Herstellung. Kögler stand mit einem Angestellten des Watzek, - dem Unterhändler Anton Prediger in steter Verbindung, kannte die Verhältnisse Watzels, hatte im Wirthshause gesehen, daß Letzterer am selben Tage über 500 fl. eingenommen hatte, erreichte aber daS Geld nicht, da es Watzek zu Hause versteckt hatte. — Die so brutal überfallene Wawersich, wie deren Begleiterin, agnosziren Kögler mit aller Bestimmtheit als den Thäter. Am 28. April 1894 treibt Kögler die Sehnsucht nach der Heimath — ' wie er sich ausdrückt — nach Harrachsdorf ins Riesengebirge, wo er einem Bekannten gegenüber mit dem Revolver herumfuchtelt — er fürchte sich vor keinem Teufel. Drei Männer im Wirths hause vermuthen in ihm Kögler, setzen ihm nach, nehmen ihm den Revolver weg und drei Patronen. Kögler gelingt es aber zu entfliehe«. Die Behauptung, daß er im Mai, 1894 in München war, ist durch viele Zeugenaussagen, die Kögler hier sahen, widerlegt. In einem a«s Zürich batirten Berichte Köglers an seine Frau bedauert er sehr — daß er den ihm scharf nach spürenden Polizeikommissär Hübner von Gablonz nicht damals ermordet habe und empfahl ihr, wenn er um ihre Wohnung herumschnüffle, ihm siedendes Ocl in die Augen zu spritzen. Am merkwürdigsten ist wohl der Umstand, daß Kögler selbst am 13. Juli (wenige Tage vor dem Raubmorde am Oybin) dem ihm in der Waldung bei Haindorf begegnenden Paul Schneider aus Zittau erklärte: Er sei der Kögler, in Petersdorf geboren, Steinmetzer und werde verfolgt. Er versuchte, Schneider zur Theilnahme an einem von ihm für den 14. Juli geplanten Ueber- falle des Straßenbauunternehmers Felix Ullrich in Haindorf zu bereden, der an diesem Tage Auszahlung hatte. Dabei sagte er ganz kaltblütig: Ich werde ihn von rückwärts anschießen und wenn er nicht hin wird, kannst Du ihm mit dem Fleischermesser noch eins versetzen. Die Menschen können so abgeschlachtet werden, wie wenn der Fleischer ein Stück Vieh schlachtet. — Schneider bekam ein Grausen vor diesem Mordgesellen und nahm die Ge legenheit wahr, zu entfliehen, er versprach Lebensmittel zu holen. Er mußte Kögler sein Arbeitsbuch als Pfand lasten, der oamit verschwand. Schneider eilte zu Ullrich, dieser zur Gendarmerie, doch war Kögler nicht mehr zu finden. Bei dem Raube an Theileis erkennen die, Kögler Verfolgenden in ihm den Thäter. Ueber die Mordthat am Töpfer giebt die Anklage folgende Einzel heiten. Um 1 Uhr Mittag traf Kögler nächst dem Töpfer die Beerensucherin Marie Kunze, bei der er sich auffällig um den Fremdenverkehr u. f. w. erkundigte; die Stelle lag unweit vom Thatorte, an dein dam: 4 Stunden später der entsetzliche Kampf sich abspielte. In fröhlichem Geplauder näherten sich am 24. Juli - 1894 die 45 Jahre alte Kaufmannsgattin Marianna Rauchfuß, der 17jährige Ge»A, der Ip'^jährige Kurt Rauchfuß, dieDamen- chneiderinnen Bertha Blankenstein und Margarethe Voigt, alle aus Dresden (welche sämmtlich in der Sommerfrische in Oybin weilten) dem Thatorte. Kurt Rauchfuß und dessen Spielkamerad der 10 Jahre alte Fritz Böhle aus Oybin sprangen 40 Schritte lustig voraus. Da erscheint aus dem Walde heraus plötzlich ein Mann, den Revolver in der Hand und ruft: „Das Geld her oder das Leben!" Der junge Rauchfuß ruft zornentbrannt: Sie sind wohl verrückt! und hieb mit dem Stoa nach Kögler. Dieser läßt nun Schuß auf Schuß krachen, während Georg und Marianne Rauchfuß mit Schirm und Stock auf Kögler hinein hauen. Die beiden Mädchen waren schreiend entflohen. Die vorausgeeilten Knaben kehrten von den Schüssen erschreckt, um. Sie finden ihre Mütter und Bruder im Kampfe mit dem Räuber im grauen Anzug. Der 12^ Jahre alte Knabe Kurt stellt sich neben seine Mutter. Der Räuber richtet auch auf ihn den Revolver. Der Kleine haut nach ihm mit dem Stock, der eine eiserne Spitze hat und verwundet Kögler im Gesicht. Dieser dreht sich um und giebt rasch zwei Schüsse auf den schon stark blutenden Georg ab, die denselben in die Brust treffen; er sinkt sterbend um. Frau Rauchfuß heißt Kurt fliehen. Sie stürzt sich mit dem Stocke Georgs auf den Räuber, bringt ihn zu Falle. Dieser bat einen Augenblick wahrnehmend, seinen Revolver nochmals geladen und schießt die Mordwaffe gegen die Brust der Rauchfuß ab, welche einen stechenden Schmerz in der linken Hand und Brust spürt. Trotzdem stürzt sie sich wieder auf Kögler. Dieser mochte Geräusch hören, rasch reißt er der Dame die goldene Uhrkette vom Halse und entflieht, den Revolver schußbereit in der Hand haltend, in der von Kurt eingeschlagenen Richtung. Dieser hat laut schreiend zwei Weiber getroffen, die er bittet, ihn zu verstecken und erzählt vor Angst stotternd, den Ueberfall. Da kommt schon Kögler, die Hand mit dem Revolver am Rücken und frägt die Weiber, ob sie den Knaben nicht gesehen, der sich hinter einen Felsen versteckt Berg- und Hüttenwesen. X Durch die sächsischen Blätter geht jetzt eine Nott, unter „Freiberg", daß „kürzlich" auf der Grube Himmelsfürst- Fundgrube bei Freiberg ein Silberfund im Gesammtgewicht von 241/2 Kilogr. gemacht worden sei. Wir stellen dem gegenüber fest, daß jener Silberfund nicht „kürzlich", sondern thatsächlich Ende Februar dieses Jahres gemacht worden ist. Wir haben am 4. März die Meldung darüber gebracht, die bereits damals die Runde durch die Zeitungen machte. Eine nur in größeren Zwischenräumen erscheinende Fachzeitschrift hat jetzt die Nachricht von dem Silberfund registrirt, was den Anlaß zu der neuerlichen Wanderung der Notiz durch die Presse gegeben haben mag. bis Mitte September 1894, von wo an Kögler aus Nordböhmen verschwand, da ihm der Boden zu heiß wurde. Am 4. Sept. 1893 brach er bei Franz Nöhrig in Maffersdorf ein und entwendete Sachen um 38 fl. 55 kr., in der Nacht vom 24. September dem Siegmund Heidrich in Gablonz Sachen um 20 fl., am 14. Oktober 1893 versuchte er einen Einbruch bei Johann Urban in Rinaenhain bei Friedland, wird verfolgt und nun tritt der wahre Räubercharakter Köglers ans Licht. Er schießt auf die ihn verfolgenden Franz Jomrich und Johann Urban und verletzt den 78jährigen Jomrich im Gesichte, worauf er entflieht. Zwei Tage später sucht er bei den Eheleuten Ignaz und Franziska Watzek in Maffersdorf zur Nachtzeit Geld. Da er nichts findet, beschließt er die beiden Eheleute zu ermorden, versetzt beiden im Schlafe Befindlichen mehrere Schläge wahrscheinlich mit einer Axt auf oen Kopf und verletzt sie lebensgefährlich. Da Watzek, ein Viehhändler von robuster Körperbcschaffenheit, trotzdem sich erhebt und beide Eheleute schreien, giebt der Räuber Fersengeld. Am 20. Oktober raubt er im Walde von Schwarzbrunn bei Gablonz der in Begleitung der Marie Ullrich sich befindenden Kirchendienersgattin Emilie Wawersich aus Schumburg eine Geld tasche mit 84 fl., indem er der sich zur Wehr setzenden Frau mit einem Schuß die Kinnbacke zerschmettert und flüchtet. Dann lebte er, bald da, bald dort gesehen, von dem geraubten und zusammengestohlenen Gelde. Am 6. Mai 1894 sucht er b« dem Gastwirthe August Richter in Mt-Hörnitz i. S. durch einen nächtlichen Einbruch Geld zu erlange», findet aber kems, da es Richter zufällig anderswo verwahrt hat; dagegen 'st er "m 20. Juni beim Gastwirthe Ignaz Hockauf in Krombach glücklicher, Christian auf ärztliches Anrathe» längeren Aufenthalt in Rehefeld zu nehmen. Die Eröffnung der Bezirks-Ausstellung für Landwirthschaft und Gewerbe in Borna erfolgte am Sonnabend unter ange messenen Feierlichkeiten. Als Ehrenpräsident wohnte derselben Herr Amtshauptmann vr. Fraustadt bei, der die Ehrengäste und Aussteller begrüßte. Der Willkommengruß seitens der Stadt Borna geschah durch Herrn Bürgermeister Löscher. Der Vor sitzende des Hauptausschustes, Herr Eisengießereibesitzer Huster eröffnete die Ausstellung durch eine Ansprache. — Bei der AuS- stellung, die bis zum 31. Mai währt, werden am 19. und 20. Mai Zuchtrinder, am 21. und 22. Mai Mastvieh und Händler- Vieh, eingeschloffen Händlerpferde, und am 27. und 28. Mai Zuchtpferde, Zuchtschafe, Zuchtziegen und Zuchtschweine vorgeführt. Aus dem Königl. sächs. Ministerium des Innern traf die er freuliche Kunde ein, daß für die Bezirks-Ausstellung Staats medaillen zur Prämiirung verwilligt worden sind. Dem Preis gericht, daS sich aus 15 Vertrauensmännern der Städte Leipzig, Chemnitz, Freiberg, Döbeln, Pegau, Groitzsch, Lausigk, Geit hain, Frohburg, Rötha und Borna unter Vorsitz des Amtshaupt- mannS vr. Fraustadt zusammensetzt, stehen nunmehr goldene, silberne und bronzene Medaillen, eine große Zahl in baarem Gelde bestehende Ehrenpreise und noch Ehrendiplome zur Ver fügung. Das Preisgericht tritt am 22. Mai Vormittags 10 Uhr ' im „Rathskeller" zum ersten Mal zusammen. Die Prämiirung ' deS Zuchtviehes wird durch den Landwirthschaftlichen Kreisverein 1 porgenommen; hierzu stehen gleichfalls reiche Prämien zur Ver- 1 fügung. Nach Schluß der Ausstellung erfolgt am 1. Juni die ! Ziehung der Ausstellungs-Lotterie. > Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete sich am Sonnabend ' in Colditz. Der Seifensiedermeister Bernhard Pommrich war j im Begriffe, eine den Tauben nachstellende Katze mit dem Teschin zu schießen. Dabei ist ihm auf noch unaufgeklärte Weise oie 6 mm-Kugel in der linken Schläfegegend in das Gehirn einge- drungen. Leider war ärztliche Hilfe vergebens. Der Verunglückte 1 ist noch am selben Tage seiner Wunde erlegen. In einem Anfall von religiösem Wahnsinn stieg am Sonnabend i früh der an Epilepsie leidende Stuhlbauer G. in Geringswalde 1 über die Kirchhossmauer und drang dann nach Einschlagen eines ! bunten Fensters in die Kirche ein, woselbst er gegen Mittag auf- ! zefunden wurde. G. hatte sich beim Zerschlagen oes Fensters und ' beim Einsteigen auch verletzt und Altarplatz und Altarbekleidung ' mit Blut befleckt. Wie an der sächsisch-böhmischen, so steht auch an der bayrischen . Grenze der Viehschmuggel trotz aller Wachsamkeit in Blüthe, und cs wurde in der Nacht zur Himmelfahrt wiederum bei Schwarz dach eine starke, mit Schießgewehren bewaffnete Schmuggler bande betroffen, welche 6 Stück Vieh ans Böhmen auf Schleich wegen herüberzuschaffen versuchte. Der Grenzausseher Sestelmann, welcher ihnen entgegentrat, wurde von den Paschern niederge- schosten und ziemlich schwer verletzt; er behielt jedoch das Be wußtsein und erkannte einen der unberechtigten Viehtransporteure. Der Letztere, ein Schuhmacher aus Schwarzbach, wurde bereits am Donnerstag verhaftet. Sestelmanns Schußwunde ist glück licherweise nicht lebensgefährlich. In der Nacht zum Sonnabend sind in Neuensalz zwei Bauerngüter, sowie das dem Straßenwärter Wunderlich gehörige Wohnhaus mit Schuppen, Scheune und Stallung vollständig rbgebrannt. , Eine überaus angestrengte Thätigkeit haben jetzt die Land- virthe im Vogtland bei der Feldbestellung entfaltet, denn die Arbeit, die sie bei normaler Witterung in einem Monate voll bracht hätten, suchten sie in den letzten 8 Tagen zu erzwingen. Alle verfügbaren Zugthiere wurden möglichst nur für die Feld- irbett verwendet. Nur so war ss möglich, daß unter den un günstigen Witterungsverhältnissen fast die ganze Aussaat des Getreides bis Mitte Mai erfolgen konnte. Theilweise sind auch die Kartoffeln dem Boden anvertraut worden. Aus Reichenberg i. B. wird uns unterm 18. Mai be richtet : Heute begann vor dem Schwurgerichte in Reichenberg der Prozeß gegen den Raubmörder Kogler. Seine Verfolgung nahm Hunderte von Sicherheitsorganen durch viele Monate in Anspruch, kostete Tausende von Gulden und trotz hoher Prämien der österreichischen und sächsischen Staatsregierung gelang es erst ünem Zufalle, den „gewohnheitsmäßigen Raubmörder Kögler" nm Rande der Saharah in den Reihen der französischen Fremden legion zu ermitteln, nachdem er dem tödtlichen Klima von Tonking in Ostasien nicht erlegen war. Drei Staaten stritten sich um Kögler, in erster Linie Sachsen, Oesterreich und die Schweiz. Letztere mußte Kögler (nachdem dieser aus dem Gefängniß in Thun dreimal auszubrechen versucht hatte) wieder ausliefern, da ihm der Mord an dem Äbbö Olivier in der Beatenbucht in der Schweiz nicht nachgewiesen werden konnte. Am 15. Febr. 1896 langte Kögler in Reichenberg an, wo er bekanntlich wieder am Ostersonntage, dem 5. April, auszubrechen versuchte, was ihm edoch nicht gelang. Heute steht der so berüchtigt gewordene kögler vor den Geschworenen, angeklagt des vollbrachten und ver- uchten Raubmordes, des Raubes, der versuchten schweren körper- ichen Beschädigung, der öffentlichen Gewaltthätigkeit durch Er pressung und theils vollbrachter, theils versuchter Diebstähle. Die Verhandlung dürfte die ganze Woche in Anspruch nehmen. Hierzu sind 84 Zeugen vorgeladen. Dreizehn Delikte werden Kögler zur Last gelegt. Diese fallen in die Zeit vom 4. September 1893
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