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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 14.11.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189611149
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18961114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18961114
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-11
- Tag 1896-11-14
-
Monat
1896-11
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 14.11.1896
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Freiberger Anzeige* und Tageblatt. Sette 2. — 14. November. 26S. 189« >en. Nachdem der Forstmeister gegangen und auch Ella sich zu rückgezogen hatte, blieb Gräfin Ästa in Gedanken versunken ' lächelnd strichen seine Finger über den weichen Flaum der kleinen l Boa, ehe er sie sorgfältig wieder verschloß. Tas Theater in Elbing wurde am 15. April geschlossen, na türlich mit einem Stück, das eine Hauptrolle sür Nadine enthielt. Für die Mehrzahl des leichtlebigen Bühnenvölkchens begann nun in Berlin, wie Rennert sich ausdrückte, das „Hürdenrennen" nach einem leidlichen oder überhaupt nach einem Sommerengagement. Viele sahen nicht ohne Sorge in die nächste Zukunft und Wenigen wurde es so gut wie Nadine. Man beneidete sie im Stillen, sie „So, so — Fräulein Nadine kommt! O, da? ,st sehr nett! Gewiß, meine Schwester wird sich freuen. Gute Nacht, gnädigste Comtesse, wünsche wohl zu ruhen!" Afsaire Dreyfus" veröffentlichte Broschüre, deren Erscheinen be reits gemeldet worden ist, erregt in Frankreich großes Aufsehen. Die Staatsanwaltschaft des Seine-Departements zu Paris erörterte bereits die Frage, ob Bernard Lazare nicht wegen der Veröffent lichung geheimer Aktenstücke gerichtlich verfolgt werden sollte. Es Schreibtisch ausschloß und eine kleine, weiße Schwanenboa her^ Vorhvltc, die er immer und immer wieder an seine heißen, bren nenden Lippen drückte; dabei sah er die holde Gestalt vor sich' die sie einst getragen, nicht wie er sie damals gesehen, trotzig, mit dem stolzen Ausdruck im Gesicht, sondern wie er sie jetzt so oft gesehen aus der Bühne, in der ganzen Mädchenhaftigkeit ihrer Rolle», oder als „Minna von Barnhelm", als das sich seiner Liebe und seines Glückes vollbcwußte Weib; sah sie vor sich, wie sie im schlichten Hauskleid drüben im Pareikcr Herrenhaus ihm gegenüber gestanden, nicht mehr, in keinem Zuge mehr, die Nadine früherer Tage, und doch ihm tausend, tansend Mal holder und liebenswerther erscheinend, als ehedem. Er warf die kleine Boa auf den Tisch, fuhr sich mit der Hand über die Stirn und rang nach Athem. — Es durfte, es sollte, es konnte nicht sein, und wenn er darüber zu Grunde ginge! Hatte sie den Prinzen überhaupt geliebt, so liebte sie ihn auch noch, und er, Erwin Röder, der fein ganzes Sein gab, wollte ein ganzes Herz oder — verzichten, und hatte sie dem Prinzen ihr Wort aus Berechnung gegeben — pah! wer stand ihm dafür, i daß sie cs nicht zum zweiten Mal aus demselben Grunde ver pfänden würde, um dann, gebannt an diese einsame Scholle, mit . den Erinnerungen an eine glanzvolle Vergangenheit sich und ihn unglücklich zu machen! Vergangenheit! — Versprach ihr nicht die Zukunft als Künst lerin reichen Ersatz für das Verlorene? Warum konnte er nicht Ich hoffe übermorgen." ,Die höchste Zeit! Denn wenn auf irgend Jemand daS Bibel- lieben wie Andere? Lieben, den Augenblick genießen und — ver gessen! Das Wort der Liebe, einen Kuß von ihren Lippen — er erschauerte bei diesem Gedanken — wäre für ihn der Erde höchstes, einzigstes Glück gewesen, aber ganz ungetheilt mußte diese Liebe ihm gehören; an dieses Gefühl aber konnte er bei Nadine nicht glauben, nnd darum durfte er sie nicht zum Weibe begehren, Mandat ausznübm. Die von dem französischen Schriftsteller Bernard Lazare unter dem Titel „Ein Rechtsirrthum. Die Wahrheit über die Nadine. von B. von der Lancken. (bb. Fortsetzung.) Nachdruck verboten.) Eine ganz ablenkende Frage Ella von Möhns unterbrach hier zu Gräfin Dynars Verdruß das Gespräch, und dasselbe wurde an diesem Abend nicht wieder ausgenommen. Röder befand sich in einer gewissermaßen fieberhaften Aufregung, und um diese innere Erregung nicht zn verrathen, sprach er säst gar nicht. Nadinens Lob aus dem Munde der Gräfin berührte ihn wahr haft beglückend und er verwünschte seine eigene Zweiselsucht, die immer noch Schatten entdeckten, wo Andere nur Liebe sahen. Durch Ellas Plaudern vergingen die Stunden, von denen die Gräfin sich mehr versprochen hatte, doch ziemlich rasch, nnd als es elf schlug, meldete der Diener des Forstmeisters Wagen und Röder empfahl sich. „Wann kommt Ihre Schwester wieder?" fragte die Gräfin. wegen der „Enthüllungen" der „Hamb. Nachr." beantworten und was die Antwort der Regierung enthalten werde. Diese Kom binationen sind zum Mindesten verfrüht, da gutem Vernehmen nach erst nach der Rückkehr des Reichskanzlers Fürsten Hohenlohe über die Verhandlung der Interpellation entschieden werden wird. Zu der Verordnung, betreffend die Farben der Provinz Posen schreibt die „Nat.-Ztg.": „Die Posener Provinzialsarben waren bisher roth-weiß; da auch die Farben des ehemaligen darum mußte er entsagen, nicht wie das erste Mal, durch äußere Verhältnisse gezwungen, sondern freiwillig, um feinet- und ihret- willen, denn Glaube und Vertrauen waren für ihn die unerläß lichen Grundpfeiler der Ehe. Wie oft hatte er in den letzten Wochen diese selben Gedanken erwogen, diese selben seelischen „urück: „Ein närrischer, eisenköpfiger Kauz, dem auf keine Weise beizukonimen ist! Wie toll verliebt und dabei stumm wie ein Stockfisch! Was ihm meine holde Kleine nur so Schreckliches angethan hat?" Wie toll verliebt! — Er selbst hätte nicht anders von sich sagen können, als er am heutigen Abend zurückkehrend seinen Königreichs Polen roth-weiß waren, allerdings mit anderer i, , .... Schattirung des Roth, so konnte unter Nichtbeachtung dieses an die kürzlich im „Eclair" erschienene Darstellung dcrDreyfus- Ilnterschiedes von den Polen nach Herzenslust mit polnischen Assaire an und wirst dem Gewährsmann? des „Eclair" mehrfache Fahnen demonstrirt werden; jeder Rüge der Verwendung polni- Lügen und Fälschungen vor, begangen, weil der Gewährsmann wurde beschlossen die Entscheidung zu verschieben, bis man in Erfahrung gebracht hat, wie Lazare in den Besitz der Schriftstücke gelangt ist. — Die Broschüre ist ungemein scharf und überzeugend geschrieben und enthält viel thatsächliches Material. Sie knüpft Gräfin Dynar war nicht zimperlich, aber der Händedruck, mit dem Röder sich heute verabschiedete, war derart, daß er ihr bei nahe ein lautes „Au!" auf die Lippen gedrängt, und der Kuß, . den er auf ihre Fingerspitzen drückte, war so feurig, daß dies Kämpfe durchgcrungen! Endlick) ebneten'sich „Au" durch ein leichtes, humoristisches Lächeln abgelöst wurde. — schäft — Ruhe, eine dumpfe Ruhe kam über ihn; wehmüthig anstellung liege, muffe verstopft werden. Abg. Conrad (südd- VolkSP.) meint, er wolle den Preußischen AffessorismuS nicht zu einer Reichseinrichtung machen. Abg. Munckel (sreis. Volksp.) hebt hervor, er habe keine Abneigung gegen die Assessoren, aber wolle sie nicht in ihrem Assessorenzustande konserviren, sondern sie in möglichst großer Zahl, wie eS der Bedarf verlange, zu Richtern machen. Wir müßten in den Strafkammern stabile Ele mente haben. Hierauf wird zunächst der Eventualantrag Strom- beck, auch von den Schwurgerichten die Assessoren auszuschließen, angenommen und sodann unter Ablehnung aller Anträge der von der Kommission vorgeschlagene Absatz mit der Aenderung deS Eventualantrags Strombeck aufrechterhalten. § 73 handelt von der Zuständigkeit der Strafkammern. Nach der Vorlage sollen künftig die Strafkammern auch für folgende Delicte, die bisher vor die Schwurgerichte gehörten, zuständig sein: ») Wider stand gegen die Staatsgewalt und Meineid; b) Urkundenfälschung, Verbrechen bestimmter Art im Amte und Verbrechen gegen die Konkursordnnng. Die Kommission hat beschlossen, für die Ver brechen unter a die Schwurgerichte zuständig bleiben zu lassen. Abg. Munckel (freis. Volksp.) beantragt, daß auch die Verbrechen unter b den Schwurgerichten zur Aburtheilung verbleiben, so daß also in der bisherigen Abgrenzung der Kompetenz der Straf kammern und der Schwurgerichte gar keine Aenderung einträte. Ein Antrag Buchka geht dahin, den Meineid vor die Straf kammer zu verweisen. Geh. Oberjustizrath Lukas bittet, es bei der Vorlage zu belassen. Namentlich bezüglich des Meineides empfehle sich die Verweisung vor die Strafkammer, indem von Geschworenen in Meineidssachen verschiedentlich zweifellose Fehl sprüche gefällt worden seien. Abg. v. Vollmar (sozdem.) erklärt, seine Freunde würden jeder Zeit mit aller Energie für das In stitut der Schwurgerichte eintreten und alle darauf gerichteten Angriffe abwehren. Redner tadelt die vielfach zu mechanische Abnahme von Eiden. Für jeden Fall bestreite er, daß die Ge schworenengerichte die Tendenz hätten, in Meineidsprozessen weniger gewissenhaft zu sein, als die ordentlichen Richter. Bay rischer Ministerialrath v. Heller theilt mit, daß sich in Bayern die Ueberweisung der Meineidssachen an die Schwurgerichte nicht bewährt habe. Das HauS beläßt es bezüglich der Delicte aä a bei dem Beschluß der Kommission; der Antrag Buchka ist dem nach abgelehnt. Nächste Sitzung Freitag 1 Uhr: Forschung der Verhandlung. Die „D. T." bringt folgende parteiofsiziöse Notiz: In der letzten Zeit beschäftigte sich die Presse der verschiedensten Partei richtungen mit der Frage, ob von agrarischer Seite der Antrag Kanitz in dieser Session von Neuem eingebracht werden würde oder nicht. Bei den betreffenden Erörterungen scheint man im Allgemeinen übersehen zu haben, daß die jetzige Tagung des Reichstages lediglich die Fortsetzung der Sitzung des Winters 1895/96 ist. In derselben Tagung einen und denselben Antrag nach erfolgter Ablehnung zum zweiten Male einzubringen, ist nicht üblich. Wir haben Grund anznnehmen, daß auch die Agrarier diese Uebung nicht durchbrechen wollen. Wie wir zu verlässig erfahren, wird daher auch dem Ende November tagen den Ausschüsse des Bundes der Landwirthe vom Vorstande der Antrag unterbreitet werden, diese Auffassung, bezw. diese That- sache durch eine entsprechende Resolution seitens des Bundes aus wort Anwendung finden kann: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei," dann sind Sie cs, lieber Freund. Sic schen jämmer lich aus, ganz elend. Kocht Ihre Köchin ordentlich und haben Sie gehörigen Appetit?" „Beides normal, gnädigste Comtesse," protestirte der Forst meister. „Ich habe übrigens die Absicht, Nadine bis zu ihrer Ueber- fiedelung nach Magdeburg zu mir einzuladcn," sagte sie dann noch wie beiläufig; „ich denke, Ihre Schwester wird sich ebenso freuen, Nadine wieder zu sehen, wie diese sich auch auf Meta freut." des „Eclair" ein persönliche» Interesse hatte, um die Schuld de» Dreyfus als erwiesen darzustellen. Beispielsweise hatte „Eclair" behauptet, DreyfuS habe ein Geständniß abgelegt. Dies ist ei« Lüge. Die Affaire begann damit, daß der Generalstab Kenntniß erhielt von einem angeblich aus der deutschen Botschaft entwendeten Briefe, der die Uebermittelung gewisser militärischer Dokumente anzeigte. Der Befehl erging, die Handschrift der Offiziere des Gcneralstabs mit diesem Briefe zu vergleichen. Der Major Patz, der für einen Graphologen galt, wurde mit der Untersuchung betraut. Er erklärte, die Handschrift gleiche derjenigen der Kapitäns Dreyfus. Hierauf wurde Gobert, der Schreibsachver ständige der Bank von Frankreich, mit der Handschriftenverglcich. ung beauftragt. Dieser erklärte, es sei nicht erwiesen, daß der Bries von der beargwöhnten Person hcrrühre. Alsdann wurde Bertillon, der Chef der polizeilichen Messungsämter befragt, der einen Bericht abfaßte, in dem er die Identität der Handschrift des Dreyfus und der Handschrift des Briefes erklärte. Auf Grund dieser widersprechenden Sachverständigengntachtcn wurde DreyfuS ver haftet, ohne vorher eine Kontrollirung seiner Korrespondenz p versuchen. Die Verhaftung ging derart vor, daß DreyfuS iu dal Kriegsministerium unter dem Vorwand einer Inspektion beruf» wurde. Im Vorzimmer des Generalstabschefs wurde Dreysig von Major Paty und drei Polizeibeamten erwartet. Paty diktirte dem verblüfften Dreyfus den Text des erwähnten Briefes, wobei er ihm sagte: „Geben Sie Acht, dies ist sehr ernst." Dreyfus, befragt, warum seine Hand beim Schreiben zittere, sagte: „Mich friert in den Fingern." Sofort nach der Beendigung des Diktat erklärte Paty: „Ich verhafte Sie wegen HochverratHS." Die Broschüre enthält weithin die schwersten Vorwürfe gegen Major Paty, der mit der Untersuchung gegen Dreyfus betraut war und Frau Dreyfus mit unerhörter Rohheit behandelte, Dreyfus selbst der furchtbarsten moralischen Tortnr unterwarf und ihm zwei Wochen lang überhaupt nicht mittheilte, wessen er angcklagt sä. Dreyfus hat keine Mitschuldigen, man hat einer Person nachge forscht. Diese Person ist bereit, sich öffentlich zu melden. Die Verhandlung vor dem Kriegsgericht ergab, daß Dreyfus keim verdächtigen Beziehungen unterhielt, daß die Angaben betreffend seine Auslandsreisen, seine Verschwendung und Spielwuth unwahr waren. Der Staatsanwalt selbst konstatirte die vollendete Ehren haftigkeit des Angeklagten, daß nichts gegen ihn vorlag als der erwähnte Brief, der von Bertillon Dreyfus zugeschrieben worden ist. Bertillon gab vor dem Kriegsgericht die Aussage ab, die, wie der Staatsanwalt selbst sagte, Allen unverständlich blieb. Die Broschüre veröffentlicht den authentischen Text des Briefes, der auf photographisches Papier geschrieben und in vier Stück zerrissen dem Generalstab zuging. Die Broschüre beweist aus führlich, daß Dreyfus die fünf militärischen Dokumente, deren Lieferung der Brief anzeigt, nicht gekannt haben konnte. Nach Schluß der Verhandlungen neigte das Kriegsgericht zur Frei sprechung. Da ließ der Kriegsminister Mercier dem Kriegsgerichte ein zweites Schreiben übermitteln, das weder Dreyfus noch sein Vertheidiger jemals gesehen, einen angeblichen Brief des deutschen an den italienischen Militärattache, worin von einem Spione ge sprochen wird, der mit Buchstaben bezeichnet war. Der Name Dreyfus ist nicht in diesem Briefe enthalten, wie der Gewährs mann des „Eclair" unwahr behauptet. Auf Grund dieses Briefs wurde der Schuldspruch gefällt. Die Broschüre fordert eine Revision des Prozesses, da die Verurtheilung durch gesetzwidrige Mittel erzielt worden, und Dreyfus unschuldig sei. Im Ministerrathe brachte der Minister des Auswärtige» Hanotaux zur Kenntniß, daß ihm der türkische Botschafter Munir» Bei in Paris schriftliche Mittheilung von den ersten Ergebnissen der ansgeführtcn Maßregeln gemacht habe, zu welchen sich die Pforte in der armenischen Frage verpflichtet hatte. Demgemäß seien alle in Konstantinopel Verhafteten und dem Anscheine nach unschuldigen Personen gegenwärtig in Freiheit gesetzt. Ferner sei der Erlaß, welcher die Reformen auf das ganze Reich aus dehnt, amtlich veröffentlicht worden. Endlich solle die Polizei m Konstantinopel nach europäischem Muster reorganisirt werden. Des Weiteren theilte Hanotaux mit, daß die Verhandlungen zwischen den europäischen Kabinetten einerseits und der Pforte andererseits bezüglich der weiteren Durchführung der bereits seitens der Pforte zugestandenen Reformen und der Erlangung war für den Sommer gut untergebracht, ja, mehr als das, sie brauchte die drei Wochen biS zum Engagement nicht einmal aut ihrer Tasche zu leben, sie hatte eine Einladung zur „Pathin" — diese Würde mußte Gräfin Dynar sich nun einmal gefallen lasse» — erhalten und angenommen. Der letzte Theaterabend brachte Nadine ihre ersten Lorbeer- kränze, außer dem von der Gräfin Dynar auch einen vom Osfizier- corps. Der „Franziska" wurde von dieser Seite dieselbe Aus zeichnung zu Theil, auch an Sträußen fehlte es nicht, und Nadine bekam einen kleinen Vorgeschmack ihrer späteren Triumphe. Als der Vorhang zum letzten Mal gefallen war, überkam Nadine so recht das Gefühl der Heimathlosigkeit, das Unstäte ihres künftige» Lebens. Nach fünf Monaten würde sie so wie jetzt unter anderen fremden Menschen auf einer anderen Bühne stehen, und nach weiteren fünf Monaten wieder und so fort, bis sie „oben" war, bis sie mit einem mehrjährigen Kontrakt sich eine bleibende Stätte erkämpft und errungen hatte! Wann und wo aber würde dies sein ? Und wieweit hatte sie noch bis zum Ziel? — Zunächst ging sie also auf drei Wochen nach Pareiken, und sie athmete auf in diesen sittlich reinen, geordneten Verhältnissen, im Verkehr mit ihr gesellschaftlich gleichstehenden Menschen. Der Frühling ließ in diesem Jahre nicht lange auf sich warten, er kam für den nördlichen Länderstrich sogar verhältnißmäßig früh, lau und sonnig, und war ganz dazu angethan, einem jungen Menschenkind wie Nadine das Scheiden von einem schönen Landptz, von Land und Flur schwer zu machen. Frau von Klembzow war zurückgekehrt, und gleich am nächsten Tage, als Nadine in Pareiken eingezogen, fuhr Gräfin Dynar mit ihr nach dem Forst Haus. „Morgen Nachmittag komme ich mit meinem Gast zu Ihrer Frau Schwester zum Kaffee", hatte die Gräfin zu Röder gesagt. Frau von Klembzow breitete dem jungen Mädchen die Arme entgegen, Nadine warf sich an ihre Brust, preßte sich an da- treue Herz der älteren Freundin und brach, hingerissen von ihren Empfindungen, in ein heftiges Schluchzen aus. Welch ein Wieder sehen zwischen ihnen Beiden! Gräfin Asta stand seitwärts, ihr mußte auch etwas in die Augen gekommen sein. Man setzte sich um den zierlich gedeckten Kaffeetisch, und zwischen diesen beiden geliebten Frauen gab Nadine sich zwanglos in ihrem ganzen Fühlen, in ihrer Aussprache, in ihrem ganzen Wesen. Er blieb fern! Sie empfand es schmerzlich, aber sie sagte sich, daß sie von seiner Seite nichts Anderes erwarte» dürfe — und war es nicht vielleicht besser so? Da — rasche, feste Schritte auf dem Vorsaal, Meta und die Gräfin tauschten unwillkürlich einen Blick und Nadine stieg das . Blut in die Wangen — die Thür wurde mit einer gewissen Hast : geöffnet — von Röder stand aus der Schwelle. (Forts, folgt.) scher Fahnen, z. B. bei Kundgebungen zu Ehren des in der Provinz umherreisenden Erzbischofs, konnte entgegengehalten werden, daß man ja die Posener Provinzialfarben angewendet habe, wobei sich über eine etwas hellere oder etwas dunklere Färbung des Roth schwer streiten ließ. Damit ist es nunmehr zu Ende: die Farben der Provinz Posen sind fortan weiß- schwarz-weiß — wodurch zugleich die Zugehörigkeit der Provinz zum preußischen Staate bei jeder Anwendung der neuen Fahne bekundet werden wird —, und wer künftig roth-weiß flaggt, der demonstrirt für die Wiederherstellung eines Königreichs Polen. Schon seit längerer Zeit war von deutscher Seite aus der Provinz Posen eine Aenderung der Fahne derselben verlangt worden. Der Augenblick für die neue Anordnung ist insoforn richtig ge wählt, als die Polen und ihre klerikalen Verbündeten sich seit der Schwurgerichtsverhandlung wegen des Vorfalls von Opalenitza geberden, als ob die Feststellung, daß der Distriktskommissar v. Carnap auf einem früheren Posten sich schwere Ausschreitungen hat zu schulden kommen lassen, die Grundlosigkeit aller Be schwerden über polnische Propaganda und aller deutschen Forde rungen von Gegenmaßregeln bewiesen hätte. Indem die An ordnung wegen der Provinzialfahne gerade jetzt erfolgt, wird hoffentlich bekundet, daß die Negierung sich durch jene plumpe Sophistik nicht in der Abwehr der Polonisirungs-Bestrebungen wolle beirren lassen, und daß insbesondere die Verwandlung von Ehrenbezeugungen für den Erzbischof in polnisch-nationale Demonstrationen, wobei bisher die roth-weißen Farben eine so große Nolle spielten, nicht weiter geduldet werden soll." Vor dem Berliner Schöffengericht wurde gestern die Be leidigungsklage des Pfarrers Witte gegen den Hos- prediger Stöcker verhandelt. Auf die Privatklage des Pastors Witte ist vom Hofprediger Stöcker die Widerklage er hoben worden. Die Privatklage geht dahin, daß Hosprediger Stöcker den Verfasser eines in Nr. 79 des „Volk" vom 2. Avril 1896 erschienenen Artikels vorsätzlich bestimmt habe, den Privat- kläger zu beleidigen, ferner, daß er selbst durch den „Wahrheit" überschriebenen Artikel in Nr. 15 der „Deutschen Evangelischen Kirchenzeitung" den Privatkläger beleidigt habe. Die Widerklage bezieht sich auf ein vom Privatkläger ausgegangenes, in M. 528 der „Kreuzzeitung" veröffentlichtes „Eingesandt." Der betreffende Artikel in Nr. 79 des „Volk" behandelte den mehrfach erwähnten Brief Stöckers, den dieser nach der Behauptung des Privatklägers im Jahre 1878 zu Ungunsten Wittes an den Schneider Grünc- berg geschrieben haben soll. Als Zeuge wurde u. A. Frhr. v. Hammerstein verhört. Nach Schluß der Verhandlung schlug der Vorsitzende einen Vergleich vor, der indeß abgelehnt wurde. Rechtsanwalt Raetzell, der Vertreter Stöckers sagte, daß Hof- prcdigcr Stöcker deshalb so lange geschwiegen habe, weil im Jahre 1890 zwischen den Parteien ein Vergleich zu Stande ge kommen sei. Er griff insbesondere die Glaubwürdigkeit des Zeugen Grüneberg an. Der Gerichtshof berieth nur kurze Zeit und sprach den Beklagten wegen Beleidigung in zwei Fällen für schuldig. Die Widerklage gegen Witte wurde abgewiesen. Stöcker wurde zu einer Geldstrafe von 600 Mk. resp. 14 Tagen Ge- säugniß verurt heilt und dem Kläger die Besugniß zugesprochen, das Urtheil aus Kosten des Beklagten im „Volk" und der „deutsch evangelischen Kirchenztg." bekannt zu geben. drucklich kündzugeben. I Ahlwardt hat seinen Freunden mitgetheilt, daß er zu Die „Nordd. Allg. Ztg." bringt folgende offiziöse MittheilunguWeihnachten wieder nach Berlin komme, um sein Reichstags- Verschiedene Blätter ergehen sich in Vermuthnngen darüber, wer am RegierungStisch die Interpellation des Centrums
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