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VN- Tageblatt WIMM für die königlichen und Müschen Behörden zn Freiberg und Brand, »erantwortttche Leiüs«g: Georg Burkhardt. - ^g. Jahrgang. erscheint jeden Wochentag Abends -/,7 Uhr für dm Inserate werden bis Vormittag u Uhr /va anderen Tag. Preis vierteljährlich SMk. 2S Pfg. den Nüdemüer angenommen. Preis für die Spaltzeili 18 Psg. «/k- zweimonatlich 1 Mk. 50 Psg. u. einmonatlich7bPsg. Auherhalb deS LündgerrchtSbezirkS 15 Psg L W V. Bekanntmachung. Von der Gemeinde Wegefarth ist die Einziehung des über die Parzellen No. 126d, 127, 242, 241 und 136 des dasigen Flurbuches führenden sog. Pfarrweges als öffentlichen Fahrweges, vorbehältlich jedoch seines ferneren Fortbestandes als öffentlicher Fußweg, beschlossen worden. Dieses Vorhaben wird mit dem Bemerken hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß etwaige Widersprüche gegen die beschlossene Wegeeinziehung gemäß 8 14 Absatz 3 des Gesetzes über die Wegebaupflicht vom 12. Januar 1870 binnen drei Wochen, vom Erscheinen dieser Bekanntmachung ab gerechnet, bei der unterzeichneten Königlichen Amts hauptmannschaft anzubringen sind. Freiberg, den 2. November 1896. Königliche «mtshauptmannfchast. - Dr. Bekanntmachung. Von der Gemeinde Gränitz ist die Einziehung des von den Parzellen No. 32a d, 97, 98, 115, 117 einerseits und No. 35a b, 118, 119, 120 un^37a d andererseits begrenzten WegeS No. 52 des Flurbuchs für Gränitz als öffentlichen FahrwUes, vorbehältlich jedoch seines ferneren Fortbestandes als öffentlichen Fußweges, beschlossen worden. Dieses Vorhaben wird mit dem Bemerken hierdurch zur öffentlichen Kenntniß gebracht, daß etwaige Widersprüche gegen die beschlossene Wegeeinziehung gemäß 8 14 Abs. 3 des Gesetze- über die Wegebaupflicht vom 12. Januar 1870 binnen drei Wochen, — vom Erscheinen dieser Bekanntmachung ab gerechnet, bei der unterzeichneten Königlichen AmiK hauptmannschaft anzumelden sind. Freiberg, den 30. Oktober 1896. Königliche AmtShauptmannschaft. vr. Auktion in Großwoltersdorf. Dienstag, den 10. November 1896, Vormittag ^11 Uhr kommen in Großwoltersdorf mehrere Kühe gegen Baarzahlung öffentlich zur Versteigerung. Versammlungsort: Klemm's Gasthof. Brand, am 4. November 1896. Der Gerichtsvollzieher beim König!. Amtsgericht. ' . Wachtmeister. Die z. Z. ausgegebenen Einlaßkarten in die Kaserne treten unter dem 5. d. M. außer Giltigkeit. Bewerbungen um Neue sind Persönlich im Geschäftszimmer der unterzeichneten Stelle anzubringen. 1. Jäger-Bataillon Nr. 1S. Politische Umschau. Freiberg, den 4. November. Deutschland. Nunmehr ist auch der Militäretat zurVertheilung gelangt, sodaß sich jetzt der gesammteReichshaushaltsetat für1897/98 im Bundesrathe befindet. Die Ausschüsse des Bundesraths halten täglich Sitzungen ab, und nach dem bisherigen Fortschritt der Arbeiten ist nicht zu zweifeln, daß an der Absicht, den Reichs haushaltsetat am Dienstag, 10. November, dem Reichstage vor zulegen, wird festgehalten werden können. Was die Vorlage wegen Aufbesserung der Gehälter der Reichsbeamten betrifft, so wird dieselbe gleichfalls sofort dem Reichstage zugehen und zwar in Form einer Denkschrift unter Forderung eines Pauschales für die Verbesserungen, welche sich bis hinauf zu den Rüthen zweiter Klasse einschließlich erstrecken sollen. Die Konvertirungsvorlage ast soweit gefördert, daß sie alsbald wird eingebracht werden können. Auch für das Reich soll eine Schutzfrist von acht Jahren für die Besitzer der zu kouvertirenden Anleihe in Aussicht ge nommen sein. Die Stichwahl zum Reichstage in Brandenburg-Westhavel- land zwischen oem Konservativen v. Loebell und dem Sozialdemo kraten Peus findet am 7. November statt. Die im Reichsamt des Innern zur Vorlegung an den Reichs tag und den Bundesrath aus den Jahresberichten der Gewerbe aufsichtsbeamten von ganz Deutschlano zusammengestellten amt lichen Mittheilungen sind erschienen; über die wirthschaft- licheLage des verflossenenJahres lassen sie sich wie folgt aus: Die Verhältnisse des Arbeitsmarktes und der Arbeits und Verdienstgelegenheit wurden durch den erfreulichen Aufschwung in der Industrie günstig beeinflußt. Während für die erste Jahres hälfte noch zum Theil die in einzelnen Bezirken früher beobachteten ungünstigen Verhältnisse fortdauerten, machte sich in der Folge zeit dank der Steigerung des inländischen Verbrauchs und der lebhafter gewordenen Ausfuhrthätigkeit em ziemlich ausgedehnter und anhaltender Aufschwung fühlbar. Nur in einer beschränkten Zahl von Aufsichtsbezirken wird in einzelnen Fabrikationszweigen auch am Schluffe des Berichtsjahres die wirthschaftliche Lage noch immer als eine unbefriedigende bezeichnet. In oer überwiegenden Mehrzahl der Bezirke ist ein Ausgleich zwischen Arbeitsangebot und Nachfrage beobachtet worden und traten Klagen über Arbeits losigkeit in erheblichem Umfange nicht zu Tage. In manchen Bezirken ist sogar ein Mangel an Arbeitskräften bemerkbar ge worden. Die Entwicklung der Industrie ist allen Anzeichen nach auch den handwerksmäßigen Unternehmungen wenigstens einiger maßen zu Gute gekommen. In dieser Hinsicht wird erwähnt, daß im Allgemeinen eine Verlangsamung im Rückgänge der wirth- schaftlichen Lage der Handwerksbetriebe eingetreten sei, daß gegen das Vorjahr eine Zunahme der Handwerksbetriebe mit über fünf Gehilfen, also eine gewisse Hebung gerade des Kleingewerbes, stattgefunden habe. Nicht minder dürfte die Hausindustrie aus der reichlichern Arbeitsgelegenheit Nutzen gezogen haben. Daß ein Mangel an Arbeitskräften fühlbar wurde, heben die Berichte für Münster, Minden, Coblenz, Liegnitz, Oppeln, Sigmaringen, Merseburg, Oberfranken, Pfalz, Chemnitz und Reuß ä. L. hervor. In den Bezirken Münster, Minden, Oberfranken, Reuß ä. L. war es die Textilindustrie, in Minden die Cigarrenfabrika tion, in Coblenz die Bimssteinhandindustrie, Merseburg die Zucker industrie, Chemnitz die Maschinenindustrie, in welcher die Nach frage das Angebot von Arbeitskräften überwog. Im Aufsichts bezirke Pfalz fand sich Mangel an Arbeitskräften in der zweiten Hälfte und besonders zu Ende des Berichtsjahres in der Schuh industrie von Pirmasens, ferner ebenfalls in der zweiten Hälfte des Jahres auch in einigen Cigarrenfabriken, dann in mehreren Ziegeleien und in den nicht in industriellen Orten gelegenen Blech- und Emaillewaarenfabriken und in einer Gießerei. Das Hamburger Organ des Fürsten Bismarck reproduzirt an hervorragender Stelle folgendes Telegramm, das aus Ham burg an den Fürsten eingetroffen ist: Hurrah! Du kühner Fechter! Wie jeder Hieb da sitzt, Wenn sich die Osfizieuse Darüber auch erhitzt. Schlag sie nur auf die Köpfe, Du Fechter deutscher Art, Lebenswege, aber doch nur langsam." Die Rede kam dann Großbetriebe gemeint ist, hat das Wort eine gewisse Berechtigung, auf die Angriffe, welche die „Kölnische Zeitung" versteckt oder Allein es wird namentlich bei der agitatorischen Verwerthung meist darüber hinaus in dem Sinne gebraucht, daß das Kapital den Löwenanthell im Erwerbsleben sür sich nimmt und die Arbeit sich mit dem geringen Rest begnügen muß. Die That- sachen stehen mit dieser Behauptung in direktem Widerspruch. Ein in die Augen fallendes Beispiel, wie in Wirklichkeit die Dinge liegen, liefern die im Reiche und in Preußen in Aussicht genommenen finanzpolitischen Maßnahmen. Man beabsichtigt dort wie hier eine Zinsherabsetznng der 4prozentigen Anleihen und die Verwendung der Ersparnisse zur Erhöhung derBeamten- gehälter. Das Kapital und zwar das mobile Kapital, soll einen Theil seiner Rente hergeben, um eine bessere Bezahlung der von den mittleren und'höheren Beamten den. Staate gele.steten Arbeit zu ermöglichen. Dabei wird die Maßregel nach beiden Richtungen und zwar mit Recht damit begründet, daß Reich und Staat nur der ungemeinen Entwicklung der Dinge folgen. Der Zinsfuß ist, von vorübergehenden Ausnahmezeiten abgesehen m der That dauernd unter 4, ja selbst unter 3^ Prozent gefallen, und Einkommen und Lebenshaltung der sozial den betreffenden Beamtenklassen vergleichbaren Kreise der Bevölkerung. mLbv> Schirm uns mit diesem Schilde, i Du deutscher Ekkehard. < Aus der auffallenden Form der Veröffentlichung geht hervor, < daß Fürst Bismarck damit einverstanden ist, wenn man in ihm den Urheber der Enthüllungen und der Fehde mit dem Reichs anzeiger erblickt. Die „Leipz. Neuesten Nachr." veröffentlichen ein Gespräch mit dem Fürsten Bismarck, das freilich nicht durch Nennung des Namens ihres Gewährsmannes verbürgt wird. In dessen dürfte der betreffende Gewährsmann in der Person des Herrn Hoffmann von den „Hamb. Nachr." zu suchen sein, der nach einer Meldung der „N. Hamb. Ztg." am Freitag Abend eine anderthalbstündige Konferenz mit dem Fürsten Bismarck hatte. Das Leipziger Blatt schreibt: Einer unserer Mitarbeiter hatte dieser Tage Gelegenheit, eine Persönlichkeit zu sprechen, die kürzlich in Fricdrichsruh war, und zwar gerade während der Zeit der Hamburger Enthüllungen. Nach den Schilderungen dieses Gewährsmannes ist das Befinden des Fürsten Bismarck jetzt besonders befriedigend, und der alte Kanzler fühlt sich sicht lich körperlich wie geistig vollkommen frisch und munter. Er unternimmt, wenn es die Witterung nur einigermaßen zuläßt, täglich stundenlange Ausfahrten und ist bei bestem Humor; nur hat man den Eindruck, daß vr Politisch nicht ohne Besorpniß ist, wenn er es auch vermeidet, über die Gründe derselben sich aus- I zusprechen. Als das Gespräch bei Tisch auf das Tagesereigniß, i die Hamburger Enthüllungen und den Lärm kam, den die euro- i päische Presse darüber erhoben hat, äußerte er lächelnd: „Ja, ich ' habe mir wohl gedacht, daß der Stein, welchen die „Hamburger l Nachrichten" in den Entenpfuhl geworfen haben, ein lautes! Gequak hervorbringen würde, aber daß der Lärm so arg werden i würde, ist mir doch überraschend." Ein andermal unterbrach der < Fürst seine Zeitungslektüre mit der Frage: „Was damit bezweckt ' wird, möchten sie (die Blätter) wissen? Daran schloß sich eine Bemerkung in dem Sinne, daß dies lediglich Sache derjenigen ' sei, welche die von Hamburg aus erfolgten Mittheilungen über < das deutsch-russische Abkommen für nöthig gehalten hätten. Auf I eine weitere Frage antwortete der Fürst: „Oh, da überschätzen Sie meine politische Leidenschaft. Ich habe ja auch ebensowenig Verantwortlichkeit wie Einfluß, und ich erlebe auch schwerlich die Folgen dessen, waS jetzt geschieht oder unterbleibt. Aber ich > bedauere doch, daß, nachdem wir dreißig Jahre im Aufschwung i gewesen find, jetzt die Sache rückwärts geht. Ich erlebe ja das Ende nicht, aber für meine Söhne thut es mir leid. Nun, sie mögen sehen, wie sie fertig werden." Jemand wies auf die < jetzigen und früheren Preßdrohungen an die Friedrichsruher l Adresse hin, daß dem Fürsten „der Prozeß gemacht werden! müsse". Dazu meinte der Fürst: „Ja, ich meinerseits habe gar nichts dagegen, wenn sie mir einen dramatischen Abschluß ge- ' statten wollen." Dadurch wurde das Gespräch wieder auf das hohe Alter des Fürsten gelenkt und auf die Hoffnungen, die seine > Feinde und Gegner darauf gründeten. Mit gutmüthigem Lächeln äußerte der Fürst: „Gegen das Alter bin ich freilich machtlos; aber ich fühle mich doch noch nicht so hinfällig, wie die Herren glauben, daß ich bin. Es geht ja abwärts auf meinem direkt gegen den Fürsten richte, und ein Tischgenosse sprach den Wunsch aus, daß das Blatt einer gebührenden Zurechtweisung nicht entgehen möge. Der Fürst lehnte mit einer charakteristischen Handbcwegung dies ab und meinte, der Artikel sei zu roh, er werde das Blatt überhaupt nicht mehr lesen. Bei dieser Ge legenheit wandte sich die Unterhaltung den Zeitungen und Pub lizisten überhaupt zu. Der Fürst theilte köstliche Beispiele seiner mehr als 50 jährigen Erfahrungen mit der Presse mit. Unter Linderem erzählte er, als von politischen Wetterfahnen in der Presse gesprochen wurde, aus seiner Erfurter Zeit, daß er da mals eine sehr gewandte aber auch sehr vielseitige Feder zur Verfügung gehabt habe. Der betreffende Publizist habe eine und dieselbe empfangene Mittheilung unter Umständen so verwerthet, daß es in einem konservativen Blatte geheißen habe: „Mit hoher Befriedigung begrüßen wir die Absicht der Regierung," in einem liberalen Organe aber: „Mit tiefster Besorgniß erfüllt uns die Absicht der Regierung usw.", während in einem demokratischen Blatte schließlich der Eingang gelautet habe: „Schamlos reißt die Regierung jetzt die Maske herunter, mit der sie bisher heuchlerstch eine förmliche Allianz zwischen Rußland und der französischen Republik, die bisher noch nicht zu Stande gekommen sei, zu ver hüten. Ueber die Gründe, die jenen Schritt speziell veranlaßt hätten, theilt das Blatt mit: Der beabsichtigte Besuch des Zaren bei dem Fürsten Bismarck sei auf höhere Anregung hin unter blieben; die Verwunderung darüber in Fricdrichsruh sei eine peinliche gewesen, weil das Ausbleiben des Zaren die Ausführung einer patriotischen Absicht unmöglich gemacht habe und dem Fürsten Bismarck die Gelegenheit entzogen worden sei, zum anderen Male auf einen russischen Zaren, auf den Sohn, wie vor 9 Jahren auf den Vater, persönlich einzuwirken und im Interesse des Friedens im Sinne des politischen Vermächtnisses Kaiser Wil helm I. Deutschland wiederum an Rußlands Seite zu stellen. Das Unterbleiben des Besuchs des Zaren in Friedrichsruh habe es unmöglich gemacht, diesen Plan in einer mündlichen Unter handlung znr Ausführung zu bringen. Die Enthüllungen der „Hamb. Nachr." seien das Aushilfsmittel, das das gleiche Ziel öllte erreichen helfen. An Stelle des mündlichen Appells trat )er laute Appell und zu der Adresse des Zaren kam die Adresse aller Derer, die den Frieden wünschten und es mit Deutschland gut meinten, an die verantwortlichen Räthe wie an die Be- rathenen. Gestern trat in Breslau die 8. Allgemeine Deutsche Sittlichkeitskonferenz zusammen, an welcher Vertreter aus allen Theilen Norddeutschlands theilnahmen. Es wurde über die Ausbreitung der Bewegung, über geeignete Flugschriften und über die Wohnungsfrage berathen, ferner über die einschlägige Gesetzgebung, die Thätigkeit der Synoden, das Verhältniß zur britisch-kontinentalen Föderation und über Rettungsversuche an einzelnen Frauen nnd Mädchen, endlich über unsittliche Annoncen in der Presse und über die Sittlichkeit in der Armee. Der Kapitalismus beherrscht nach der Auffassung nicht allein der Sozialdemokraten unsere Zeit und ihr Erwerbsleben. Inso weit damit die wirthschaftliche Ueberlegenheit der kapitalkräftigen ihr Antlitz verhüllt hatte." Der Fürst beherrscht in alter Weise alle Gespräche, die geführt werden; bei jeder Wendung derselben aus noch so abliegende Gebiete oder Gegenstände setzt er seine Zuhörer durch seine Sachkenntniß, die Schärfe seines UrtheilS, eine charakteristischen Vergleiche und sein eminentes Gedächtniß in Erstaunen. Seine epigrammatischen Aussprüche Wersen aus die Dinge, die gerade erörtert werden, meist ein ganz neues Licht, und der Zuhörer fühlt sich ganz im Banne des Bismarckschen Geistes. Man hat den Eindruck, daß der alte Kanzler noch 20 Jahre und länger körperlich und geistig in seiner heutigen Ver fassung bleiben könne, und daß er selbst für die Zeit unüber- > windlich sei. Der „Frkf. Ztg." wird. bestätigt, es sei thatsächlich erwiesen, : daß beide Enthüllungsartikel der „Hamb. Nach r." : in Friedrichsruh in langen Konferenzen des leitenden Redakteurs - mit dem Fürsten Bismarck entstanden seien. Die Anwesenheit Wilhelm Bismarcks in Friedrichsruh seit Anfang voriger Woche stehe mit diesen Vorgängen in Verbindung. Als den Zweck der „Enthüllungen" der „Hamb. Nachr." bezeichnet die Berliner „Bank- und Handelszeitung" die Absicht des Fürsten Bismarck,