Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.04.1896
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-189604033
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18960403
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18960403
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Freiberger Anzeiger und Tageblatt
-
Jahr
1896
-
Monat
1896-04
- Tag 1896-04-03
-
Monat
1896-04
-
Jahr
1896
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.04.1896
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
78 In Volke". — „Genosse" Liebknecht, der Internationale, als Protektor eines „freien nnd unabhängigen" Polenreichs! I dieser Vorstellung liegt ein gewisser Humor; allem die Polen wissen ganz gut, weshalb sie, eben so gut wie die Franzosen, Liebknecht feiern: als Schutz-Patron aller derjenigen Elemente, denen die deutsche Einigkeit, die Macht und Stärke des deut schen Reiches ein Torn im Auge ist. Wie der „Vorwärts" mit- theilt, sind an den „Genossen" Liebknecht „ans allen Provinzen Preußens und aus allen Bundesstaaten wie aus dem Reichs- laude „zusammen über 300", aus dem AuSlaude „weit mehr als 100" Depeschen angekommen; ferner hat der Gefeierte „über 900 Glückwunsch-Schreiben, darunter allein aus den Vereinigten Staaten mehr als 250" erhalten. Man sieht daraus, wie stark innerhalb der Sozial-Revolutionäre der Personen-Kultus blüht. Schreibt doch der „Vorwärts" selber: „So konnte mau sagen, es war ein Fest, das die (!) Arbeiter der ganzen Welt mitfeiertcn. Die deutsche Sozialdemokratie kann stolz (!) sein, das; einer der Ihrigen den Anlaß zu dieser internationalen Knudgebuug gegeben hat." Wir denken bei diesen Worten an die Geburtstags-Kundgebungen, mit denen der „eiserne Kanzler", Fürst von Bismarck, jahraus jahrein bedacht wird. Wie winzig nehmen sich diesen gegenüber die „großartigen" sozialdemokra tischen Ziffern ans, und wie albern klingt die größenwahnsinnige Ucbertreibung der Bedeutung des Liebknechtschcn Geburtstages im Munde derjenigen Leute, die die Bismarckschen Ehrungen herabzusetzen und zu verkleinern trachten! Oesterreich. In Wien streiken die Feuerwehrleute! Der Streik ist dadurch veranlaßt worden, daß Feuerwehrleute wegen Insubordination entlassen worden waren. Zur Verhinderung von Ruhestörungen wurde eine Sicherhcitswache nach derCcntrnl- stelle, sowie den Bezirkssilialen der Feuerwehr gesandt. Der Be zirkshauptmann wandte sich an die Statthalterei, um militärische Unterstützung sür den Löschdienst, infolgedessen übernahmen gestern Nachmittag drei Compagnien Pioniere den Feuerwchrdienst in der Centralstelle. Der Streik ist nicht allgemein, doch haben sich mehrere Bezirksfilialen dem Streik der Feuerwehren ange schlossen. Die italienische „Agenzia Stefani" veröffentlicht folgende Meldungen aus Massauah vom 29. März: General Baldisfera untersuchte mit 2 Offizieren und 140 Mann eine Anzahl Straßen und Ortschaften in Bezug auf ihre Wasscrvcrhältuisse und kehrte nach Asmara zurück, nachdem er unterwegs einige Schwerver- bürtigkeit und Successionsfähigkcit nicht mit rechtlicher Wirkung herabsetzen können. Hiernach ist weder die Bicstcrscldcr noch die Weißenfelder Linie im Fürstcnthum Lippe successivnssähig, da die Abstammung der jetzt vorhandenen Angehörigen derselben den hausgesetzlichen Anforderungen an die Ebenbürtigkeit nicht ent spricht. Scheiden sonach die Angehörigen der Biesterfcldcr und Weißenfelder Linien aus der Zahl der ebenbürtigen Aguaten des lippischcn Fürstenhauses aus, so ist der jetzt regierende Fürst von Schaumburg-Lippe der nächstberufene Thronfolger im Fürsten thum Lippe. Er ist von Gottes Gnaden nach den Grundsätzen des deutschen Fürstenrechts und des lippischcn Hausrcchts zu diesem Throne berufen und ihn in diesem wohlerworbenen an gestammten Recht zu schütze», ist ein gemeinsames Interesse aller deutschen Fürsten, deren Palladium die Legitimität ist. Ein un gemein rühriges Demagogenthum, das vor keinem Mittel zurück schreckt, hat durch eine gewissenlose Agitation das Rechtsbcwnßt- sein des lippischcn Volkes verwirrt und das legitime Recht zu Gunsten eines unberechtigten Prätendenten verleugnet. Aber alle Entstellungen der Thatsacheu nnd der Rechtssätzc, alle Ver leumdungen und Verhetzungen, alle Reklamen und Umtriebe, mit denen die Verwirklichung dieses legitimen Rechts bekämpft wird, werden hoffentlich erfolglos sein. Die Verhandlungen über den deutsch-japanischen Handelsvertrag sind abgeschlossen, so daß die Unterzeich nung jedenfalls noch vor Ostern erfolgen wird. Was den In halt betrifft, so ist unter Anderem die Aufhebung der Konsnlar- Gerichtsbarkeit in Japan keine vollständige, vielmehr bleiben dem Vernehmen nach einige Materien der freiwilligen Gerichtsbarkeit den deutschen Konsuln Vorbehalten. Es find eine Anzahl Zoll herabsetzungen für die deutsche Einfuhr in Japan vereinbart. Der konservative Parteiführer Frhr. von Mauteusfel-Crossen erläßt nachstehende Erklärung: „Die Zeitung „Das Volk" hat vor Kurzem an die konservative Parteileitung einige heraus fordernde Fragen über angebliche Gründe des Austritts des Herrn Hofprcdiger Stöcker aus der konservativen Partei gerichtet. Selbstverständlich lehnt es die Parteileitung unbedingt ab, ans solche Fragen, zu deren Stellung der Zeitung „Tas Volk" jede Berechtigung fehlt, zu antworten. Da aber der Chefredakteur des genannten christlich-sozialen Organs, Herr Obcrwinder, in könnten. Ein diskretes Achselzucken des Herrn Bourgeois hätte im Grunde denselben Dienst gethan, wie seine Antwort im fran zösischen Senat aus die Anfrage des Herrn Bardoux über die auswärtige Politik Frankreichs. Ter neue Minister desAeußern hat viele Worte gemacht, um möglichst wenig zu sagen, insbe- ondcre hinsichtlich der ägyptischen Angelegenheit, um die es sich )och in Frage und Antwort hauptsächlich handelte, sind Senat und Laud genau so klug wie zuvor. Herr Bourgeois befolgte bezüglich aller einzelnen Fragen die Taktik, sich über das aller Welt Bekannte möglichst weitschweifig auszusprechen, im klebrigen aber sich hinter die Pflicht vorsichtiger Zurückhaltung zu ver schanzen. Um sich nach seiner ebenso seichten wie langathmigen Auseinandersetzung einen „guten Abgang" zu sichern, ließ er am -Schluß eine Rakete steigen, den pathetischen Hinweis auf das Ein vernehmen mit Rußland, das nie vollkommener und herzlicher gewesen sei, als jetzt. Leider unterließ er dabei anzudeutcn, ob dieses Einvernehmen nicht doch vor ganz kurzer Zeit eine kleine Trübung erfahren habe und erst durch die Opferung Ber thelots aus dem russischen Botschaftsaltar wieder in seinem früheren Glanz hergestellt worden sei. Aber auch so ließen sich es die Herren Senatoren genügen, sie klappten ihre Mappen zusammen und verließen das Palais Luxembourg, ohne daß Bardoux Anfrage in eine Interpellation verwandelt worden wäre, während Herr Bourgeois sich zum russischen Bot schafter v. Mohrenheim verfügte, vermnthlich um dessen weitere Weisungen entgegen zu nehmen. Heute soll er der Kammer Rede stehen. Nach dem ermuthigenden Erfolge im Senat wird er hier vielleicht ebenso jeder offenen Aussprache aus dem Wege gehen, und bei der Mattherzigkeit der gemäßigten Mehrheit wird er wohl auch in der Kammer ohne Schlappe davonkommen. Hat sich doch schon, wie der Pariser Berichterstatter der „Voss. Ztg." untcrm 30. März schreibt, in der Montagssitzung der Volksver tretung diese Mattherzigkeit abermals geoffenbart: „Heute früh waren die Regierungsgcgner ganz Feuer nnd Flamme. Sie ver- theiltcn emsig und genau die Jagdbeute, die ihnen wenige Stunden später unfehlbar zusallcn mußte. Als sie sich aber auf dem An stand dem Wilde gegenüber sahen, da dachten sie nicht daran, einen einzigen Schuß abzugeben, sondern schulterten die Flinte und gingen nach Hause. Darin liegt die Stärke des gegenwär tigen Kabinetts und das ist das Geheimniß seiner Dauer: seine Gegner sind weich wie Hirsebrei; wenn sie sich einmal zu einem kräftigeren Worte aufraffen, so wird ihnen nachträglich vor ihrer eigenen Verwegenheit bange und es ist nicht möglich, sie zu einer Wiederholung der Heldenthat zu bekommen. Die Gemäßigten lassen sich von Herrn Bourgeois fortwährend ins Bockshorn jagen. In den ersten Wochen seiner Ministerschaft hieß es: „Wir können ihn nicht stürzen; denn man wird sonst glauben, wir hätten vor dem Untersuchungsrichter Angst." Später raunten die Gemäßigten einander zu: Wir können dem Kabinett die Annahme des Grundsatzes einer Einkommensteuer nicht verweigern; denn man wird sonst glauben, wir wären Feinde jedes Fortschritts." Heute hörte man sie in den Waudclgängeu und im Friedenssaale sagen: „Wir können doch der Regierung in einer Frage der auswärtigen Politik kein Miß trauen ausdrückcn; denn das würde Frankreich dem Anslande gegenüber schwächen." Und so stimmen die geschworenen Feinde des radikalen Kabinetts mit dieser oder jener Begründung regel mäßig für das Ministerium oder enthalten sich der Abstimmung und Herr Bourgeois fährt vergnügt fort, seine und der Radi kalen Geschäfte zu besorgen. Herr Charmes und Herr Labon haben sofort eingewillt, ihre Anfrage auf Donnerstag zu ver- - tagen, als Herr Bourgeois dies verlangte, und die Zeit bis Donnerstag wird der Ministerpräsident sicher nicht ungenutzt ver ¬ wundete aufgelesen hatte. In dem ganzen von ihm durchforschten Umkreise herrscht Wassermangel. — Major Prestinari meldet aus Adigrat vom 27. März: Menelik zieht sich mit sämmtlichen Ras, mit Ausnahme der Tigriner, gegen Süden zurück und scheint in der Gegend von Negasce, an der Straße von Adigrat nach Makal« gelegen, angekommen zu sein. Prestinari fügt hinzu, daß m> lager Meneliks das Gerücht verbreitet sei) der Rückzug sei eim Folge des Friedensschlusses mit Italien, in Wahrheit aber müsse derselbe dem Mangel an Lebensmitteln zugeschrieben werden. Die Schoancr sollen in Haramat, Asbi und in der Gegend von AgameRazzias veranstaltet haben, jedoch mit Schüssen empfangen worden sein; der Negus habe, darüber erzürnt, beim Abmarsch den Befehl gegeben, diese Orte in Brand zu stecken. — Majoi Salsa schreibt aus Adigrat vom 26. März, daß er den Abend vorher dort angekommen sei. Die Nachricht vom Rückzug« Meneliks scheine richtig zu sein, sei aber noch nicht bestätigt. Er (Salsa) habe angesichts der veränderten Lage und bei dem Um stande, daß der Negns weit entfernt sei, Ras Makonnen schriftlich ersucht, ihm einen Ort für eine Zusammenkunft zu bestimmen, und er erwarte in Adigrat die Antwort Makonnens. Aus dem choanischen Lager kehrten noch immer kleine Trupps Gefangene zurück, die vom Feinde freigelassen worden seien. Bon der West- ftont wird gemeldet, daß die Derwische bei Tucruf ein großes üager errichtet und zahlreiche Brunnen gegraben haben. Am 25. März hätten die Derwische vom Berge Macram aus mit 2 Geschützen die vorschobenen Posten von Kaffala beschaffen, in dessen ohne Erfolg. Am Vormittage des 28. März sandte Major Hidalgo, Kommandant von Kassala, folgende Depesche: Seit 6 Uhr früh wird gegen den Feind, der sich auf dem Berge Macram be findet, gekämpft; bis jetzt 1 Todter und 4 Verwundete. Oberst Stcvani, der auf dem Marsche nach Zabderat begriffen ist, empsahl den: Kommandanten von Kassala, sich in kein Gefecht einzulassen. Ter häßliche Versuch des Marchese di Rudini, seinen ebenso gefürchteten wie gehaßten Vorgänger Crispi der Unterschlagung von Afrika-Schriftstücken zu verdächtigen, hat damit geendet, daß der Herr Marchese sich zu einem Widerruf herbeilaffen mußte. Wie in Rom versichert wird, hat kein Geringerer als der König ihn vor die Wahl gestellt: Beweisen oder widerrufen! Den Ra dikalen wurde damit eine Herzensfreude und ein gutes, wenn auch nicht eben schönes Geschäft verdorben. Dem „Leeds Mercury" zufolge beabsichtigt die englische Regierung, zwei Bataillone nach Südafrika zu schicken. Das Blatt erklärt, daß wichtige Verhandlungen zwischen England und Italien über einen ägyptischen Feldzugsplan stattfinden. Italien habe beschlossen, ein besonderes Korps von 5000 Mann unter dem Kommando Baldisseras ausrüsten zu lassen, um mit den indischen Truppen zu kooperiren, welche England später in Suakim zu landen gedenke. Diese letztere Meldung erscheint nicht ganz glaubwürdig, viel wahrscheinlicher ist es, daß England sich ent schließt, ein größeres Truppeuaufgebot nach Südafrika zu ent senden. Bemerkenswerth für die dortige Lage ist eine Meldung der „Daily News", daß die Freunde Cecil Rhodes' etwas ängst lich sind wegen der Sicherheit Rhodes', der sich auf dem Wege von Beira nach Buluwayo befindet; man glaubt, daß die Matabcle von der Absicht Rhodes', nach Buluwayo zu gehen, unterrichtet sind, und es wird befürchtet, daß sie ihm auflauern direkt gesundheitsschädliche oder übermäßige Thätigkeit ist, im allgemeinen viel weniger jammern und zum Arzte laufen, als Diejenigen, die nichts oder doch nicht viel zu thun haben? Nach einem derartigen arbeit- und erfolgreichen Leben können wir uns schließlich auch sagen, daß es für uns selbst, unsere An gehörigen und die Mitmenschen kein nutzloses gewesen — ein Trost auf dem Sterbebette, den wir uns auf diese Weise nur selbst schaffen können, wie es einen schöneren aber sicherlich nicht giebt. Darin beruht eben der besondere Segen der Arbeit, daß sich die Wirkung des darauf verwendeten Fleißes im allgemeinen nicht einfach äußert, sondern daß vielmehr der Lohn in vielfach gesteigertem Maße wiederkehrt. Unsere Betrachtung ist keine Beschönigung der Sache; wohl aber vermag sie Jedem, der sie ernstlich und wiederholt anstcllt, thatsächlich zu nützen, besonders wenn wir zu ermatten drohen, ooer der Lohn länger auf sich warten läßt. Und dazu sollen die vorliegenden Zeilen anregen. Etwas anderes können sie nicht bezwecken. Die thatsächlich vielfach schwierigen und mißlichen, ja traurigen Verhältnisse, welche zum Theil auf anderem Wege beseitigt werden müssen, zum Theil jedoch nie aus der Welt ge schafft werden können, werden durch eine solche Betrachtung ebenso wenig aufgehoben als das sachlich Schwere so mancher Arbeit. Einen freieren und höheren Standpunkt aber können wir uns auf diesem Wege erringen. Daß damit viel gewonnen, wer möchte das in Abrede stellen, damit wir nicht geistig und körperlich ganz Maschine werden. So kommen wir von selbst zu der Schlußfolgerung, zu dem Satze, den wir an die Spitze des Aufsatzes gestellt haben: die Arbeit ist nicht bloß Mittel zum Zweck, sondern auch Selbstzweck. ! Die Arbeit ist mit dem Begriff Mensch direkt verwachsen. Wer daher Mensch im vollen Sinne des Wortes sein will, muß arbeiten. Ohne Arbeit, ohne Freude an der Arbeit vermag < überhaupt keiner auf die Taner sich wirklich glücklich zn sühlcn. < Darum muß auch der von Geburt aus oder sonst besser Bemittelte arbeiten, wenn er sich nicht um die innere Befriedigung, das allerhöchste Glück, betrügen will. Und Arbeit, wohlthätige 'Arbeit, im allgemeinen Interesse findet sich überall. Tas sei das kost- barste Privilegium des Reichen, daß er eigentlich allein sich ganz > solchen gemeinnützigen Sachen hingcben kann, während die meisten zunächst um ihr tägliches Brot zu arbeiten haben! Tas Beste, was wir daher unseren Kindern mit in die Welt geben können, das Wichtigste und Höchste bei aller Jugend und Volkscrzichung ist und wird immer bleiben, daß wir Freude an der Arbeit schaffen und die Fähigkeit, dieselbe wirklich nutzbringend zn be- thätigen. Darin liegt das Heil und das Interesse des einzelnen Menschen, der einzelnen Völker und der Menschheit im Ganzen, die wahre Kultur. Politische Umschau. Freiberg, den 2. April. Ueber einen Unfall, der dem Extrazug des deutschen Kaiserpaares in Italien zustieß, meldet mau dem „B. T." aus Rom: Der kaiserliche Extrazug war uuweit Genua etwa in der Mitte des Tunnels von Ronco angekommen, als man plötzlich einen lauten Knall vernahm. Nachdem der Zug zum Stehe» gebracht worden war, ergab sich, daß die Wcstinghouse-Brcmfe des ersten Waggons gebrochen war. Während noch innerhalb des Tunnels die beschädigte Bremse reparirl wurde, kam aus dem selben Geleise, auf dem der kaiserliche Zug hielt, der Courierzug angefahren, der jedoch, durch Signale aufmerksam gemacht, noch rechtzeitig angehalten werden lountc. Der Zwischenfall, der unter Umständen die verhängnißvollsten Folgen hätte nach sich ziehen können, rief nicht geringe Bestürzung hervor. Der Kaiser hat dem Fürsten Bismarck zu seinem Geburtstage eine photographische Aufnahme der gesammten Kaiserlichen Familie, von Schaarwächter hergestellt, und von einem kunstvollen Bronce rahmen umschlossen, zum Geschenk gemacht. Das Gutachten des Straßburger Staatsrcchtslehrcrs, Pro fessors Laband, über die Thronfolge in Lippe ist erschienen. Es saßt schließlich das Ergebniß in folgenden Sätzen zusammen: 1) Im rcichsgräflichen Hause Lippe bestand kein Herkommen, nach welchem Frauen des niederen Adels als ebenbürtig angesehen wurden: das lippische Haus hielt vielmehr an dem Ebenbürtig keitsgrundsatz der reichsständischcn Häuser fest. 2) Auch der sür die Linien Biesterfeld und Weißeufeld verbindliche brüderliche Vergleich von 1749 hat keine abweichende Bestimmung, sondern verlangt Abstammung aus dem Hcrrenstandc, hohen Adel im alten Sinne des Wortes, zur Ebenbürtigkeit. 3) Würde dieses Hausgesctz aber so auszulcgen sein, daß auch der sreiherrliche Titel genügen solle, so hätte cs doch im Verhältnis; zu den an deren Linien des Gesammthanses die Erfordernisse der Eben einer Berliner Versammluug vor Kurzem sich direkt an meine Adresse gewandt und nach dem Berichte des „Volk" sich folgender maßen ausgelassen hat: „Die Frage, ob der Hof den Wunsch ge äußert habe, Stöcker außerhalb der konservativen Partei zu sehen, solle der Frhr. v. Manteuffel beantworten und erst wenn dieser das verneint, wolle er (Redner) erklären, daß seine Informa tionen unrichtig seien", will ich nicht anstehen, zu erklären, daß mir davon, daß der „Hos" einen derartigen Wunsch geäußert habe, nichts bekannt ist, und daß jedenfalls ein solcher Wunsch weder an mich persönlich noch an die Parteileitung herangetreten ist." Freiherr von Manteuffel-Crossen. — In einer weiteren Richtigstellung der „Konservativen Korrespondenz" wird u. A. gesagt: Nach einem Berichte der „Köln. Volksztg." äußerte der Chefredakteur der Zeitung „Das Volk", Herr Ober- winder, in einer christlich-sozialen Versammlung das folgende: „Noch am Abend des 31. Januar wollte Stöcker bleiben, und und glaubte, daß es möglich sei. Tann hätten er und v. Gerlach freilich aus der Redaktion ausscheiden müssen. Aber der Druck des Hofes und die Verhandlungen des Herrn v. Manteuffel mit v. Höhenlohe hätten den Ausschlag gegeben." Diese Mittheilung beruht durchweg auf Erfindung. Auf die übrigen Angriffe, d ie die Hrn. Redakteure des „Volk" in ihrem Blatte oder in Ver sammlungen gegen die konservative Parteileitung richten, einzu gehen, verbietet sich uns. Anfragen, die offenbar nur zum Zwecke der Verdächtigung und Verleumdung gestellt sind, verdienen keine Antwort. Gegen den Hofprcdiger a. D. Stöcker hat Graf Schlieben- Sanditten, Mitglied des Herrenhauses und des Elferausschusscs, Klage wegen Beleidigung erhoben. Die Klage bezieht sich auf eine Acußcrung Stöckers auf der bekannten Versammlung in der Tonhalle, wo er den Antrag des Grafen Schlieben im Elfer ansschuß als „Unverschämtheit" bezeichnete. Der Termin steht am 16. April vor den; Berliner Amtsgericht I an. Tas erzbischöfliche Ordinariat in Bamberg hat den Kaplan Würzbcrger zn drei Tagen Pönitenz in einem Kloster verurtheilt, weil er in einer Centrumsversammlung Opposition gegen das Centruin gemacht hat. Tie „Augsb. Postztg." meinte jüngst, es gehe Niemanden etwas an, was das Ordinariat mit dem Kaplan mache. Tas ist nicht richtig. Hier liegt thatsächlich ein öffent liches Interesse vor, ein Eingreifen einer kirchlichen Behörde in's politische Leben zu Gunsten einer bestimmten politischen Partei, deren Interessen das Ordinariat vertritt, mit der es sich und die Geistlichen identifizirt. Tei» Centrum mag das sehr angenehm sein. Aber es darf sich dann auch über die Konsequenzen nickst beklagen, die daraus entstehen müssen, wenn sich hohe kirchliche Behörden in den kleinlichen Parteicnkampf begeben. In einer in Breslau stattgehabten Versammlung schlesischer klerikaler Agrarier wurde das Centrnm aufgefordert, für das Verbot des börsenmäßigen Getreide-Terminhandels, sür eine Revision der Handelsverträge und sür die Kommissionsanträge zum Zuckcrsteuergesetz einzutreten, und für den Fall, daß das Centrum nicht, wie einer der Redner, der Landtags-Abge ordnete Graf Strachwitz es ausdrückte, agrarisch werde, die Bildung einer katholischen Abtheilung des Bundes der Landwirthc angedroht. Und fallen seh' ich Blatt aus Blatt: Das „Deutsche Volksrecht", das am 1. März v. I. von den Neichstags- abgeordneten Ahlwardt und vr. Böckrl gegründet wurde, hat mit dem gestrigen Tage sein Erscheinen eingestellt. Sozialdemokratischer Größenwahn. Die Ge burtstags-Feier Liebknechts, die von Seiten der „Genossen" mit einer Reklame ins Werk gesetzt worden ist, wie sie in den Kreisen der „Bourgeois" höchstens Seitens freisinniger Partei helden üblich zu sein pflegt, zeigt den unmäßigen Größenwahn, der innerhalb der Sozialdemokratie herrscht. Der „Vorwärts" bringt Spalte auf Spalte über die Bedeutung seines Chef- Redakteurs und Kladderadatsch-Propheten, er bringt auch eiue Anzahl von Depeschen, die Herrn Liebknecht zngegangen sind. Wir verzeichnen davon zwei, die wir sür besonders charakteristisch halten. Aus Paris telegraphirt der „Deutsche sozialdemokra tische Leseklub": „Dem wackeren Soldaten der Re volution zum siebenzigstcn Geburtstage herzliches Glückauf! Durch Kampf zum Sieg!" 'Aus Krakau telegraphirte Jemand „im Namen der polnischen Arbeiterschaft West-Galiziens und Schlesiens" u. A. das Folgende: „Wir danken Dir für Deinen edlen Muth, den Du in der Vertheidigung des unglücklichen Polens so oft gezeigt hast. Wenn unser Vaterland frei und unabhängig sein wird, wird Tein Name > unter den Edelsten genannt werden im ganzen polnischen
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)