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Lchönbm'gcr Tageblatt und Waldenburger Anzeiger. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Sonntags eine Gratisbeilage „Der Erzähler". Preis vierteljährlich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Bestellungen an. Jnsertionsgebühre» pro kleingespaltene Zeile für Abonnenten 7 Pf., für Nicht abonnenten 10 Pf. Jnseraten-Annahme für die nächsterscheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Waldenburg, Sonntag, de» 15. Deeember 11178 sowie und und Herr Buchbindermeister Wilhelm Naumann, Ansässiger, Herr Seminar-Oberlehrer Carl Mertig? Un ansässiger, Herr Weberfactor Julius Hößler, Herr Buchbindermeister Eduard Hobusch, Ansässige, Herr Webermeister Carl Ludwig Friedrich, U n a n s ä s s i g e r, zu Stadtverordneten, zu Ersatzmännern, gewählt resp. wiedergewählt worden sind, wird Solches hierdurch zur öffent lichen Kenntniß gebracht. Waldenburg, den 13. December 1878. Der Stadtrat h. Cuurady. Bekanntmachung. Nachdem bei der am 9. dieses Monats hier stattgehabten Stadtver- ordneten-Ersatzwahl Zur Bequemlichkeit des Publikums haben wir bis jetzt an folgenden Stellen Listen zur Ein zeichnung von Abonnements auslegen lassen: a) in Altstadt Waldenburg bei Herrn Kaufmann Max Liebezeit, „ Restaurateur Friedemann, „ „ Althanns; b) in Altwaldenburg bei Herrn Restaurateur Lein; e) in Callenberg bei Herrn Restaurateur Fritzsche, „ „ Böhme, „ „ Harnisch; ä) in Oberwiera bei Herrn Restaurateur Martin, „ „ Heitzsch. Weitere Auslegestellen werden noch errichtet. Expedition des Schönburger Tageblattes. PMW Rundschau. * Waldenburg, 14. December 1878. Zum Gedüchlniß der glücklichen Wiedergene sung und Rückkehr des Kaisers in die Re sidenz soll der für die Einzugsfeierlichkeiten pro visorisch auf dem Potsdamer Platz errichtete Obelisk in Granit und Bronze als bleibendes Denkmal ausgeführt werden. Man schätzt die Kosten für das Denkmal auf ca. 300,000 Mark. Der Meistbegünstigungsvertrag zwischen Deutschland und Oesterreich ist am 12. d. für ein Jahr von den beiderseitigen Unterhänd lern unterzeichnet worden. Der Meistbegünsti gungsvertrag hält das Appreturverfahren und den Rohleinenverkehr aufrecht, letzteren unter der Beschränkung der Zahl der bisherigen Märkte. Die Eiklärungen des preußischen Kultusmi nisters vr. Falk im Abgeordnetenhanse, welche wie in unserer Nr. 74 auszüglich brachten, sind, wie in Abgeordnetenkreisen auf das Bestimmteste verlautet, nach vorhergegangenem einstimmigen Beschluß des Staatsministeriums erfolgt. Der Reichskanzler und der Cultusminister haben grade den populären Antrag des Centrums auf Sisti- rung des Klostergesetzes für die geeignete Stelle gehalten, um über den Standpunkt der Negierung dem Kirchenconflicte gegenüber keinen Zweifel zu lassen. Der Zustand der Frau Großherzogin von Hessen-Darmstadt ist nach dem am 13. d. Vormittags 9 Uhr ausgegebenen Bulletin höchst besorgnißerregend. Eine abermalige Steigerung des Fiebers ist eingetrelen; auch der Kehlkopf ist seit dem Morgen des 13. d. in Mitleidenschaft gezogen. In der Anklagesache gegen Or. Trettenbacher wegen Majestätsbeleidigung hat das Oberappella tionsgericht in München die von dem Angeklagten eingewendete Nichtigkeitsbeschwerde verworfen und das erstinstanzliche, auf 8 Monate Festungshaft lautende Erkenntniß bestätigt. Außerdem wurde vr. Trettenbacher wegen frivoler Einlegung des Rechtsmittels noch zu einer Geldbuße von 60 Mk. verurtheilt. Dec österreichische Kaiser empfing am 12. d. Mittags eine Deputation bosnischer Einwohner, die ihm in einer Adresse ihre Huldigung dar brachte. Der Kaiser dankte für die ihm kundge gebene Anhänglichkeit und Ergebenheit und be merkte, er sehe darin, daß nunmehr Ruhe im Lande herrsche, den Beweis, daß die Bevölke rung seine auf ihr Wohl gerichteten Absichten erkenne. Der Kaiser schloß mit der Erklärung, daß die bestehenden Glaubensbekenntnisse gleichen Schutz genießen, die Sitten des Volkes geachtet und dessen begründete Rechte gewahrt werden sollen BeiderAusschaßberathung des österreichischen Reichsraths über den Berliner Vertrag am 11. d. M. vertrat Minister Unger den Regierungs standpunkt und sagte, daß des Reichsrathes Ge nehmigung zur Giltigkeit des Berliner Vertrages nicht erforderlich und dieser lediglich zur Kennt- nißnahme des Parlaments unterbreitet morden sei. Diesbezüglich ist also die Regierung im Widerspruch mit dem Grafen Andrassy, der sich der Berfassungsparlci unterordnete. Weitere Kon flikte zeigen sich auf anderen Gebieten. Im Budget-Ausschuß wurde beantragt, die Steuern nur für einen, nicht für drei Monate, wie die Regierung verlangt, zu bewilligen, was bisher dem Ministerium Hohenwart gegenüber geschehen ist. Die Steuern wurden jedoch trotz des An trages auf drei Monate bewilligt. Im Wehr ausschuß wurde beantragt, die Vorlagen der Wehrgesetzverlängerung und Aushebung des Ne- krutencontingents gar nicvt zu berathen. Die in Gens erscheinende socialdemokratische Zeitschrift „L'avant-garde" ist durch den schwei zerischen Bundesrath unterdrückt worden; laut einer Bekanntmachung im deutschen Reichsanzeiger ist dieselbe anch vom Berliner Polizeipräsidium verboten. Die italienische Ministerkrisis unterliegt noch der Entscheidung des Königs Humbert. Mi nisterpräsident Cairoli theilte am 12. d. in der Kammer mit, daß das Ministerium seine Ent lassung gegeben habe, welche der König jedoch noch nicht annahm, sich seine Entschließung vor behaltend. In parlamentarischen Kreisen Roms hält man das Verbleiben des Ministeriums und die Auflösung der Kammer jetzt für möglich. Ein seltsames Schauspiel! Ein radicales, von der Krone unterstütztes Ministerium im Kampfe mit einem conservativen Parlamente, und zwar noch jetzt, nach dem Attentate. In der Geschichte der Parlamentskämpfe dürfte eine aus solchen Ursachen entstandene Ministerkrisis selten vorge kommen sein. In Spanien muß man doch revolutionäre Regungen auch unter dem Offizierkorps bemerkt haben. Wie aus Madrid telegraphirt wird, hat der Ministerrath beschlossen, die Kadres für 100 Bataillone Infanterie und 20 EskadronsKavallerie zu bilden, um auf diese Weise die Stellung der auf halbes Gehalt gesetzten Offiziere zu sichern. Man will mit anderen Worten — und das ist ein schlimmes Zeichen, — sich die Zufriedenheit der Armee erkaufen. Das Gift der Attentats-Epidemie scheint sich nunmehr auch auf englischen Boden über tragen zu haben. Wenn auch glücklicher Weise noch keine frevelnde Hand sich gegen das Haupt der Königin Viktoria erhoben hat, so sind doch bereits jene unheimlichen Erscheinungen aufgetaucht, welche in Deutschland, Spanien und Italien die königsmörderischen Thaten begleiteten. Auch an die Königin Vikioria sind Briefe gerich tet worden, in welchen das Leben der Herrscherin bedroht wird. Einen der Urheber dieser Zu schriften hat die englische Polizei gefaßt und dem selben den Prozeß gemacht. Seit der Rückkehr der Königin aus Schottland ist übrigens der kgl. Paiast-Polizeidienst durch Criminalcommissare bemerkenswerth verstärkt worden. Die Eisenbahn züge in London werden jetzt durch eine größere Zahl von Geheimpolizisten überwacht als seither. Anlaß dazu geben allerlei Gerüchte über Befürch tungen vor einer beabsichtigten Gewaltlhätigkeit, wozu ohne Zweifel auch die jüngsten internationa listischen Bewegungen auf dem Continent init bei tragen. Es bleibt immerhin also die bemerkens- werthe und lehrreiche Thatsache bestehen, daß jetzt auch in England die Idee des Fürstenmor des grassirl, in jenem England, welches selbst von den rolhesten Radikalen als ein Musterland der politischen Freiheiten gepriesen wird und auf dessen gastfreundlichem Boden die schwerbelastetsten Flüchtlinge der Commune eine sichere Unterkunft fanden. Es ist dadurch von Neuem bewiesen, daß es jenen finsteren Gewalten, welche den all gemeinen Umsturz anstreben, vollständig gleichgiltig ist, ob ihre Anschläge sich gegen eine „gute" oder gegen eine „schlechte" Monarchie richten. Der Wahnsinn des Monarchenmordes ist allgemein geworden, und es ist das unheimlich Furchtbare dabei, daß dieser Wahnsinn in der That Methode zu haben scheint. Fürst Gorschakow ist am 11. d. Abends in Petersburg wieder eingetroffen. Tags darauf wurde er vom Kaiser empfangen, wonach er die Leitung des Ministerums des Aeußern wieder übernahm. Der neue türkische Großvezier Kheireddin Pascha hat ein Rundschreiben an die Vertreter der Pforte im Auslande gerichtet, in welchem er als den Zweck der im Ministerium vorgenom menen Veränderungen angiebt, durch wirksame Maßregeln die Schwierigkeiten im Innern des Landes und die politischen Fragen, einschließlich der durch den Berliner Vertrag übernommenen Verpflichtungen zu lösen. Nachrichten aus Konstantinopel bestätigen, daß in Folge der fortgesetzten Verhaftungen die Aufregung daselbst in bedenklicher Weise im Wach-