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Folge Geldmangels aufgehört, zu erscheinen. Die englischen Arbeiter wollen eben damit nichts zu thun haben. Ruhland. Auf Grund des kaiserlichen Befehls vom 21. v. M., betreffend die Ausarbeitung eines Planes für die Herabsetzung der seitens der Bauern zu zahlenden Loskaufsumme, macht die Regierung bekannt, daß die bezüglichen Verhandlungen am 2. d. M. a. St. (14. d. M. n. St.) beginnen werden. Der „Regierungsbote" theilt die Namen von 12 zu den Verhandlungen eingeladenen Experten mit. Dieselben gehören der Landschaft, der Stadtver waltung, dem Adel und dem Grundbesitze an. Eine Massen-Begnadigung chon nach Sibirien verbannten politischen Verbrechen steht bevor. Als die Ersten sollen die in Sibirien weilenden russischen Journalisten, Dichter, Schriftsteller und Künstler begnadigt werden. Vielen dieser Letzteren wurd" bereits der Gnadenakt bekannt gemacht. Türkei. Der Austausch der Ratificationen der türkisch griechischen Convention hat am 14. d. statt gesunden. Dis Pforte hat am 13. Juni ein Circular an die Vertreter der europäischen Mächte gerichtet, wo rin sieden früheren Protest in der Tunisfrage erneuert und bekräftigt. Aus dem Muldenthale. *Waldenburg, 16. Juni. Gegenwärtig wird im hiesigen Rathhause ein Reparaturbau vorgenommen, indem die hölzernen Balkenträger unter dem Rath- haussaale durch eiserne Träger ersetzt werden. — Ein Zwickauer Einwohner hat eine besondere Methode in der Herstellung von Cigarren dadurch exercirt, daß er zu einem Theil der Einlage dünnes Papier verwendete. Diese Cigarren, richtiger Glimm stengel wurden in Auctionen an das rauchlustige Publikum abgesetzt. — Ein Handelsmann aus Crimmitschau ließ sich am 14. d. in Zwickau von einem unerfahrenen Fleischerlehrlinge Wechsel-Formulare ausfüllen, wurde aber hierbei von dem betreffenden Meister überrascht und ergriff die Flucht, der resolute Geschäftsmann aber verfolgte den Flüchtling, holte ihn auch ein und übergab ihn der Polizei. Die von dem Flücht linge weggeworfenen Blanquets wurden später auf gefunden. Aus dem Dachsenlande. — Im Königreich Sachsen wird, nach einer Mittheilung des „V. A.", gegenwärtig der Bergbau in ungefähr 500 Gruben (darunter 281 Erzgruben) betrieben, die eine jährliche Ausbeute von 73'/2 Millionen Centner im Werthe von 511/2 Millionen Mark liefern. Die Gesammtheit der Grubenfelder umfaßt gegen 6 Quadratmeilen. Der Bergbau beschäftigt nahezu *27,000 Arbeiter, welche insge- fammt für ca. 60,500 Angehörige zu sorgen haben. Thatsache ist, daß in Sachsen verhältnißmäßig mehr Bergleute zu Schaden kommen als in England. Feuilleton. Colomba. Corsisches Lebensbild von Prosper Meremse, deutsch von Uudokpy Wüldener. (Fortsetzung.) Colomba warf ihm einen verächtlichen Blick zu und fuhr mit scheinbarer Ruhe fort: „Nicht wahr, Sie haben das Interesse, welches Tomaso haben konnte, Barricini im Namen eines furchtbaren Banditen zu drohen, mit dem Wunsche desselben zu begründen gesucht, seinem Bruder Theo dor die Mühle zu erhalten, welche mein Vater ihm verpachtet hatte?" — „Das ist augenscheinlich," sagte der Präfect. „Von Seiten eines so Elenden, wie dieser Bianchi zu sein scheint, erklärt sich Alles," sagte Orso, durch die scheinbare Ruhe seiner Schwester getäuscht. „Der nachgemachte Brief," fuhr Colomba fort, deren Augen von lebhaftem Feuer zu glänzen an fingen, „ist datirt vom 11. Juli. Tomaso war damals bei seinem Bruder in der Mühle." „Ja," sagte der Maire ein wenig unruhig. „Welches Interesse hatte also Tomaso Bianchi?" rief Colomba mit frohlockender Stimme. „Der Pacht seines Bruders war erloschen, mein Vater hatte ihn schon am 1. Juli verabschiedet. Hier ist das Register meines Vaters, daß Concept des Ab schiedes, der Brief eines Geschäftsfreundes in Ajaccio, der uns einen neuen Müller vorschlug. So sprechend, übergab sie dem Präfecten die Papiere, welche sie in der Hand hielt. Dieses für Sachsen ungünstige Plus ist indeß nicht auf die geringere Sorgfalt, sondern auf die Ver hältnisse des Abbaues im Allgemeinen zurückzufüh ren, welche in Sachsen weit ungünstiger als in England liegen. So sind z. B. die Schächte in Sachsen durchschnittlich weit tiefer als in England, weshalb auch die Ventilation erschwerter ist, ferner ist auch bei uns die Brüchigkeit des Dachgebirges größer, wodurch die Einbauten zahlreicher und com- plicirter werden. Außerdem sind die sächsischen Kohlengruben, analog der dichten Bevölkerung des Landes, nicht nur stärker, sondern auch dichter be legt als die englischen, und endlich verfährt man wohl in Sachsen bei statistischer Erhebung der Un glücksfälle gründlicher und gewissenhafter als in England, wo ein Jnspector 400 Gruben zu über wachen hat, während bei uns schon auf 73 Gruben ein Jnspector entfällt. — Das Ministeriums des Innern hat neuer dings, gegenüber der Thatsache, daß jetzt vielfach von verkommenen Subjekten Verbrechen begangen wer den, nur um ins Zuchthaus zu gelangen, angeordnet, daß die rückfälligen Verbrecher mit möglichster Strenge behandelt werden; der Erkauf irgend welcher Zukost von den Spargeldern soll ganz wegfallen, auch wer den sie nun, selbst wenn sie sich gut führen, in der dritten Disziplinarklasse gehalten, in welcher ihnen noch ein Viertheil des an sich schon reduzirten Ver dienstantheils für ihre Arbeit abgezogen wird. Diese Verschärfungen werden die Neigung, ins Zuchthaus zu kommen, wohl abkühlen. — Das Wuchergesetz vom 24. Mai v. I. hat, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Straf senat, vom 26. April d. I., keinerlei rückwirkende Kraft auf die vor dem Erlasse des Gesetzes abge schlossenen Wuchergeschäfte. Es ist also weder der jenige, welcher ein vor dem 14. Juni v. I. (dem Tage des Inkrafttretens des Wuchergesetzes) ge machtes wucherliches Darlehn nach diesem Zeitpunkt zurückfordert und nimmt, wegen Wuchers zu bestrafen, noch ist der zum Grunde dienende Darlehnsvertrag civilrechtlich ungiltig. — Das Anbieten eines Geschenkes an den An gehörigen eines Beamten, um den Letzteren zu einer die Amtspflicht verletzten Handlung zu bestimmen, ist nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 30. März d. I., als active Be stechung zu bestrafen. — Während wir hier in diesem Jahre selten einen Maikäfer zu sehen bekommen, treten dieselben nach einer Nachricht vom Rhein daselbst in großen Massen auf. In der Bürgermeisterei Bassenhaim (Reg.-Bez. Koblenz) sind im Laufe der letzten vier Wochen eingesammelt und getödtet: 34,100 Liter oder 341 Centner Maikäfer, wofür an Sammellohn bezahlt wurden ca. 1700 Mark. Die Gemeinde Keltin allein sammelte 120 Centner der so schäd lichen Thiere, die übrigen Gemeinden 40, 30 rc. Centner. Die Haufen der in Verwesung über gehenden todten Käfer wurden mittels Eisenvitriol desinficirt. — Der kürzlich erwähnte Versuch, den nothlei denden Webern im oberen Voigtlande wenigstens, theilweise lohnenderen Erwerb im Bergbau zu bieten Es folgte ein Augenblick allgemeinen Erstaunens. Der Maire erblaßte sichtbar. Orso runzelte die Stirne und trat hinzu, um Kenntniß von den Papieren zu nehmen, welche der Präfect mit vieler Aufmerksamkeit überlas. „Man hat uns zum Besten!" rief Orlanduccio von Neuem, indem er zornig aufsprang. „Gehen wir, mein Vater, wir hätten nie hierher kommen sollen." Ein Moment war für Barricini hinreichend ge wesen, um seine Kaltblütigkeit wieder zu gewinnen. Er begehrte die Papiere zu untersuchen. Der Präfect übergab sie ihm, ohne ein Wort zu sagen. Als dann schob der Maire seine grüne Brille an die Stirne hinauf, durchlas die Schriften mit ziemlich gleichgiltiger Miene, während Colomba ihn mit den Augen einer Tigerin beobachtete, die einen Hirsch der Höhle ihrer Jungen nahen sieht. „Aber," sagte Barricini seine Brille herunter ziehend und die Papiere dem Präfecten zurückgebend, „daTomaso die Güte des verstorbenen Herrn Oberst kannte .... so dachte er .... er konnte denken . ... der Herr Oberst werde den Entschluß, seinem Bruder den Abschied zu geben, zurücknehmen . . . In der That ist dieser im Besitze der Mühle ge blieben, also, . . . ." „Ich" sagte Colomba mit verächtlichem Tone, „ich habe ihn im Besitze der Mühle gelassen. Mein Vater war gestorben, und in meiner Lage mußte ich die Anhänger meiner Familie schonen." „Aber dieser Tomaso gesteht doch, diesen Brief geschrieben zu haben;" sagte der Präfect — ... „das ist klar." hat den Erwartungen nicht entsprochen. Von den 79 Arbeitern, welche sich auf Aufruf der Oelsnitzer Amtshauptmannschaft gemeldet hatten, sind überhaupt nur 28 Mann in Oelsnitz eingetroffen, von denen nur noch 8 Mann in Arbeit verblieben sind. 9 haben überhaupt die Arbeit gar nicht begonnen, 11 haben nach bis 6 Tagen die Arbeit wieder ein gestellt. Der Rest von 8 Arbeitern besteht aus 2 Webern (59 hatten sich auf jenen Aufruf gemeldet), 3 Schuhmachern und je 1 Kaufmann, Schlosser und Bäcker. Auch in den Gersdorfer Kohlenwerken hat man mit demselben Aufruf die gleiche Erfahrung gemacht. Die Leute scheinen vor der etwas kräf tigeren Arbeit zurückzuschrecken. — Unter der Ueberschrift „Naive Antwort" er zählt die „Dr. Ztg." folgende Affaire: Die Cultur, die alle Welt beleckt, hat auch längst schon die thau frischen Thäler und lustigen Höhen der sächsischen Schweiz occupirt. Jüngst besuchten zwei Dresdner die altehrwürdige Feste Königstein. Als sie in der dortigen Restauration je ein Glas Bier verlangten, brachte ihnen die Kellnerin die leider auch hier mehr und mehr in Mode kommenden Drittelliter oder Schnittgläser. Auf die Frage, warum sie nicht halbe Liter gebracht, gab das unschuldige Mädchen die Antwort: „Ja diese Gläser find besonders für die — Fremden angeschafft." — Der Freiberger Silberbergbau ist infolge der schon seit mehreren Jahren herrschenden niedrigen Silberpreise wenig rentabel. So haben z. B. im vorigen Jahre die Gruben 489,400 M. weniger eingenommen als zu der Zeit, wo das Metall an die königl. Münze in Dresden zu 89'/s M. pro Pfund eingeliefert wurde. — Die Frau eines Stallmeisters in Grün hainichen hat auf dem Krankenlager, von Gewissens bissen gepeinigt, dem Ortspfarrer, den sie sich als geistlichen Beistand kommen ließ, mitgetheilt, daß die Ehefrau eines Gutsbesitzers der dortigen Gegend ihr gestanden habe, sie hätte vor einiger Zeit ein Kind geboren, dasselbe noch lebend in einer Schachtel ver packt und diese Schachtel in das Familienbegräbniß geworfen. Die durch den Todtengräber in der Gruft angestellte Requisition ergab das Vorhandensein der betreffenden Schachtel. Die gerichtliche Untersuchung ist bereits im Gange. — Dem Mtthlenbesitzer Richter zu Großschweidnitz ist am 13. d. bei Ausführung einer Gewerkereparatur vom Getriebe buchstäblich der Kopf vom Rumpfe ge rissen worden. — Bezüglich der Bahnstrecke Heinsberg-Dippoldis walde-Schmiedeberg haben nunmehr die Ausschrei bungen ihren Anfang genommen. Die erste dersel ben betrifft die Ausführung der Erd- und Felsen arbeiten nebst Kunstbauten der Loose Nr. 2 und 3 sowie eines 17,6 Meter langen Tunnels und sind die betreffenden Blanquets bis zum 25. d. M. ein zureichen. — Ein eigenthümlicher Diebstahl wurde am Sonnabend in Zittau entdeckt, indem ein Handar beiter in dem Stalle eines dortigen Gasthofes dabei ertappt wurde, als er den dort eingestellten Pferden Haare aus den Schwänzen schnitt. Bei seiner „Für mich ist so viel klar," unterbrach ihn Orso, „daß in dieser Sache eine zweifache Niederträchtig keit begangen warben ist." „Ich habe noch eine Behauptung dieser Herren zu widerlegen," sagte Colomba. — Sie öffnete die Küchenthüre, und alsbald traten in das Zimmer Brandolaccio, der Kandidat der Theologie, und der Hund Brusco. Die beiden Banditen waren ohne Waffen, wenigstens sah man selbige nicht. Die Patrontasche hing wohl an ihrem Gürtel, aber keine Pistole stak darin. Als sie in das Zimmer traten, nahmen sie ehrerbietig die Mützen ab. Man kann sich den Eindruck denken, den ihr plötz liches Erscheinen hervorbrachte. Der Maire fiel beinahe rücklings nieder; seine Söhne warfen sich muthig vor ihn, die Hand in der Tasche ihres Klei des, nach dem Dolche suchend. Der Präfect machte eine Bewegung nach der Thür, indeß Orso den Brandolaccio am Kragen packte und ihm zurief: „Was willst Du hier, Elender?" „Es ist ein Hinterhalt!" rief der Maire und er suchte die Thür zu öffnen, aber Saveria hatte sie, nach dem Befehle der Banditen, von außen doppelt verschlossen, wie man nachher erfuhr. „Gute Leute!" sagte Brandolaccio, „fürchtet Euch nicht vor mir; ich bin nicht so sehr Teufel als ich schwarz bin. Wir haben keine böse Absicht. Herr Präfect, ich bin Ihr Diener. — Mein Lieutenant sachte .... sachte! Sie erwürgen mich. Wohlan, rede Du, Pfaff, Du hast ja eine geläufige Zunge." (Fortsetzung folgt.)