Volltext Seite (XML)
Zchimlmrger Ta MM Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementsprsis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstaltsn, die Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 17. Zuni 1881. 137. Bekanntmachung, die kirchl. Unterredungen der confirmirten Jugend betr. Der unterzeichnete Kirchenvorstand sieht sich veranlaßt, die in den drei letzten Jahren confirmirte männliche und weibliche Jugend hiesiger Gemeinde anch hierdurch auf die während des Sommerhalbjahres stattfindenden kirchlichen Unterredungen hinzuweisen und zu dem regelmäßigen und pünktlichen Besuch derselben aufzusordern, sowie auch zugleich an alle Eltern, Lehrmeister und Dienstherrschaften die herzliche Bitte ergeht, die ihnen unterstellte Jugend dazu anzuhalten und so mit Kirche und Schule gemeinsam Hand anzulegen, daß christlicher Sinn und ein Geist ernster Zucht unter unsrer Heranwachsenden Jugend mehr und mehr verbreitet und erhalten bleibe. Waldenburg, am 16. Juni 1881. Der Kirchenvorstand daselbst: i. A. Oberpf. Di-. Schumann. ^Waldenburg, 16. Juni 1881. Znr Lage in Irland. Die Zustände auf der grünen Insel werden für England immer unerquicklicher. Jedenfalls bat es die Negierung mit einem wohlorganisirten Aufstande zu thun, in dem die Fenier gegenwärtig die Haupt rolle spielen, denn der Führer der Landliga, Par nell, soll neuerdings so viel wie gar keinen Einfluß besitzen. Die Berichte aus Irland lesen sich wie Kriegscorrespondenzen aus einem feindlichen Lande. Viele Straßen und Brücken im Süden sind zerstört, um Truppentransporte zu erschweren; Versuche wurden gemacht, Bahnzüge, welche Soldaten und Polizei führen, umzustürzen. Leuten, welche Fuhr werk darleihen, wird solches in die See geworfen und wenn sie weiter hinein im Lande wohnen, wird ihnen von den Aufständischen das Haus über dem Kopf zusammengerissen. Landauctionatoren ver weigern zu fungiren, weil sie Drohbriefe erhalten, daß Solches mit ihrem Ruin geahndet werden würde, indem man sie mit Haus und Familie in die Luft sprengen werde. Eine Bank wurde beinahe der Erde gleich gemacht, weil sie bedrängten Gutsbe sitzern Vorschüsse gewährt. Das Volk läutet die Glocken, um Zuzüge herbeizuführen, oder postirt Hornbläser in den Bergen, wo bei Nacht Alarm- j feuer angezündet werden. Im Südwesten sind viele I Drähte von Telegraphenleitungen zerstört, und die ' Behörden verkehren durch Staffelten. Die Behörden I gehen ohne Organisationsplan zu Werke. Truppen > werden bald hier-, bald dorthin zerstreut, und jede ! einzelne Truppe manövrirt auf eigene Faust. Da l sie nur dann von der Schußwaffe Gebrauch machen dürfen, wenn sie mit Schußwaffen angegriffen werden, nützen sie nicht viel. Soeben wird die statistische Feststellung der Agrar verbrechen im Monat Mai veröffentlicht; ihre Zahl beträgt 337, ist also (gegen 295 Fälle im April und 146 im März) beträchtlich gestiegen, obschon sie freilich von der Höhe des December vor. Jahres, in dem die Zahl der Verbrechen nicht weniger als 896 betrug, noch weit entfernt ist. Sollte aber der augenblickliche Zustand noch lange andauern, so würde auch die Zahl 896 wahrscheinlich überschritten werden. Allerdings wird den jetzigen Zuständen nur durch Energische Gewalt ein Ende gemacht werden können, Mber das einzige Mittel, das irische Volk auf die Dauer zu beruhigen, kann nur darin liegen, den großen Raub, den die Eroberer einstens an den alten Landbesitzern, keltischen und sächsischen Stam mes, verbrochen haben, zu sühnen an deren späten Enkeln. , *Waldenburg, 16. Juni 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Im Befinden des Reichskanzlers ist eine ^Besserung eingetreien, doch ist demselben noch Rück- Haltung von Geschäften geboten. Im kaiserlichen statistischen Amte zu Berlin traten am 14. d. die Vorsteher der verschiedenen statistischen Centralstellen des deutschen Reichs zu mehrtägigen Berathungen zusammen. Es soll sich hauptsächlich um eingehenden mündlichen Meinungs austausch und daraufhin zu entwerfende Vorschläge über die beste Art und Weise der Verwerthung des durch die letzte Volkszählung gewonnenen Ma terials, namentlich in Bezug auf thunlichst praktische Handhabung der so wichtigen Berufsstatistik handeln. Das Centrum lehnte einstimmig den Compro- mißvorschlag des Abg. Stumm (Landesversicherungs anstalten, Prämienzahlung durch Betriebsunter nehmer, vierwöchentliche Karenzzeit, 1500 statt 2000 M. Einkommen, die Landesregierungen tragen die Verwaltungskosten) ab. Die„Prov.-Corresp." theilt einen Erlaß des preu ßischen Kultusministers vom 28. Mai bezüglich des Anspruchs des Elementarschulwesens an die Leistungsfähigkeit der Gemeinden mit und er klärt die Unterstellung, daß der Erlaß wegen des Hinweises auf die Wirthschaftsreform vorzugsweise auf die bevorstehenden Wahlen berechnet sei, für grundlos. Die von der Regierung beabsichtigte Reform habe eben das Gesammtwohl des Volkes, besonders die leichtere Aufbringung und zum Theil eine Abnahme der Gemeindelasten im Auge. Hoffent lich werde auch das Schulwesen an den Wohlthaten derselben betheiligt sein. Die „Kreuzztg." schreibt: „Die Spaltungen bei den Abstimmungen über die Jnnungsfrage, die Börsensteuer und ähnliche wichtige Punkte inner halb der deutschen Reichspartei lassen allerdings den Schluß ziehen, daß der Auflösungsprozeß der Partei bereits vollständig im Gange ist." Und die „Tribüne" bemerkt: „Es ist aufgefallen, daß die deutsche Reichspartei schon seit geraumer Zeit keine Fractionssitzung abgehalten hat. Hieraus, so wie aus mehrfachen Spaltungen bei wichtigen Ab stimmungen schließt man, daß es im Schooße der Partei zu namhaften Differenzen gekommen ist." Die socialistischenReichstagsabgeordneten Fritzsche und Vahlteich haben den Schluß des Reichstags nicht abgewartet, um ihre Absicht, nach Amerika auszuwandern, zur Ausführung zu bringen. Seit etwa acht Tagen befinden sich dieselben, wie Ber liner Blätter übereinstimmend melden, auf dem Schiffe, auf dem sie von Hamburg aus ihre Ueber- fahrt angetreten haben. Fritzsche hat also thatsäch- lich auf die Wiederaufstellung seiner Candidatur im 4. Berliner Reichstagswahlkreise Verzicht geleistet. Dagegen liegt es, wie weiter mitgetheilt wird, in der Absicht des gleichfalls bekannten Socialisten, früheren Referendars Viereck, der in Amerika eine reiche englische Dame geheirathet hat, an der Can didatur in Magdeburg festzuhallen. In Hamburg hat am 15. d. eine Sitzung der Bürgerschaft stattgefunden, um über den Zollan- schluß zu berathen. Das Resultat derselben ist noch nicht bekannt. Oesterreich. Drei österreichische Fürstinnen (Schwarzenberg, Kinsky, Metternich) und zwei Gräfinnen (Manns feld und Clam-Gallas) haben an die Damen der habsburgischen Monarchie einen Aufruf zur Hebung der heimischen Spitzen-Fabrikation gerichtet. Es wird in dem Aufrufe auf die in Wien errichtete Schule für die Spitzenindustris hingemiesen und auf gefordert, das, was aus derselben hervorgeht, zu be stellen und auch zu gebrauchen und zu tragen. Die Verfahrungsweisen, welche die Schule lehrt, sind neu und sie sind noch nicht Mode; man übt sie weder in Belgien, noch in Frankreich. Frankreich. In St. Etienne hat dieser Tage wieder ein socialistischer Arbeiter-Congreß seine Sitzungen gehalten, und zwar hatte der radicale Gemeinderath dieser Fabrikstadt den rothen Gästen das städtische Theater zur Verfügung gestellt. Die Resolutionen des Congresses waren die alten: Alles Eigenthum und alle Arbeitswerkzeuge muffen zum besten Aller an den Staat zurückkehren; das Weib müsse dem Manne bürgerlich gleichgestellt sein; der Unterricht müsse, und zwar ein ganz identischer, von der Ge- sammtheit ertheilt werden, die auch für den Unter halt der Kinder zu sorgen hätte rc. Außerdem wurde beschloßen, sich für die bevorstehenden Wahlen möglichst stark zu organisiren. Belgien. Das Tribunal von Gent hatte am 10. d. M. wieder die 13 Schulbrüder von Maltebrugge vor sich. Dem Bruder Hermes wurde wegen ganz außerordentlicher Unsittlichkeit der erste Preis, das heißt 10 Jahre Zuchthaus zuerkannt. Die übrigen, Bruder Theophilus, Bruder Cölestinus, Bruder Honorius rc. wurden mit geringeren Strafen be dacht. Nach den Schulbrüdern kommen jetzt die Honoratioren der klerikalen Partei. Das Mechelner Polizeigericht hat soeben den Notar und Gemeinde rath de Pauw, Präsident des katholischen Vereins „Aurora" in Mecheln, zu einer ganzen Reihe von Gefängnißstrafen und Geldbußen verurtheilt, weil er die Eingebungen einer betreffs der geschlechtlichen Beziehungen höchst verderbten Einbildungskraft theils praktisch verwirklicht hat, theils praktisch zu ver wirklichen suchte. Der Fall wird einen Ehrenplatz in den bekannten saueborum — Rubrik der belgischen Journale — einnehmen. Für die clericale Partei im metropolitanischen Mecheln sind die ge schlechtlich-gerichtlichen Abenteuer des frommen No tars ein empfindlicher Schlag, da derselbe bis jetzt als eine der Hauptzierden der Partei geholten hat und dieselbe mit großer Energie im Gemeinverath vertrat. Italien. In Italien ist eine Wahlreform im Gange. Der Ministerpräsident hat in der Deputirtenkammer die Ansicht der Regierung über die hauptsächlich sten Punke des Wahlreformentwurfs^namentlich über die Bedingungen der Wahlfähigkeit und den Wahl- census dargelegt und erklärt, aus der Bedingung des AbsolvirenS der zweiten Klaffe der Elementar schule und des Wahlcensus von 19 Lire 80 Cent, mache das Ministerium eine Kabinetsfrage. Diese Bedingungen wurden am 15. d. von der Kammer genehmigt. England. Die seit der Verhaftung Most's von der eng lischen Sektion des „Social Democratie Working Men's Club" herausgegebene „Freiheit" hat in