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AMduM TaoMatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 13. März 1881. Bekanntmachung. Aus dem hiesigen Stadtwalde können zur Frühjahrskultur circa 20,000 Stück zwei- nnd dreijährige Fichtenpflanzen zum Verkauf abge geben werden. Waldenburg, den 12. März 1881. Der städtische Forst-und Wirthschafts-Ausschuß. Limmer, Stadtrath. "Waldenburg, 14. März 1881. Der russische Kaiser todt. Wie ein Blitz aus heiterm Himmel, könnte man sagen, kam heule die Nachricht aus Petersburg, daß gegen das Leben des Kaisers von Rußland ein neues Attentat verübt und diesmal der Tod des Kaisers herbeigeführt worden sei. Nur Worte tief ster Entrüstung können es sein, mit welcher dieses Werk einer Anzahl von Scheusalen zu verdammen ist. Als der Kaiser am 13. d. nachmittags von der Ingenieur-Manege am Ekatarinenkanal unweit der Slallhofbrücke, wo Parade stallfand, zurückkehrle, wurden um I Uhr 45 Minuten Explosionsbomben unter seine Equipage geworfen; dem Kaiser wurden beide Beine unterhalb des Knies zerschmettert und um 3 Uhr 35 Minuten erlag er dem Blutverlust. Zwei Verbrecher sollen verhaftet sein, dieselben tru gen Bombea in weißen Tüchern bei sich. Ein Un teroffizier und zwei Kosaken sind todt, mehrere Po lizeibeamte und Privatpersonen verwundet. Das sind die kurzen Meldungen, die bis jetzt eingegangen sind, welche wir auch bereits heute Vormittag theilweise unseren Lesern durch Extrablatt zugehen ließen. Der Ursprung des Attentats ist unzweifelhaft den Nihilisten zuzuschreiben. Der Nihilismus spinnt seine Fäden von den untersten bis in die obersten Regionen der russischen Gesellschaft, wo diese zu sammenlaufen, weiß der Himmel. Jedenfalls ist es eine Macht, und ihre Macht haben sie jetzt bewiesen. Unermüdlich mit einer seltenen Energie, die einer besseren Sache würdig gewesen wäre, haben diese ihren Plan verfolgt, den regierenden Kaiser zum Rücktritte zu bewegen, wenn nicht anders, so durch gewaltsamen Tod. Sein Leben in letzter Zeit war nicht beneidens- werth. In ewiger Todesgefahr schwebend, bemäch tigte sich seiner eine unnatürliche Angst; er traute seinen Nächststehenden nicht mehr. Dazu kam noch der Conflict zwischen Vater und Sohn, der schein bar zwar vor der Welt beigelegt war, doch aber auf beiden Theilen einen liefen Eindruck gemacht und dieser nicht vermischt war. Kaiser Alexander II. Nikolajewitsch war geboren am 29. April 1818; er übernahm die Regierung am 2. März 1855, hatte also ein Alter von bei nahe 63 Jahren erreicht und 26 Jahre die Regie rung geführt. Sein Streben war ein gutes; als wichtigste Thaten während seiner Regierungszeil sind die inneren Reformen hervorzuheben, als deren wesentlichste Bestandtyeile die seit 1862 dura ge führte Aufhebung der Leibeigenschaft uns die Durch führung einer neuen Militärorganisation zu bezeich nen sind. In vielen davon betroffenen Kreisen wurde jedoch durch die Umgestaltung der wirlhschaft- lichen Verhältnisse, einer Folge dieser Reformen, tiefgehende Mißstimmung hervorgerufen und in der großentheils ungebildeten Bevölkerung die Verbrei tung socialistischer und communistischer oder nihi listischer Ideen begünstigt. Gegen die weit um sich gegriffene Beamtencorruplion war er ohn mächtig, die bessernde Hand anzulegen. Von der Zeit der letzten Attentate an führte er ein strenges Polizeiregiment unter Loris Melikoff ein, die Cen- sur arbeitete in schärfster Weise. Sein Nachfolger ist der am 10. März 1845 ge borene Alexander Alexandrowitsch, sein zweiter Sohn, der seit dem 9. November 1866 mit der Groß fürstin Maria Fsdeorowna (vorher Dagmar), Toch ter König Christians IX. von Dänemark, vermählt ist; der älteste Sohn ist am 24. April 1865 gestorben. Wirv oem neuen Herrscher aller Reußen ein günstigeres Geschick beschieden sein? "Waldenburg, 14. März 1881. Politische Rrmdschau. Deutsches Reich. Die Verlobung des Kronprinzen von Schweden mit der Prinzessin Victoria von Ba denist am12. d. in Karlsruhe in engstem Familien kreise vollzogen worden. Die Stadt hatte geflaggt. Der ersten Lesung des Unfallversicherungs gesetzes im Reichstag sieht man erst in 8 bis 10 Tagen entgegen; es soll den Fraclionen Zeit gelassen wer den, sich eingehend mit dieser wichtigen Frage zu beschäftigen. In Ausführung des Gesetzes über den dauern den Steuererlaß hat der preuß. Finanzminister officiöser Meldung zufolge bestimmt, daß die Classen steuer der sämmtlichen Stufen und die ctassifirte Einkommensteuer der fünf untersten Stufen im Etatsjahr 1881—82 und bis auf Weiteres auch in jedem folgenden Etatsjahr für die drei letzten Mo nate Januar bis März nicht erhoben werden soll. Regierungspräsident Wolff ist nach Trier zurück gekehrt; wie die „Post" schreibt, wäre seine ander weite Verwendung im Staatsdienste bis dahin Vor behalten, wo es sich um die definitive Besetzung der Stelle des Ministers des Innern handele. Das fortschrittliche „Berl. Tgbl." schreibt: Wir haben erst dieser Tage darauf hingewiesen, wie auffällig schnell die Nationalliberalen in den > Anschauungen des Volkes an Boden verlieren, f Nicht nur, daß ihnen daß letzte Organ, das sie in der Reichshauptstadt noch besaßen, (Nat.-Ztg.) ver- ' loren gegangen, nicht nur, daß sie, wie schon ander- ' weit erwähnt, im Weimarer Wahlkreise eine Nieder- § läge erlitten, auch in der Provinz Hannover selbst, , der eigentlichen politischen Domaine des Herrn v. j Bennigsen, hat sich nunmehr ein secessionistischer Wahlverein constituirt. Die Stadt Osnabrück ist es, die den übrigen Städten der Provinz mit gutem Beispiel vorangeht, und wir zweifeln nicht, daß sie bald anderweit Nachfolge finden wird. England. Das Unterhaus hat nunmehr auch das 2. Zwangs gesetz gegen Irland, das Verbot des Waffenbe sitzes betr., endgiltig mit 236 gegen 26 Stimmen angenommen. — Die Kosten des Krieges gegen Afghanistan, soweit sie England trägt, belaufen sich auf 5 Mill. Pfd. St. Eine Anleihe ist dazu nölhig. Türkei. Die Pforte ist bereit, den größten Theil von Thessalien mit Tikala und Larissa abzutreten. Alle Cabinete, einschließlich des Londoner, sind der Ansicht, daß diese Concession die Mediation der Mächte erleichtere. Afrika. Nach einem dem „Reuter'schen Bureau" aus Durban zugegangenen Telegramm vom 12. d. soll unter den Colonisten im Oranje-Freistaat große Aufregung herrschen und dieselben nur auf einen Vorwand warten, um sich den Boern anzuschließen. Sie betrachten die großen Verstärkungen der eng lischen Truppen mit Argwohn und glauben darin ein Anzeichen zu erblicken, daß die englische Negie rung die Annexion des Freistaats beabsichtige. Atts dem Mttldenthale. "Waldbenurg, 14. März. Die sterbliche Hülle Sr. Erlaucht des Herrn Heinrich, Grafen und Herrn von Schönburg-Glauchau, wird morgen Vormittag 11 Uhr in der gräflichen Gruft des Schlaffes Hinterglauchau feierlich beiqesetzt werden. *— Die Mulde ist seit gestern in ihr Bett zu rückgegangen und jede Gefahr vorüber. Ueberall im Thale stehen jedoch noch kleine Seen, die sich erst allmählich verlaufen können. Ueber angerichte ten Schaden verlautet nichts. Es hieß zwar am Sonnabend, daß das Wehr der fürstliche Mühle am rechten Muldenufer beschädigt sei, doch ist das nicht der Fall. — Das vom Leipziger Universitäts-Sängerver ein zum besten des Vereins für freiwillige Armen pflege in Glauchau veranstaltete Kirchenconcert hat ein Reinerlrägniß von 759 Mk. 41 Pf. ergeben, von welcher Summe dem Verein für freiwillige Armenpflege 559 Mk. 41 Pf. und je 100 Mk. dem Waisenhaus und der Kinderbewahranstalt überwiesen worden sind. — In einer am Dienstag Abend vom freisinnig reichstreuen Verein in Zwickau unter sehr starker Betheiligung der Mitglieder und der hierzu beson ders geladenen Zwickauer Gewerbetreibenden abge haltenen Versammlung hat Herr Handelskammer sekretär Or. Gensel von Leipzig einen Vortrag über die vom Bundesrathe ausgearbeitete Gesetzvorlage, die Bildung von Innungen betreffend, gehalten. Herr vr. Gensel faßte sein Urtheil über die Vor lage dahin zusammen, daß man derselben, obgleich sie manches Ueberflüssige enthalte, im großen Ganzen zustimmen könne. Man dürfe von dem Gesetz Gutes erwarten, indessen darüber dürfe man sich nicht täuschen, daß es allein die vorhandenen Uebel stände nicht beseitigen werde. Das beste könne einzig und allein der Gewerbestand selbst thun, indem bei seinen Mitgliedern das Selbstbewußtsein des Standes sich hebe und sie für die Ehre des Handwerkes sich wieder begeistern. Die vom Vor tragenden der Versammlung vorgelegten Thesen sprachen unter anderen aus, unter den Mitteln zur Heoung des Handwerks, auf welchem, trotz des Ueberhandnehmens der Großindustrie, die Kraft unseres Bürgerthums beruhe, verdienten die Ver suche zur Neubelebung des Jnnungswesens aufmerk same Förderung seitens des Gesetzgebers. Irrig sei jedoch die ost gehörte Ansicht, als sei der Ver fall des Handwerkes auch nur zu einem erheblichen