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Dies nebst einer kurzen scharfen Begründung schriftlich zur Kenntnis zu geben als Sühne für die unverschämte Beleidigung, die sein heutiges Verhalten gegenüber der Askania in sich schließe. Wo der Bug des Dampfers die rauschenden grauen Wogen des Flusses zornig durchschnitt, hatte sich im hoch- gelegenen Bordwinkel eine frohe, lustbewegte Gruppe zu- sammengefunden — Wolfram Brockenschmied und sein lieber Leihfuchs Oberlehrer Dr. Konrad Bauer mit seiner lieblich blühenden jungen Frau Lorle, Wolframs Base, aus dem engen Schloßwaldtal im Unlerharz. Das Lber- raschende Wiedersehen unter der Romantik der Saals- bürgen entzündete die Herzen. Musik und Sang erfüllten die graue Luft mit Glanz. Malerisch zogen die Waldufer und Felsenhügel zu beiden Seiten vorüber. Als das Orchester an Bord die Weise anstimmte, fiel keiner in so schwärmerischer Begeisterung ein wie der glückliche Ehe« liebste mit dem blonden, krausen Kinnbärtchen: Auf den Bergen die Burgen, Im Tale die Saale Doch Wolfram Brockenschmied sang nicht mit; er hörte zu in stiller, schwermütiger Lust: Ich alleine der eine Schau' wieder hernieder Zur Saale im Tale, Doch traurig und stumm- Ernst zurückgelchnt saß er am Bordgeländer, den Kopf leicht stützend, und ließ die Augen durch die festlich bewegte akademische Gesellschaft schweifen. Bald hier, bald da haftete sein Blick au dem schmucken jungsemestrigen Nach wuchs der Askania und an der Rosenblüte lieblicher Saale« töchter, an der sich die Askanenjugend begeisterte. Und forschte, in dunNe Erinnerungen verloren, weiter hinaus in das gesellige Treiben. Denn trotz der verdrießlichen Wolkenlust drängte sich alles auf Deck und freute sich in be haglicher Unterhaltung an den Felshügeln, Walduischen und Dorfidyllen der grünen Ufer. Plötzlich neigte er sich vor. In seinen braunen Augen schoß das Blitzen heftiger Überraschung aus. Er täuschte sich wirklich nicht. Der dort unter dem Segeldach im Hinterdeck vertraut auf die schöne, blasse Rotblondine einsprach, das war Georg Waldhausen. Wolframs Hand legte sich auf die seines lieben Leib- fuchsen. »Wie kommt der Waldhausen hierher?* »Du weißt nicht —?* Konrad Bauer sah ihn fragend an. »Was soll ich wissen? Seit der Pistolensache steht eine Mauer zwischen seiner und meiner Welt. Seitdem sind Jahre genug vergangen und die Mauer ist dicht ver wachsen.* »Verzeih'!* Konrad Bauer erhob sich und begab sich unter die Korona der Aktiven, um sich Vie Antwort auf Wolframs Frage zu holen. Als er dann zurückkam, saß er ein« Weile schweigend dem Freunde gegenüber, der in finsterer Spannung auf seine Auskunft wartete. „Hast du nie wieder etwas von ihr gehört?* fragte Konrad Bauer endlich aus seinen eigenen aufgerüttelten Gedanken heraus. „Von Waldhausens Frau? Von Elge Schütze?* Wolfram erhob abwehrend die Hand. »Nein! — Wir waren nun einmal nicht füreinander bestimmt; so mußte es auch ganz geschieden sein.* „Du weißt also nichts, gar nichts von jenseits der Mauer, — um bei deinem Bilde zu bleiben!?* „Nein — nein.* Dr. Konrad Bauer und sein rosenjunges, liebliches Lorle wechselten einen Blick rascher Verständigung mit einander. „Dann muß ich dir doch die stille Tragödie von jen seits der Mauer erzählen, damit du verstehst, was du heute siehst.* Wolfram schaute unbeweglich, in scheinbar starrer Ruhe, in das schäumende Kielwasser hinunter. »Willst du sie hören?* „Erzähle nur!* Und Konrad Bauer erzählt«. (Fortsetzung folgt.) Ein Vauarbciterstrett 2060 Jahre vor Christi. — In Assuan in Aegypten find interessante Auf zeichnungen über einen Streik gefunden worden, der rund 2000 Jahre v. Ehr. bei Regulierungsarbeiten deck Nils stattgesunden hat. Es handelt sich um einen Be schluß der Bauarbeiter, in dem diese erklären, „binnen vier Tagen die Arbeit ntederzulegen, wenn ihnen nicht alle neun Tage ein Feiertag zur Bestellung ihre« Felder gewährt wird, da sie sonst während der Winters zeit nichts zu essen hätten und mit ihrer Familie hungern müßten". Der Beschluß ist aus einen Ziegel, stein eingerttzt. In ihm werden 26 Namen aufgefÜhrt; es sind dies anscheinend die Namen der Vorarbeiter. HSHcnraufch. — Der Höhenrausch ist eines der köstlichsten, aber auch der gefährlichsten Geschenke der Berge. Verursacht wird er unmittelbar, vor allem bei temperamentvollen Menschen, durch da- übersteigerte Selbstbewutztsein, da- sich nach glücklicher Ueberwindung großer Gipfelauf gaben einzustellen pflegt. Das Gefühl, eine bedeutende Leistung vollbracht zu haben, der unmittelbar durch das Klettern erweckte Kraftverbrauch und nicht zuletzt der überwältigende Eindruck der Gipfelsicht lassen einen Zustand entstehen, in dem der davon Befallene die Er- poniertheit seiner Lage vollkommen vergißt. ES ist dies um so gefährlicher, als bekanntlich der Abstieg im Hochgebirge meistens höhere Anforderungen stellt, al ber Anstieg. Der vom Höhenrausch befallene Kletterer tanzt sozusagen mit seiner seelischen Verzauberung über alle Schwierigkeiten hinweg. Er überwindet Grat- rücken, Hindernisse, Bänder und Gletscher unter Hint ansetzung der elementarsten Sicherungen, überspringt Randklüfte anstatt Uebergänge zu suchen, vertraut lieber dem beim Anstieg bewährten guten Glück, als dem doppelten Seil und unterläßt es, Griffe und Tritte auf ihre Tragfähigkeit hin zu prüfen, ein Verhalten, daß ihm beim späteren, nüchternen Ueberdenken mit nachträglichem Entsetzen erfüllen kann. Die veranr- wortlichen Bergführer sehen sich durch derartige Er scheinungen oft genug vor die schwierigsten Aufgaben gestellt, um so mehr als ihr Auftreten, wie das aller psychischen Sonderzustände, starke Ansteckungsgefahr birgt. Anderseits bewährt sich beim Höhenrausch auch das Wort, das vom Alkoholrausch gilt: Kinder und Berauschte haben ihren besonderen Schutzengel. Vs8 fnsn/öslsckie fl-ieüenssnyedol.