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Sächsischer Landes-Anzeiger : 12.09.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-09-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188809126
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880912
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880912
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-09
- Tag 1888-09-12
-
Monat
1888-09
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 12.09.1888
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Nr. 213. — 8. IMMUN. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgende» Tages) znr Versendung gelangende „Lilchsischc LandeS-Auzcigcr" mit täglich einem Extra-Beiblatt: I. Meine Botschaft 2. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische GcrichtSzcitung 4. Sächsisches Allerlei 5, Illustrirtcs UiitcrhnltungSblatt 6. Tonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Psg., lei den Post-Anstalten 75 Psg. (Pvst-Zeitnngs-Prcisliste Nr. 5035.) Sächsischer Unparteiische täglich« Zeitung für Sacks«» und Thiiriuge». Verlags-Expedition: Sllexauder Wiede» Buchdruckerei, Chemnitz, Theaterstrahe Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mittwoch, 12. September 1888. Von de» Hanptblättcrn des „Sächsischen Landcs-Anzcigcrs" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-Ausgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nur 50 Pfg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monntl. 57 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachtr- Nr. 1250a.) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Eonnner.Eisenbnhnmhrplanhest für Sachsen. Wiiltcr-Lisenbahiifalirplaiihcft für Sachsen. Illustr. Aalender des Sächsische» Landboten. ' nsLandes-L Iilustrirtks Jahrcsbuch des l t-Anzeigers. Anzeigenpreis: Raum einer schmalen Corpnszeile 15 Pfg. — Bevoruigie Stelle (lsoallige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung- — Bei Bestellungen von Auswärts wolle inan . .. .... ... ... - . .. „ . „ . "ge, dcii Einrücknngsbetrag (in Briefmarken) beifügen ljc 8 Silben Corpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen könne» nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Tie Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauptblätter Amtsnerichtliche Bekannt»,achMllM. Im Musterregistcr des »nterzcichnetc» Amtsgerichts ist unter Nr. I5t5 eingctrageit: Ernst Richard Haase, Schlosscrtiieister in Chemnitz, Abbildung des Drahtgitters zu einem Kcllerlichtcinsall, plastisches Erzeugnis), Schutzfrist .3 Jahre, angcmcloet am 3- September >883 Vormittags 10 Uhr. Chemnitz, am 6. September >888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folinm 3>22 verlautbart, daß die Kausleutc Herr Emauuel Adler und Herr Isidor Gottgctrcn, Beide in Chemnitz, die Firma E. Adler daselbst von dem bisherige» Inhaber derselben zur Fortführung übernommen haben, daß küuftig E. Adler Co. firmirt wird, sowie, daß die Herr» Emanncl Adler ertheitt gewesc Prokura erloschen ist. Chemnitz, am 7. September 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 10. Seplembcr. Wien. Die „Pol. Corr." erhält aus Nom die Erklärung, falls Stvilow i» Italien mit Crispi eine Begegnung hätte, werde er ans dein Munde des Letzteren die allereindringlichsten Rathschlägc zur Bewahrung der Ruhe und des Friedens und zur Enthaltung von jeglicher Abcntcmerpolitik hören, und zwar um so nachdrücklicher, als Erin i werde versichern könne», daß nur durch ein solches Verhalten w .i den Absichten und Wünschen auch der mit Italien ver tu „> bnndeicn Kabinetc entsprechen werde. Petersburg. Als durch die vsfizielle Untersuchung konstatirte Thatsache meldet die „Nowoje Wremja", daß Sir Drumond Wolfs dem „freien" Kosaken Aschinow 16,000 Pfund gegeben habe, um den russischen Kaukasus anfzuwicgcln. (?) Wien, 11. Scpt. Infolge Ueberschwemmung und Dammbruchs ist zwischen Narzreid und Saturn der Verkehr der Südbahn eingestellt, ebenso zwischen Neninarkt—Salnrn. Die Verbindung zwischen Pinzalv und Campizio ist ebenfalls unterbrochen. Innsbruck, 11. Scpt. Infolge anhaltenden Negcnwettcrs sind in Südtyrvl vielfache Ueberschwe.mmnngcn eingetrcten, die Bahn dämme an mehreren Punkten durchbrochen u. s. w. Bremerhaven, 11. September, Mittags. Kaiser Wilhelm traf in voriger Nacht ^2 Uhr hier ein und wurde vom Dircctvr des Norddeutschen Lloyd, Lehmann, empfangen. Der Kaiser durch schritt die festlich geschmückte Llvydhalle und begab sich sofort mittelst eines vom Kriegsschiff „Hohenzollern" abgcsandten Ruderbootes an Bord des crsteren. Das zahlreich versammelte Publikum begrüßte den Kaiser mit großem Enthusiasmus. England und die deutsche Kolonialpolitik. Hs Chemnitz, den 11. September. Kolonialstrcitigkciten mit fremden Staaten haben für uns seit geraumer Zeit nicht mehr bestanden und werden hoffentlich auch nicht mehr wicdcrkehren, aber cs läßt sich nicht verkennen, daß von eng lischer Seile neuerdings wieder Alles anfgcbotcn wird, um dem deutschen Handelsverkehr in fremden Wcltthcilen und neuen deutschen Landcrwcrbnngen so viel wie möglich Steine in den Weg zu werfen. Eine Zahl von Bürgern Alt-Englands besitzt bekanntlich den Vorzug einer wahrhaft klassischen Ungenirthcit und es scheint fast, als ob sich die Leiter der englischen Kolvnialgesellschaften zum nicht geringen Thcilc aus dieser Klasse rckrntirten. Die Londoner Regierung protcgirt diese Herren nicht direkt, aber sie sieht ihnen durch die Finger, so viel sie nur irgend kann. Ein wahres Muster-Institut von englischer Unverfrorenheit ist die Noyal-Nigcr-Compagnic, die mit aller Welt in den Haaren liegt und deren Auftreten mitunter etwas gar zu bunt ist. Die in Mn Taugenichts. Die Geschichte eines Künstlers von Karl Ncnmann-Strela. Fortsetzung und Schluß. Nachdruck verboten. Sie rief es, sie ballte die Zeichnung zusammen, sic stürmte in die Stube hinein. Das Töchlcrchc» gab sich die größte Mühe, Daniel zu verthcidigen und den harten Sinn der Mutter zu erweichen. Aber die Gestrenge hatte in dieser Sache das letzte Wort gesprochen, dem Sünder wurde keine Gnade zu Thcil. Eine Frist von zehn Minuten war ihm vergönnt. Er begab sich in seine Kammer, schnürte eilends ein kleines Bündel und verließ ohne Abschied die Stätte seiner kurzen Wirksamkeit. Dranßcnanf der Gasse warf er noch einen letzten Blick ans das „Gefängniß" zurück. Dehnte sich ihm unter dein freien Himmel nicht weit die Brust? Was würde aber die Mutter und der Nachbar sagen? Würden sie ihm jetzt doch noch gestatten, daß er eine Lauf bahn erwählen durfte, die seine ganze Seele erfüllte? Unter diesen Gedanken trat er vor die Mutter und bekannte ihr, was ihm ge schehen war. Tief traurig senkte die Frau das Haupt. Dann kam der Seifen sieder hinzu und setzte ein neues Gewitter in Scene. Er hatte cs so gut mit dem Jungen gemeint, doch statt sich wacker zu führen und einst Mariechens Hand zu erringen, hatte er leichtsinnig sein Glück verscherzt. Was weiter? Maler werden ans keinen Fall! Dergleichen könnten eben nur reiche Leute, denn die Kunst brächte i» de» seltenste» Fällen etwas ein. Frau Berger cntsann sich aber eines Vetters ihres seligen Mannes, eines gewissen Herrn Heyl, der in Berlin, Ecke Leipziger- und Charlottcnstraße, eine Farben-, Matcrialwaaren- und Weinhandlnng besaß. Als Vater Berger vor Jahren von einer Reise nach der Residenz heimgekehrt war, hatte er von Heyl's weit ver zweigten Verbindungen Wunderdinge erzählt. Dieser Vetter sollte jetzt gebeten werden, Daniel in Obhut zu nehmen. Zwar bebte dcrMutter das Herz bei dem Gedanken, daß sich dann so viele Meilen zwischen sie und den Sohn legten; allein der Seifensieder erklärte ihr, das verlange die Nothwendigkeit und es könnte dem Jungen wahrlich nichts schaden, wenn er in Heyl's gewiegte und bewährte Schule käme. Also wiederum pnnktum, abgemacht, und daß sich der Knabe füge» mußte, v.rneht sich ein zwcitcsmal von selbst. An den Vetter wurde geschrieben. Die Antwort des Handelsherrn ließ nicht auf sich warten, und da er, wie er bemerkte, die wcrthc Verwandtschaft in Anklam nicht vergessen hätte, so erklärte er sich gern bereit, den Sohn des seligen Vetters unter seine Flügel zu nehmen. Berlin abgeschlossene afrikanische Akte sichert bekanntlich Angehörigen aller Nationen im Kongo- und Niger-Gebiet freien Handel; auch sollen von den Staaten, welche dort Besitz haben, keine anderen Zölle erhoben werden, als zur Bestreitung der Vcrwaltungskosten noth- wendig sind. Die brave Niger-Compagnie kehrt sich an diese Be stimmungen nicht im Geringsten, sie verweigert geradezu den An gehörigen fremder Nationen, die schon seit Jahr und Tag im Niger- Gebiet wohnhaft sind, die Ausübung der Handelsfreiheit. Auch deutschen Kaufleutcn ist von der Gesellschaft wiederholt schwerer Schaden zugefügt und die deshalb von der Neichsregierung in London erhobenen nachdrücklichen Vorstellungen und Schadcnersatz- fordernngcn haben bisher keine Berücksichtigung gefunden, so daß das Anschlägen eines etwas derberen Tones sich als nothwendig erwiesen hat. Damit sind aber die Heldcnthaten der Niger-Compagnie noch nicht zu Ende. Es ist ihr gar nicht darauf angekommcn, fried liche und unabhängige Stämme der Eingeborenen mit Waffengewalt zu zwingen, nur an sic ihre Producte zu verkaufen. Es ist darüber selbst z» Mord- und Todtschlag gekommen, ein neuer Beweis für die Tiefe der englischen Moral, wenn cs sich um Geld und britische Interessen handelt. Ebenbilder der Niger-Compagnie sind die Herren von der Cap- Regicrnng in Capstadt, die nun zwar nicht thällich gegen uns Vor gehen können, aber in Verdächtigung und Verhetzung der deutschen Kolonisativnsbestrebungcn leisten, was ihnen irgend möglich ist. Lediglich um die Deutschen zu ärgern, verweigert die Capcolonie die Abtretung der rings von deutschem Gebiet umschlossenen Walfisch- Bay an Deutschland. Hätte dies Stückchen Land für die Engländer irgend welchen größeren Werth, so wollten wir es ihnen nicht ver denken, wenn sie die Abtretung ablehnten; aber die Walfisch-Bay bringt noch nicht so viel ein, als ihre Verwaltung kostet, und zum Ucbcrfluß ist im Cap-Parlament noch erklärt worden, daß nur die Abneigung gegen den deutschen Kolonisationserwerb einen Ausgleich über diesen Punkt verhindere. In Ostafrika versucht die britische Kolonisationsgescllschaft mit Unterstützung der englischen Konsnlarbcamten, den Deutschen auf alle mögliche Weise den Boden unter den Füßen fortznziehen. Sehr häßliche Geschichten sind da bereits zu Tage gekommen und werden immer noch berichtet. Das neuste Musterstück ist der Versuch, den seit Jahr und Tag schon unter deutschem Schutz stehenden Sultan Achmed von Witu gegen uns aufzureizen, und die Uebernahme der Verwaltung in den zanzibaritischen Küstenorten durch die deutsche ostafrikanische Gesellschaft zu Hintertreiben. Es mögen ja die Ver hältnisse in so entlegenen Ländergebieten nicht so ganz klar liegen, es mag leicht Grund zu Zerwürfnissen erwachsen, aber offener Streit und ehrliche Aussprache sind doch etwas ganz anderes, als dies Jn- triguiren von hinten herum, an dem sich britische Konsularbeamte nur gar zu gern bctheiligen. Wäre der Londoner Regierung auf richtig daran gelegen, zum deutschen ^Reiche herzliche Beziehungen zu schaffen, so würde sie auch ein Mittel finden, ihre überseeischen Be amten zu einer entsprechenden Haltung den Deutschen gegenüber zu Veraulassen. Allein in dieser Beziehung rührt sich in London Niemand, und deshalb glauben die Vertreter Albions ein Recht darauf zu haben, den deutschen Kolonisationsintcressen unfreundlich entgegcnzutreten. „Gentlemanlike" ist dies Benehmen in der That nicht. Politische Nmrdschan. Chemnitz» den 11. September. Deutsches Reich. Die Kaiserparade über das 3. (branden- burgische) Armcccorps fand gestern Montag Vormittag auf dem Das Muttcrherz pochte immer stärker, je näher die Stunde des Abschieds kam, und als dann Daniel die sogenannte ordinäre Post, einen entsetzlichen Rumpelkasten ohne Polster und Feder, bestieg, da glaubte die arme Frau doch nicht anders, als daß ihr ein grausames Geschick den Einzigen auf immer entführe. Nicht reich beladen mit Schätzen, aber mit guten Ermahnungen desto reichlicher versehen, saß er zwischen Kisten, Kasten und Päcke» im Rumpelkasten. Machte er nicht wieder das grämlichste Gesicht? Ging er nicht einem neuen „Gefängniß", neuen Martern entgegen? Unter diesen Empfindungen begrüßte er die Residenz und pochte bei Herrn Heyl in der Leipziger straße an. Kein Zwicbeldnft, kein Häringsgeruch, kein Befehl den Laden zu kehren, Tonnen und Wannen zu scheuern. Kein gestrenger Principal, sondern ein freundlicher Herr, der den jungen Verwandten herzlich willkommen hieß. Wie so ganz anders war es doch im Laden der Sellv gewesen! Hier in diesem Hause erinnerte nichts an „Sklaverei" und „Ketten"! Aus den Mienen des Herrn Heyl sprach nur Güte; innig und Vertrauen erweckend, wie seine Worte waren, vertraute ihm der Jüngling schon nach wenigen Tagen an. was er ersehnt, geduldet und gelitten hätte. Er erzählte, wie er sich auch nach der Katastrophe in Frau Sello's Laden vergebens bemüht, von der Mutter Erfüllung seines Wunsches zu erlangen, wie er von dem Gedanken, ein Maler zu werden, dennoch nicht lassen könne, und wie ihm mit jeder Stunde nur klarer werde, daß er zum Kaufmann nicht tauglich sei. Das sprach er so warm, so über- zengungsvoll, so aus der Tiefe seines Herzens heraus, daß Herr Heyl ihm zuhörte, ohne ihn nur einmal zu unterbrechen. Auch in den nächsten Tagen sagte er dem Knaben nichts, er stellte sich, als hätte er die Sache ganz vergessen. Aber er ging mit sich zu Rath und legte sich die Frage vor: ob nicht die Pflicht von ihm erheische, den Jüngling auf dcn er sehnten Weg zu führen und ihm ein Helfer und Beschützer zu werden? So kam er denn wieder nach reiflicher Erwägung auf Daniels Be kenntnis) zurück und begehrte Proben seiner Kunst zu sehe». Wie hätte der Jüngling zögern können, diesem Verlangen nicht auf der Stelle zu genügen! Was lag ihm näher, als dcn Prinzipal zu zeichnen und die übrigen Hausgenossen dazu? Dann begab sich Herr Heyl mit diesen Blättern zu namhaften Malern und erbat ihre Meinung. Wie dieselbe war? In dem Briefe des Kaufmanns »ach Anklam hieß es in Kürze so: Daniel müßte ein Maler werden, und wer ihm das noch länger untersagte, beginge eine» Frevel an 's der Kunst! Das war entschieden, kurz und bündig, das hatten die 'ß »!' 1 , des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). 1 Tcmpelhofer Felde bei Berlin statt; es war das zweite große mili tärische Fest für die Residenz im September. Allerdings fehlten dies mal die hohen fremden Gäste, welche die Parade über das Garde- eorps am Tage vor Sedan verherrlicht, aber der Zulauf der Volks menge war doch ein gewaltiger. Etwa 30,000 Mann standen in Parade. Statt aus dein Palais Kaiser Wilhelms wurden die Fahnen und Standarten diesmal aus dem Königlichen Schlosse abgcholt. Der Kaiser erschien erst um 9 Uhr ans dem Paradcfelde und zwar direct ans Potsdam. Von Fürstlichkeiten waren anwesend nur der Prinz Albrecht von Preußen und der Kronprinz von Griechenland. Von ihnen gefolgt, ritt der oberste Kriegsherr die Fronten ab, überall seinen Gruß entbietend. Die Truppen hielten sich vorzüglich. In musterhaften Linien kamen sie beim Kaiser vorüber, der oft durch deutlich wahrnehmbare Zeichen seine Zufriedenheit zu erkennen gab. Beim Vorbeimarsch seines Schwedtcr Dragoner-Regimentes setzte sich Prinz Albrecht an die Spitze desselben und führte cs dem Kaiser persönlich vor. In der Parade, die um 11'/2 Uhr beendet war, standen auch die nicht zum 3. Armeecorps gehörigen, aber zu den Manövern hcrangczogcncn Stendaler Husaren und Lissaer Kürassiere. Bei der Heimkehr setzte sich der Kaiser an die Spitze der vom Leib- regimcnt gestellten Fahncncompagnie und führte dieselbe unter enthusiastischen Ovationen der Menge znr Stadt zurück. Nachmittag- um 4 Uhr fand im Weißen Saale des Königlichen Schlosses das übliche Paradcdincr statt. — Abends 7 Uhr reiste der Kaiser mit Gefolge vom Lehrter Bahnhof nach Bremerhaven zur Beiwohnung der Flottenmanöver in der Nordsee. Mittwoch Abend erfolgt die Rückkehr nach Berlin. — Die Reise der Kaiserin und der kaiserlichen Prinzen nach Primkenau wird im strengsten Inkognito stattfinden. Der Aufenthalt daselbst wird etwa zwei Wochen dauern. — Die Kaiserin Angusta ist am Montag Abend von Weimar in Baden-Baden cingetroffen.— König Oskar von Schweden hat unseren Kaiser zu dcn großen Elch- jagdcn in Wcstgothland cingeladcn, welche Ende der Woche beginnen. Der Kaiser ist aber durch die Manöver verhindert, der Einladung zu entsprechen. — Ucber die Schulden des Königs Ludwig von Bayern wird aus München gemeldet: Die durch den starken Fremdcnbesuch glänzend gewordenen Einnahmen des.Hoftheaters, sowie die gün stigen Verkäufe einiger Villen im Dorfe Berg aus dem Nach laß König Ludwig's II. lassen hoffen, daß die Restschuld des un glücklichen Königs in zwei Jahren gänzlich getilgt sein wird. Die I königlichen Theater werden diesmal gar keinen Zuschuß aus der königlichen Civilliste beanspruchen und durch die vorsichtigen Verkäufe mehrerer Privatbesitziinge» durch das Kuratorium des Königs Otto werden Ersparnisse erzielt, die, sobald die Königsschuld getilgt ist, auf Hundcrttansende im Jahr sich belaufen können. — Prinz Heinrich von Preußen wird sich demnächst mit einem deutschen Kriegsgeschwader nach den griechischen Gewässern begeben, um dem Ende October bevorstehenden fünfundzwanzigjährigcn Regierungs-Jubiläum des Königs Georg von Griechenland beizuwohnen. — Fürst Bismarck und Graf Herbert Bismarck werden beide am 15. September in Berlin erwartet. — Aus Hannover wird berichtet, man denke daran, Herrn Miquel an Stelle Bennigsens zum Landesdircctvr der Provinz Hannover zu wählen. Als Oberbürgermeister vvn Frankfurt a. M. steht sich Herr Miquel doch wohl etwas besser noch. — Im Befinden des Wirkt. Geh. Rathes Or. Pape ist am Montag eine weitere Verschlimmerung eingetrcten, der Zustand fast hoffnungslos. Die Sitzungen der Civilgesetzbnchs-Commission finden jetzt unter Vorsitz des Geh. Rathes Johow statt. — Auf dem weiten Umwege über Stockholm wird jetzt mitge' theilt, der Grund zu der bekannten Rede Kaiser Wilhelms in Frankfurt sei Gefragten einstimmig erklärt. Und das wirkte auch bei der Mutter, denn als sie dem Seifensieder das Schreiben des Vetters reichte, da fügte sie gleich hinzu: „Wenn ihm Heyl die Mittel gewähren will, wie er mir meldet, dann würde es Unrecht von mir sei», wenn ich ihn noch länger hindern wollte! Also in Gottes Namen, und mögen seine Hoffnungen in Erfüllung gehen!" „Narrheit," polterte der Nachbar. „Sie werden cs noch bitter bereuen! Ein Taugenichts, wie Frau Scllo sagt, ans dem nie etwas werden wird!" Und in Berlin nach wenigen Tagen? Der glückselige Daniel küßte die Antwort der Mutter und dankte dem Kaufherrn aus Herzensgrund. Vorbei die Nacht, das Grauen! Der Tag brach au mit seinem Glanz und SonnenscheinI Und Wohl ihm, daß er das Bild der Gestrengen gefertigt hatte, und daß ihm befohlen wurde, in dieses Papier Schwefelfaden zu packen! Daß es nicht in die Ecke zwischen Lumpen gerieth, sondern bemerkt, betrachtet, bewundert und besprochen wurde! Wäre Dame Sello sonst ans der Gesellschaft ge stürzt? Hätte sie sonst auch die zweite Zeichnung erwischt und den „Tangenichts" ans dem Hause gejagt? Also entschieden ein Glück, daß Alles so geschah, und daß dann Herr Heyl gebeten wurde, dcn Sohn des seligen Vetters unter seine Flügel zu nehmen. Und Ende gut, Alles gut. Hat nicht der würdige Kaufherr erlebt, daß Daniel Dank seinem rastlose» Fleiß die Ruhmcsleiter höher und höher erstieg und daß auch sein Name erklang, wenn von de» tüchtigsten Künstlern gesprochen wurde? Hat die Mntecr ihre Einwilligung je bitter bereut? O, Nachbar Seifensieder und gestrenge Frau Sello, ihr seid schlechte Propheten gewesen! Daniel Berger wurde zwar kein großer Maler, sonder» einer der trefflichsten Kupferstecher seiner Zeit. Plötzlich fiel cs ihm ein, Pinsel und Palette mit dem Grabstichel zu vertauschen. In Paris, später in London, lag er diesem Studium ob, und wieder in Berlin, ernannte ihn der König znm Professor der Knpferstcchknnst an der Akademie. Da entstanden seine berühmten Blätter „Schwerins Tod", „Scidlitz in der Schlacht bei Roßbach" und „Friedrich der Große mit dem Ster» ans dem Haupte." Darstellungen aus dem Leben des Prinzen Heinrich reihten sich an und als Berger, der die glänzendsten Berufungen nach Paris »ud Petersburg ablehute, seine Sammlung deutscher Gelehrten und Künstler erscheinen ließ, wählte man ihn zehn Jahre vor seinem Tode, der 1824 erfolgte, zum Dircctvr der Berliner Akademie. Ter heutigen Nummer deö Sächsische» Landes-AnzeigerS liegt bei das Beiblatt „Sächsisches Allerlei".
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