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Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.12.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-12-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188812309
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18881230
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18881230
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-12
- Tag 1888-12-30
-
Monat
1888-12
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 30.12.1888
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°SWV- Ka«y« mit 104, Herr Theodor Hofmann ebenfalls mit 104 und Herr Emil Thierfelder mit 146 Stimmen. L—. Renkirchen, 28. December. Heute Vormittag gegen d Nhr hat sich der Färber Herr Louis Oertel hier auf dem Dach- Habe» de» von ihm und seiner Familie bewohnten Hauses durch Erhängen den Tod gegeben. Die Ursache dieses traurigen Schrittes glaubt man in großen Verlusten suchen zu müssen, welche Herr vertel geschäftlich erlitte». Daß die That mit Vorbedacht geschehen, bürst« darau» hervorgehen, daß der Verablebte bereits am Tage Vorher zu seiner Tochter geäußert habe» soll, er werde nicht lange mehr bei den Seinigen weilen. — Bemerkt sei hierbei» daß auch ein Bruder Oertel's vor mehr als 20 Jahren den Atlhen Tod suchte und fand. X — Limb ach. Am 1. Weihnachtsfciertag wurde der im Laufe diese» Jahres vollständig neugebaute Hirsch-Saal, welcher bereit» vor 3 Monaten dem öffentlichen Verkehr übergeben worden ist, als Theaterlocal geweiht. Es gastirt hier die Theatcrgesellschaft Nnger (Bes. des Bad-Theaters in Elster) und was wir bis heule Von ihr gesehen haben, ist lobenSwerth gewesen. Am 1. Feiertag Wurde »Madame Etiqnette" von Jsay, am 2. Feiertag »Manuela Ferrani" von Kneisel, am 27. Decbr. »Der Lumpenkönig" von Zimmermann, also Lustspiel, Volksstück und Posse, gegeben. Zur Eröffnung waren ungefähr 700 Personen anwesend und die folgenden Tage war dar Theater nicht minder gut besucht. Am 29. Decbr. wurde »Die berühmte Frau" von Schönthan-Kadelburg gespielt und kom menden Sonntag wird das bekannte „Mein Leopold" von L'Arronge iu Scene gehe». An den letzten 3 Abenden wurden die Darsteller ,, durch stürmischen Applaus und Hervorruf bei jedem. Aktschluß aus gezeichnet. Das Local selbst eignet sich wegen seiner Geräumigkeit und Bequemlichkeit vorzüglich für's Theater. Die Malereien hatte Herr Halbhnber von hier zu besorgen und ist z. B. die Bühne, Vorhang (Hauptvorhang ist noch in Arbeit) rc. vortrefflich ausgefnhrt. Ein längst gehegter und berechtigter Wunsch, ein schönes Theater local zu besitzen, hat sich nun erfüllt, die Eröffnung und Weihe War desselben würdig. — Sehr lebhaft beschäftigen sich alle Gesellschaftskreise hier, in Obersrohna, Rüßdorf u. f. w. mit der jetzt ausgeiauchten Frage der Erbauung einer Eisenbahn Limbach- Waldeirburg-Altenburg. Man müßte sehr kurzsichtig sein, wollte man nicht die hohe Bedeutung dieser Linie, welche einem dringenden Bedürfnisse endlich einmal entsprechen würde, einsehe», wollte man nicht die Wünsche der betheiligten Ortschaften als sehr berechtigt an erkennen. Dieser Ansicht ist in hiesiger Gegend ohne Ausnahme ein Jeder, denn er kann sich den Thatsachen gegenüber der Wahrheit nicht verschließen und so ist die Bitte, die hohe Staatsregierung möge die Linie Limbach-Waldenburg-Altenburg schaffen, eine ein stimmige. — Der Dieb, welcher vor Weihnachten in früher Abend stunde das Schaufenster des Herrn Uhrmachers Albrecht, hier, einwarf und plünderte, ist noch nicht ermittelt worden. — Der hiesige Stadtrath nimmt jetzt zum Zichkinderwesen Stellung insofern, als alle Personen, welche Kinder zur Erziehung und Pflege annchmen vollen, dies erst vorher (bei Vermeidung von Strafe) anzeigen müssen. Wir können dieser Maßregel nur anerkennend zustimmen Der sittlich-soziale Werth des Vorgehens ist nicht zu unterschätzen. . — Aus Thalheim wird berichtet: Wie gefährlich das zur Weihnachtszeit gebräuchliche sogenannte Ruprechtspiclen werden kann, zeigt ein hier vorgekommcuer Fall. Das zwölfjährige Schulmädchen B. hatte am Sonnabend vor acht Tagen zn ihrer Freundin und Nachbari», der in gleichem Alter stehenden D., geäußert, sie werde an diesem Abende den Ruprecht zu ihr schicken. Wie gesagt, so ge- schehc». Der bewußte Ruprecht war aber Niemand anders, als das »rstere Mädchen. Sie hatte einen umgcwendeten Pelz angezogen und sich verlarvt und ging so zu ihrer Nachbarin. Diese war nicht zu Hause) beim Fortgehen jedoch kam sie ans der Straße mit derselben zusammen, hierbei erschrak das Mädchen aber so sehr, daß sie die Krämpfe bekam und heute noch schwer an denselben darnieder liegt. — Am vergangenen Sonnabend kam auf der glatten Straße das Mädchen St. so unglücklich zum Falle, daß die von ihr i» der Hand getragene Schüssel zerbrach und die Scherben ihr die Adern und Flechsen am rechten Handgelenk zerschnitten. Steifheit der rechten Hand ist die mögliche Folge dieses Falles. o—. Mittelbach, 28. Decbr. Die Betheiligung bei den gestern hier stattgefundencn Ergäuznngswahlen der Ausschußpersonen zn dem Gemeinderathe war eine sehr lebhafte, denn es haben bei der Wahl der Ansässigen gegen 60«/» der eingeschriebenen Wähler ihre Stimme» abgegeben, während bei der Wahl der Unansässigen nahe an 50 °/g der eiugcschricbcnsn Wähler sich betheiliglen. Ausge stellt waren vier Candidatenlisten der ansässigen und zwei der unan süffigen Parteien, von denen mit erheblichen Majoritäten die der politisch links stehenden Parteien dnrchgedrangen sind. Während bei derartigen Wahlen früher fast ausschließlich beschriebene Wahlzettel kirculirtcn, gab cs diesmal nicht weniger als sechs verschiedene ge druckte. Das Interesse bei den Gcmcindcrathswahlcn ist hier so nach ein entsprechend reg. res geworden. L—. Stelzendori. Wie schon bekannt, hält der hiesige Turnverein am Nenj.hrstag seine erste Abcndnnterhaltnng im hiesigen Gasthof ab, und zwar zum Besten des hiesigen Frauenvereins. DaS Programm verspricht einen genußreichen Abend, da die so sehr beliebten 3 Mitglieder des Turnvereins zu Schönau die komischen Borträge frcnndlichst übernommen haben. Auch das Turnen wird voraussichtlich großen Beifall finden, wie ja noch immer die Leist ungen des letzten Turnfestes von allen Oriseiuwohnern sehr günstig besprochen werde». Sv ist ein zahlreicher Besuch zu erwarten und auch insofern zu wünsche», als der Reinertrag einem guten Zwecke zugcdacht ist. —e— WittgenSd orf, 28. Dcc. Zu der gestrigen Gemeinde rathswahl waren von 2 Seiten Vorschläge gemacht worden. Die zu Wählende,, der einen Liste wurden als „einsichtsvolle, unparteiische Männer" von vielen Einwohnern empfohlen, während ein Flugblatt mit der Gegenliste von mehreren Gemeinderaths- und Gemeindcmit- glicdern unterzeichnet und verbreitet wurde. Ein allgemein sehr ge achteter Mann wurde »och, während die Wahl schon im Gange war, dorgeschlagc». Gewählt bez. wiedergewählt wurden als Ausschuß personen die Gutsbesitzer Karl Lenk, Heinrich Seipt, F. O. Hainig, der Gartenbesitzer Karl Uhliiian», die Hausbesitzer Robert Vergelt nnd Robert Lcmcle, sowie die Unansässigen August Hofman» und F. Wilhelm Ahner. Mit der Wahl der Ausschußpersoiien war dieses Jahr auch die von Ersatzmännern znm ersten Male verbunden. Als solche wurden gewählt die Gutsbesitzer Karl Fichtner und F. A. Agsten, der Gartenbesitzer Gustav Uhlig, Tischlermeister Gottlob Knorr, Restaurateur Knobel, Stricker Hermann Knorr und Strumpfwirker Ernst Otto Böhme. **— Hartha u. Sonntag, den 30. December, wird im Lehn gerichtssaale zn Berbisdorf und Sonntag, de» 6. Januar, im Saale der Wenzel'schcn Gastwirthschaft in Harthau und zwar je Abends 7 Uhr ein Thcil der cviifirinirten Jugend dos sogen. Berliner Weih- tiarhtSspiel, von den Prinzen und Prinzessinnen des kurfürstlichen Hofes im Jahre 1589 in Berlin aufgeführt, zur Darstellung bringe». Der Reinertrag ist an beiden Orten für bedürftige Confirmandcn be stimmt nnd sieht man auch in Rücksicht hierauf einem zahlreichen Besuch entgegen. Die Eintrittsgebühr beträgt 20 Pf. X Einsiedel. Auch in dem seit dem 15. Oktober d. I. hier bestehenden Kindergarten wurde das Weihnachlsfest durch einige einfache Spiele am Sonntag vor Weihnachten begangen. Die hierzu geladenen Eltern fanden dabei Gelegenheit, zu sehen, welch' har monisches Berhältniß zwischen ihren Kleinen und der „Tante" herrscht. Die Vorführungen gelangen recht hübsch und sie, sowie die Aus stellmig der Weihnachtsarbcitcu bewiese», daß Fräulein Jvkisch ernst, lich bemüht ist, ihrer Aufgabe treu nachznkoiiimeii. Möge cS ihr durch eine andancrnd zahlreicheBetheilignng belohnt werden. — Am 1. Weihnachtsfeieriag Nachmittags bcschcerte der Frauen verein de» hiesige» Armen in der Schulstube der Kirchschule. — Ai» selbige» Tage Abends 5 Uhr wurden die armcn Kinder in dem 7. Schul zimmer der „neuen" Schule von Seiten des Arm en Vereins bc. schenkt. Diese Feierlichkeit wnrde durch eine» Mänucrgesang ringe leitet. Darauf hielt Herr Pastor Pöschmami eine kurze Ansprache a» Diejenigen, denen Leschccrt werde» sollte. Der Ansprache folgte noch ein Wcihnachtslied, ausgefnhrt von einem Männcrqnartett. Nach erfolgter Anstheilnng der Geschenke wurde der Christbanm abgcleert und sein Schmuck ebenfalls an die aiiweseudcn armen Kinder vcr thcilt. — Ebenfalls am 1. Feiertag fand in de» Abendstunden ei» Pferd eines Chemnitzer Zweispänners recht unerwartet seine» Tod. Dasselbe scheute in der Nähe des Bahnhofes und schlug über die Deichsel. Aus dieser unvortheilhafieu Lage konnte eS erst wieder befreit werden, nachdem ihm das Geschirr abgcnommen war. Dabei machte cs sich aber in größter Eile davon. Bei der Doctorbrücke rannte es jedoch an das eiserne Geländer an, riß eine 3—4 m lange Deckstange ab und rannte sich dicsclbc, obwohl sie am Ende zum Halbkreis umgedogen war, so in den Leib, daß die Stange in der Brustgcgend ein- nnd am Hinterthcil wieder anstrat. Das Tiner mußte natürlich gctödtct werden. Die Insassen des betreffenden Ge schirres ließe» ihren Wagen mit hiesigen Pferden bespanne», um nach Hause zu fahren. —X Einsiedel. Das am 27. d. M. bei den Wahle» znm Gemeinderath erzielte Resultat gestaltete sich folgendermaßen: Von den Ansässigen wurden gewählt als Höchstbesteuerte Herr Gerbcr- meister Grünitz mit 66 Stimmen und Herr Fabrikbesitzer Paul mit 54 Stimmen; als Mindestbestcuerter Herr Robert Beckert, beschäftigt in der Lohs'schen Strumpffabrik, mit 61 Stimmen. Von den Unansässigen erhielten die meisten Stimmen Herr Uhlmann, Korbmacher (131) und Hösel, Schlosser (111). Unter den Gewählten ist Herr Paul der einzige, der in den vergangenen 6 Jahren bereits dem Gemcinderath angchört hat. Die 188 Ansässigen waren mit 112 und die 396 Unansässigen mit 213 Stimmen vertreten. Es ist dies eine verhältnißmüßig schwache Betheilignng, wenn von deu Ansässigen nur gegen 60 und von Unansässigen nur gegen 54 Prozent an der Wahlurne erschienen. X Altendors, 28. Decbr. Gestern Nachmittag 6 Uhr sand im Restaurant „Zur Erholung", Besitzer Herr Heinrich Prost, die diesjährige Weihnachtsbcscheernng des hiesigen Frauenvereins statt. Nachdem die Geschenke, bestehend in Kleidungsstücken und Stollen, auf einer großen Tafel geordnet und die zn Beschenkenden, nur ältere Ortsarme, von der Frau Vorsteherin und den Vorstands- daiiie» an ihre Plätze geführt worden waren, begann die einfache, würdige Feier. Der Mannergesangverein cröffnete dieselbe mit der Motette: „Der Mensch lebt nnd bestehet nur eine Keine Zeit" von Nägeli. Darauf hielt Herr Kirchschnllehrer Körner eine Ansprache, in welcher er als Thema: „Gott sorgt für mich" in zu Herzen gehender Weise behandelte. Den Schluß bildete der Gesang des Liedes: „Verlaß mich nicht! O du, zu dem ich flehet" von W. Greese. Sicher habe» alle Beschenkten mit dankbaren! Herzen das Lokal ver lassen und zugleich mit allen Besuchern der Feier von Neuem das segensreiche Wirken des Frauenvereins erkannt, wofür den Mitgliedern aufrichtiger Dank gebührt. — Kommenden Hohen-Nenjahrstag findet in der neue» Schule die von der hiesigen Gemeinde alle Jahre ver anstaltete Bescheerung armer Schulkinder statt, wobei Herr Pastor Koch die Rede übernommen hat. — In der gestern stattgefundenen Ge meinderathswahl wurden von den 4 ausscheidenden ansässigen Ge- meinderathsmitgliederu wiedergewählt die Herren Eisendreher Julius Heydt nnd Gutsbesitzer Friedrich Matthes, während neu hinzugewähll wurden die Herren Fabrikant Richard Ahnert nnd Gutsbesitzer Richard Richter. — Eilenburg, 27. Dec. Gestern Abend war unsere Stadt der Schauplatz eines Mordes und heute früh hat sich der Mörder freiwillig der Polizei gestellt. Der Ermordete ist ein Former aus einer hiesigen Eisengießerei, der Mörder (wider Willen) ein Schnh- machergeselle mit Namen Tralls. Nach den bis jetzt bekannt ge wordenen Nebenumständen ist der Schuhmacher von 2 jungen Leuten, einem Soldaten nnd seinem Opfer, auf der Straße, wie man sagt, angerempelt worden. Als darüber sich Streit entspann und T. sogar zu Boden geworfen wurde, machte er von seinem Messer Gebrauch, «vorauf er flüchtete, ohne Kcnntniß von dem schlimmen Erfolg seiner Vertheidigung zu habe». Aus Nah und Fern. — Hamburg, 27. Dezember. Eine furchtbare Fencrsbrunst wüthete in der Christnacht in dem holsteinischen Orte Stellingen bei Hamburg. Gegen 1 Uhr erwachte die Besitzerin einer dortigen Landstelle und sah, daß ihr Viehhaus brannte. Nur diesem Umstande ist es zu danken, daß das aus acht Köpfen bestehende Dienstpersonal, welches in dem Wirthschaftsgebände schlief, das Lebe» rettete. Die Leute mußten, da das brennende Stroh von dem Dach bereits herab geschossen war, durch die Flammen retiriren und trugen meistens schwere Verletzungen davon. Ebenso verbrannten sich drei Feuer wehrleute sehr erheblich. Drei Feuerwehrleute stürzten in die Jauchen grube, «veil der Belag durchgebrannt war. Um nicht zu ertrinken, klammerten sie sich an die ebenfalls brennenden Querbalken. Bevor man die Leute retten konnte, waren deren Hände theilweise verkohlt. Auch hier ist wiederum mit größter Bestimmtheit anzunehmcn, daß eine vorsätzliche Brandstiftung vorliegt. Seit einein Vierteljahr ver geht fast keine Woche, ohne daß in einem hiesigen Vorort Brand stiftungen vorkämen. So brannten in einer Woche die beiden Koop- mann'scheil Fabriken in Gr.-Borstel ab. In allen Fällen ist konstatirt worden, daß ein ungewöhnlich langes Frauenzimmer sich in auf fälliger Weise bei den eingeäscherten Gebäuden umhergetrieben hat. Von dem preußischen Gendarmen ist dasselbe auch in Stellingen gesehen «vordem Hier verbrannten 17 Kühe, 9 Pferde und 23 Schweine. Clieinnitze»! Stadt-Anzeiger. Die Freunde unseres Blattes werden ersucht, uns wichtige Begebenheiten gütig!! mitzntheileu Chemnitz, de» 29. December. — Das alte Jahr geht unnmehr rasch zn Ende; die vorliegende Nnnuner nnseres Anzeigers tst die letzte, welche in ihrem Kopfe die Zahl 1888 tragt. Vom nächsten 1. Januar ab tritt die Ziffer 8 in der Jahreszahl aus, und zwar diesmal auf lange Zeit, den» bis zum Jahre 2010 der christliche» Zeitrechnung, das wohl Niemand von der heutigen Generation erleben dürfte, verschwindet die 9 nicht wieder aus der Jahreszahl. — Dem »dreifach geachteten Jahre" hatte man wenig Gutes vorausgesagt, und — die Schwarzseher haben in vieler Beziehung Recht behalten. Auf die Ereignisse, welche das Jahr 1888 im großen Weltcnbereiche brachte, ist an anderer Stelle hingewiesen worden; die vorliegenden Zeilen können es sich daher nur zur Ausgabe machen, einen Blick ans die Verhältnisse in unserer liebe» Vaterstadt Chemnitz, wie sic sich 1888 entwickelte», zu Wersen. Und auch für uns hat »as Achten jahr genug des Schlimmen gebracht: Im vergangenen Frühjahr suchte jene schreckliche Typhnscpidemie die Stadt heim, ihr fielen zahlreiche Mitbürger znm Opfer, manche schmerzliche Lücke wurde i» den Familien dadurch hervor- gernfcn. Das hier garnisonircnde Regiment mußte aus Monate die Stadt wegen der schlimmen Krankheit verlassen und in dem Barackenlager bei Zeit hain die schneereiche und kalte Zeit verbringe». Auch das geschäftliche Ge triebe erlitt mannichfache Schädigung durch die Epidemie, zumal weil in viele» Orten eine ganz außerordentliche Furcht vor dem Besuch unserer Stadl MM* herrschte, gesteigert durch übertriebene Berichte auswärtige ZKltMge» über b«» Gesniidheilsziistand der hiesigen Bevölkerung. --- Ferner brachte das zu Ende gehende Jahr eine Feuerebrunst, wie sie zue, große» Glück in »euerer Zeit für Chemnitz recht selten geworden sind; am Sonntag, deu 6. Mai, Nachts ging die Dürs eld iche Fabrik in der Aue i» Flammen auf und die über die Chem nitz hcrubergewehte Glnth bedrohte in erheblicher Weise de» ganzen, an alten Gebäude» reichen Staditheil an der Pest- und Annabergerstraßc. De» auf- opserndcn Anstrengungen unserer bewährten Feuerwehren gelang cs, die Ge- sahr z» beseitigen. Es ließe sich noch genug des Schlimme» ansühre», doch das ist Sache eines gewissenhaften Chronisten und geht über nnsere Absicht' ans das alte Jahr vor seine,» Scheiden »och eincn kurze» Blick zu werfen, hinaus. Betrachle» wir vielmehr das Jahr 1888 mm einmal von seiner bessere» Seile. Es zeigt sich dann, daß doch auch gar manches Gute in ihm geschaffen worden ist. Ta ist vor Allein die in der Hauptsache er reichte Vollendung des Bahnhofs-ErwcilerungsbaiieS zu erwähnen, der, im zeitigen Frühjahr 1886 begonnen, säst volle 3 Jahre in Anspruch genommen hat. Dieser Bau hat größere Bedeutung für Chemnitz, als so ziemlich jeder andere in den letzten Jahre». Beweist er doch, daß der rege, strebenssrcudige Geist, der die Eiinvohnerschast von Chemnitz schon von alterSher auszcichnete, nicht erstorben ist, sondern mächtig weiter wirkt zun. Fromme» unserer Stadt und ihrer Bewohner. Der ausgedehnte Gütcrbahnhof mit seinem regen Leben giebt am besten ein Bild von de», Jndnstriesleiß und der Lebhaftigkeit des Haiidels vo» Chemnitz, die langen Güterschuppen erinnern mit ihre» niaunichsachen, nach aller Herren Ländern bestimmte» und von allenthalben he,stammenden Gütern lebhaft a» die Qnaischnppe» großer Seestädic. Welche Stadt glcichcr Größe hat wohl Achnlichcs anfzi,weise»? — In Verbindung mit dem Bahn- hosScrweiterilngsba» wurden im Gebiete des Hanptbahvhofs noch mancherlei andere Neuerungen geschaffen: die hervorragendste davon ist »„streitig der Tunnel zwischen Mauer- »nd Peterstraße, der in nicht zu langer Zeit dem Verkehr übergeben wird. Auch der Altchcmnitzer Bahnhof batte bedeutenden Nutzen von de», Erweiterungsbau: er erhielt den alten Versa» tschiippcn und eine neue Laderampe, »»d wurde dadurch für de» Stückgutverkehr fähig ge macht, während bis dahin mir Wagenladungsverkehr dort statigesmidcu hatte. — Nicht minder brachte das scheidende Zahr eine wichtige Acndenmg in den kirchlichen Verhältnissen. Drei Gotteshäuser wurden in ihm ihrer Bestimmung übergeben: am 7. März die Nicolaikirche, am >8. October die Peirikirchc nnd gleichfalls im Herbst dos Gotteshaus der apostolischen Ge il,ei,ide an der Holdest straße, während die Jacob,kirche mit »euer Orgel »nd verbesserter Heiznugsanlage ansgcstallet wurde und auch sonst mancherlei Verbesserungen erfuhr. Ais weitere 1888 vollendete Bauwerke von hervor ragender Bedeutung sind die VIII. Bczirksschnlc ans den, Kaßberg »nd daS Gcsellschafthans der Casinvgesellschafl z» nenne». Eine wesent liche Ncujchöpsnng erhielt auch die Stadl durch Anlegung des Fest- Platzes im Küchmalde. So wurde manches Neue geschaffen, ader- gar manches Alte hat aus der anderen Seite weichen müssen; so z B. das alte interessante Gebäude der Adlerapothcke rc — Im Ganze., gewährte gewiß auch im Jahre 1888 die Stadt Chemnitz ei» Bild steten Fortschrittes; möchte cs auch im kommenden Jahre und fernerhin so bleibe»! — Zum Direktor des hiesigen Stadt-Theaters ist, wie wir aus bester Quelle erfahre», auS de» 28 Bewerbern um dasselbe Herr Direktor Jesse vom Ltadt-Thealcr z» Posen gewählt worden, und zwar ans 3 Jahre. Indessen enthält der abgeschlossene Conlract z»m Unlerichicd zege» früher eine Bestimmung dahingehend, daß sowohl die Stadt, als auch der ncuge- wählte Direktor »ölhigensallS in jedem Jahr zurncklreten könne». — Der Weihnachts-Personenverkehr gestaltete sich ans dem hiesigen Hauptbahuhof diesmalwieder ziemlich lebhaft. Der Lokalverkehr umfaßte am 21. Dezember 24,340, am 2b. 23,OSO, am 26. 17,910, am 27. Dezember 3l,39U Perionen. Schon am Som,abend und Sonntag vor dem Feste war der Verkehr insolgo der Militäröeurlaiibnngen und des Fericnbcginncs über aus rege. Vom hiesige» Jnsantericrcgimeut benutzten am Sonnabend je 300 Urlauber die Züge nach der Auc'schcn und Nciqcnbachcr Richtung. Trotz der ungünstige» Witterung war der Verkehr wiederum stärker wie im Vor ahr, was vorzugsweise dem lebhaften Ucbcrgang von einem Zug z»m andern Niznschrcibeir ist, da hier etwa 700 Fahrkarten weniger gelöst wurden wie »i Vorjahr, »nd zwar an den vier Hauptlagcn ans dem Hanptbahnhvs nur 1445 Militär-, 5402 einfache und 9911 Rückjahrkarte,i, in. Ganzen 16,758 Fahrkarten „nd auf dem Haltepunkt St. Nikolai-Vorstadt etwas über 2000 Stück. Zur Bewältigung des Pcrsonciiandrangcs machten sich ans der Hanplliiiie während der ganzen Weihnachtszeit 26 Extrazäge „othweiiüig. — Ein großer Drehkrah» ist während der letzten Wochen ans dem Altchemnitzer Güterbahichof errichtet worden, und zwar auf dem nördlichen Thcil der neue» unbedeckte» Laderampe. Damit hat der genannte Bahnhof eine recht wesentliche Vervollständignirg der in diesem Jahre dort ncuerbanie» Lade-Einrichtliiigen erhalte». Bisher mußte die Verladung schwerer Frachtstücke auf den, Ceinral-Gütcrbahiihof erfolgen, da die Bewegung jchwerer Stücke ohne Kräh» zu erhebliche Schwierigkeit bot. Ohne Zweifel wird die neue Einrichtung viel zur Hebung des Güterverkehrs ans dem Altchcmnitzer Bahn- hos und damit zur Entlastung des Hanpibahnyoss beitragen. — Geburten und Todesfälle in Chemnitz. In der Woche vom 16. bis 22. December wurden 51 Knabe» »nv 48 Mädchen, zusammen 99 Kinder, davon 3 rodl, geboren, 35 männliche und 29 weibliche, zusammen 64 Personen starben; es übcrtrisst denuiach die Zahl der Geburten die der Todesfälle >„» 35. Vo» de» Gestorbenen waren 30 unter 1 Jahr, 14 1—10, 1 11-20, 4 21—30, 7 31—50, 4 51-70, 4über 70Jahre all. An Krämpfen und Kra»,pslra»kheite„ starben 28, an Lnngcnschwindsncht 5, an Diphtheritis und Altersschwäche je 4, an Luiigenciitzüiidlmg 3 rc. — In, Eiadt- kraukcnh a Us bcsandc» sich a», 13. December 229 Kranke, davon wurden dis zum 20. December 62 entlnsje», 5 starben, dagegen erfolgten 39 Nen- ansnahm ». Demnach betrug die Zahl der Kranken am letztgenannten Tage 201. — Betreffs des „»bekannten Mannes, der, wie wir schon des Näheren milthcilten. am zweiten Feiertag in, Crim»,»schauer Walde erhängt aiifgcsundeii wurde, erlässt das hiesige Polizei«»» beimiS Feststellung der Pcr- önlichkeit des Todteil eine Bekanntmachung. An- derselben ist ersichtlich, daß die bei dem Tobten Vorgefundenen Kleidungsstücke »nd sonstigen Gegenstände, deren Beschreibung wir schon in vorletzter Nnmmrr brachien, bei dem Pvlizci- amt zur Ansicht anfbcwahrt werden. —* Gut abgelanse». Ans der Panl-Ar»oldstraße wurde an, Donners tag Abend in der 8. Stunde das vor eine» Spazier,vagen gespannte Pferd che» und ging mit dem Wage» durch. Hierbei stieß der letztere gegen einen Gaskandelabcr und fiel um; daS Pferd riß sich los >»>o stürzte a»f der Soiiiicnstraße, wo es auf den Plaltcnsnßweg gcrathcn war, nieder. Verletzt ist hierbei Niemand, auch das Pscrd nicht, nur der Wagen ist mehrfach be- chäoigt- —* Gestohlenes Bier. Am 10. December wurden vcrmulhlich auf hiesigem Güterbahnhvs vo» einer Ladung Bier (Spatcnbräi,) drei Fässer ge stohlen. Der Inhalt betrug 109, 28 »nd 27 Liter. Gezeichnet waren die Fässer niit de» Nummern 47845, 3446 und 16776. Gerichtsyalle. Landgericht Chemnilz. —tr. Strafkammer I. 27 /12. Der Spielwaarcnarbeitcr Friedrich Emil Schubert aus Wünschcndorf (1859 geboren und noch unbescholten) war aiigeklagt, seinem Arbeitgeber ca- 5 Pfund Honig entwendet zu haben. Durch die Beweisaufnahme wurde aber sestgestellt, daß Schubert nicht in diebischer Absicht gehandelt hat und deshalb wurde er srcigesprochen- Der Waldarbeiter Emil Louis Siegelt ans Oberschmicdcberg (1869 geboren und „och unbestraft) hat sich der schwere» Körperverletzung und des ruhestörenden Lärms schuldig gemacht. Am Abend des 21. Oktober ö. I. tras er mit dem Waldarbeiter L. in Steinbach ans der Dorfstraßc zusammen. Siegelt lag mit L. im Streit nnd deshalb kam es zwischen ihnen an jenem Abend z»r Rempelei, wobei Sicgert den L. mit seinem Taschenmesser in den linken Oberschenkel stach und schließlich »och de» R»s: „Feuer!" anssticß, wo durch die öfientliche Ruhe gestört wurde. Siegcrt war leine, Strasthctten in der Hauptsache geständig und erhielt 2 Monate Gcsüngniß und 2 Tage Haft zuerkannt. Der Schnhmacherlehrling Carl Oswald Vogel aus Erdmannsdorf (1872 geboren und noch unbestraft) hat sich eines Vergehens gegen 8 176,8 des Ncichsstrasgel'ctzbuches schuldig gemacht und wurde deshalb mit 6 Wochen Gesänginß bcstrast. Strafkammer II. 27./I2. Der Handarbeiter Friedrich Wilhelm A urich aus Ottendorf (1826 geboren »nd 14 Mal vorbestraft) hat sich des im Rückfalle verübten Diebstahls schuldig gemacht und wurde deshalb zu 1 Jahr 3 Monaten Zuchthaus, 3 Jahren Ehrverlust und zur Stellung unter Polizei- anssicht verurtheilt. Der Steinmetz August KarlFranz Berg»er aus Drcysig b. Wcißen- fels (27 Jahre all und wiederholt vorbestraft) wurde wegen im Rückfälle ver übten Diebstahls und Bettclns zu 2 Jahren 3 Monaten Zuchthaus, 1 Woche Haft und 3 Jahren Ehrverlust verurtheilt. Der Bäckergeselle Ernst Bruno Hörig aus Trapnitz b. LciSnig (1869 geboren und noch unbestraft) erhielt wegen eines schweren Diebstahls unter Anrechnung von 1 Monat der Untersuchungshaft 3 Monate Gcsängniß zuerkannt. Zum Landbestellbezirk des Postamtes I zu Chemnitz, bez. der Stadtpostagentur in Gable»-, gehöre» nachstehende Orte: BcrnSdorf, Borna, Gablcnz, Helbersdorf, Hilbersdorf, Colonie Markersdorf,NievcrhermerSvorf, Oberhermersdork mii Adrtsberg und Breitenlchn. Zür den redaktionellen Theil verantwortlich: Franz Götze in Chemnitz Mr nicht erbetene Zusendungen ist die Verlags-Expedition nicht verbindliq
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