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Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.02.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-02-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188802030
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880203
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880203
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-02
- Tag 1888-02-03
-
Monat
1888-02
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 03.02.1888
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WWWWWWWffMWWWWW WWWWWWWWWW — Nr. 28. — 8. Jahrgang. — SSchslscher Dir jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgende» Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische LniideS-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Unter haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stellen monatlich 70 Psg., bei den Post-Anst. 75 Pf. (1888er Ztgs.-PreiSliste Nr. 5035.) Für Abonnenten erscheint je einmal ini Jabr: Somiuer-Eisenbahnsahrplanheft für Sachs,». 8inter-EiseiibaI>ufalir>ilanbeft für Sachse». Jllustr. Kalender des Sächsischen Saudlwte». JllustrirtcsJnhrkSbuchdesi!a»des.«nzeigerS. FMes-AMMr mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Freitag, 3. Februar 1888. »u,elgenbreI»»er..Stlchs.?andtS.»uzekger«": Raum einer schmalen EorvnSzeil« IS Psg. Bevorzugte Stelle (lspalt. Petitzeile) 30 Pf. BciWiederholnng großer NnnonccnRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle man JnsertionSbetrag (in Bricfniarkcn) beifügen (je 8 Silben Corpnsschrift bilde» ea. IZeile.j Annoncenannahme nur bis Bonnittag. Bnchdrnckrrei. Chemnitz. Theaterstraße S (Fernjprechstelle Nr. 198). Telegr -Adr.: LandeS-Änzeiger, Chemnitz. Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei — Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft - 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitnng 5. Illnftrirtes Unterbaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Lngiges Bilderbuch. Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folimu 1427 vcrlautbart, daß die am 14. Januar 1888 stattgefundene außerordentliche Gencralversainmlnng der Actionärc der Actien- aescllschast nnler der Firma Chemnitzer Wcrkzengniaschinenfabrik vo>n>. Joh Zinuncrinann in Cbcmnitz beschlossen hat, die Actien der Gesellschaft bis zum Betrage von 500,000 Mark Nominalwert!, behufs deren Amortisation zum Zwecke der Herabsetzung des Grundkapitals znrückzukansen. Chemnitz, am 1. Februar l888. Königliches Amtsgericht. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute ans Folimn 1771 verlautbart, daß Fra» Julie Marie vcrw. Jacob aus der Handelsgesellschaft unter der Firma Gustav Jacob in Chemnitz als Mitinhaberin ausgeschiedcn ist, sowie, daß der seitherige Thcilhaber, der Kaufmann Herr Heinrich Anton Singewald daselbst, das Handelsgeschäft der aufgelöste» Gesellschaft künftig unter der Firma Heinrich Singewald fortsührt Chemnitz, am I. Februar 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 1. Februar. Posen. Das laufende Scincstcr der russischen Universitäten ist durch eine Verfügung des Unterrichts-Ministers wegen der be kannten Zwischensälle bis Juni verlängert. Die Universität Peters burg wird in beschränktem Maße am 2. Februar (a. St.) wieder eröffnet. Die Aufnahme der Vorlesungen in vollem Umfange an allen Hochschulen soll am 19. März stattfiudcn. Zürich. Sämmtliche bedeutendere Schweizer Blätter jeglicher Farbe, die „Züricher Zeitung" ausgenommen, erklären, Polizci-Hanpt- mann Fischer habe sich ein Verdienst um die Schweiz erworben. Die Nachricht von einer eidgenössischen Untersuchung gegen Fischer ist Erfindung. Brüssel. Einer aus Aden datirten Depesche der „Jndcpendance Bclge" zufolge wurden ein englischer Offizier und 23 Eingeborene durch dem Barbarastamm augehörige Somalis massakrirt. Konst auti nopel. Zufolge des Zwischenfalls in Damaskus erhielt der in den Gewässern von Smyrna befindliche Admiral Olry von der französischen Regierung den Auftrag, ein Panzerschiff nach Beirut zu senden und sich selbst zur Hinreise bereit zu halten. Politische Rundschau. Chemnitz, den 2. Februar. Deutsches Reich. Der Kaiser empfing am Mittwoch die unter dem Vorsitz des Generals von Hcuduck in Berlin zusammengctretene Kommission zur Beralhung der die Interessen der Armee berührenden Fragen der Landcs-Pferdczncht. — Heute Donnerstag siedelt Prinz Wilhelm mit seiner ganzen Familie ans Potsdam in das Berliner Schloß über. Wenig bekannt dürfte übrigens sei», daß der Prinz zu seinen häufige» Fahrten zwischen Berlin und Potsdam ein Abonnc- mentsbillet erster Klasse, gerade so wie viele andere Offiziere, benutzt. — Amtliches Bulletin ans San Remo, 1. Februar, 10 Uhr 30 Minuten Vormittags. „Es besteht jetzt bei Sr. Kaiscrl. Königl. Hoheit dem deutschen Kronprinzen eine beschränkte Verdickung des vorderen Thcilcs der rechten Kchlkopfhalfte, dagegen hat sich durch Abstoßung einer abgestorbenen Partie die Schwellung der linken Seite I vermindert. Das Allgemeinbefinden ist normal. Mackenzie. Schräder. ' Krause. Hovell." lieber die Natur der Krankheit können also die Acrzte ein enpchcidendcs Wort immer noch nicht sprechen. — Am Mittwoch fuhr der deutsche Kronprinz trotz der Kälte und des auf den Bergen liegenden Schnees gegen Mittag aus. Sein Befinden ist unverändert gut. Die Königin Victoria theilte Mackenzie mit, daß sic einen kurzen Besuch, aber keinen Aufenthalt in San Nemo beabsichtige. — Der Reichskanzler denkt, wie von Berlin aus verbreitet wird, bei der Beralhung des Sozialistengesetzes im Reichstage auch in den noch ausstehenden Lesungen das Wort nicht zu ergreifen. Damit ist auch das Schicksal der Regierungsvorlage schon entschieden, und eine Schelm von Bergen. Historische Novelle von A. von Limburg. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Nun, so vernehmt denn, was ich Euch mitznthcilen habe," sprach der vornehme Gast und spähte noch einmal scharf in dem ganzen Zimmer umher, „ich möchte Euch als Oberhaupt der Stadt frennvlichst ersuchen, auf einen mir als sehr gefährlich geschilderten Menschen, der sich hier in der Gegend umhcrtrcibcn soll, ein wach sames Auge halten zu lassen. Es betrisst einen frechen, abenteuernden Gesellen, der cs verstanden hat, durch eine seltsame Gcheimnißthuerei die Thcilnahme unserer durchlauchtigsten Kaiserin zu erregen. Wenn es sich bei dieser mildherzigen Laune der hohen Frau" — bei diesen Worten verzog sich, trotz des ehrerbietigsten Tones, in welchem er sprach, der feine Mund des Sprechenden zu einem fast höhnischen Lächeln — „um einen harmloseren Gegenstand als den betreffenden handelte, so wäre cs nicht Sache des Kanzlers, sich darum zu kümmern, auf wen zufällig die Sonne der Huld unserer schönen Herrscherin fällt; aber ich habe Grund anzunehmen, daß wir cs hier mit einem arglistigen Ränkeschmied zu thnn haben, der nur zu lange schon durch seine eigenmächtigen Fehden mit dem Erzbischof Arnold von Mainz das Land auf das entsetzlichste verwüstet hat. Ihr errathct schon, von wem ich spreche, — Psalzgraf Hermann von Stahlcck sinnt auf blutige Rache, seit er vom Kaiser für sein wüstes Beginnen zu der entehrenden Strafe „des Hundctragens" verdammt wnrdc, und er War es ohne allen Zweifel, welcher sich durch einen geringfügigen ,Dienst die Kaiserin verpflichtete. Vielleicht glaubt er auch durch der Kaiserin Huld wieder zu Ehr und Gnaden gelangen zu können — von Bann und Acht erlöst zu werden. Der Graf soll ein gar schmucker, gewandter Ritter sein, und die Franc» lieben es ja von Alters her, die Beschützerinnen zu spielen, — wie dem aber auch sei, hier handelt cs sich um eine ernstere Angelegenheit, als um das Spielzeug eines Weibes, und an dem einmal gegebenen Beispiel einer vom Kaiser verhängten Strafe für übcrmüthige und räuberische Fehden darf kein Jota verändert werden." Der Kanzler Reinald, den» kein Geringerer war der Gast des Reichsschultheißen Frybcrg, unterbrach sich hier Plötzlich in seinen ^Mittheilungen; mit zwei raschen Schritten stand er mitten im Zimmer: »„Hörtet Ihr nicht soeben ein Geräusch, weither Herr?" fragte er ^ ästig. „Es war mir doch, als vernehme ich ganz deutlich von jener nsternische her einen eigenthümlichen Ton." Kommissionsberathung brauchte eigentlich gar nicht mehr stattznfinden. Mehr als die unveränderte Verlängerung des Gesetzes für fernere zwei Jahre ist auf keinen Fall zu erzielen. Dagegen soll Fürst Bis marck die Absicht haben, der Bcrathung der Wchrvorlage in zweiter Lesung bcizuwohnen. Augenscheinlich hält es der Kanzler für ange messen, bei den schweren Lasten welche das Gesetz in finanzieller Be ziehung mit sich bringt, die Nothwendigkeit derselben durch eine» Ueberblick über die politische Lage Enropa's zu begründen. Eine solche Rede des Kanzlers wi.d sicherlich hochwillkommen geheißen werden. — Die Anleihen, welche das deutsche Reich für Militärzwecke aufgenommen hat, haben gegenwärtig bereits eine recht stattliche Höhe erreicht, was bei den fortwährenden Rüstungen aller europäischen Staaten auch nicht gerade überra'chen kann. Nachdem bis zum Jahre 1876 alle außerordentlichen Bedürfnisse für das Rcichshecr aus der französischen Kriegskostenentschädignng Deckung gefunden hatten und aus derselben außerdem noch mehrere hundert Millionen Mark zum Umbau der Festungen zurückgelegt worden waren, sind im Wege der Anleihe zum ersten Male zur Bestreitung einmaliger Ausgaben für die Militärverwaltung im Jahre 1877 6,420,000 Mark flüssig ge macht worden. Seitdem ist kein Jahr ohne Anleihe vergangen, und zwar sind, in runden Zahlen, bewilligt worden 1878 5,760,000 M. und 6,270,000 Mark, 1879 10,880,000 Mark, 1880 15,011,000 Mark, 1881 36,930,000 Mark, 1882 12,800,000 Mark, 1883 10,820,000 Mark, 1884 9,820,000 Mark 1885 29,080,000 Mark, 1886 17,740,000 Mark, 1887 37,990,000 Mark und 172,270,000 Mark. Hierzu kommen rund 63 Millionen, deren Bewilligung die Neichsregiernng für 1868/89 verlangt, und endlich die 280 Millionen, welche zur Durchführung der neuen Wchrvorlage Verwendung finden sollen. Unter Hinzurechnung der zuletzt genannten beiden Beträge crgiebt sich eine Gcsammtsnmme von 710,370,000 Mark. Für die Marine sind seit 1875 an Anleihen in Summa bewilligt 177,770,000 Mark, zusammen also für Armee und Marine 878 Millionen Mark. Diese Summe verstärkt den dringenden Wunsch nach einer definitiven Entscheidung über Krieg und Frieden. — In der Begründung der Anleihe-Vorlage zum neuen Wehr- Gesetz heißt cs: „Damit die durch die Wehrvorlage hcrbeigcführte Steigerung der persönlichen Kräfte wirksam werde, müssen dieselben kriegsmäßig organisirt und ausgerüstet werden. Dies erheischen eben sowohl die militärischen Interessen, wie volkswirthschaftliche und Menschlichkcitsrücksichten. Truppen, welchen es an dem zur Kriegs führung Nothwcndigcn mangelt, leisten wenig und leiden viel. Je tiefer das Kricgsanfgebvt in alle bürgerlichen Verhältnisse eingreift, je mehr Familienväter von demselben betroffen werde», um so mehr wird es Pflicht, sie mit Wehr und Waffen, mit Kleidung und Feld- Ausrüstung auf's Beste zu versorgen. Die Zeit für die Vorbereit ungen zur Abwehr eintretendcr Kriegsgefahr ist uns unter den heutigen Verhältnissen knapp zugcmcsscn. Wir haben mit der Wahr scheinlichkeit zu rechne», daß wenige Tage nach erfolgtem Mobilisir- nngsbcfehl die Feindseligkeiten beginnen und daß wenige Wochen später der entscheidende Zusammenstoß der Massen erfolgt. Nur ein kleiner Theil des Kriegsbedarfes kann in der Zwischenzeit durch Kauf oder durch Requisitionen im Lande beschafft und rechtzeitig an die Bcdarfspnnkte befördert werde». Alles übrige Material, dessen die Militärverwaltung zur kriegsbereiten Aufstellung des Heeres bedarf, muß im Frieden vorräthig gehalten werden und es ist für die ge plante Hceresvcrstärknng insofern neu zu beschaffen, als es nicht Deck ung in den bereits vorhandenen Beständen findet." — Preußisches Abgeordnetenhaus. Mittwvchssitzung. In Fort setzung der Elatsbcrathung wurde der Etat der indirekten Steuern genehmigt, bei welchem von allen Parteien eine Reform der direkten Steuern für wünschenswerth erklärt wurde. Beim Etat der Berg werks-Verwaltung wurde der Minister Maybach gebeten, der bedrängten Bergwerks-Industrie durch billigere Eisenbahntarife bcizustchen. Der Indem er diese Worte sagte, hatte er auch schon mit einem ein zigen Ruck den schweren Vorhang bei Seite gerissen und spähte in den dunkeln Winkel hinein, der durch das Plötzlich hcrcinfallende Licht jetzt erhellt wurde. Aber es gab durchaus nichts Verdächtiges in dem kleinen Raume zu entdecken, der von weiblicher Hand offenbar so freundlich ausge- schmnckt war, weil er zum bevorzugten Aufenthalte diente. Die Sitzkästen mit dem prächtig gestickten Behang, welche zu beiden Seiten des Fensters standen, luden zum Ruhen ei», und auf dem Fußtritt davor lag eine Arbeit, die einer zarten Hand beim Aufstchcn entglitten sein mochte. Anch das Geräusch erklärte sich ans die natürlichste Weise der Welt. Eine zierliche Schwarzdrossel flatterte, anfgeschreckt durch die plötzliche Helle und die heftige Be wegung, welche de» Vorhang bei Seite gerissen, in ihrem Käfige umher, der inmitten von Goldlack und Rosmarinbüschcn auf der breiten Fensterböschung stand. Die klugen, glänzenden Augen des niedlichen Thieres starrten den unwillkommenen Störenfried groß an und seiner sonst so melodischen Kehle entwand sich ein unzu friedener, gurgelnder Laut. Beim Anblick dieses ungefährlichen Lauschers mußte der Kanzler lachen. „Verzeiht, weither Freund," sagte er und kehrte, den Teppich wieder vor der Fensternische nicdcrlasscnd, zu seinem Sitz zurück, „aber man kann in jetziger Zeit nicht vorsichtig genug sei». Jenes Plätzchen," fuhr er dann fort, „ist, wie ich sehe, für Euer holdes Töchlerlein hergercchtet, wen» sie Euch hier in Eurem Zimmer Ge sellschaft leistet; sagt mir doch, edler Schultheiß, ist Euch denn der Entschluß, sie als Edelsräulei» der Kaiserin dem Hufe folgen zu sehen, nicht sehr schwer geworden? Oder wolltet Ihr Euch bei Zeiten daran gewöhnen, ihrer Pflege zu entbehren? Denn die schöne Tochter des reichen Schultheißen von Frybcrg dürste auch ohnedem nicht allzu lange mehr im väterlichen Hause verbleiben; cs werden sich genug edle und ritterliche Freier finde», die sie als ihre Hausfrau heim führen möchten, da die besten und vornehmsten Geschlechter cs für eine Ehre halten, sie als Tochter zu begrüßen." „Ihr seid sehr gütig, mein hoher Freund", erwiderte äugen scheinlich sehr befriedigt der geschmeichelte Vater, „und ich muß Euch im Vertrauen gestehen, wie sehr cs meinen Wünschen entgegen ist, das einzige Kind an den Hof zu geben. Indessen nach meiner Ein willigung ist kaum gefragt; die Kaiserin scheint cs als selbstverständlich anzufehe», daß ihrem Wunsche, meine Tochter als Hoffräulein mit Minister sagte möglichste Berücksichtigung der Wünsche zu. Die Ein nahmen des Etats werden schließlich bewilligt, worauf sich das Haus auf Sonnabend Vormittag 11 Uhr vertagt. — Die Budgetkommission des Reichstages strich im Post-Etat 400,000 Mark bei den vorgeschlageneu Neubauten. — Die Justiz kommission beendete die erste Beralhung des Entwurfs betr. die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit stattfindcndcn Gerichtsverhandlungen. — Die Protestlerischen Abgeordneten im elsaß-lothringischen Landesausschnß haben doch nicht verabsäumen wollen, gegen die jüngsten Maßnahmen der reichsländischen Regierung gegen die Fran- zöselei aufzutretcn. Natürlich hat ihnen das nichts geholfen, man wäre auch thöricht, darauf einzugehen. Die Französelei wird nicht als harmlose Spielerei getrieben, sondern als politisches Mittel zur Agitation gegen Deutschland angewendet, und sich das gefallen zu lassen, wäre eine Gutmüthigkeit, die alle Grenzen überstiege. Elsaß- Lothringen würde genau allen anderen deutschen Staaten gleichgestellt werden, wenn alle Bewohner deutsch dächten. Aber da sitzt der Haken. Oesterreich-Ungarn. Der Handclsausschuß des österreichischen Abgeordnetenhauses nahm die vorläufige Verlängerung des Handels vertrags mit Deutschland an und stimmte insbesondere dem von mehreren Mitgliedern ausgesprochenen Wunsche bei, mit Deutschland einen Vertrag auf breiterer Basis zu schließen. — Die Sonnabend rede Tisza's, des ungarischen Ministerpräsidenten, steht noch vielfach in den österreichischen Blättern an der Spitze der Erörterungen. So spricht ein Budapester Bericht der „Pol. Corr." die Erwartung aus, der durch die Rede gelieferte Nachweis, daß in Ungarn keinerlei kriegerische und herausfordernde Strömung vorhanden sei, werde zur Besserung der allgemeinen Stimmung und zur Kräftigung der Frie- dcnsanssichten beitragen. — Der „Pester Lloyd" macht in einem Allarm-Artikel darauf aufmerksam, Rußland werde in nicht allzuferner Zeit fast kricgsfertig sein. Deutschland und Oesterreich hätten somit allen Grund zur Aufmerksamkeit, um nicht überrascht zu werden. Schweiz. Der Berner „Bund", das Organ der Schweizer Regierung, schreibt in Sachen der bekannten Polizisten- und Anar- chistcn-Angelegenheit: „Daß vom deutschen Reichskanzler eine diplo matische Aktion gegen die Schweiz eingeleitet werde, will Niemand hier glauben. Umgekehrt dürfte vielleicht der schweizerische Bundes rath der deutschen Regierung die Ergebnisse der Untersuchung über mitteln, da nach derselben das Treiben deutscher Polizeiagenten in der Schweiz nicht im Einklang steht mit den guten Beziehungen, welche zwischen beiden Ländern bestehen." Italien. Aus Afrika wird gemeldet, daß die ganze italienische Expeditionsarmee bei Saati Aufstellung genommen hat. Zahlreiche Abessynicr stehen ihr auf den Bergen gegenüber, doch ist von einem ernsten Angriff noch immer nichts zu bemerken. Der Negus scheint sich mit seinen Hauptstreitkräften dem Innern zugewendet zu haben, um den dort ausgebrochenen Aufstand zcf dämpfen. Frankreich. Der Pariser Untersuchungsrichter Vigneau, gegen welchen kürzlich wegen verschiedener Vorgänge bei der Wilson-Affaire eine Disciplinaruntersnchung eingcleitet wurde, kam billig fort. Er erhielt einen Tadel und hat die Kosten z» tragen. Nutzland. Im diplomatischen Corps zu Petersburg wird ein „Zwischenfall", der sich beim letzten Hvfball ereignete, lebhaft be sprochen. Es ist bisher üblich gewesen, daß die Kaiserin die dritte Tour bei der Eröffnungspolonaise mit dem Doyen des diplomatischen Corps, dem deutschen Botschafter von Schweinitz, mit dem nächst- ältestcn Botschafter aber, was gegenwärtig der türkische Vertreter Schakir Pascha ist, die erste Quadrille tanzte. Diesmal hat die Kaiserin nun den österreichisch-ungarischen Botschafter Grafen Wolken stein zur Quadrille anfgefordert, was von de» Herren Diplomaten als ein Beweis dafür angesehen wird, daß die Kaiserin hiermit die Herzlichkeit" der an „hoher" Stelle für Oesterreich-Ungarn gehegten Empfindungen habe ausdrücken wollen. Ja, wenn der Frieden der Welt von einer Balltour abhängig wäre! — Die russischen Studenten hinwegznnchmcn, gcwillfahrct werde, und bei der Menge von Feste" und Belustigungen, die jetzt stattfiudcn, sowie der eigenthümlichen Art der hohen Frau, welche zu jedem Augenblick die Anwesenheit des neuen Hoffräuleins verlangt, fand ich bis jetzt fast keine Muse, mich mit meinem Kinde eingehend über diese Angelegenheit zu bereden. Auch heute, nach ihrer Rückkehr von der Reise, habe ich meine Tochter noch keinen Augenblick allein gesprochen; ich erwartete, sie eigentlich jetzt hier in meinem Zimmer vorznfindcn." „So hortet Ihr," sagte der Kanzler, „wahrscheinlich auch noch nichts von der Begegnung mit dem Fremden, welchen ich der Beschreibung nach für den Stahlcckcr halten muß. Durch Eure gütige Hülfe möchte ich das Eindringen desselben in die Stadt, so lange die Anwesenheit des Hofes dauert, gern verhindert sehen, namentlich auch während des Turniers, das unser Herr und Kaiser hat ausschreiben lassen. Ein abermaliges Zusammentreffen mit der Kaiserin muß um jeden Preis verhindert werden .... Am besten Wäre cs, wenn die Sache ohne Aufsehen abgethan werden könnte; sollte der Verwegene aber gar Widerstand leisten, was bei seinem Jähzorn und seinem Ucbermuth nicht unmöglich ist, so laßt Euch seiner Person bemächtigen und ihn in einen festen Gewahrsam bringen." Dem Schultheißen schien dieser Auftrag nicht angenehm zu sein; er wiegte den Kopf und machte ein sehr ernstes Gesicht. „Ist es denn aber auch schon gewiß, daß jener Fremde der Ritter von Stahlcck war?" fragte er. „So viel ich von der Be gegnung hörte und" — hier blitzte doch schon wieder ein Lächeln über die milden, wohlwollenden Züge — „wir müßten nicht jetzt am Hofe leben, wenn nicht anch mir schon von dem Ereigniß des Tages zu Ohren gedrungen wäre, auch ohne noch meine Tochter gesprochen zu haben, so hat wohl keiner von den Rittern und Reisigen, keines von den Fräulein des Gefolges den Grafen je von Angesicht zu Angesicht geschaut. Hier in der Stadt, da ist er freilich Viele» wohlbekannt und auch ich habe den Grafen zum öfteren gesehen und gesprochen. Das war zu jener Zeit, da er noch in hohem Ansehen im Lande stand. Seitdem hat sich aller dings gar viel für ihn geändert, und wenn er sich auch schwer gegen Kaiser und Reich aufgelchnt und versündigt hat, so ist er nun, all' feiner Güter und Lehen beraubt, in Bann und Acht erklärt, auch schwer dafür bestraft worden." Es sprach das warme, gütevolle Herz des Reichsschultheißen aus diesen Worten, das keinen Unglücklichen bannen und ver folgen mochte. S st
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