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Inzwischen ist bei der Hapag der erste telegra phische Bericht des Kapitäns eingetrofsen. Danach ist nicht der Vordermast, wie es in der brasilianischen Darstellung heißt, sondern der Hintermast umgeschossen morden. Wie sich weiter aus dem Telegramm ergibt, hatte der Dampfer besondere Ausfahrterlaubnis des Ha'enkapitäns. Vargas wird Präsident. Associated Preß meldet aus Rio de Janeiro: Die hl visorische Militärjunta hat den Präsidenten de» Ltaates Rio Grande do Sul, Getulio Bargas, aufge- fordert, die Präsidentschaft von Brasilien zu über« nehme». Bargas hat das Angebot angenommen und sich nach Rio de Janeiro begeben. Vargas hat dis Absicht, eine Nachprüfung der Präsidentenwahl vom Frühjahr anzuordnen und, wenn diese Nachprüfung ergeben sollte, daß Vargas schon da mals als Präsidentschaftskandidat die Stimmenmehrheit hatte, dürfte er am 13. November als ordentlich ge wählter Präsident das Amt antreten. Auch die Bildung des provisorischen Kabinetts macht gute Fortschritte. Es scheint nun festzustehen, daß der frühere Vertreter Brasiliens beim Völkerbund, Mello Franco, das Außenministerium übernehmen wird. Monteiro Andrste, der frühere Präsident des Banco Eredito von Minas Geraes, wurde zum Präsidenten der Brasilianischen Nationalbank, des Banco Credito do Brasil, ernannt. Havas meldet aus Rio de Janeiro, daß der frü here Präsident Washington Luis sich an Bord des ita lienischen Dampfers „Duilio" nach Europa einschissen werde. Der frühere Justizminister sei wieder in Frei heit gesetzt worden. Die Staaten Amazonas und Para hätten sich der Ausstandsbewegung angeschlossen. Sin spanischer Dampfer gesunken. Ein zweiter gestrandet. Der spanische Dampfer „Suto" ist nacht» im Hafen von Bilbao mit eine« unbekanUM tcn Dampfer zusammengestotze« und innerhalb weniger Minute,» gesunken. Die Mannschaft konnte gerettet »verven. Nach einer Meldung der „Associated Preß" au» Buenos Aires ist der spanische 10 OOO-Lonnen-DamPfer „Santa Isabel de Borbon" am Eingang des Hasen» gestrandet. Das Schiff soll sich aber nicht in Gefahr befinden. Reues polnisches Schandurteil. Ein Nachspiel zum Grenzzwischensall von Neuhöfen. Wie aus Graudenz gemeldet wird, ist vom dor tigen Bezirksgericht der im Zusammenhang mit dem Grenzzwischenfall von Neuhöfen von den Polen fest genommene deutsche Optant Bruno Knde zn elf Jah ren schweren Kerkers und 10 Jahren Ehrverlust ver urteilt. Weiter wurde Fude zu einer Geldstrafe von LV OOO Zloty und zur Zahlung der Gerichtskosten in Höhe von 5600 Zloty verurteilt. Bei dem Zwischen fall von Neuhöfen war, wie gemeldet, ein polnischer Grenzbeamter getötet und ein zweiter von den deut schen Behörden verhaftet worden. * Politischer Wahlschwiudel. Wie aus deutschen Kreisen mitgeteilt wird, ist dort zu den Sejmwahlen neben der deutschen Liste eins zweite deutsche Kandidatenliste unter dem Namen „Deutsche Bürgerpartei" eingereicht worden. Die List« dieser unbekannten Partei, die sich der besonderen Fürsorge der örtlichen polnischen Behörden erfreut, Enthält die Namen von Persönlichkeiten, die in Brom berger deutschen Kreisen völlig unbekannt sind. ES handelt sich hier offenbar um eine mit Vorbedacht Unternommene Irreführung der deutschen Bevölkerung. ^?ie LntahnWs- Ecnschast'lehrt". Mckkatkremer* find uchchasirr ale 'drei Geri Anher sagt man mit Neäss: wer M/cdkatkremer ^Diese MWunL: halb Mück halb recht starker kLÜuMer wich Jetzt von rmstmr Mkw M emMlen/ Die polnische Luftspionage. ZweineueFälle. Wie aus Königsberg berichtet wird, überflog so wohl am 23. als auch am 26. Oktober nachmittag» gegen 15 Uhr ein einwandfrei erkanntes polnische» Militärwasserflngzeug (Doppeldecker) die Ortschaft Großnebrau (Kreis Marienwerder). Zollbeamte nnd Privatperson«,» haben übereinstimmende Beobachtungen gemacht. Tas Flugzeug flog am Sonnabend in ungefähr KO bis 60 Meter Höhe, kam aus der Richtung von Mew«, überflog die Kllnksche Gastwirtschaft und den sogenann ten Krähenbusch und flog dann in südlicher Richtung nach Polen weiter. Das Flugzeug am Sonntag kam au» der Richtung Neuenburg (Polen), flog in 60 bis 80 Meter Höhe über die evangelische Kirche in Großnebrau hinweg und verschwand in der Richtung nach Mewe in Polen. Ein deutscher Postbeamter im Dienste Polens. Erst jetzt wird ein bereits zwölf Monate zurück liegender Spionaaefall bekannt. Der polnische Spia- nagedienst hatte «inen deutschen Postbeamten bestochen, amtliche Schreiben des Reichswehrministeriums an di( 1. Kavalleriedivision in Frankfurt a. O. an Polen aus zuliefern. Der schuldige Beamte beging am 13. Juls im Moabiter Untersuchungsgefängnis Selbstmord. SetzarMel Servis. Abschluß des Revisionsfeldzuges mit einem Bekenutui» zur Kriegsschnldlüge. In der „Victoire" beschäftigt sich Hervö mit der Antwort des Stahlhelms aus seine bekannten Vor schläge. Er bemerkt dazu u. a.: Wenn der Stahlhelm in seiner Antwort von der Kriegsschuldlüge spreche, sei es zivecklos, die ganze Angelegenheit weiter zu ver folgen. Das französische Volk glaube an Deutschlands Schuld, und auch er selbst sei davon überzeugt. Wenn der Stahlhelm ferner an der Verwirklichung des gro ßen Deutschland, dem österreichischen Anschluß, fest halte, jedoch damit die Wicdereinverleibung Tirols und der drei Millionen Deutschen in Böhmen gemeint sei, so sei es ebenfalls zwecklos, weiter zu verhandeln. Nach Erwähnung der Stahlhelmsorderungen bezüglich der Gebietsfragen des Ostens bemerkt Hervö, daß es unter derartigen Umständen keinen Sinn habe, Zeit zu verschwenden. ! Wenn Herve vorgibt, an die deutsche Kriegsschuld zu glauben, hätte er seinen Revisionsfeldzug gar nicht einleiten sollen; denn in diesem Rahmen kann es keine Verständigung geben! . / Gegen die weltliche Akademie. Ein Antrag im Preußischen Landtag. Im Preußischen Landtag ist folgender Urantraa der Deutschen Volkspartei eingegangen: Zeitungsmel« düngen zufolge hat das Staatsministerium am 24. Oktober 1930 beschlossen, im Jahre 1931 drei Päda gogische Akademien zu errichten, und zwar eine evan gelische in Königsberg, eine katholische in Spandack und eine für die Ausbilduna von Lebrern an Welt« Wicklung! Koman von karl-tteinrVolet SIN ^scleksnvom ^imms! gsisüsnl 1. Fortsetzung. .Seitdem, siehst du, seitdem verachte und hasse ich die Frauen. Wenn ein Mann in seinen reinsten Gefühlen ver letzt wird — doch nun genug davon. Der Morgen ist wirklich zu prächtig zum Grillenfangen. Draußen auf der Terrasse ist der Frühstückstisch gedeckt. Komm!" Der Baron hakte seinen Gast unter, und die beiden Herren schritten auf die sonnenüberflutete Terrasse, wo Ignaz bereits serviert hatte. Um die Rosen, die unten im Garten blühten, summten die Bienen. Ein Pfauenauge taumelte, trunken vom Duft dieses Sommermorgens, über das Meer von Blüten, ver schwand zwischen den Sträuchern des Parks, der sich an das Herrenhaus anschlotz. beiden Herren ließen sich das Frühstück schmecken. Sanitätsrat Deyerschmidt hörte nur zerstreut den Worten feines Freundes zu, der von seinen Pferden sprach. Der Sanitätsrat weilte in Gedanken noch immer bei dem so eben beendeten Gespräch mit Sigwatt. Schon lange hatte ^er sich vorgenommen, einmal ernstlich mit Henckelsberg chber seinen fast krankhaften Widerwillen gegen das weib ische Geschlecht zu sprechen. Der Anfang war gemacht worden. Auf eine eindringliche und entschlossene Art nahm er sich vor, zu einem gewissen Ziele zu gelangen. „Es ist ja gewiß wunderschön", nahm gelegentlich der Arzt das Wort, „Schlotzhcrr, Majoratsherr, Besitzer all dieser Naturschönheiten, so wett das Auge reicht, zu sein. Du hast alles, was dein Herz begehrt, hast die schönsten Pferde im Stall, das teuerste Vieh, die fruchtbarsten Aecker, einen alten Besitz, um den dich jeder Fürst beneiden könnte; prächtig gehegte und gut besetzte Jagdgründe, treue Freunde, die monatelang bei dir zu Gaste weilen dürfen, geschultes Personal, Gesundheit, bis aus das lädierte Vein, das aber immerhin als Barometer noch gute Dienste leistet —, na, kurz so ziemlich alles, was man sich an irdi schen Gütern ersehnen kann, bis auf —* Er h^elt inne, schlug mit energischer Bewegung einem Ei die Spitze ab, und ergänzte dann vorsichtig: „bis auf — ein Frauchen!" Ter Baron, der soeben Honig auf seine Semmel träu feln wollte, hielt vor Schreck den Löffel schief, so daß die köstliche Klebrigkeit auf seine Hand tropfte. Aergerlich entfernte er mit der Serviette den Honig von seinen Fingern. Zwischen seinen Augen zeigten sich ein paar energische Zornesfalten. „Willst du mir nun auch noch den Appetit verderben?!* rief der Baron erbost, nahm einen großen Schluck Kaffee, verschluckte sich jedoch, und der Husten tonnte erst beseitigt werden, nachdem der Sanitätsrat ihm mit der flachen Hand ordentlich den Rücken bearbeitet hatte. „Also, Spaß beiseite, Sigwart! Ich meine es gut mit dir. Ein Mann in deinem Alter kann eine junge Frau durchaus noch glücklich machen. Du bist noch elastisch wie ein Jüngling. Wie du ausschaust — da könnte sich mancher junge Lasse von dreißig Jahren verstecken!! Ja, ja, die alte Schule, die hat auf straffe Zucht gehalten. Die junge Generation ist zu schnellebig; sie vergeudet sich zu rasch. Du hast noch Schneid, Sigwart. Man könnte dich fast für einen Vierziger halten." „Na, willst du mir da eine Liebeserklärung machen?" „Ich spreche im Ernst, lieber Freund. Du mußt doch zugeben, daß in einen so großen Haushalt, wie in den deinen, eine Frau gehört." „Was willst du? Tie Trine besorgt ganz gut alles Nötige. Für die Gutsverwaltung ist der verheiratete In spektor da, und für meine persönliche Bedienung habe ich Ignaz Uebrigens ist Ignaz ein ausgezeichneter Kammer diener, mit oem ich äußerst zufrieden bin. Die Entgleisung vorhin mit dem Bild will ich ihm noch einmal verzeihen. Er hat sonst wirklich allerhand Vorzüge." „Möglich, möglich, liebster Freund. Aber trotz allem fehlt die Frau, die Hausfrau.' Der Baron trommelte nervös mit den Fingern auf den Tisch. Ein großer Brummer flog ihm um seinen Kopf; das irritierte den Baron jetzt. Er schlug mit der Hand nach der dicken Fliege, traj aber nur ins Leere. „Wir wollen doch wirklich mir diesem nichtsnutzigen <Se« jprächsthema ein Ende machen." „Ich bin froh, daß ich endlich einmal mit dir über diesen Punkt reden darf." „Aber du darfst es eben nicht", sagte der Baron laut. „Ich verweigere jede weitere Antwort bei diesem Thema, hörst du! Jede!" Er strich erregt über sein leicht an gegrautes, englisch gestutztes Bärtchen. Der Sanitätsrat ließ sich nicht einschüchtern: „Du mutzt doch auch einmal an später denken, bester Sigwart. Wenn ein Mann schließlich alt wird, will er doch jemanden haben, der ihn pflegen kann, der lieb zu ihm ist, der Mitleid mit ihm hat, der es gut und fürsorglich meint." _ — .. „ . - » Henckelsberg brach sein Wort. Er war sehr aufgeregt; deshalb antwortete er: „Du bist wirklich rührend um mich besorgt, lieber Bruno." „Ich habe als Freund und Arzt die Pflicht, dich auf all dies aufmerksam zu machen." „Damit du ruhig schlafen kannst, will ich dir sagen, daß Ignaz mich genau so gut pflegen kann, wie eine Frau. Er hat es schon bewiesen — damals, als ich die Kugel in die Wade erhielt." „Immer Ignaz, Ignaz!" rief Beyerschmidt jetzt, aus seiner Ruhe gebracht. „Menschenskind! Du sollst leben, wie es sich für dich als Majoratsherr gehört — nicht als Junggeselle, sondern mit einer Frau zur Seite! Sag' mal, Sigwart", fragte er jetzt ruhiger, „hast du denn gar nicht manchmal Sehnsucht nach — Liebe? Das kann doch nicht alles tot da drinnen sein." Er legte die Hand auf seine Brust. „Ein Mann in deinem Alter kann sich doch nicht ganz der heiligen Flamme verschliehen." Plötzlich kicherte er in sich hinein und dämpfte seine Stimme geheimnisvoll ab. „Wenn erst der Johannistrieb kommt — ja dann — vann ist es manchmal zu spät. Das tut weh, das schmerzt." Er hielt inne. Der Majoratsherr überging die letzten Worte des Arztes mit Stillschweigen. „Du weißt", sagte er endlich, „was ich von den Frauen halte. Sie sind bei mir vielleicht eine Art Idiosynkrasie — so sagt ihr Aerzte wohl." Der Medizinalrat lachte aus vollem Halse. „Du bist köstlich, Sigwart. Ich sehe, da kann man wirk lich nichts machen, da ist Hopfen und Malz verloren." Henckelsberg nickte lebhaft. „Ja, da steht man ganz einfach machtlos Visavis. Aber wir wollen doch mal ehrlich sein. Jeder Mensch soll nach seiner Fasson selig werden. Na, siehst du, ich bin selig, so wie ich lebe. Ich habe übrigens auch Leidenschaften. Da ist zum Beispiel meine Orchideenzuchi. Für eine einzige Vieser kostbaren Pflanzen könnte ich Jahre meines Lebens hingeben. Diese Blumen haben wirkliche Gesichter. Die einen sehen kummervoll aus, die anderen mißmutig. Dann wieder gibt es einige, die lachen immer über ihr ganzes, zartes Blütengesicht. Wieder andere sehen schlau aus, bei nah verschlagen nnd listig. Neulich gab es ein trauriges Begräbnis. Da war eine teure Pslanzc aus ven brasilia nischen Urwäldern, die ich mir im vorigen Jahre für viel Geld von einem dortigen Farmer hatte schicken lassen, ei»' gegangen. Ja, siehst du, mein lieber Bruno, diese Orchideensainmlnng, die ich hege und pflege, ist meim' Leidenschaft." (F oris. f-lgt.)