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kojeschen Bahnhof führt, wurden seit mehreren Ta gen Taucher-Arbeiten im Kanal vorgenommen, das Eis aufgehauen und der Grund wahrscheinlich nach Torpedos untersucht. Ob etwas gefunden worden, ist unbekannt; es muß aber über unterirdische Mi nen oder ähnliches eine glaubhafte Meldung einge laufen sein, denn seit zwei Tagen schon ist man beschäftigt, links neben der Brücke in das Pflaster einzuhauen und nachzugraben. Bei einem Mützen macher, der dicht neben der Brücke am Kanal im Kellergeschoß einen Laden hat, sind Nachforschungen angestellt worden, man hat tief eingegraben und die Arbeiten durch Wegesperrungen abgeschlossen. Großfürst Konstantin wird gleich dem Groß- sürsten Nikolaus Petersburger Nachrichten zufolge Rußland dauernd verlaffen. Dis Polizei überraschte am 20. d. in Petersburg eine Versammlung von Nihilisten auf dem Wassili Ostrow, dritte Linie, im Quartier eines Studenten. Es wurden die Versammelten arretirt und mit gebundenen Händen abgeführt, unter ihnen auch zwei Studentinnen. Die Anzahl der Arrelir- ten wird sehr verschieden angegeben, nach dem Einen wären es zwanzig, nach Anderen nur fünf. Rumänien. Nunmehr ist das neue Cabinet fertig; dasselbe ist wie folgt gebildet: Demeter Bralianu Minister präses und Aeußeres, Slatescu Inneres, Demeter Sturdza Finanzen, Oberst Dabya öffentliche Ar beiten, Fericidl Justiz, Slaniceanu Krieg, Urechia Unteericht. Die KabinetSmitglieder gehören aus schließlich den Liberalen an. Türkei. Einer Meldung der „Pol. Corresp." aus Ueskuel zufolge hat Derwisch Pascha durch das am 21. d. stattgefundene siegreiche Gefecht gegen die alba- nesischen Baschibozuks, welches bei Verschirovice stattfand, die Herrschaft über die Bahnlinie Mitro- witza-Salonichi sichergestellt. Derwisch Pascha hatte 10,000 Mann mit einigen Kanonen, unter ihm befehligten die Generale Osman Pascha, Mustapha Pascha und Ibrahim Pascha. Wie aus Salonichi gemeldet wird, verloren die Albanesen 4000 Todte. Aus dem MulVenthale. * Waldenburg, 23. April. Zur Geburtstagsfeier Sr. Majestät des Königs von Sachsen fand heute früh 5 Uhr seitens des hiesigen Militärvereins eine Reveille durch die Straßen von Waldenburg und Altwaldenburg statt. Die öffentlichen und viele private Gebäude hatten geflaggt. *— Wir machen auch hierdurch darauf aufmerk sam, daß morgen Nachmittag von 2 bis 4 Uhr in der Töpferschule zu Altstadt-Waldenburg die Zeich nungen und Motwllirarbeiten noch zur Ansicht für Jedermann ausliegen. — Der bei der königl. Amtshauptmannschaft Pirna functionirende Regierungsaffessor Or. Gehe wird kommenden 1. Juni Pirna verlassen und in gleicher Eigenschaft an die Kreishauptmannschaft zu Zwickau übersiedeln. Feuilleton. Colomba. Corsisches Lebensbild von Prosper Meremse, deutsch von Audokph Wüldener. (Fortsetzung.) Sie nennen mich Corporal und ich bin Lieute nant, der Unterschied ist freilich nicht sehr groß, aber . . ." „Lieutenant!" rief Sir Thomas, „Lieutenant! Der Capitän des Schiffes hat mir aber doch gesagt, Sie wären Corporal wie Ihr Vater und alle Män ner Ihrer Familie es gewesen." Bei diesen Worten legte sich der junge Mann weit zurück und fing an so laut und so aus Her zensgründe zu lachen, daß der Capitän und die beiden Matrosen mit einstimmten. „Verzeihen Sie, Oberst," sagte endlich der junge Mann, „aber das Quiproquo ist herrlich, nur ver stand ich es nicht gleich. Meine Familie rühmt sich allerdings, eaxorali unter ihren Vorfahren zu zählen, aber unsere corsischen eapoMi haben nie Treffen auf ihren Röcken getragen. Um das Jahr der Gnade 1100 wählten sich einige Gemeinden, die sich gegen die Tyrannei der Gebirgsherren auflehnten, Anführer, welche sich euxorali nannten. Auf unserer Insel halten wir es heute noch für eine Ehre, von dieser Art Tribunen abzustammen." „Ich bitte Sie um Verzeihung, mein Herr!" fiel der Oberst ein „tausendmal um Verzeihung. Da Sie die Ursache meines Jrrthums einsehen, so hoffe ich, werden Sie ihn auch entschuldigen." Aus dem Sachsenlande. — Die sächsische Regierung hatte bekanntlich im Bundesrathe den Antrag gestellt, für alle gewerb lichen Arbeiter Arbeitsbücher obligatorisch einzuführen. Der Bundesrath hat indessen den Antrag abgelehnt, weil die Mehrheit der Bundesregierungen noch immer an der Ansicht festhält, daß die obligatorische Ein führung von Arbeitsbüchern für alle gewerblichen Arbeiter gerade jetzt mit Rücksicht auf den fluctuiren- den Charakter unserer Arbeiterbevölkerung, welche je nach den Conjuncturen der Arbeit den Wohnort ändert und von dem einen zu dem anderen Arbeits zweige übergeht, außerordentliche praktische Schwie rigkeiten habe und daß die aus dem französischen Rechte stammende Einrichtung den Neigungen und Anschauungen der älteren gewerblichen Arbeiter nicht entspreche und, bei uns eingeführt, viele Conflicte zwischen Arbeitern und Arbeitgebern herbeiführen würde. Es verlautet, daß die sächsische Regierung sich bei der Ablehnung ihres Antrages nicht be ruhigen, sondern denselben später von Neuem ein bringen wird. Verschiedene der neubegründeten Innungen haben sich bemüht, diese Frage für ihren Theil zu lösen, indem sie in ihren Statuten bestimmt haben, daß nur solche Gehilfen, welche sich im Be sitze eines Arbeitsbuches befinden, von den Mitglie dern der betreffenden Innungen in Arbeit genommen werden dürfen. — Die Einnahme an Wechselstempelsteuer im deutschen Reiche betrug im März 555,313 Mark. Davon wurden vereinnahmt im Ober-Post-Direc- tions-Bezirk Dresden 10,889, im Bezirk Leipzig 31,470 Mark. Die gesammte Jahreseinnahme (vom 1. April 1880 bis Ende März d. I.) beziffert sich auf 6,465,429 Mk., wovon 133,032 Mk. im Dresdner, 379,249 Mk. im Leipziger Bezirk einge nommen wurden. — Auf dem Frievrichstädter katholischen Friedhöfe zu Dresden vollzog sich am 21. d. die Beerdigung des plötzlich verstorbenen Freiherrn Max Maria von Weber in größter Einfachheit. Eigenthümlich mußte es berühren, daß keine von den Negierungen, welchen der Verblichene mit seinem eminenten technischen Wissen die größten Dienste geleistet, osficiell vertre ten war! Einige Worte des Kaplans Pater Halm und vorüber war die Ceremonie. — In Leipzig ist am 20. d. eine von der Fort schrittspartei einberufene Versammlung, in welcher der Reichstagsabgeordnete Wöllmer referirte und in welcher das socialistische Element stark vertreten war, nach einer Rede des Socialdemokraten Hasenclever auf Grund des Socialistengesetzes polizeilich geschlos sen worden. — Am 19. April hat der Bürgermeister von Werdau, Herr Fiedler, sein Amt niedergelegt, um in München in stiller Zurückgezogenheit Genesung zu suchen. Daß die Bürgerschaft Werdaus die Ver dienste des Herrn Bürgermeister Fiedler wohl zu würdigen weiß, geht daraus hervor, daß ihm von den zur Verabschiedung auf dem Rathhause erschie nenen städtischen Vertretern das Ehrenbürgerrecht der Stadt Werdau durch ein kunstvoll ausgeführtes Und er reichte ihm damit die Hand. „Es ist eine gerechte Strafe für meinen kleinen Hochmuth, Oberst," sagte der junge Mann, der noch immer lachte und die Hand des Engländers herzlich drückte; „ich zürne Ihnen durchaus nicht. Da mein Freund Mattei mich so schlecht vorgestellt hat, so erlauben Sie, daß ich es selbst thue; ich heiße Orso della Rebbia, bin Lieutenant auf Halbsold, und wenn Sie, wie ich beim Anblick dieser beiden schö nen Hunde vermuthe, der Jagd wegen nach Corsica reisen, so würde ich Sie mit Vergnügen in unsere Berge einführen . . vorausgesetzt, daß ich dieselben nicht vergessen habe," setzte er mit einem Seufzer hinzu. In diesem Augenblicke berührte das Boot die Goslette. Der Lieutenant bot Miß Lydien seine Hand, und half dann dem Obersten auf das Ver deck steigen. Hier bat ihn Sir Thomas, der noch immer sein Versehen nicht vergessen konnte und nicht wußte, wie ec die Beleidigung wieder gut machen sollte, die er einem Manne angethan hatte, dessen Vor fahren bis zum Jahre 1100 zurückreichten, ohne die Einwilligung seiner Tochter abzuwarten, mit ihnen zu Abend zu essen, während er zu gleicher Zeit seine Entschuldigungen und Händedrücke wiederholte. Miß Lydia runzelte freilich die Stirn ein wenig, war aber im Ganzen nicht unwillig, erfahren zu haben, was ein Caporal sei. Ihr Gast hatte ihr nicht mißfallen; sie fand von nun an sogar etwas Aristokratisches an ihm, nur war er ihr zu offen und zu heiter für einen Romanhelden. „Lieutenant della Rebbia," sagte der Oberst, in- l Diplom verliehen wurde. Die Einweisung des neuen ! Bürgermeisters, Herrn Assessor Sachse aus Schnee- i berg, erfolgte am 21. d. vormittags. — Infolge des Genusses einer auf den Wiesen ' aufgefundenen kohlrabiartigen Wurzel, die jedenfalls ' nichts Anderes als Wasserschierling gewesen, hat zu s Großenhain ein sechsjähriger Knabe den Tod ge- ; funden. Zwei ältere Brüder des Betreffenden, welche ebenfalls von der Wurzel gegessen, wurden noch glücklich gerettet. — Am 28. d. M. werden es 200 Jahre, daß der Ort Mutzschen bei Oschatz durch Feuer gänzlich zerstört wurde. Die Chronik berichtet darüber: „daß das Städtlein Mutzschen samt der Kirche, Pfarr häusern, Schule, Schloß, Amtshaus und dabey lie gende Dorff Pelitz gantz und gar abbrannte, in wel chem fünff Mensch umgekommen." — Längere Zeit schon hatte die Familie des Oberamtsrichter Tränkner in Burgstädt am 19. d. M. mit dem Mittagstisch auf den Chef des Hauses gewartet, und immer kam er noch nicht. Doch er konnte ja nicht mehr kommen! Er hatte inzwischen seinem Erdenleben ein Ende bereitet. Eingeschlossen in seiner Expedition hatte er sich an einer seidenen Schnur erhängt. Vor etlichen Tagen war ihm ein sehr hoher Besuch zu Theil geworden. Ursache die ses Schrittes soll geistige Störung gewesen sein. — In Plauen i. V. hat ww der dort erschei nende „Vogtl. Anz." mittheilt, am ersten Osterfeier tage ein vom Verein vogtländischer Studenten ver- anstaltes Concert stattgefunden, dessen Ertrag für das in Plauen zu errichtende Mosen-Denkmal be stimmt ist. Dasselbe war sehr zahlreich besucht und nahm auch küstlerisch einen durchaus befriedigenden Verlauf. — Das in Döbeln aufgetauchte Gerücht, es solle dorthin eine Garnison von 3 Schwadronen Ulanen gelegt werden, beruht ohne Zweifel auf einem Jrr- thum, da laut kriegsministerieller Verordnung defi nitiv bestimmt ist, daß die jetzt in Roßwein stehen den 2 Schwadronen des 18. Ulanenregiments vom 1. April 1882 ab nach Geithain versetzt werden. Deshalb ist in Geithain auch schon das Areal zu dem zu erbauenden großen Neithaus angekauft und der Bau desselben wird in den nächsten Tagen seinen Anfang nehmen. — Ein zu losen Streichen geneigter Confirmand in Arnddorf bei Hainichen zündete auf einer Wiese einen Dornenstrauch an und warf */« Psd. Spreng pulver in das Feuer. Da das Pulver nicht sogleich explodirte, geht er näher und in diesem Augenblicke erfolgt die Explosion und der Knabe erhält nicht nur erhebliche Brandwunden im Gesicht, sondern es brennt ihm außerdem ein Theil der Kleider vom Leibe. — Im Zellaer Waldteiche bei Nossen sind am 20. d. abends die Leichen der beiden Verunglückten aufgefunden worden. Das junge Mädchen hielt ihren Retter krampfhaft umarmt und scheint ihn also an seinen freien Bewegungen behufs Ausfüh rung der Rettung gehindert zu haben. Die bedauerns- werthe Frau des braven Verunglückten mußte be wacht werden; nur hierdurch wurde verhütet, daß dem er ihn auf englische Weise, ein Glas Madeira in der Hand, begrüßte, „ich habe in Spanien viele Ihrer Landsleute gesehen; sie gehörten zu der be rühmten Schützeninfanterie." „Ja, viele sind in Spanien geblieben," sagte der junge Lieutnant ernst. „Nie werde ich die Haltung eines corsischen Ba taillons in der Schlacht vergessen," fuhr der Oberst fort. „Ich muß mich freilich daran erinnern," setzte er hinzu, indem er sich die Brust rieb. „Den ganzen Tag hatte das Bataillon in den Gärten, hinter den Hecken ein unausgesetztes Tiralleurfeuer unterhalten und uns ich weiß nicht wie viel Mann schaften und Pferde getödtet. Nachdem der Rückzug geblasen war, sammelten sie sich und zogen sich in guter Ordnung zurück. In der Ebene hoff ten wir Rache nehmen zu können, aber die Bursche . . . entschuldigen Sie, Lieutenant, — diese Tapferen hatten ein Quarre formirt und es war nicht mög lich, dasselbe zu sprengen. In der Mitte des Quar re's, noch seh' ich ihn vor mir, hielt ein Officier auf einem kleinen Rappen neben dem Adler und rauchte ruhig seine Cigarre, als säße er im Kaffee hause. Manchmal spielte ihre Musik, wie um uns herauszufordern, Fanfaren ... ich werfe meine beiden ersten Schwadronen gegen sie . . . Bah/ statt in der Fronte anzupacken, prallen meine Dragoner bei Seite, schwenken und kommen sehr in Uordnung, manches Pferd ohne Retter zurück . . . und immer die verfluchte Musik." (Fortsetzung folgt.)