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HchönbuM TagMU Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Freitag, den 22. April 91. 1881. *Waldenburg, 21. April 1881. Die deutsche Flagge im Mittelmeer. Vor Kurzem hat der Reichskanzler dem Reichs tage eine Denkschrift vorgelegt, in welcher das neue Schifffahrts-Gesetz Frankreichs und die seitens dieses Landes zur Hebung der heimischen Seeschifffahrt getroffenen Maßnahmen den deutschen Reichsboten vor Augen geführt werden. Unser Nachbarland hat es darnach für nothwendig erachtet, den heimischen Schiffsbau und ebenso die nationale Seeschifffahrt durch Gewährung von Prämien zu fördern, welche mehrere Millionen Francs jährlich erreichen werden. In Frankreich erhebt sich gegen dieses Opfer, das der Gesammtheit zu Gunsten eines nothleidenden Gewerbes auferlegt wird, keine Stimme; jede Partei hat nur die Stärkung des maritimen Ansehens Frankreichs im Auge und so ist denn das Gesetz ohne Widerspruch bewilligt worden. Wie würde bei einem ähnlichen Vorgehen der deutschen Regie rung wohl der Reichstag beschließen? Die Ab stimmung unserer Volksvertreter in Sachen dec Samoainseln giebl eigentlich schon hinlänglich Ant wort auf diese Frage und wir glauben auch selbst kaum, daß unsere leitenden Wirthschaftspolitiker im Parlament, nachdem sie der surtuxs und dem Küsten frachtfahrgesetz so feindlich gegenübergestanden, stch zu einer Unterstützung unserer theilweise recht nolh- leidenden Rhederei verstehen werden. Und dach würde es nicht einmal eines so wirksamen Eintretens des Landes für die Rhederei, wie dies in Frank reich geschieht, bedürfen, um unsere Handelsschifffahrt empor zu bringen und der deutschen Flagge einen würdigen Platz unter den Flaggen anderer Länder zu sichern. Große Verkehrsgebiete sind der deutschen Flagge seither so ziemlich verschlossen geblieben, weil es an Capital und an der nöthigen Unterstützung seitens des Landes gefehlt hat, man versuche nur einmal den Verkehr in dieser Richtung zu entwickeln und es wird sich zeigen, daß die deutsche Schifffahrt mit der Zeit auch über den deutsch-amerikanischen Verkehr, welcher jetzt den bei weitem überwiegenden Theil des Weltverkehrs ausmacht, hinauszukommen vermag. Ein verkehrsreiches Gebiet, auf welchem die deutsche Flagge noch außerordentlich sporadisch vertreten ist, ist, wie oft betont worden, das Mittelmeer. Es liegen gegenwärtig zwei Zusammenstellungen vor, deren eine den Schiffsverkehr im Hafen von Con- stantinopel und deren andere den Verkehr durch den Suezkanal für 1880 behandelt. Nach beiden Zusammenstellungen steht die deutsche Flagge hinter den anderen bedeutend zurück. Im Hafen von Con- stantinopel waren von den dort in 1880 verkehren den Segelschiffen nur O,oi pCt. deutsche, der ge ringste Procentsatz, der überhaupt vorhanden ist. Nicht allein britische, griechische, italienische Schiffe prävalirten im Vergleich zu Deutschland erheblich, sondern auch schwedische und norwegische, obwohl für diese die Schifffahrt bezw. der Weg nicht gün stiger ist, als für die deutschen Schiffe. Gerade so verhält es sich mit Dampfschiffen, an deren Verkehr sich die deutsche Flagge nur mit 0,» pCt. betheiligte, und mit diesem Procentsatz weit hinter England und Frankreich und auch hinter Belgien und Schweden- Norwegen zurttcksteht. Der Verkehr durch den Suez- Canal ist fast ganz in den Händen der englischen Flagge; 1591 englische Schiffe mit einem Gehalt von 3'/2 Mill. Tons haben denselben im Jahre 1880 passirt. Deutschland steht mit 38 Schiffen und 52,000 Tons erst in siebenter Reihe hinter den Niederlanden, Oesterreich-Ungarn und Spanien und was am bedenklichsten ist, der Verkehr der deutschen Flagge ist seit mehreren Jahren im Rück gang begriffen, während der Schiffsverkehr der anderen Länder von Jahr zu Jahr zunimmt; bei spielsweise passirten in 1877 bereits 40 Schiffe deutscher Flagge mit 56,000 Tons den Canal. — Wir glauben, daß diese Daten wohl einige Beach tung verdienen seitens der Kreise, welche für das Wohl und die Erhaltung unserer Handelsmarine zu wirken berufen sind und daß endlich Mittel gefun den werden müßten, der deutschen Schifffahrt die ihr gebührende Stellung auch in den östlichen Ge wässern zu verschaffen, nachdem der deutsch-amerika nische Verkehr sich glücklicherweise aus dem freien Privatbetriebe günstig entwickelt hat. *Waldenburg, 21. April 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hatte am 20. d. vormittags die zur Theilnahme an den Uebungen eingetroffenen bairi schen Regimentscommandeure empfangen und er- theilte nachmittags demrussischen Botschafter Saburoff Audienz. Die „Prov.-Corresp." bespricht einen Artikel der „National-Zeitung", welcher die Wahrung der mit entscheidenden Stellung der Volksvertretung, die Wiederherstellung und Gleichberechtigung des Parlaments mit der Negierung, zumal im Hinblick auf dis Neuwahlen als die Aufgabe für alle Schattirungen des Liberalismus bezeichnet und sagt am Schluffe, es liege im eigenen Interesse der Nationalliberalen, aus der gegenwärtigen Unklar heit bald herauszukommen und weder nach links zu unberechtigten Hoffnungen Anlaß zu geben, noch nach der anderen Seite den Eindruck machen, als sei ihnen das positive Schaffen für das Volkswohl gleichgiltig geworden. Die Nationalliberalen möch ten sich auf die wahre Grundlage ihrer politischen Stellung, auf die Bedeutung besinnen, welche ihr früheres praktischen Wirken gehabt habe. Der zwischen der preußischen Staatsregierung und den Agnaten der vormals kurfürstlich hessi schen Familie abgeschlossene Vergleich ist, nach dem er überraschend schnell dis Zustimmung des Landtags gefunden hatte, in diesen Tagen zur Aus führung gebracht worden. Die den vier Agnaten ausgesetzte jährliche Rente von zusammen 100,000 Thalern ist ihnen zu drei Vierteln auf 8 Jahre im Voraus bezahlt worden, so daß die Staatskasse die Summe von 1,800,000 Mark baar entrichtet hat. Außer dieser Geldentschädigung sind den Be vollmächtigten der Agnaten vorige Woche vier Schlösser zu Kassel, Schönfeld, Rotenburg und Hanau vom Ooerpräsidenten v. Ende überwiesen worden. Auch diese Schlösser repräsentiren einen Werth von 14/r bis 2 Mill. Mark. Angesichts der in Tunis bevorstehenden Verwicke lungen ist eine Mittheilung des dortigen Reichs con suls von Interesse, wonach zwar keine directe Schiffsverbindung zwischen Deutschland und Tunis besteht, jedoch die dortigen Häsen alljährlich von einem oder mehreren deutschen Schiffen besucht wer den. Das Bestreben, deutscherseits Handels verbindungen mit Tunis anzuknüpfen, macht sich immer bemerkbarer: so ist im vorigen Jahre eine große Zahl deuticher Firmen mit tunesischen in Verbindung getreten. Tunesien ist arm an in dustriellen Erzeugnissen und muß diese von außen beziehen. Deutsche Tuche und andere Waaren ha ben fremdländische Fabrikate dieser Gattung fast verdrängt. Ueber die Deutlichkeit der Unterschriften (manchmal die Hauptsache) hat der preußische Justiz minister unterm 14. d. eine allgemeine Verfügung erlassen, worin unter Bezugnahme auf frühere des- fallsige Erlasse der Justizbeamten darauf hingewiesen wird, sich bei der Vollziehung amtlicher Schrift stücke einer deutlichen Namens-Unterschrift zu be fleißigen". Dann heißt es weiter: „Gleichwohl gehen noch täglich Schriftstücke ein, welche an Stelle einer leserlichen Unterschrift des Namens Schrift zeichen enthalten, die zwar einen Namenszug dar stellen sollen, sich aber als durchaus unlesbar er weisen oder doch nur mit Mühe entziffert werden können. An einem gleichen Mißstände leiden viel fach amtliche Schriftstücke, die für das Publikum bestimmt sind. Ich nehme hieraus Veranlassung, jene älteren Verfügungen von Neuem in Erinne rung zu bringen und dabei die zuversichtliche Er wartung auszusprechen, daß es mir werde erspart werden, die Nichtbeachtung derselben in einzelnem Falle besonders rügen zu müssen." Oesterreich. Der Kronprinz Erzherzog Rudolf und der Großherzog von Toscana langten von ihrer Orient reise in Begleitung des Stadthalters am 19. d. um 4 Uhr nachmittags in Zara an. Frankreich. Nach neuerlichen Meldungen sollen die franzö sischen Rüstungen in der tunesischen Grenz frage nicht die in der Presse gerügten Mängel zeigen, man würde fehl gehen, das Mobilisirungs- system, das sich vollkommen bewährt hat, zu ver dächtigen. Die Unvollkommenheiten, die zu Tags getreten, seien nur untergeordneter Natur und zeig ten die Symptome eines ersten praktischen Ver suches. Ueber die Mission Flatters und ihr Schicksal liegt jetzt noch eine neue, dritte Lesart vor, welche von Eingeborenen, die aus Gurara kamen, nach den südlichen Gegenden der Provinz Oran gebracht worden ist. Danach wäre es Niemand anders, als der aus dem Aufstande 1871 so bekannte Häuptling Kaddur-si-Hamza gewesen, welcher an der Spitze einer ziemlich beträchtlichen Anzahl von Reitern, die dem mächtigen Stamme der Uled-sidi-Scheiks ange- hörlen, die Mission überfallen hätte. Kaddur foll den Oberst Flatters und einige andere Mitglieder der Expedition als Geißel zurückhalten, um sie gegen Weiber und Kinder auszulauschen, die jetzt in dem Kreise Mascara gefangen gehalten werden. Da schon auf die erste Kunde von dem Blutbade Emis säre aus den verschiedensten Orten von Algerien, Tunis und Tripolis ausgesandt worden sind, darf man hoffen, schon in den nächsten Tagen über den Verbleib und die Schicksale der Mission vergewissert zu sein. Die auf der internationalen Münzconferenz vertretenen 15 Staaten sind folgende: Deutschland Oesterreich, Belgien, Dänemark, Spanien, die nord- amerikanische Union, Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Holland, Portugal, Rußland, Schweden und die Schweiz. Belgien. Der österreichische Kronprinz Erzherzog Rudolf wird am 26. April in Brüssel eintreffen. Rußland. Infolge der Verbreitung des Gerüchts, daß an den Osterfeiertagen in Odessa Unordnungen event. Ausschreitungen gegen die Juden zu erwarten seien, erließ der Generalgouverneur eine Bekannt machung, in welcher die Einwohner aufgesordert werden, die Ordnung zu erhalten und die Ver«