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März (1. April) 1881 fälligen Capitalien der 3- proz. landschaftlichen Obligationen vom Jahre 1830, 4proz. Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1847 und 3proz. Staatsschulden-Kaffenscheine vom Jahre 1855, sowie der im gleichen Termine zahlbaren Zinsen dieser Staatsanleihen und der auf den Staat übergegangenen 4prozentigen Albertsbahn-Prioritäts obligationen Int. 0., ingleichen der Renten auf die Zprozentigen Staatsschuldverschreibungen vom Jahre 1878 und die in 3prozentige Rentenpapiere umge wandelten Gößnitz-Geraer Eisenbahnaclien findet vom 15. März d. I. an gegen Rückgabe der be treffenden Capitalscheine, Zinscoupons und Zins scheine bei der Staatsschuldencasfe in Dresden und der Lotterie-Darlehnskasse in Leipzig, sowie laut Bekanntmachung des Königlichen Finanz-Ministeri ums vom 25. November 1880 auch bei der Säch sischen Bank in Dresden statt. — Die öffentliche Ausloosung der planmäßig am 30. September und 1. October 1881 zur Rückzah lung gelangenden 3"/«. landschaftlichen Obligationen vom Jahre 1830, 4"/o. Staatsschulden-Kassenscheine vom Jahre 1847 und 3°/o. Staatsschulden-Kaffen scheine vom Jahre 1845, ingleichen der am 1. Juli 1881 mit 7"/o Prämienzuschlag rückzahlbar werden den 4°/o. sächsisch-schlesischen Eisenbahnaktien findet den 21. März dieses Jayres und folgende Tage, vormittags von 10 Uhr an, im Landhause zu Dresden I. Etage statt. — Der preußische Volkswirthschaftsrath soll aus dem Verordnungswege in einen deutschen verwan delt werden. Dieser letztere würde aus 125 Mit gliedern bestehen, von denen auf Preußen 75, auf Baiern 15, auf Sachsen 8 fallen u. s. w. Für die hochentwickelte und mannichfaltige Industrie und die auf hoher Stufe stehende Landwirthschaft Sach sens ein ungünstiges Verhältniß. — Von dem in Dresden garnisonirenden Schü tzenregiment werden die 4., 6. und 12 Compagnie aus dem Regimentsverbande losgelöst, um künftig dem neuen 134. Linieninfanterieregiment einverleibt zu werden, das in Leipzig garnisoniren soll. — In einer Restauration zu Chemnitz verlangte vor einiger Zeit ein Gast Schweinefleisch zu essen. Da dasselbe in der Küche nicht zu haben war, wurde der Gast davon benachrichtigt. Dieses hörte ein Anderer, der sich für einen Gutsbesitzer aus der Umgegend ausgab, und bot darauf der Frau des Restaurateurs ein fettes Schwein zum Verkauf an. Da das Aeußere des Mannes seinen Angaben zu entsprechen schien, ging die Frau auf das Geschäft ein, zahlte ihm abschläglich 15 Mk. und löste sich auch einen Schlachtschein. Als jedoch die bestimmte Zeit verstrichen war und der Gutsbesitzer noch im mer kein Schwein brachte, erstattete die Frau An zeige, und da ergab sich denn, daß der angebliche Gutsbesitzer ein Betrüger war und gar nicht im Be sitz eines Schweines ist, auch wegen ähnlicher Ver gehen schon mehrfach längere Freiheitsstrafen er litten hat. — Am Dienstag Abend fand in Reichenbach die erste Versammlung der Mitglieder der neuen Schuh macher-Innung unter Vorsitz des Obermeisters, Herrn Karl Peters, statt, die erfreulicherweise recht zahlreich besucht war. Bei dieser Gelegentheit präsen- tirlen zwei Lehrlinge von Jnnungsmeistern ihre in der Werkstatt des Obermeisters unter dessen Auf sicht angefertigten Gesellenstücke, die den ungetheilte- sten Beifall aller Jnnungsmeister fanden und Jedem sogar als Meisterstück zur Ehre gereicht haben wür den, worauf der Obermeister die Betreffenden in feierlicher Weise und unter herzlichen Worten der Anerkennung ihres Fleißes und ihrer Geschicklichkeit zu Gesellen erklärte. Schließlich wurden noch zwei Lehrlinge in die Innung eingeschrieben. — Auch in Oschatz sind zwei Erkrankungen unter Symptomen von Bleivergiftung vorgekommen, die in Folge der Benutzung eines schlecht gasirten, nicht gehörig eingebrannten irdenen Topfgeschirres ent standen sind. Die Töpfe waren sogen. Seidenberger Waare. Also Vorsicht gegenüber schlecht glasirter Kochtöpfe. — Bei einem am 3.d. in Werdau geschlachteten Schweine wurden durch den verpflichteten Fleischbe schauer Schmidt Trichinen entdeckt. — In Beerwatde ist am 1. d. mittags das Wohngebäude und die Scheune des Zschirpe'schen Gutes niedergebrannt. — Dem Handarbeiter Puhl in Thimmendorf (reuß. Oberland) wurden wegen boshafter Thier quälerei, er halte einem Hahn mit einer Zange die Hälfte des Schnabels und einige Zehen abgezwickl, vom Amtsgerichte in Lobenstein vier Wochen Ge- fängniß zuerkannt. Deutscher Reichstag. Sitzung vom 3. März. Erster Gegenstand der Berathung war die Con vention über den Austausch von Postpacketen ohne Werthangabe. Staatssekretär Stephan constatirt, daß neuen Nachrichten zufolge auch Amerika beizutreten gewillt sei. Der Vertrag und das Schlußprotokoll wurden einstimmig genehmigt. Hierauf wurden die Etatberathungen fortgesetzt. Rickert fragt, warum der „Reichsanzeiger" nicht in der Reichsdruckerei gedruckt werde. Oberpostrath Sachße erwidert, es habe bisher dazu an Raum gefehlt. Die Absicht, den „Reichsanzeiger" in der Reichsdruckerei drucken zu lassen, bestehe nach wie vor. Beim Kapitel Eisenbahnverwaltung beklagt sich Ber ger darüber, daß man dem preußischen Eisenbahnminister Maybach, dem Vertreter des reinen Staatsbahnsystems, nicht nur die Oberaufsicht und Concessionirunq der Privatbahnen, sondern auch die oberste Leitung der Reichsbahnen über tragen habe. Die Reichsbahnverwalmng werde so ein inte- grirender Theil der preußischen Eisenbahnverwaltung. Die Reichsbahnen sollten aber nicht spsciell preußischen, sondern Reichsinteressen dienen. Maybach: Mit der Vereinigung der Reichs- mit der preußischen Bahnverwaltung werde dem öffentlichen Interesse wie dem des Reiches gedient. Das allgemeine Verkehrs interesse stehe bei ihm obenan. Ob sich der Verkehr über süddeutsche oder andere Bahnen lenke, sei ihm gleichgiltig; er benutze die Reichsbahnen nicht als Hebel zur Hebung der preußichen Bahnen. Zu Maßregeln, die nur den Actionär ren die Dividenden erhöhen sollen, lasse er sich nicht ver anlassen. Sonnemann: Die elsaß-lothr. Bahnen seien groß genug, um eine eigene Verwaltung haben zu können. Die Vereini gung der Verwaltung der Reichs- mit der der preußischen Bahnen müsse gegenüber den süddeutschen Bahnen Unzuträg lichkeiten im Gefolge haben. v. Nordeck zu Rabenau: Durch das Jnstradirungsver- fahren wurde den kleinen Bahnen Gewalt angethan, so der hessischen Karl Ludwigsbahn. Kiefer klagt über die rücksichtslose Concurrenz der Reichs bahnen gegenüber Baden. Minister Maybach protestirt dagegen, daß durch die preu ßische Bahnverwaltung der hessischen Karl Ludwigsbahn Ge walt angethan worden sei. Beim Kapitel Bankwesen unterzieht Sonnemann das Verfahren des Directoriums der Reichsbank einer Kritik. Durch den hohen Discontosatz und die Manipulationen der Reichbank würden die Verkehrsinteressen empfindlich geschä digt. Der Discontosatz, den die Reichsbank neben dem osficiellen habe, gehe ausschließlich den Bankiers zu Gute und erleichtere die Einführung fremder Papiere. Reichsbankdirector von Dechend widerlegt die Angriffe Sonnemann's. Der Zinsfuß sei in Deutschland ein ganz verschiedener. Die Reichsbank müsse einen Mittelweg wäh len. Der zweite Discontosatz gelte nur für eine gewisse Sorte von Wechseln; auch die Bank von England habe einen zweiten Discontosatz. Die Reichsbank habe nicht Geld ver weigert, wie Sonnemann's Blatt (Franks. Ztg.) seinerzeit behauptet. Die Bank habe im Juli v. I. die Diskonter höhung auf 5'/- Procent eintreten lassen, um sich selbst zu schützen. Das öffentliche Interesse würde seitens der Bank verwaltung dem der Bank nicht untergeordnet. Bamberger hält den niedrigsten Zinssatz nicht für den besten. Der vorige Durchschnittsdiscontosatz sei nicht höher gewesen, als es das Verkehrsinteresse erfordere. Er tadelt die Lust des Bankprästdenten Geschäfte zu machen, wodurch das Privatkapital eingeschüchtert werde. Die richtigste Poli tik der Reichsbank sei: Zurückhaltung so lange im Verkehr Geld flüssig, beruhigendes Eintreten, wenn die Gemüther ängstlich geworden. Bank-Präsident v. Dechend: Wenn die Bank in schlechten Zeiten helfen solle, so müsse sie auch in Geschäften bleiben. Bamberger vertrete mit seinen Ausführungen die Interessen des Bankiers. Sonnemann: Die Interessen der Bankiers könnten nicht besser vertreten sein als durch die Reichsbank, in deren Ausschuß die namhaftesten Bankiers sitzen. v. Kardorsf: Die deutsche Reichsbank habe infolge unse rer Valutaverhältnisse eine schwierigere Stellung als die fremden Banken. Man habe alle Ursache mit der Banklei tung zufrieden zu sein. Bamberger: Er vertrete nicht die Bankiers, er habe sich von allen Geschäften vollständig zurückgezogen. Es folgte die Berathung des Antrags des Abg. Or. Mendel, die Wahlprüfungskommission zu beauf tragen, über die am häufigsten vorkommenden Fehler und Versehen bei den Reichstagswahlen an das- Haus zu berichten. Nach der Begründung des Antrages durch den Antrag steller nahm der Reichskanzler Fürst Bismarck das Wort, welcher die Beeinflussung der Wähler durch Beamte mißbil- igte und für die absolute Freiheit der Wahl eintrat. Die Regierungsvorlage der Reichsverfassung Habs die Nicht wählbarkeit der Beamten enthalten; erst der Reichstag habe diese Schranke beseitigt. Die Regierung wolle keine Beein flussung der Wähler durch Beamte und werde stets einem solchen Gebühren energisch entgegentreten. Kaiser klagt über Beeinflussungen durch Richter. Das Höchste habe bezüglich der Beeinflussung der Abg. Stumm geleistet. Der Reichskanzler möge gegen solche Beeinflussung die Arbeiter schützen, dann würde auch seine Partei einmal mit dem Reichskanzler zufrieden ssm können. (Heiterkeit). Stumm sucht sein Vergehen bezüglich des „Neukirch. Tgbl." zu rechtfertigen. Windthorst: Stumm's Verfahren bleibe incorrect. Der Antrag Mendel wird angenommen. Nächste Sitzung 4. März. Vermischtes. Die Auswanderung nach Amerika, über deren große Dimensionen wir schon mehrfach berichtet haben, hat durch die plötzliche Herabsetzung der Ueberfahrts- preise für Zwischendecks-Passagiere einen neuen und überaus bedeutenden Anstoß erhalten. Die Reduc- tion beträgt auf den Hamburger und Bremer Linien volle 33'/s pCt. Der Preis ist von 120 auf 80 Mk. pro Kopf gesunken. Da erfahrungsmäßig die jetzige Auswanderung nicht einzelne junge Leute, son dern vorzugsweise große Familien umfaßt, handelt es sich bei Auswanderungslustigen jetzt oft um eine Er- sparniß von 200 bis 300 Mark. Das ist ein Fac tor, der bei dem Entschlusse, die Heimath zu ver lassen, mitspricht und in desto bedeutenderem Maße, je ärmer die auswandernde Familie ist. Die Re- duction an sich ist lediglich auf ein Concurrenzma- növer der Bremer und Hamburger Linien zurückzu führen. Nach den zwischen den beiden großen trans atlantischen Linien bestehenden bisherigen contract- lichen Bestimmungen sollte an dem Zwischendecks preise von 120 Mark festgehalten werden. Die Bremer Linie behauptet nun, daß gegen diese Ab machung heimlich in den Jahren, in denen die Aus wanderung nicht sehr stark war, von Seiten Ham burgs gesündigt worden ist. In dem Momente, wo der Contract ablief, setzte sie nun die Paffage- preise in der vorher angegebenen Weise herab und zwang dadurch Hamburg zur Folgeschaft. Man vermuthet, daß Bremen, wenn nöthig, n-ch billiger werden wird, um Hamburg zu einem Friedensschluß zu zwingen, dessen Bedingungen natürlich von Bre men dictirt werden würden und dessen erster Para graph das Hinausschrauben der Passagepreise auf die frühere Höhe oder gar noch darüber hinaus be zeichnen würde. Einstweilen ist, wie eingangs ge sagt, der Einfluß der Herabsetzung in dem massen haften Andrängen der zur Auswanderung Geneigten zn spüren. Aus der Provinz Posen, aus West preußen, aus Ostpreußen und einigen schlesischen Districten wandern halbe Dörfer aus. Neben dem Staate Illinois wendet sich der große Strom der Auswanderung dem Staa.e Nebreska zu, dessen überaus reiche Ernteerträge ihn zum Zielpunkte der Wüns te der Deutschlandmüden machen. Eine ein ziger Berliner Agentur, die von E. Johanning, hat in den ersten sechs Wochen dieses Jahres schon gegen 2000 Anmeldungen zur Auswanderung aus den östlichen Provinzen erhalten. Allerlei. In der Schwurgerichtssitzung von Oels wurde der Knecht Karl Lippert aus Groß-Bargen wegen dreifachen Mordes und schweren Diebstahls zum Tode, 2 Jahren Zuchthaus und Ehrverlust verurtheilt. — Der Pariser „Figaro" hat, wie aus dem Berichte, welcher der am 25. Februar abge haltenen Generalversammlung vorgelegt wurde, zu entnehmen ist, für das Jahr 1880 ein Reinerträg- niß von nicht weniger als 2,305,444 Francs gelie fert, ein Erträgniß, das die Höye des gesammten Actienkapitals nicht unbedeutend übersteigt. — Auf einem der letzten Pariser Opernbälle hat sich eine junge Frau mit einem Dolche erstochen. Sie sah ihren Gatten mit einer anderen Dame im Arm durch den Saal gehen und als das Paar an ihr vorüberging, stieß sie sich mit den Worten: „Du siehst, jetzt bin ich sicher, daß Du mich täuschtest", den Dolch in die eigene Brust. — Im Zoologischen Garten zu Moskau ist Sonntag das sogenannte Eishaus eröffnet worden. Dasselbe stellt eine präch tige Villa mit Galerien, Thürmen und Fonlainen dar. Sogar die in demselben befindlichen Kron leuchter sind aus Eis. Das Gebäude wird electrisch beleuchtet. — 50,000 Mark mußte die Great Northern Eisenbahn an einen Handlungsreisenden zahlen, der bei einem Zusammenstöße auf dieser Linie eine Verletzung des Rückens davon trug, durch welche er für länger als 2 Jahre arbeitsunfähig war. — In Regensburg mußten innerhalb 4 Wochen nicht weniger als 8 Schüler von beiden Gymnasien we gen mannichfaltiger grober Verletzungen der Disciplin von der Anstalt verwiesen werden. Das ebenso thörichte wie nachtheilige Unwesen der Schülerver bindungen wuchert leider auch in Baiern. — Der höchste Baum der Erde, eine genau gemessene Sesquoia (Wellingtonia), befindet sich in Calaveras Grove bei Stockton in Kalifornien. Der Baum ist 9915 am (etwa 330 Fuß) hoch. — In Berlin sind die in der Weinmeisterstraße gelegenen Mos- bloch'schen Fabrikgebäude niedergebrannt. Der Schaden beträgt 300,000 Mk., 120 Arbeiter sind brotlos. Neueste Nachrichten. Paris, 3. März. In Folge des Selbstmordes des General Ney hat der Untersuchungsrichter Guyot im Hause der nach Belgien geflüchteten Kupp lerin Leroy deren Korrespondenz saisiren lassen. Die feinsten Namen des Pariser Highlife erschei nen durch diese Papiere "compromillirt. Barone, Marquis und Grafen sind darunter. Seltsamer