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das Vaterland in hohen Wellen der Gefahr schwebt, das -ist aber eigentlich nur in Kriegszeiten der Fall, und diese sind Gott sei Dank nicht vorhanden, es ist auch gar keine Aussicht dazu. Holland. Tie Holländer setzen Alles in Bewegung, für ihre Landsleute in Transvaal die Sympathien des Auslandes zu erwecken und die moralische Unterstützung maßgebender Staatsmänner zu ge winnen. Dieser Tage hatte der Pariser Correspon- dent eines holländischen Blattes eine lange Audienz bei Gambetta; der Präsident der französischen Kammer hörte die Klagen, welche gegen die Eng länder in ihrem Verhalten gegen die Boers vorge bracht wurden, mit solcher Wärme an, daß er ein über das andere Mal die Worte ausstieß: „Das ist schändlich!" Gambetta entließ den Holländer mit der Versicherung seiner persönlichen Theilnahme für die Boers. Gleichzeitig verlautet, daß die deut schen Ansiedler von Whale-Bay, dem nördlich vom Oranje-Freistaat gelegenen Landstrich, eine Petition an den Reichskanzler Fürsten Bismarck gerichtet haben, worin sie um Schutz bitten gegen die Aus schreitungen der jetzt in Fehde liegenden Negerstämme, von denen dieses Gebiet bewohnt wird. Türkei. Die Einführung einer Zwangssteuer und Aus dehnung auf immobile Militärpflichtige in Konstan tinopel, welche bisher durch Privilegium befreit waren, ist bevorstehend. Die Armee von Thessalien und Epirus wird auf 100,000 Mann geschätzt, außerdem ist eine Reserve von 40,000 Mann in der Bildung begriffen, wovon die Hälfte nach Janina, die andere nach Trikala dirigirt wird. Amerika. Das Wachsthum der Städte in den Vereinig ten Staaten, welche über 10,000 Einwohner ent halten, war nach den jetzt veröffentlichten Census- listen seit 1870 ein überraschendes. Während deren Anzahl im letztgenannten Jahre nur 184 betrug, stieg sie nach der neuesten Zählung auf 245, ein Zuwachs von 61 Städten mit mehr als 10,000 Einwohnern, deren Einwohnerzahl, im Ganzen 7,672,233 im Jahre 1870, 11,100,201 im Jahre 1880 entspricht. Der Gesammtgewinn an Köpfen seit 1870 beläuft sich auf 11,594,188 und beinahe der dritte Theil desselben ist dem ungewöhnlich raschen Wachsthum der Städte zuzuschreiben. Ein ähnliches Resultat lieferte bekanntlich die vorjährige Volkszählung in Deutschland. Aus dem MuL-enthale. * Waldenburg, 7. Februar. Aus Potsdam kommt die freudige Nachricht, daß I. D. die Frau Erbprinzessin von Schönburg-Walden ¬ burg am 6. d. früh ^9 Uhr mit Gottes Hilfe einer Prinzessin genesen ist. Die Hohe Wöchnerin sowohl wie die kleine Prinzessin befinden sich den Umständen angemessen wohl. *— In der gestern eröffneten IV. allgemeinen Geflügel-Ausstellung zu Glauchau erhielt Se. Durch!. Prinz Sigismund von Schönburg-Waldenburg für 3 ausgestellte türkische Enten den ersten Preis zu erkannt. — Der conservative Verein in Zwickau beabsichtigt als Candidaten zur nächsten Reichstagswahl für den 18. Wahlbezirk den früheren Amtshauptmann in Zwickau, jetzigen Geh. Regierungsrath Vodel in Dresden aufzustellen und hat der Verein auch bereits den dortigen sreisinnig-reichstreuen Verein ersucht, die Candidatur Vodel's zu unterstützen. — Der am Dienstag auf Obcrschiudmaaser Flur aufgefundene unbekannte Erhängte ist als der HanvarbeiterJohann Christlieb Weisler aus Meerane, gebürtig aus Gesau, recognoscirt worden. Aus Vern Sachseulande. — Die Braut Sr König!. Hoheit des Prinzen Wilhelm von Preußen, Prinzessin Auguste Victoria, stattete am 5. mit ihrem Oheim, dem Prinzen Christian, dem König und der Königin von Sachsen einen Besuch ab. Die Augustenburgischen Herr schaften werden einige Tage in Dresden verweilen und sich dann nach Schloß Primkenau begeben. — Se. Majestät der König haben allergnädigst geruht, den Weinhändlern La Roche und Allinger (Firma La Roche und Allinger vorm. Joh. Jacob Burck) in Frankfurt a. M. das Prädikat „König!. Hoflieferanten" zu verleihen. — Nach einer Bekanntmachung des königl. Mi nisterium des Innern fallen die diesjährigen Woll märkte in Sachsen in Kamenz auf den 13. Juni, in Bautzen auf den 14. Juni, in Dresden auf den 15. Juni und in Leipzig auf den 16. und 17. Juni. — Wie,mit dem Gesetzentwürfe über Unfallver sicherung geschehen, so ist jetzt auch der auf das Jnnungswesen bezügliche Entwurf eines Reichsge setzes den Handels- und Gewerbekammern, sowie den groben Vereinen Gewerbtreibender in den größten Städten des Landes vom sächsischen Ministerium des Innern mitgetheilt und denselben die Anzeige etwaiger Bemerkungen und Wünsche anheimgestellt worden. — Die Elbdampfschifffahrts-Gesellschaft in Dresden verthsilt für das Vereinsjahr 1880 eine Dividende von 24"/». — In der Wohnung eines höheren Militärs in Dresden waren die auf den Treppen gelegenen noch ganz guten Läufer verschwunden. Da werden Feuilleton. Jrms» Erzählung von A. Wels. (Fortsetzung.) In demselben Augenblicke hörte ich Säbelgerassel und ein Gsnsd'arm drängte sich durch die Menge. Höchst gelassen ging er auf den immer noch mit er hobenem Messer Dastehenden zu, stellte sich ruhig vor ihn und sagte: „Wollt Ihr wieder ein Unglück anrichten, Mensch? — Was hat Euch denn der Stadtdiener gethan?" „Der Esel soll mich nicht anfassen," brüllte Jener. „Er muß Euch aber doch zur Ortspolizei führen," meinte der Gsnsd'arm mit einer staunenswerthen Gelassenheit, da Euch jener Bauer dort beschuldigt, ihm seine Börse gestohlen zu haben?" „Ich werde selbst zur Polizei gehen — aber an fassen soll er mich nicht", schrie der Andere. „Nun, dann geht," sagte der Gensd'arm, der seinen Mann ganz genau zu kennen schien, „und damit er Euch nicht wieder anfasse, werde ich mitgehen. Aber steckt das dumme Ding da zu Euch; — Ihr seht, die Kinder fürchten sich davor!" Diese Worte, die, ich wiederhole es, mit der größ ten Ruhe gesprochen waren, wirkten merkwürdig auf den vor einigen Minuten noch Wüthenden. Er klappte augenblicklich das Messer zu, und indem er feinen schweren Stock unter den Arm nahm, schritt er ruhig neben dem Gensd'arm her. Ich trat vom Fenster zurück und ergriff schnell Hut und Stock, um auf die Straße zu eilen! . . . Der Mensch sollte gestohlen haben — derselbe, der mir mein Portemannaie zurückgebracht und selbst den einfachsten Dank verschmäht hatte! — Unmög lich! — Das konnte nicht sein! Die Pflicht ge bot mir, zur Polizei zu eilen und den gestrigen Vor fall zu Gunsten des Anzeschuldigten mit mitzutheilen. — Der Gastwirth trat mir auf dem Flur entgegen. „Haben Sie die Scene mit angesehen?" fragte ich. „Freilich! — Das ist das schlechte Gesetz in un serm Lande," erwiderte der wohlbeleibte Herr — „kommt so ein liederliches Subject aus dem Zucht- Hauss, dann schickt man ihn in seine Heimath, an statt ihn nach Amerika oder an's Ende der Welt hin zu spediren; — und in der Heimath macht er dann seins tollen Streiche von Neuem!" „Dieser Mensch kommt aus dem Zuchthause?" rief ich. „Seit vierzehn Tagen erst ist er frei ... das sieht man dem Kerl doch wohl an!" Und was hatte er denn begangen?" „Ich weiß es nicht recht — das war vor meiner Zeit; aber man erzählt, daß er Schmuggler und Wilddieb gewesen und endlich einen Gutsbesitzer er mordet hat! ... Ich weiß nicht, wie er es ange stellt, daß er nur zehn Jahre dort geblieben ist." Ich schauderte zurück; — doch was thut's? — Ich fühlte mich verpflichtet, für seine Ehrlichkeit als Zeuge aufzutreten, eilte auf die Straße und war wenige Minuten später im Rathhause! Dis Etiquette der Orlspolizei eines kleinen Städt chens ist nicht groß; — ich öffnete eine Thür nach der andern und befand mich, ohne daß mich Jemand nach meinem Begehr gefragt hätte, bald in dem Zimmer, in welchem der Jnculpat sein erstes Verhör zu bestehen hatte. „Was antworten Sie auf diese Anklage?" fragte der Nathsherr gerade in dem Augenblick, als ich eintrat. „Gar nichts!" erwiderte Jener trotzig. „Also gestehen Sie?" „Was? — Was soll ich gestehen?" „Daß Sie sich an de» Kläger auf dem Perron des Bahnhofes herangedrängt und ihm seinen Geld in den „Dr. N." drei Läufer billig zum Verkauf ausgeboten und zwar in Naußlitz. Ein Feldwebel reitet mit einem Diener hinaus und verlangt die Läufer zu sehen, indem er hofft, die verschwundenen Treppenläufer wieder zu finden. Der Ausbieter empfängt sie freundlich und führt sie, um die Läu fer in Augenschein nehmen zu können — in den Schweinestall, in welchem drei Borstenthiere sich aufhalten. Daß unter Läufer auch eine gewisse » Sorte Schweine zu verstehen ist, hatte der Feld- webel nicht gewußt und so zog er unter großer Heiterkeit wieder ab. — In Dresden wurde in der Nacht zum 5. d. ein 15jähriger Mensch angehalten, welcher soeben mit dem Zuge von Chemnitz gekommen war und durch sein scheues Benehmen auffiel. In seinem Besitz fand man 348 Mk. baares Geld. Nach längerem Leugnen räumte er ein, am 2. d. eine ihm von seinem Prinzipal in Chemnitz zur Ab lieferung an e'nen Dritten übergebene Summe von 400 Mk. unterschlagen und damit das Weile gesucht zu haben. KHohenstein, 6. Februar. Am 26. Januar ver suchte ein hiesiger Kellner die Verausgabung eines falschen 100-Markscheines. Er hatte denselben einem Reisenden umgewechselt und dieser wollte damit eine Posteinzahlung bewirken. Der Postbeamte aber er kannte das Falsifikat und erfolgte sofort das Weitere. Gestern ist nun die Verhaftung des betr. Kellners verfügt worden. — In Crimmitschau ist am 5. d. früh 2 Uhr die Fabrik der Firma Donath u. Co. vollständig ausgebrannt. Das ganze Fabrikgebäude mit Vor- räthen und Maschinen wurde zerstört. Das Feuer soll zuerst von dem Zugführer des 1 Uhr 42 Min. früh in Crimmitschau eintreffenden Schnellzugs be merkt worden sein. Unmittelbar darauf wurde alamirt. — Der Wirthschastsbesitzer Fr. Kuhfs in Frauen dorf, welcher mehrere Gliedmaßen erfroren halte und sich dieselben nicht amputiren lassen wollte, ist an den eingetretenen Blutvergiftungen gestorben. — In Stollberg hat am Donnerstag Abend ein leider noch Unbekannter an der oberen Brücke eine Dynamitpatrone zur Entladung gebracht; es sanden sich nicht nur Beschädigungen am Mauerwerk, son dern auch eine Lunte. Der Knall ward ziemlich in der ganzen Stadt vernommen. — Eine Seltenheit wird aus Wadewitz bei Oschatz gemeldet. Dort hat beim Gutsbesitzer Kockhardl eine Kuh weibliche Drillinge geboren und zwar 14 Tage vor der Austragszeit. Alle sind frisch und munter. Da die Mutler-Kuh nur zwei nähren kann, so ist das dritte Kälbchen einer anderen zugewiesen wor den, die mit Vergnügen Mutterstelle versieht. — Aus Leubnitz wird gemeldet: Unsere lieben Frühlingsboten, die Slaare, sind wieder da! — Am Freilag traf in Plauen eine Brieftaube beutel aus der Tasche genommen haben." Der Angeklagte lachte. — „Benehmen Sie sich anständig," rief der entrüstete Herr, der, wie cs mir schien, seine polizeiliche Mission sehr ernst nahm — „antworten Sie oder ich lasse Sie augenblicklich ins Gefängniß absühren!" „Das würde mich gar nicht wundern," erwiderte Jener mit seiner Heisern Stimme, aus der ich jetzt den Klang des Spottes zu vernehmen glaubte. „In einem Worte, bekennt Ihr Euch schuldig, den Beutel gestohlen zu haben?" rief der Rathsherr, der als Zeichen des Zornes das Ihr dem Sie in der Anrede substituirt halte. Jener schwieg wenige Secunden, — dann sagte er, und diesmal ziemlich gelassen: „Aber es stan den sicherlich zehn bis zwölf Personen um jenen Bauern gedrängt — warum hat man sie denn nicht alle arretirt, — alle des Diebstahls beschuldigt?" „Weil Euch Euer vergangenes Leben am meisten belastet," erwiderte der Inquirent. „Ja so! . . . Da haben Sie Recht," meinte der Andere — und zu meinem nicht geringen Erstaunen nahm sein Gesicht einen so unbefangen-heitern, ich möchte sagen kindisch-schelmischen Ausdruck an, als wenn der Ausspruch des Rathsherrn ihn köstlich amüsirte — „da haben Sie freilich Recht; — ich glaube nicht, daß von den Umstehenden irgend Jemand zehn Jahre im Zuchthause, wie ich, ge wesen ist!" „Ich frage nochmals, bekennt Ihr Euch schuldig?" „Gott bewahre!" „Hat man ihn untersucht?" „Ganz gründlich," sagte der hervortretende Gens d'arm, doch habe ich nur ein Paar Groschen bei ihm gefunden. (Fortsetzung folgt.)