Volltext Seite (XML)
Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. Uttd Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, dis Expedition und dis Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 1V Pf., unter Eingesandt 20 Ps. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 8. Februar 31. 1881. Hol2LU0tz10Q. Montag, den 14. Februar 1881, von Vormittags 9 Uhr an sollen im hiesigen Stadtwalde auf dem diesjährigen Holzschlage, oberhalb des Steinbruches 38S Stück Nadelholzstämnre von 12 bis 44 ein. Mittenstärke und bis zu 22 Meter Länge, 140 Stück Stangen von 11 bis 1» cm. untere Stärke und 9 bis 14 Meter Länge, 8,4 Wellenhundert Astreißig in 17 Haufen an Ort und Stelle meistbietend verkauft werden. Waldcnbnrg, am 1. Februar 1881. Der städtische Forst- und Wirthschafts-Ausschnß. L i m m e r, Stadtrath. *Waldendurg, 7. Februar 1881. Die Industrie und das Unfallver sicherungs-Gesetz. Der Ausschuß des Centralverbandes deutscher In dustriellen, wohl die competenteste Stelle für dis Beurtheilung des von der Negierung vorgelegten Gesetzentwurfs, betreffend die Unfallversicherung der Arbeiter, hat ein eingehendes Votum über denselben abgegeben. Die Beschlüsse des Ausschusses decken einige wesentliche Mängel des Gesetzentwurfs aus und deuten die Mittel und Wege zu deren Beseiti gung an. Von prinzipaler Wichtigkeit sind die Be schlüsse, betreffend die Betheiligung aller Arbeiter an der Prämienzahlung und das Verhalten der Reichsversicherungskassegegenüber grobem Verschulden der Arbeiter. Die Bestimmung des Gesetzentwurfs, wonach dis Arbeiter mit einem Jahresverdienst bis zu 750 Mk. gegen die wirchschafltichsn Folgen der Unfälle ohne irgend welche Gegenleistung ihrerseits versichert wer den sollen, giebt dem Gesetz eine stark socialistische Färbung, welche zu vermeiden um so mehr Veran lassung vorliegt, als auch der Arbeiter mit geringerem Verdienst sehr wohl im Stande ist, einen vergleichs weise äußerst niedrigen Beitrag zur Versicherungs- Prämie zu leisten und dadurch nicht allein ein ge wisses Anrecht auf Entschädigung bei Unfällen ge winnt, sondern auch bewogen wird, der ganzen In stitution ein größeres Interesse entgegen zu bringen und die ihm durch dieselbe gewährten Vortheile ge bührend zu würdigen. Daß es sodann bei grobem Verschulden des Arbeiters dem Ermessen der Ver sicherungskasse überlassen bleiben soll, inwieweit der Arbeiter bezw. dessen Hinterbliebene entschädigt wer den soll, hallen wir für das Mindeste, was rm In teresse der Ordnung im Fabrikbetriebe gefordert werden konnte, da ohne diese Bestimmung Niemand gegen Böswilligkeit und grobe Fahrlässigkeit der Ar beiter nur irgendwie gesichert wäre. Der Ausschuß des Centralverbandes will sodann die Versicherungspflichtigkeit auf das Lohneinkommen bis zu 900 Mk. beschränkt wissen. Dies dürfte bei unseren Lohnverhältnissen genügen, um so ziemlich den ganzen Arbeiterstand zur Versicherung zu bringen, wobei freiwillige Zuschlagsversiherungen für die besser besoldeten Arbeiter gestattet werden sollen. Die Prämie soll zur Hälfte von den Arbeitgebern, zu 1/4 von den Armenverbänden und zu '/4 vom Arbeiter aufgebracht werden. Für die Bemessung der Entschädigungen schlägt der Ausschuß vor, nicht den Lohn, welchen der Beschädigte während der Zeit seiner Beschäftigung im Gewerbe bezogen hat, zur Grundlage zu nehmen, sondern den dreijährigen Durchschnittslohn des be schädigten oder eines diesem gleichartigen Arbeiters, dieselbe Bestimmung, welche das englische Haft pflichtgesetz enthält. Für die Entschädigung bei theilweiser Erwerbsunfähigkeit ist die Minimalgrenze von, 25 pCt. des Lohnes als nicht zweckmäßig er achtet worden, da Verletzungen geringfügiger Art eintreten können, welche eine so hohe Entschädigung nicht zweckmäßig erscheinen lassen. Die Capitals- 1 abfindung des Arbeiters, welche im Gesetzentwurf auszuschließen. Endlich soll sich die Reichsversiche rungskasse mit den in Aussicht genommenen Lebens versicherungen für Arbeiter bis zur Höhe von Mk. 6000 nicht befassen, welcher Beschluß nur gebilligt werden kann, da die reine Lebensversicherung am Besten den Privatinstituten überlassen bleibt. Tie Gewährung der Erleichterung in den Ver sicherungsbedingungen an Verbände zur Verhütung von Unfällen befürwortet der Ausschuß auf's Wärmste, da nur auf diese Weise der eigentliche Zweck jeder legislativen Maßregel dieser Art, die möglichste Vermeidung von Unfällen, erreicht wer den kann. Die weiter geforderte Mitwirkung von Arbeitgebern bei der Verwaltung der Reichsver sicherungskasse und die gesetzliche Regelung der selben ist eigentlich so selbstverständlich, daß der Mangel jeglicher Bestimmung hierüber im Gesetz auffallen muß. "Waldenburg, 7. Februar 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser conserirte am 6. d. mittags mit dem Vertreter des auswärtigen Amtes Grafen Limburg und empfing dann den englischen Botschafter Gö schen in längerer Audienz, welcher abends nach Wien weiter reiste. Im preußischen Abgeordnetenhause wurde am 5. d. das Verwendungsgesetz einer 28gliedcigen Commission überwieien. Die „Nordd. Allg. Ztg." bezeichnet die Gewäh rung einer Entschädigung an die Nsichstugs- abgeordneten seitens der Fortschrittspartei aus einem Centralwahlfond, wie eine solche r-om „Berl. Tagebl." in Aussicht gestellt wird, als eine Ver letzung der Reichsverfassung. Die „Berliner Börsen-Zeitung", die den Stand punkt der Doppelwährung vertritt, bringt fol gende Nachricht: „In positiver Form geht uns die Nachricht zu, daß der französische Botschafter am hiesigen Hofe, Graf von St. Vallier, von seiner Negierung beauftragt worden ist, eine formelle An frage hier zu hallen, wie sich die deutsche Reichs regierung gegenüber einer an sie ergehenden Auf forderung zur Beschickung einer internationalen Münz-Conferenz verhalten werde, daß diese An frage auch wirklich erfolgt und darauf eine Antwort ertheilt sei, welche die Beschickung einer solchen Con- ferenz durch zwei Delegirte in bestimmte Aussicht stellt." In Bezug auf die dem Berliner Landgerichts- rath Hollmann vom 1. Strafsenat des Reichgerichts in Leipzig übertragene Führung der Vorunter suchung gegen die socialdemokratischen Agi tatoren Dave und Genossen wegen vorbereitender Handlung zum Hochverrath ist, wie verlautet, die Sachlage folgende: Sowohl in Berlin, als auch in verschiedenen anderen deutschen Städten haben Anhänger der socialdemokratischen Lehre Flugschrif ten des bekannten socialdemokratischen Agitators Most, der in London weilt, verbreitet, in denen Most für den Fall einer revolutionären Bewegung voOtine Verhaltungsmaßregeln den Socialdemokra ten ertheilt, unter welchen sie sich an der Revolu tion betheiligen sollen, um dieselbe zu einer gewalt samen Aenderung der bestehenden deuschen Reichs- Organisation zu führen. Diese Flugschriften, welche in stets herausfordernderer und frecherer Weise ge schrieben waren, sind sowohl von einer Anzahl männlicher Anhänger des Most, als auch von eini gen Mädchen, welche, dem Arbeiterstunde angehörig, früher zu Most in Beziehung gestanden haben, ver breitet worden. Vor mehr als zwei Monaten sind deshalb auch mehrere Personen, darunter jene Mädchen, in Folge der Verbreitung von an sie adressirten Briefen und Flugschriften des Most, in denen er seine hochoerrätherischen Pläne entwickelt i hatte, verhaftet worden. Dis betheiligten Social demokratinnen sind jedoch bald darauf aus der Haft wieder entlassen worden, weil sie angeblich den schwerwiegenden Jnhasi der an sie gerichteten Briefs nicht begriffen hätten. Da aber inzwischen der 1. Strafsenat des Reichsgerichts in den fortgesetzt verbreiteten Most'schen Flugschriften Aufforderungen zu bestimmten hochoerrätherischen Handlungen er blickt, so yat dieser Senat die Einleitung der Vor untersuchung gegen die Verbreiter der Most'schen Flugschriften unter dem Gesichtspunkte der Be theiligung an den hochoerrätherischen Plänen ihres Meisters beschlossen und die Führung der selben dem Landgerichtsrath Hollmann übertragen. In diese Untersuchung werden vielleicht auch jene obengedachten Socialdemokratinnen verwickelt werden. In Berlin hat am Freitag wieder eine Versamm lung in der Tonhalle stattgefunden, in welcher Hof prediger Stöcker über „das unzweifelhaft Berechügte, Edle und Nothwendige der antijüdischen Bewe gung" sprach. Der Saal, welcher gegen 3000 Personen faßt, war wiederum so gefüllt, daß buchstäblich kein Apfel zur Erde konnte, trotzdem ein Eintrittsgeld verlangt wurde. Berliner Blätter fügen hinzu, daß 10,000 Personen anwesend ge wesen sein würden, wenn sie Platz gehabt hätten. Stöckers Rede wurde von Anfang bis zu Ende , mit großem Beifall ausgenommen. ! In der baierischen Kammer interpellirte am r 5. d. der Abg. J-erg bezüglich des Reichs-Unfallgesetzes, dasselbe führe zum Einheitsstaat. Wie wollen die Regierung die verfassungsmäßige Selbständigkeit wahren? Minister Pfeuffer will in einer der näch sten Sitzungen antworten. Der Landesausschuß von Elsaß-Lothringen nahm am 5. d. einen Antrag auf Besteuerung der Weinfabrikation, womit die Regierung sich einverstanden erklärt hatte, an. Frankreich- Der Artikel der „Nepublique frantzaise", welcher die Phrase enthält: „Der allgemeine Krieg sei böchstwahrscheinlich infolge der Fehler des jetzigen französischen Ministers des Aeußern Barthelemy St. Hilaire" macht in Paris ein außerordentlich pein liches Aufsehen und man sieht in demselben eine richtige Kriegserklärung Gambettas gegen Barthe lemy St. Hilaire. Was den allgemeinen Krieg be trifft, so hat am Freitag Fürst Bismarck in seiner großen Rede uns eine freundlichere Aussicht eröffnet, indem er sagte: „Die Parteigegensätze, die bei uns noch obwalten, schwinden nur vorübergehend, wenn