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der liberal-fortschrittlichen Presse, in sxseie .... öffentlich lossagen und ihren Mitbürgern empfehlen, deren Preßorgane weder mitzuhalten, noch in den selben zu inseriren rc. Die reichsländischen Protestler beginnen sich bereits an den Gedanken einer dauernden Zuge hörigkeit zu Deutschland zu gewöhnen. Wie die „Union," das Organ des Abg. Grad, meldet, hat sich der letztere an den Kriegsminister v. Kameke um Verstärkung der Garnison in der Festung Neu- Breisach offenbar im finanziellen Interesse dieser Stadt gewendet. Der Kriegsministsr hat ihm er widert, daß die Gewährung des Gesuches von der Frage der Verstärkung der Garnisonen in den Rheinfestungen überhaupt abhänge. Ungarn. Die Staatseinnahmen stellten sich im letzten Quartal l880 gegen den gleichen Zeitraum 1879 um 10,426,380 Gulden günstiger, die Ausgaben um 2,795,146 Gulden ungünstiger. Die Bevölkerung Siebenbürgens hat allem Anscheine nach seit 1870 zufolge des hohen Steuer druckes und der großen Auswanderung nach Rumä nien stark abgenom.nen. Hermannstadt zählt ohne Garnison 19,6»4 und hat eine Zunahme von 686 Bewohner ra verzeichnen. Das von Rumänen be wohnte Hunyader Comitat verlor dagegen 14,614 Bewohner. Auch die magyarischen Gemeinden bei Kronstadt gingen zufolge der Auswanderung nach Rumänien stark zurück. Ebenso verloren die deut schen Gemeinden bei Bistntz 1300 Seelen. Frankreich. Gambetta hat in letzter Zeit durch seine „Re- publique fran^aise" den Minister Barthelemy St. Hilaire aufs Heftigste angreifen lassen. Es cur- siren daher Gerüchte von einem Rücktritte Barthe- lemy's, welch Letzterer nur durch Grevy gehal ten wird. Der Graf von Paris, der, wenn kein 24. Februar 1848 gewesen wäre, menschlichem Ermessen nach König der Franzosen sein würde, hat seinen jüngsten Sohn verloren, ein Kind von wenigen Monaten. Ihm bleibt noch ein Sohn, der also nach dem Tode seines Vaters und des Grafen von Chambord die bestbegründete Anwartschaft auf den französischen Thron haben würde. Er ist 11 Fahre alt. Die ihn kennen, schildern ihn als einen Knaben von unbändigem, fast nicht umgänglichem Wesen. Seine Erziehung scheint dem Vater viel Sorge zu machen. Sollte sich dieser Charakter weiter ent wickeln und die Umstände den Prinzen einst berufen, seine Prälendentenrechte geltend zu machen, so würde er wahrscheinlich in weniger berechnender und leiden schaftsloser Weise austreten, als sein Vater und seine Oheime. Es mag bemerkt werden, daß außer dem Herzog von Orleans die Söhne Louis Philippe's alle nur einen männlichen Erben haben. Der Her zog von Aumale yat seinen letzten Sohn vor wenigen Jahren verloren. Der Graf von Paris hat einen Bruder, den Herzog von Chartres. Auch die Enkel kinder Louis Philippe's sind nicht reichlich mit Kin dern gesegnet. England. Der Staatssekretär des Krieges, Childeres, gab im englischen Unterhause auf Befragen an, nach dem Transvaallande seien im Ganzen 4500 Mann Verstärkungen abgegangen, die Hälfte derselben sei bereits angskommen, der Rest werde bis zum 10. Februar in Durban erwartet. General Colley habe vor dem Ausbruch des Aufstandes bereits über 4100 Mann Truppen verfügt, dieselben seien aber über Natal und das Transvaalland zerstreut gewesen. Die Boers würden nach den zwischen civilisirten kriegführenden Nationen üblichen Regeln behandelt werden, auch soweit es sich um den Austausch von Gefangenen handele. General Colley habe telegra phisch angezeigt, daß die englischen Verwundeten von den Boers mit Höflichkeit und Humanität behandelt würden. Russland. In Wladirawkas hat ein ganz unerhörter Bankskandal stattgefunden. Die Geschäfte der dortigen Bank wurden jahrelang mit ungewöhnlichem Talent und einer bewunderungswürdigen Meister schaft geführt. Der Bankdirector, sein Gehilfe, die Mitglieder des Disconto-Comitees, das Stadtober haupt und die Mitglieder der Uprawa — sie alle haben ihre Taschen mit dem Gelde des Publikums gefüllt — und alles ging so rein und glatt ab, wie nur möglich. Diese aus 12 Honoratioren be stehende „Diebesbande" Hai in 5 Jahren von den in die Bank niedergelegten Geldern eine Summe von 1,171,397 Rubel gestohlen; darunter der Di rector der Bank, I. Bogdanow, und dessen Bruder, das Stadtoberhaupt G. Bogdanow, eine Summe von 445,064 Rubel, d. h. mehr als ein Drittel des Betriebskapitals der Bank. Der ganze Skandal wurde von der Revisions-Commission aufgedeckt. Und was ist infolge dessen geschehen? Auf Antrag der Duma, beeinflußt durch den Bruder des Bank directors, wurde die Sache niedergeschlagen. Mehr als das; dieselben Leute haben nur ihr Kostüm ge wechselt und stehen nach wie vor in anderen Res sorts der Stadt- und Bankverwaltung. Der frühere Bankdirector ist gegenwärtig Mitglied des Disconto- Comitees u. s. w. Nach weiteren Meldungen ans Geok-Tepe hat General Skobeleff die Teke-Turkmenen bis Askha- bade, 60 Kilometer von Geok-Tepe entfernt, verfolgt. Griechenland. In der Kammer erklärte am 31. Januar der Ministerpräsiaenl Communduros, er halte eine neue Conferenz für noch verderblicher, als das Schiedsgericht. Die Botschafter der Mächte in Konstantinopel seien bemüht, die letzten Entschlüsse der Pforte in Erfahrung zu bringen. Griechenland habe die Beschaffung des Kriegsmaterials und die Herstellung der Wege fortgesetzt, um sich für die Occupation der Griechenland in der Berliner Con- ferenz zugesprochenen Gebote geschickt zu machen. Aus dem MuLdenthale. — Am 31. Januar Abends '/411 Uhr meldete der Packmeister Rößler im Telegraphenbureau des Bahnhofes Zwickau seinen Zug ab und wollte sich über die Gleise hinweg eben wieder an diesen seinen Zug verfügen, als ihn ein Wagen erfaßte und über fuhr. Er erlitt dabei eine so schwere Verletzung ves linken Armes, daß derselbe amputirt werden mußte. Aus dem Sachseulande. — Dem Comite für dis schlesischen Musikseste in Breslau ist vom sächsischen Ministerium des Innern der Vertrieb von Loosen der Vcrloosung von Kunst werken in Sachsen ertheilt worden. — In Dresden wurde die auf den 31. Januar einberufene Antisemitenversammlung infolge der mangelhaften Vorbereitungen der Einberufer durch Störungen unmöglich gemacht. Jeder Versuch, Juden, notorische Provocateure und als Rataumacher bekannte Socialdemokraten auszuschließen, erwies sich bald als unmöglich. Es kam zu allerhand Excessen, die Stühle wurden den Vorständen systematisch ent rissen, von verwegenen jungen Burschen die sächsische Fahne zusammengerollt. Schließlich wurde das Gas ausgedreht und die Versammlung räumte den Saal. Das nennt man Versammlungsfreiheit. — Die vielerwähnte Drahtseilbahn auf die Bastei, welche in Zukunft wohlbeleibte und zur Transpiration geneigte Naturkneiper auf möglichst mühelose Art der Basteigenüsse theilhaftig machen soll, hätte bald noch vor ihrer Verwirklichung vor den Schranken des Gerichts ein Opfer gefordert. In überwallen dem Oppositionseifer hatte sich nämlich ein dortiger Herr seinerzeit Hinreißen lassen, die behufs der Antiagitation aufgelegte Protestliste durch schriftliche Einzeichnung in dieselbe als Unsinn zu bezeichnen, welche allerdings etwas seltsame Charakterisirung den Vorsitzenden des vaterländischen Gebirgsvereins „Saxonia" derart erboste, daß er sofort Strafantrag gegen den Erstgenannten stellte und die Sache kürz lich vor dem Schöffengerichte zu Pirna zum Aus trag kam. Das Urtheil lautete dabei auf Frei sprechung des Beklagten und Verurtheilung des Klägers in sämmtliche aufgelaufene Kosten; da der genannte Vorsitzende hiergegen aber Berufung ein legte, so wird das welterschütternde Ereigniß nun wohl beim Dresdner Landgericht sein unschwer vor auszusehendes Finale zu finden haben. — Im verflossenen Jahre hat der Frauenverein in Mügeln 1503 Pfd. Brod, 687 Stück Holzmar ken, 296 Suppen und 252 volle Mahlzeiten ver theilt. Die Jahreseinnahme betrug 389,60 Mk. und die Ausgabe 404,01 Mk. Das Deficit wurde durch Spargelder aus früheren Jahren gedeckt. — Als am 28. Januar nachmittags in Döbeln ein Leichenbegängniß stattfinden sollte, gingen dem mit der Vorführung des Leichenwagens vor das Trauerhaus beauftragten Kutscher die Pferde durch und schleiften ihn durch zwei Straßen, bis er sie ihrem Lauf überlassen mußte. Die Pferde rasten ohne ihn weiter und schleuderten beim Umbiegen in eine andere Straße den leeren Leichenwagen an eine Hausecke, so daß derselbe vollständig zertrümmert wurde. Die Pferde kamen dabei zum Sturz und wurden aufgehalten; der Kutscher ist zum Glück nur leicht verletzt. Die Herbeischaffung eines anderen Leichenwagens beendigte diesen peinlichen und auf regenden Zwischenfall. — In Crimmitschau wurde ein „armer Reisen der" aus Stettin wegen Unbescheidenheit und Auf dringlichkeit weggewiesen, dabei packte der arme Reisende den Hausbewohner, würgte ihn und zerriß ihm die Uhrkette und nur der Hilfe herbeieilender Nachbarn und der hinzugerufenen Polizei hat es der Mitbürger zu verdanken, daß er nicht größeren Mißhandlungen seitens des „armen Reisenden," den man selbstredend sofort verhaftete, ausgesetzt war. — Wie die Stadt Pausa i. V. hat auch Gößnitz unter den Folgen der Solidarhaft schwer zu leiden; noch immer ist die Angelegenheit des vor 8 Jahren in die Brüche gegangenen „Creditvereins" daselbst nicht geordnet. — In einem Gasthofe zu Gera saß dieser Tage einer jener Reisenden, welche die Wirthstafel dazu benutzen, um dort zu raisonniren oder aufzuschneiden. Nachdem man schon längere Zeit den Auslassungen des Betreffenden mit Widerwillen gefolgt war, ver- stieg sich derselbe sogar zu der Behauptung, daß Gera ein armes Nest sei. Einem Anwesenden riß darüber der Geduldsfaden, er erhob sich und donnerte ihn mit seiner Stentorstimme an: „Was wollen Sie? Gera arm? In unserem Armenhaus hat neulich ein Mann seinen Hund mit Zwanzigmark stücken todtgeworfen." Alles lachte und der Herr Reisende wurde still. — Am 19. Januar spielte sich ei» eigentümliches Stück akademischer Freiheit im Weimar'schen Hof theater ab. Die Studenten von Jena haben wieder von der Gerechtsame Gebrauch gemacht, die ihnen Carl August ertheilte und in der stattgefundenen Vorstellung der „Räuber" als Sänger im Publikum mitgewirkt. Gleich nach der Ouvertüre erscholl es aus dem Parterre „Lileutiuin" wir singen erst „Stoßet an, Jena soll leben." Nach neun überaus frisch und jugendlich gesungenen Versen erscholl der Ruf „LUeutium ex 68t, das Stück kann beginnen." Dasselbe wiederholte sich im vierten Acte. Nachdem die Räuber auf der Bühne zwei Verse ihres „Ein freies Leben" gesungen hatten, hörte man aus dem Parterre denselben Ruf und die jugendlichen Musen söhne sangen vier Sirophen ihres „6Mä6umu8 issitur." Nach dem Gesänge ertönte aus dem Parterre wieder der Ruf „8il6ntium ex 68t," das Spiel kann weiter gehen, worauf die Schauspieler in der Darstellung des Stückes fortfuhren. Es läßt sich nicht leugnen, die Anwesenheit der Jenenser Studenten hat die Schauspieler inspirirt und ihrer Darstellung einen erhöhteren Schwung verliehen. Der ganze Abend war jugendlich animirt. Das Publikum drückte übrigens seine Zufriedenheit aus mit der Wiederaufnahme dieser akademischen Frei heit, denn es applaudirle den jugendlichen Sängern nach dem Kuuäsumrm auf das Lebhafteste. Vermischtes. Ein englisches Urthcil über die Judenfrage in Deutschland. Ein interessanter Aufsatz der „Con temporary Review" versucht es zu erklären, wie die Auflehnung gegen das Ueberwuchern der Juden herrschaft in Deutschland entstand. „In Deutsch land," sagt die genannte Zeitschrift, „herrscht keine religiöse Antipathie gegen die Juden, da die Majori tät der Deutschen sich auf ihre „Toleranz" viel zu Gute thut, die freilich größtentheils religiöser Indif ferenz entsprossen. Gleichzeitig sind sie Verehrer der Intelligenz, und nirgends genießt der gebil dete Jude größeres Ansehen als in Deutschland. Nach Beendigung des deutsch-französischen Krieges herrschte ein goldener Traum, und jeder Deutsche meinte, daß er reich werden würde. Die Juden indessen bemächtigten sich nicht nur der fran zösischen Milliarden durch ihre überlegene finanzielle „Gewandtyeit" (u8tut6ii688,) sondern noch dazu eines großen Theils des Geldes, welches sich bisher in deutscher Tasche befunden hatte. So entstand eine Klasse „neuer Reicher", die fast ausschließlich aus ungebildeten Hebräern bestand. Diese Leute sind unverschämt, unerzogen, geldgierig, prahlreich, geldstolz und gemein, mehr schlau wie klug, und völlig gewissenlos in Bezug auf di« Mittel, welche sie anwenden, um ihren Gelddurst zu befriedigen. In Berlin und anderen großen deutschen Städten geben sie glänzende Gesellschaften, die von Leuten besucht werden, welche ihnen in der einen oder an dern Weise verpflichtet sind, die sich jedoch geniren, in den Häusern derselben gesehen zu werden. — In den Hotels bewohnen sie die prächtigsten Zim mer und protestiren laut gegen die einfachere Lebens weise, die Anderen genügt. In den Bädern drängen sie sich zum ersten Range vor, und ihre Prunksucht wird nur von ihrer eisernen Unverschämtheit über troffen. Literatur, Kunst, Wissenschaft und selbst die gewöhnliche gesellschaftliche Unterhaltung sind ihnen unbekannt. Ihre Unterhaltung ist der Jargon des Geldmarktes, vermischt mit Erzählungen, welche berichten, wie sie Diesen oder Jenen in irgend einer