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Schönburger tuuMlt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. 3. Mittwoch, den 5. Januar 1881. Bekanntmachung. Die Herren Carl Moritz Hößelbarth und August Friedrich List hierselbst sind heute als Stadträthe verpflichtet und eingewiesen worden. Waldenburg, den 3. Januar 1881. Der Stadtrath. Cunrady. Bekanntmachung. Unter Hinweis auf die Bestimmungen in tz 2 des Gesetzes vom 18. August 1868 u. tz 1 der Ausführungsverordnung von demselben Tage werden die in Waldenburg wohnenden Besitzer von Hunden aufgefordert, die Zahl der letzteren de» 10. dieses Monats schriftlich anher anzuzeigen und die Steuer mit 6 Mk. —- für jeden Hund bis zum S1. dieses Monats anher zu bezahlen. Waldenburg, am 3. Januar 1881. Der Stadtrath. Cunrady. Das auf das vierte Vierteljahr 188V fällige Schulgeld ist längstens bis zum SV. Januar 1881 an hiesiger Rathsexpeditionsstelle zu bezahlen. Schulkassenverwaltung Waldenburg-, den 4. Januar 1881. Bekanntmachung. 12VV Mk. —- Cassengelder des Carolinenstifts sind yr. 1. April a. e gegen mündelmäßige Hypothek auszuleihen. Waldenburg, den 3. Januar 1881. Der Stadtrath. Cunrady. Bekanntmachung, die Anmeldung zur Rekrutirungs-Stammrolle betr. Die mit dem 1. dieses Monats in das militärpflichtige Alter eingetretenen Mannschaften — Altersklasse 1861 —, welche in Waldenburg ihren dauern den Aufenthalt haben, ferner die hier aufhältlichen Militärpflichtigen, welche - bei früheren Rekrulirungen zurückgestellt worden sind oder über deren Dienst- ? Pflicht noch keine endgültige Entscheidung der Ersatzbehörden erfolgt ist, werden i hierdurch aufgesordert, sich in der Zeit vom 15- Januar bis 1. Februar dieses Jahres j zur Aufnahme in die Rekrutirungs-Stammrolle bei dem unterzeichneten Stadt- rathe anzumelden. Bei der Meldung haben auswärts Geborene ihre Geburtszeugnisse, alle i Zurückgestellten aber ihre Loosungsscheine beizubringen. Sind Militärpflichtige zeitig abwesend vom Orte, so haben deren Eltern, Vormünder, Lehr- oder Fabrikherren die Verpflichtung, sie anzumelden. Wer die vorgeschriebene Anmeldung zur Stammrolle oder zur Berichtigung derselben unterläßt, ist mit Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu 3 Tagen zu bestrafen. Waldenburg, am 3. Januar 1881. Der Stadtrath. Cunrady. ^Waldenburg, 4. Januar 1881. Der Arbeit die Ehre. „Schutz der nationalen Arbeit!" war die Parole, welche im Jahr 1878 ausgegeben wurde, als die neue Zollpolititik des Fürsten Bismarck ins Werk gesetzt werden sollte. Aber nicht allein vor auslän discher in günstigerer Lage sich befindender Concur- renz, auch vor inländischer Ausbeutung bedarf .die Arbeit des Schutzes. Es ist ein alter, in der Theorie unbedingt aner kannter Satz, sagt die „Deutsche Landes-Ztg.", daß das Geld keine lebendige Junge zur Welt bringt, doch ist dieser Satz in der Praxis bisher leider so wenig zu seinem. Rechte gelangt, oaß die neuere Ge setzgebung das Verhältniß geradezu auf den Kopf stellt und indem sie die Resultate der Speculation und Ausbeutung mit den Früchten der Production rerwechselte, das ganze Füllhorn ihrer Wohlthaten über das Geld und dessen Besitzer ausgegossen hat. Man sah wohl die großen Spiegelscheiben und die glänzende Erleuchtung der Kleider-Magazine, aber man übersah den hungernden und frierenden Schnei dermeister, welcher hinter den Jalousien stand; man beobachtete wohl die glänzend ausgestatteten Schuh- waaren- und Möbelmagazine, aber man dachte nicht an den Schuhmachermeister, der sein Leben durch Selbstmord beschloß, weil es ihm unmöglich gewor den, Weib und Kind zu ernähren, noch an den Tischlermeister, aus dessen Händen die glänzenden Producte hervorgegangen waren und der sich die Procente des Ladeninhabers an seinem Munde ab darben muß. Wenn man der kapitalistischen Wirthschaft ein Ende machen will, so muß man vor allen Dingen darüber zur Klarheit gelangen, daß dies praktisch nur dadurch ins Werk gesetzt werden kann, daß man die productive Arbeit und die Production selbst wieder in ihre Rechte einsetzt und der bis herigen Speculations- und Ausbeutungskunst und -Wirthschaft ein Ende bereitet. Wir glauben uns nicht zu täuschen, wenn wir die Behauptung aufstellen, daß die Procente, welche das Geldkapital jährlich über den früher erlaubten Zinsfuß einheimst, vollständig ausreichen würden, mindestens unseren gesammten Militäretal zu decken und die Steuerreform, welcher wir das Wort reden, geht deshalb auch vor Allem dahin, diegegenwärtigen Privatmonopole in Staatsmonopole zu verwandeln, die Pcivatsteuern, die das große Geldkapital erhebt, in die staatlichen Staatskassen zu leiten und die Staatskasse wieder zu dem großen Reservoir zu machen, in welches die verschiedenen kleinen Goldbäche münden. *Waldenburg, 4. Januar 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Bismarck's „Norddeutsche" weist darauf hin, daß die wirthschaftlichen Fragen in der nächsten Zeit die öffentliche Meinung am meisten beschäftigen werde und schreibt: „Der Landtag in der zweiten Hälfte der Session und der Reichstag, welcher mög licherweise die für die Classenaussöhnung so über aus wichtige Frage des Arbeiter-Versicherungswesens, jedenfalls aber wichtige und dringliche Fragen der Wirthschaftspolitik zu berathen haben dürfte, werden daher die Aufmerksamkeit des Publikums in vollem Maße in Anspruch nehmen." In Berlin hat am Donnerstag Abend in der Bockbrauerei wieder eine antisemitische Versamm lung stattgefunden, in welcher sich über 5000 Per sonen eingefunden hatten, während gut noch einmal so viel wegen Mangel an Raum wieder umkehren mußten. Dr. Henrici sprach über die Judenfrage als Racenfrage, und kam zu dem Schluß, daß der Stamm Sem nichts mit den deutschen Stämmen gemein habe. Tacitus berichte um das Jahr 90, daß das deutsche Volk rein und unvermischt sei; es zeichnete sich aus durch seine Kriegslust, hohes Ehr gefühl und Treue gegen seine Fürsten. Ausdrück lich »betone Tacitus, daß man auf Geld keinen großen Werth legte und daß der Wucher gänzlich unbekannt sei. Einen guten und reichlichen Trunk dagegen liebten unsere Vorfahren, was sich von den Juden nicht sagen lasse. Die Semiten unterscheiden sich völlig von den europäischen Völkern duich ihre Sprache und ihren Schachergeist. Die große Lüge, die uns jetzt tagtäglich ausgetischt werde, daß die Juden ein deutscher Stamm seien, habe auch in Herrn Mommsen einen Herold gefunden. Inzwi schen sammelten die Juden für den alten Herrn ruhig weiter, so daß jcyon 180,000 Mk. zusammen gebracht worden seien. Für den Obelisken hingegen, der zu Ehren der Errettung unsers allgeliebten Kai sers aus Mördechand errichtet werden soll, fehle es noch immer an dem nöthigen Geld. (Stürmi scher Beifall.) Skandal gab es diesmal nicht, da keine Juden anwesend waren. Ursprünglich sollte die Versammlung im Tivoli staltfinden, aber die Tivoli-Brauerei ist Actiengesellschaft und jüdische Stimmen machten ihren Einfluß dagegen geltend. In Hamburg und Altona sind am 30. Decem- ber auf Grund des Socialistengesetzes wiederum 31 Personen ausgewiesen worden. Trotz der strengen Bestimmungen des Gesetzes hatte man doch wieder an verschiedenen Orten versucht, Versamm lungen abzuhalten, bis es am ersten Feiertage ge lang, eine Arbeiterversammlung, welche angeblich ein Volksfest in einem großen Tanzlokal in Elms- bttttel abhielt, zu entdecken. Wie verlautet, erhielt die Polizei dabei vollständige Beweise einer fort dauernden Verbindung unter den Socialisten, und ist auch der betreffende Wirth wiederholt verommen worden. Die Untersuchung dürfte noch weitere Ausweisungen zur Folge haben. Gegen den am 8. Decbr. in Augsburg verhaf teten Most'schen Agenten Victor Dave ist auf Be schluß des hierzu zuständigen Reichsgerichts die Vor untersuchung wegen Theilnahme an einer hochver- rätherischen Verschwörung und Aufforderung zum Fürstenmord eröffnet worden.