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Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zn Waldenburg. Freitag, den 21. Mai 188«. Bekanntmachung. Vom unterzeichneten Stadtrathe soll am SS. Mai 188« das der Stadtgemeinde Waldenburg gehörige, unter Nr. 265 des Brandcatasters Aoth. in der Obergasse allhier und in unmittelbarer Nähe des Marktes gelegene, auf 13600 Mark —- gewürderte Hausgrundftnck unter den in der hiesigen Rathsexpedition zur Einsicht ausliegenden Bedingungen ver steigert werden. Bietungslustige werden aufgefordert, am vorerwähnten Tage Vormit tags 11 Uhr allhier im Sessionszimmer, Rathhaus 1 Treppt rechts, sich anzugeben, über ihre Zahlungsfähigkeit sich auszuweisen, ihre Gebote zu eröffne» und des Weiteren gewärtig zu sein. Waldenburg, den 3. Mai 1880. Der Stadtrath. Cunrady, Brgrmstr. Auf Folium 58 des hiesigen Handelsregisters sind heute die Firma Kirchhof L Sonntag in Altstadtwaldenburg und als deren Inhaber die Herren Kaufmann Heinrich Alfred Kirchhof in Altstadtwaldenburg und Posamentier Carl Hermann Sonntag in Waldenburg eingetragen morden. Waldenburg, den 15. Mai 1880. Königliches Amtsgericht. Baumbach. Hllbr. "Waldenburg, 20. Mai 1880. Zur Börsensteuer. Mit betrübter Miene machte kürzlich der Berliner „Börsen-Courier" die Wahrnehmung, daß selbst ver ständige Leute für die Börsensteuer sich erwärmten, als wenn eine Besteuerung von Geldgeschäften, in welchen im Handumdrehen ohne die geringste pro ductive Leistung zuweilen Tausende verdient wer den, zu den größten Ungerechtigkeiten gehörte. Auf welche Weise diese Geldgeschäfte an der fast ganz und gar in jüdischen Händen befindlichen „Börse" betrieben werden, und zwar auf Grund der allergrößten „Freiheiten" und „Privilegien," mit deren Hilfe sich die Börse — nach Lasker — zu einer Akademie des Betruges und zu einer „Hochschule des Verbrechens" ausgebildet hat, so daß der Ausspruch Maybachs, die Börse sei ein Giftbaum, nur zu sehr gerechtfertigt ist, das wird so recht anschaulich in einem Artikel „Börsenstener" in Otto Glagau's „Kulturkämpfer" geschildert. Da heißt es: An der Börse darf jedes mehr oder minder werthlose Werthpapier, dürfen die faulsten Actien und Obligationen offen gehandelt, mit allen Mitteln fauler Reclame, unter falschen Vorspiegelungen und frechen Lügen vertrieben werden, Schwindel, Fäl schung und Betrug stehen gewissermaßen auf der Tagesordnung, geschehen unter den Augen der Re gierung, und wenn auf Andrängen der Geschun denen der Staatsanwalt endlich einmal einschrei- tet, erweisen sich die Gesetze als unzureichend. Während man das Spiel in oen Bädern aufge hoben hat; während die Aufhebung der Staatslot- terien gefordert wird, welche dem Staatssäckel eine erkleckliche Einnahme abwersen; während die Ver anstaltung jeder öffentlichen Lotterie, wenn sie ohne specielle Genehmigung der Aufsichtsbehörde geschieht, unter das Strafgesetz fällt; während die Polizei auf jedes Pharao Jagd macht, — während also Moral und Gesetz jedes Spiel bekriegen, wird an der Börse öffentlich und tagtäglich frei und frank ein so wildes riesiges Hazard verübt, daß dagegen alle sonstigen Glücksspiele und Lotterien der Welt kind lich erscheinen. Es handelt sich um bloße Schein geschäfte, man verkauft, was man gar nicht besitzt, und man kauft, was man ernstlich nie beziehen will. Gewinnst und Verlust sind in vielen Fällen gar nicht zu übersehen, ganz unberechenbar. Man kann mit einem Schlage nicht nur sein ganzes Vermögen verlieren, sondern weit meyr als man überhaupt besitzt, noch enorme Summen schuldig bleiben. Bei dem Börsenhazard werden alle nur denkbaren Listen und Ränke, die ehrlosesten, schändlichsten Mittel aufgewandt; selbst Börsenmänner von Profession schneiden sich dabei unter einander die Hälse ab; der Privatmann aber, der sich auf diese Jrrpfade verlocken läßt, wird dabei regelmäßig abgethan. Betrügerischer Bankerott, Unterschlagung, Fälschung, Verschwinden bei Nacht und Nebel sind unter den Börsenspitzen nichts Seltenes, und nicht wenige von ihnen griffen zum Selbstmord. Jeder Höker, Krämer, Händler rc. bedarf eines Gewerbescheins, unter Umständen auch der polizei lichen Concession. Der Besuch der Börse steht in Deutschland Jedem frei, welcher eine Eintrittskarte löst; man fragt weder nach seinem Metier, noch nach seiner Vergangenheit, daher wimmelt es an der Börse von Bummlern, Taugenichtsen und ande ren höchst fragwürdigen Subjecten. Bei jedem Ver kauf von Gebäuden und liegenden Gründen wird ohne Rücksicht auf die eingetragen Schulden 1 Pro cent von der Kaufsumme als Stempel verlangt. Ebenso beträgt der Stempel bei Kaufverträgen über bewegliche Sachen ein Drittel Procent derKaufsumme. An den Börse» und Bänken dagegen werden täglich Millionen und Milliarden völlig stempelfrei umgeschlagen. Hiergegen klingt die Aeußerung genannten Blattes: das selbst verständige Leute sich für die Börsensteuer erwärmten, wie grinsender Hohn. Aus Obigem aber ist zu ersehen, wie selbst eine starke Besteuerung der Börse noch immer geringfügig genannt werden kann. "Waldenburg, 20. Mai 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser conferirte am 19. d. mittags mit dem Cultusminister und empfing 2 Uhr nachmittags in Privataudienz den rumänischen Gesandten Liteano, welcher seine Akkreditive überreichte. Graf Arnim-Boitzenburg soll trotz der seiner Geschäftsführung gespendeten allgemeinen Zustim mung entschlossen sein, eine künftige Neuwahl als Präsident des Reichstags abzulehnen. (Aeußerungen Bismarcks über die konservativen Parteien sollen ihn verstimmt haben.) In Berlin tagte während der Feiertage die 3. Jahresversammlung der plattdeutschen Vereine uno Neuterfreude. Es soll ein Reuterdenkmal er richtet und ein würdiges Familienblatt in plattdeut scher und hochdeutscher Sprache gegründet werden. Auch Klaus Groth war zugegen. Die Zeitungen der Hansestädte versuchen die Ueberfttllung der Auswander-Dampfer ab zuleugnen. So schreibt die „Hamb. Trib.": Ueber die Ueberfüllung, oder, wie es in der Depesche heißt, die „Verletzung des Gesetzes, welches die Kopfzahl der Passagiere bestimmt," muß man sich zunächst klar werden! Das Publikum könnte leicht glauben, statt angenommen 1000 würden 1100 Emigranten eingeschachtett und die europäischen Behörden ließen'dies ganz ungehindert geschehen! Letzteres ist nicht der Fall. Vor Abgang der Schiffe müssen den Behörden die „Passagierlisten," worin ganz genau sogar die Namen jedes Kindes eingetragen sind, eingeliefert werden und die Be hörde sieht klar und deutlich, wie viel Passagiere, Erwachsene und Kinder, auf dem Schiffe sich befin den. Die gesetzlich erlaubte Anzahl darf aber um auch nur einen Kopf nicht überschritten werden. Schwerlich würde es nun bei vollzähliger „Menschen fracht" ein Kapitän wagen, unterwegs Passagiere au Bord zu nehmen, er kann dies auch gar nicht so recht riskiren, da er selber ja revidirt wird, wenigstens befürchten muß, es zu werden, und der Gewinn, dec ihm aus solchem Menschenschmuggel" erwachsen könnte, ist für ihn zu gering und zu ge fährlicher Natur. (Faule Ausreden.) Frankreich. Die Volksvertreter der Franzosen haben sich über das Versammlungsgesetz arg den Kopf zerbrochen. Jetzt sind sie über den schwierigsten Punkt desselben, den 8 9, hinaus. Die Frage, ob ein Polizeicom- missär mit den ihm als Repräsentanten der Regie rung zukommenden Rechten einer öffentlichen Ver sammlung beiwohnen soll oder nicht, ist dahin ent schieden worden, „daß dem Polizeicommissar das Recht zustehen solle, einer Versammlung anzuwohnen und in derselben Verwarnungen zu ertheilen, ohne das Recht jedoch, die Versammlung aufzulösen." Der Polizeicommissar wird also über die Redner und Beschlüsse der Versammlungen Protocoll führen und mit Verwarnungen, bis zu drei, in die Debatte eingreifen, wenn es ihm nölhig scheint; den Mit gliedern des Bureaus der Versammlungen fällt dann die Verantwortlichkeit für Vergehen zu. Wenn den Führern und Sprechern solcher Versammlungen der Proceß gemacht wird, so kann dies immerhin nütz lich werden, aber wenn das Recht fehlt, die Ver sammlung aufzulösen, wird die Scheu der Ultra montanen und Socialisten vor der Polizei bei sol chen Gelegenheiten schwerlich so groß sein, daß sie eine bedächtigere Haltung herbeisührt. Die Stel lung eines Polizeicommissar, der nur Verwahrungs recht hat, ist wahrlich keine beneidenswerthe. In Reims nahmen am 18. d. gegen 900 Ar beiter die Arbeit wieder auf. Die Mehrzahl der daselbst verhafteten Individuen gehört dem Ar beiterstande nicht an und glaubt man, ein geheimes Comitö habe die Arbeitseinstellung für einen politi schen Zweck organisirt. Italien. Der „Diritto" constatirt, daß die Rechte mit ver stärkter Kraft aus den Wahlen hervorgehe, daß die Dissidenten Verluste, die Nadicalen aber eine Niederlage erlitten hätten; es sei daher nothwen dig, daß die ministerielle Majorität, um eine sichere Grundlage für die Negierung zu bilden, sich weiter stärke. Indem dieselbe die besseren Elemente an sich ziehe, zwinge sie die unlenksamen Elemente zur Unterwerfung oder zur Jsolirung. England. Wie aus London gemeldet wird, findet zwischen den europäischen Kabineten eine lebhafte Correspon-