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stürzte, und der ohne Halt nachrollende Baum ihm auf die Brust fiel und ihm dieselbe zerquetschte. Hempel hat unter entsetzlichen Qualen seinen Geist aufgegeben. — In Gera ist der Geschäftsgang gegenwärtig so flott, wie seit vielen Jahren nicht. In manchen Fabriken wird bis spät abends über die Feierstunde hinaus gearbeitet. Auch die Bauthätigkeit ist eine sehr lebhafte, besonders auf dem Gebiete der Fabrik bauten. — Die von dem land- und forstwirthschaftlichen Hauptverein in Greiz geplante landwirthschaftliche Ausstellung soll am 26. und 27. September d. I. auf dem Schützenplatz daselbst abgehalten werden. Anmeldungen zur Ausstellung von Vieh, Producten und Düngemitteln, sowie landwirthschaftlichen Ge- räthschaften und Maschinen sind bis zum I. Sep tember bei dem Directorium des Hauptvereins oder bei den Vorsitzenden der Zweigvereine zu bewirken. — In Nordhausen hat sich der zweiungzwanzig- jährige Student Max Nietardt angeblich wegen eines amerikanischen Duells mit Cyankali vergiftet. Der selbe, der Sohn eines verstorbenen Bäckermeisters aus Stendal, Besitzer eines verfügbaren Vermögens von 90,000 Mk., verließ Ostern 1879 die Realschule zu Nordhausen und war bei seiner dort verheirathe- ten Schwester in Pension. Ein hinterlassener Brief drückt aus, daß er gezwungen gewesen, sich selbst zu tödten. Der Brief mit zwei vorgefundenen Karten soll der königlichen Staatsanwaltschaft übergeben worden sein. Deutscher Reichstag. Berlin, 14. April. Der Reichstag erklärte in seiner heutigen Sitzung mehrere militärische Ange legenheiten betreffende Petitionen bezüglich des Dresdener Cadettenhauses und der Verlegung mehrerer Garnisonen durch die bei der Berathung des Etats gefaßten Beschlüsse für erledigt. Zu den Petitionen von Gemeinden Rheinhessens und der Nheinprovinz, betreffend das Verbot der Einfuhr von Reben und Nebentheilen, behufs Abwehr der Einschleppung der Reblaus, beantragte die Petitionscommission, die Petition dem Reichs kanzler zu überweisen, mit dem Ersuchen, daß ähn liche Bestimmungen wie die des preußischen Ge setzes vom 27. Februar 1878 für das ganze Reich erlassen werden. Abg. Schröder (Friedberg) bean tragte, statt: „für das ganze Reich" zu setzen: „in einzelnen Bundesstaaten." An der Debatte betheiligten sich die Abgg. Bnchl, Ackermann, Schulze-Delitzsch, Thilenius und v. Ler chenfeld. Die Commissionsanträge wurden ange- genommen; zugleich das Amendement des Abg. Schulze-Delitzsch: „Im Wege der Neichsgesetzgebung den Verkehr von Neben und Rebentheilen, aus schließlich von Trauben in Gegcnden des deutschen Reichs, wo Weinbau getrieben wird, zu verbieten und Zuwiderhandlungen mit einer angemessenen Geldstrafe zu belegen. Unter Weinbau wird die Cultur von Reben behnfs Weinbereitung verstanden. Die bezirksweise Abgrenzung des dem Verbote zu unterstellenden Weinbaudistrictes wird durch die be treffenden Landesregierungen bestimmt." Nächste Sitzung Donnerstag. Tagesordnung. Dritte Lesung der Militärgesctznovelle und des An trages auf Aufhebung der Flachszölle. Der Aufenthalt im Walde. Die atmosphärische Luft enthält ungefähr 79 Proc. Sauerstoff und einen Bruchlheil von Procen- ten an Kohlensäure. Die letztere entsteht fortwährend durch das Verbrennen von Kohlen und Holz auf unseren Heerden, in unsern Oefen und in großer Menge auf den Hüttenwerken. Sie entsteht ferner durch eine Menge Gährnngsprozesse entweder in der Natur, oder auch künstlich hergestellt, dann aber auch durch das Athmen der Menschen und Thiere. Denn in der Lunge der athmenden Wesen findet ein Verbrennungsprozeß statt. Wir athmen atmo sphärische Lnft ein und athmen viel Kohlensäure wieder aus. Und bei dieser großen Production an Kohlensäure sollte man meinen, die Luft müßte bald ein Uebermaß derselben enthalten und demnach nicht mehr athembar sei», denn die Kohlensäure ist für unsere Lunge Gift. Das ist nun nicht der Fall, denn es ist der Luftraum um unsere Erde ein so gewaltiger, daß er sich nicht leicht durch irgend welche Zuströmung schädlicher Gase in der gesetzmäßigen Verbindung der Luft verändern läßt. Von der größten Wichtigkeit ist aber der Umstand, daß die Pflanzen, und vorzugsweise auch der Wald, die Kohlensäure zu ihrem Wachsthume bedürfen und deshalb dieselbe der Atmosphäre entnehmen. Der Sauerstoff in der Luft aber, durch welchen wir leben und athmen, wird fortwährend durch die Pflanzen wieder hergestellt, so daß man noch nie mals eine Abnahme desselben bemerkt hat. Die Sache läßt sich also kurz wie folgt erklären: Der Mensch athmet Sauerstoff ein und Kohlensäure aus, die Pflanzen aber nehmen die Kohlensäure der Luft hinweg, legen die Kohle desselben als Holz an und geben den Sauerstoff an die Luft wieder ab. So ist also eine vollständige Wechselwirkung hergestellt. Wenn wir nun, namentlich bei Sonnenschein, in den Wald treten und uns dort freier und leichter fühlen, so liegt dies keineswegs in der Einbildung, sondern wir finden im Walde eine Luft, welche reicher an Sauerstoff ist, denn wir sind in dem Bereiche ihres Entstehens und deshalb haben wir dort das Gefühl, als wenn unsere Brust weiter werde. Fragen wir also, weshalb dies so ist, so lautet die Erklärung sehr einfach, weil durch das Einathmen einer größeren Menge Sauerstoff unser Blut besser entkohlt und dadurch Heller und dünn flüssiger wird. Leider athmen viele Menschen wohl nicht hinlänglich Sauerstoff ein und es mögen hier aus mancherlei Krankheiten enstehen, deren Ursprung man nicht einmal immer nachweisen kann. So z. B. viele Kinder in der Schule und viele Hand werker in ihren Werkstätten. Wahrscheinlich aber alle diejenigen, welche durch ihre Beschäftigung an den Schreibtisch gefesselt sind. Man kann sich des halb wohl nicht wundern, wenn eine große Anzahl von Menschen aus diesen Classen, sofern sie einen Wald in der Nähe haben, ihre Freistunden so gern in diesem verbringen. Es ist doch nur der natür liche Trieb, einen Ausgleich zu suchen gegen die schädlichen Einwirkungen des Dienstes und des Handwerks. Vermischtes. Pflichtgefühl. Im „Börs.-Courier" lesen wir: „Einen Vorgang, der sich vor nunmehr fast Jahres frist in Berlin bei Hofe abgespielt hat, der geheim gehalten wurde und der doch für alle Theile in hohem Grade ehrenvoll ist, der die Oeffentlichkeit sehr lebhaft interessiren dürfte, wollen wir erzählen und wir hoffen, daß, nachdem ein Jahr darüber vergangen ist, man uns nicht bös sein wird, wenn wir die Angelegenheit in die Oeffentlichkeit bringen. Unmittelbar nach dem Tode des armen kleinen Prin zen Waldemar nämlich ergriff die Mutter des ver storbenen Knaben, die Kronprinzessin, eine tiefe Sehnsucht, sofort ihren zweiten Sohn, den Prinzen Heinrich, bei sich zu haben, der, wie man weiß, nicht sehr lange zuvor auf jene Uebungsreise um die Welt gegangen war, die sich allmälig ihrem Ende nähert. Vorausgeschickt muß nun freilich werden, daß, als der Kronprinz und die Kronprinzessin beschlossen hatten, den Prinzen Heinrich diese Reise machen zu lassen, der Kaiser seinerseits die Kronprinzessin da rauf aufmerksam gemacht hatte, daß solche Reise ihre Gefahren mit sich bringe, daß der Prinz jung sei, daß sie sich vielleicht bei so langer Trennung nach dem Sohne sehnen würde und dergleichen mehr. Die Kronprinzessin aber war damals bei dem Ent schlusse stehen geblieben, weil sie der Meinung war, daß nur solch eine Reise ihren zweiten Sohn zu einem tüchtigen Seemann ausbilden und zu seinem künftigen Beruf wirksam voibereiten könne und des halb gab der Kaiser seine Einwilligung dazu, seinen Enkel jene Reise, die ihn durch alle Meere der Erde führen sollte, antreten zu lassen. Wenigs Tage nach dem Tode des kleinen Prinzen Waldemar war es, als die Kronprinzessin den Kaiser bat, ihr zu ge statten, den damals fünfzehnjährigen Sohn zurückzu rufen. Sie bat ihn mit Thränen im Auge, ganz unter dem Einfluß jenes Schmerzes, der sie wenige Tage zuvor getroffen hatte. Der Kaiser hörte sie gerührt und ernst an, aber er erklärte ihr, auf all jene Eventualitäten habe er selbst sie früher aufmerk sam gemacht, er habe das besonders für seine Pflicht gehalten, aber jetzt könnte er leider ihre Bitte nicht erfüllen. Der Prinz Heinrich sei im Dienst, er sei zu jener Uebungsreise beordert, dieselbe müsse zu Ende geführt werden, und so sehr er den Schmerz seiner Schwiegertochter mit empfände, fo wenig sehe er sich in der Lage, jenes Machtwort zu sprechen, das sie von ihm erbäte. Dis Kronprinzessin sank in tiefster Erregung dem Kaiser zu Füßen und bat ihn nochmals, seinen Entschluß zu ändern, den Sohn zurück zu berufen. In seiner Ergriffenheit aber er klärte ihr der Kaiser, Hunderte von Müttern wür den hier und da in ähnlicher Lage sich befinden, wie sie selbst. Als Menschen, als Großvater des Prinzen schmerze cs ihn auf Tiefste, daß er als Kaiser jene Bitte durchaus abschlagen müsse, daß er nicht anders könne, als auf seiner Weigerung bestehen! Müßten Bürgerfrauen jenen Schmerz in ähnlicher Situation erdulden, so müsse auch die Kronprinzessin, so schwer ihr das auch werden möge, sich zu fassen wissen. Und in der That blieb es dabei: Die Bitte der Kronprinzessin, so menschlich begreiflich, so erklärlich aus dem Schmerze der Mutter, welchen der Kaiser ganz und gar mitfühlte, konnte von dem greisen Mo narchen doch nicht erfüllt werden. Lebt in dieser ganzen Scene, die wir hier schildern, nicht etwas von jenem Geist der strengen, ernsten Pflichterfül lung, der das kleine Preußen so groß gemacht hat?" Eine herzzerreißende Scene ereignete sich am Donnerstag in Pankow bei Berlin. Ein junger Architect, Franz de D., hatte den Bau einer Villa für einen Grundbesitzer in der Nähe Schönhausens übernommen. Am Donnerstag Abend, kurz vor Schluß der Arbeitszeit, stand der junge Baumeister, den Gang der Arbeit überschauend, auf einer der aus dem Grunde emporstrebenden Mauern des entstehenden Gebäudes, als ein mit Kalk beladener Arbeiter ihn rückwärts treten ließ. Leider geschah dies so unglücklich, daß er mit einem Fuß in eine für den Träger eines Balcon bestimmte Mauerlücke trat; er fiel rücklings in ein Kellergewölbe hinein und brach sich das Genick. Die bei dem Bau be schäftigten Arbeiter waren bei dem schrecklichen Un glücksfall rathlos, und Niemand wollte sich der trau rigen Aufgabe unterziehen, die junge Gattin des Verunglückten, mit der er erst zwei Jahre in glücklicher Ehe lebte, davon in Kenntniß zu setzen, bis der Bauherr sich entschloß, dies in möglichst schonender Weise brieflich zu thun. Ehe der Brief jedoch die Gattin des Todten erreichte, war diese über das befremdliche nächtliche Ausbleiben ihres Mannes in Unruhe gerathen und hatte sich am Freitag früh selbst nach der Baustelle aufgemacht, nach dem Gat ten zu sehen, ihr 4 Monate altes Söhnchen in der Obhut des Dienstmädchens zurücklassend. In Schönhausen hörte sie von dem Unglück gerücht weise sprechen, und eine schreckliche Ahnung ergriff das arme Weib. An der Unglückstätte angekommen, sah sie in der liefbestürzten Miene des ihr entgegen eilenden Bauherrn die Bestätigung ihrer Ahnung, und mit einem schrecklichen Schrei sank sie zu Bo den. Sie mußte später gemaltsam von der Leiche des Gatten entfernt und nach Pankow zurückbeför dert werden. Im Wartesalon. Aelterer Postbeamter zur Büf fetmamsell: „Lieschen, ich habe heute Nacht von Ihnen geträumt!" Antwort: „Unsinn! Sie hatten ja Nachtdienst!" Allerlei. In einer westphälischen Schöffen gerichtssitzung wurde der Angeklagte vom Richter gefragt, ob er schon in Untersuchung gewesen sei, worauf derselbe ganz naiv erwiderte: „Jawohl, aber als untauglich entlassen." — Eine schöne Sitte ist in dem kleinen Städtchen Hohenberg in Baiern eingeführt. Diese besteht darin, daß jedes Kind bei seiner Consirmation und dem Abgänge aus der Schule auf sonst wenig benutztem Gemeinde grund einen Obstbaum pflanzt, welcher während seiner ganzen Lebensdauer sein Eigenthum bleibt. Wer Gelegenheit hatte, zu beobachten, wie sorg fältig die jungen Leute ihre ihnen liebgewonnenen Bäumchen pflegen, der wird zu der Ueberzeugung gelangen, daß hierdurch nicht nur bei der Jugend die Liebe zur Obstbaumzucht geweckt, sondern auch dem muthwilligen Beschädigen der Bäume vorge beugt wird. — Aus Baiern wird leider von einem durch drei sächsische Handwerksburschen verübten Raubmorde berichtet. Das Opfer ist ein 68-jähri- ger Flurwächter in der Nähe von Bayreuth und die Thater sind der Schuhmacher Kändler aus Oberrabenstein, der Fleischer Neubert und der Strumpfwirker Kluge, die letzteren beiden aus Niederrabenstein bei Chemnitz. Was die That gräßlich macht, ist der Umstand, daß der jüngste der Thäter erst 16, der älteste 19'/r Jahr alt ist. Die Frucht des Raubes bestand in einer Baarschaft von 1 Mk. 80 Pf. — Der „N. Fr. Pr." wird aus Hamburg unter dem 12. d. gemeldet: Ein in die Elbe eingelaufener Dampfer „Ainwieck Castle," angeblich mit Kohlen nach Venezuela, in Wirklichkeit mit Waffen und Kriegsbedarf nach Valparaiso, ge- rieth in Brand. Das Schiff ist zerstört, die Ladung darunter 20,000 Schußwaffen, Lederzeug, Uniformen, sind vernichtet. Neueste Nachricht. Wien, 14. April. Das Cabinet Hal noch immer keinen definitiven Entschluß über die gestrige Par lamentsabstimmung gefaßt. Graf Taaffe soll jedoch entschlossen sein, die Consequenzen des Votums zu ziehen. Die Rechte beabsichtigt die Ersetzung der abgelehnten 50,000 Gulden durch Einstellung des gleichen Betrags in einen andern Budgetposten. Man hört von bestunterrichteter Seite, der Kaiser dürfte