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chMmiM Tagthlaü Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Dienstag, den 6. April 1»8«. Erledigt hat sich die für den 6. d. M. Nachmittags 2 Uhr in Lein's Restauration zu Altwaldenburg anberaumte Versteigerung. Waldenburg, den 5. April 1880. Scharf, Gerichtsvollzieher. h Leipzig, 3. April. Heute verstarb dahier Ihre Erlaucht Gräfin Emilie Christiane Gräfin und Herrin von Schönburg, geb. Gräfin von Jenison, Wiltwe des Grafen Carl Heinrich Alkan Grafen und Herrn von Schönburg-Glauchau, Penig und Wechselburg, im 75. Lebensjahre. "Waldenburg, 5. April 1880. Die englische» Wahlen. Die Blicke des Politikers sind noch immer auf England gerichtet, wo die völlig unerwarteten Wa fl- resullate die Sachlage mit einem Schlage geändert haben. Von allen politischen Blättern werden die englischen Wahlen längeren Besprechungen unter zogen, ein Beweis, welche Bedeutung für die poli tischen Constellationen ihnen innewohnt. So sagt die hochofficiöse Wiener „Montagsrevue": „Es ist die allgemeine Auffassung in Europa, daß der Sturz des Ministeriums Beaconsfield eine ernste Gefahr für die conservativen Interessen des Welttheils be zeichne. Nicht der Berliner Vertrag sei der Grund der Niederlage der Tories, da ja auch die Whigs denselben acceptirten. Die Wahlen hätten vielmehr deutlich herausgestellt, daß im englischen Volke eine tiefgehende Abneigung gegen jeden Gedanken von Engagements nach Außen wurzle. Hoffentlich werde jedoch das britische Volk nicht wieder Resultate, wie in der Pontnsfrage sanctioniren. Der Hochflug der Beaconsfieldschen Unternehmungen habe ihm manche Gegnerschaft geschaffen. Aber mit der kahlen Ideen losigkeit oder der heillosen Confusion Gladstone'scher Auffassungen werde die englische Nation in dem selben Momente brechen, in welchem wirklich ernste Probleme an dieselbe herantreten." Es ist klar, die Kriege in Afghanistan und dem Zululande mit ihren entsetzlichen Opfern an Menschenleben und Geld und Gut, mögen manchen ehrlichen Briten von der Hinfälligkeit äußeren Ruhmes vollauf überzeugt haben. Andere wieder mögen es nicht gern sehen, daß die Interventions-Politik, zu der sich Lord Beaconsfield bekannte, die für den Continent erfreuliche Folge besaß, zwischen großen und mächtigen Reichen den Frieden zu ermöglichen. Gar manches brave Britenherz mag noch in der Erinnerung an die schönen Einnahmen des Jahres 1870 schwelgen, welches die Kraft zweier produ- cirender Culturländer lähmte, während es gleichzeitig die momentane Consumtionsfähigkeit Beider, zum Vortheil englischer Industrie und englischen Handels über Gebühr erhöhte. Wenn Jemand Ursache hat, mit den englischen Wahlen vollkommen zufrieden zu sein, so ist dies Rußland. Denn es liegt auf der Hand, daß es für seine centralasiatischen Strebungen von Seiten der englischen Liberalen viel weniger Ein dämmungen und Hindernisse zu befürchten hat, als ste 'hm durch Beaconsfields energisches Eingreifen in Afghanistan bereitet wurden. "Waldenburg, 5. April 1880. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Das Präsidium des Reichstages beabsichtigt, die Miliärgesetznovelle am 8. d. zur zweiten Bera- thung im Reichstage zu stellen. Der Kaiser hat in der Nacht zum 3. d. mit Unterbrechung geschlafen. Das Allgemeinbefinden ist besser und die Heiserkeit geringer. Se. Maje stät nahm am 3. d. vormittags bereits wieder die regelmäßigen Vorträge entgegen. Die Polizeidirection in München hat auf Grund des Socialistengesetzes die von der deutschen Volks partei für den 5. d. abends anberaumte Volksver sammlung, in welcher der Reichstags-Abgeordnete Sonnemann einen Vortrag über den Militaris mus halten wollte, verboten. In Folge dessen wird nur eine Parteiversammlung abgehalten werden. Ungarn. In Pest soll das deutsche Theater geschlossen werden, angeblich um der germanisirenden Thätig- keit desselben entgegenzutreten. Diese Affaire bildet fortwährend in Leitartikeln und Feuilletons den Gegenstand leidenschaftlicher Erörterung in den ma- gparischen Blättern. ' Daneben setzt es heftige Aus fälle gegen alles Deutsche. Gegen eine unter den deutschen Bürgern im Entstehen begriffene Agitation zu Gunsten eines neuen deutschen Theaters wurden Drohungen erhoben. Die Schließung des Theaters soll am Donnerstag erfolgen, da bis dahin erst der Beschluß den Betroffenen eingehändigt wird. Di rector Robert Müller ist mit mehr als 30,000 fl. Pönale bedroht, die er in Folge der mit den Phoites und anderen Gästen abgeschlossenen Gastspielverträge wird bezahlen müssen. Das Personal des Theaters besteht ans 147 Personen, die Arbeiter nicht einge rechnet. Alle hatten bis 15. Mai laufende Verträge und werden nunmehr brodlos. Eine Deputation von Bürgern beabsichtigt, sich zum Ministerpräsidenten zu begeben, um angesichts dieses Elends mindestens eine Milderung des Beschlusses zu erwirken. Frankreich. Sämmtliche Pariser Suffraganbischöfe versammel ten sich am 2. d. bei dem Cardinal Guibert und betrauten diesen mit der Abfassung eines Protestes gegen die Congregationsdecrete. Aehnliche Proteste sollen von allen Diözesen abgefaßt und nicht an die Kammern, sondern an die Minister ge richtet werden. Die Sprache der klerikalen Departe- mentsjonrnale übertrifft jene der Capitale an Hef tigkeit. Angesichts der Aufforderung der klerikalen Journale zum Widerstande gegen die Negierungs decrete ruft die „Republique Franyaise" die Repu blikaner aller Farben auf, die Regierung gegen den perfiden Feind zu unterstützen. England. Bis Mitternacht des 3. d. war das Resultat von 356 Wahlen bekannt; von den Gewählten gehö ren 231 der liberalen, 123 der conservativen Par tei an. Die Liberalen haben bisher 67 Sitze, die Conservativen 18 Sitze gewonnen. Die „Times" besprechen die Zusammensetzung des neuen Cabinets und vertreten die Ansprüche Granville's auf die Premierschaft, sowie die Harting ton's und Gladstone's auf Sitze im Kabinet. Ein liberales Kabinet ohne Gladstone sei undenkbar. Die Wahlkosten werden sich vielerorten als sehr hoch herausstellen. So werden in den Londoner Bezirken allein die Kosten, welche von den mit den Wahl-Angelegenheiten betrauten Beamten in Rech nung zu stellen sind, auf 1000 bis 1500 Pfd., St. (L 20 Mark) für jeden einzelnen Candidaten ver anschlagt. Dazu kommen dann noch Auslagen für Plakate, Porto, Boten und namentlich für Wagen- mielhe. Da jeder Candidat ein paar Hnndert Wa gen nöthig haben wird, um die Wähler zu den Abstimmungs-Lokalen zu befördern, und eine Droschke kaum unter 4 Pfd. St. per Tag zu haben sein wird, läßt sich denken, daß er hierfür auch noch etwa 1000 Pfd. St. in Anschlag bringen muß. Lord Hartington erklärte, daß eine liberale Re gierung alle eingegangenen Verpflichtung und Ver träge gewissenhaft ausfttyren und dieselben Zwecke verfolgen wolle, wie ihre conservative Vorgänge rin, jedoch in friedlicherem Geiste. Gladstone würde aber in keinem Falle Premier; dazu wäre Harting ton oder Granville ausersehen. Falls aber zum Schluß der Wahlen, die Majorität der Liberalen nicht mehr als 12 Stimmen beträgt, ist auch dem neuen Parlamente keine lange Dauer zu prophezeien. Ruhland. Im Befinden der russischen Kaiserin ist aber mals eine wesentliche Verschlimmerung eingetreten. In Petersburg coursirte am 3. d. das Gerücht, 20,000 Chinesen hätten die russische Grenze überschritten und seien in das Amurgebiet einge rückt; 40,000 Chinesen ständen ferner unmittelbar an den Grenzen des Knldscha-Gebiets. Wenn sich das Gerücht bestätigt, wäre wieder ein russisch-chine sischer Krieg fertig. Die Pestepidemie des vorigen Jahres hat der russischen Regierung 1,600,000 Mark gekostet. Die ser Kostenanschlag schließt die Ausgaben vom Mo nat Januar 1879 (wo General Loris zum General- Gouverneur der Regierungsbezirke Astrachan, Sara- toff und Samara ernannt wurde) bis zum April in sich, als alle Gefahr beseiligt war. Die Cordon- und Quarantaine-Einrichtungen nahmen die Hälfte der Gesammtausgaben, 800,000 Mk., in Anspruch, — die Ueberwachung der Wolga an verdächtigen Stellen und dieJsolirung der letzteren kostete 48,000 Mk., — die Besoldung des ärztlichen Stabes und anderer Angestellten 200,000 Mk., Arzneimittel u. f. w. 72,000 Mk. Einen großen Theil der Geld summen verschlangen natürlich die Truppenbeför derungen und die Entschädigungen an die Bewoh ner der Dörfer, welche vorsichtshalber zerstört wurden. Atts dem Sachfettlmrde. — Das Ministerium des Innern hat auf Ansu chen des Verwaltungsausschusses des Central-Dom bau-Vereins zu Köln beschlossen, die genanntem Aus schüsse auf zwei Jahre ertheilte Erlaubniß zum Vertriebe von Loosen zu der behufs des Ausbaues der Thürme des Kölner Domes veranstalteten Prä mienlotterie im Bereiche des Königreichs Sachsen auf weiters zwei Jahre, und zwar bis Ende 1881, zu gewähren. — Mit der Webernoth in Sachsen hat sich auch der Ausschuß des Verbandes dentscher Industrieller in seiner letzten Sitzung beschäftigt und infolge dessen folgende Petitionen an den Reichskanzler ge richtet: Angesichts des Nothstandes unter der Weber bevölkerung, der Districte von Glauchau und Meerane besonders, welcher durch die Verhandlungen des sächsischen Landtages constatirt ist und von den Betroffenen dem ungenügenden Zollschutze auf die von ihnen erzeugten feinen Leinen- und leichten