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in das Gefängniß einceliefert werden, auf ausdrück lichen Befehl des Czaren ist davon aber Abstand genommen worden. Die Dame wird jedoch in ihrer Wohnung im Palast streng überwacht und jede Ver bindung mit ihrem bereits verhafteten Gemahl ist ihr abgeschnitten. Ueber die Lage Rußlands spricht sich aus An laß des letzten Attentats die Wiener „Montagsrevue" folgendermaßen aus: „Die Ausrottung des Nihilis mus wird den Versuchen zur Einführung eines kon stitutionellen Regiments nothwendig vorangehen müs sen. Ist die Petersburger Regierung dieser Aufgabe nicht gewachsen, vermag dieselbe nicht, die Verschwö rungen zu verhindern, welche den Abscheu der Welt hervorgerufen, dann stehen die Verhältnisfe Rußlands vor einer Krisis, von deren Entwickelung und Ab schluß Niemand sich Rechenschaft zu geben vermag." Die russische Regierung hat die auswärtigen Re gierungen ersucht, solche Individuen, welche mit den Nihilisten Verbindungen unterhalten, zu überwachen und eventuell zu verhaften. Auf Befehl Les Czaren ist die Petersburger Polizei sofort um 39 Revier-Aufseher vermehrt worden. Eine weitere Vermehrung der Polizei ist außerdem noch in Aus sicht genommen. Nach weiteren Nachrichten über das'Attentat soll einer von den vier Tischlergesellen, weiche im Winterpalais beschäftigt waren, gestanden haben: eine Stunde vor dem Attentate sei ein elegant ge kleideter Herr in ihr Zimmer, unter der Wache, ge treten. Diesen Henn habe er schon öfter im Palms gesehen; derselbe habe ihm eine kleine, ziemlich schwere Kiste mit der Bitte übergeben, diese für einige Stun den aufzuheben; er solle auch ein tüchtiges Trinkgeld haben. Der Herr habe dabei das Kistchen selbst an den Fuß des tragenden Gewölbepfeilers gestellt und dabei gesagt: „dort stehe sie sehr gut, man möchte sie da nicht fonnehmen", und ihn, dabei Rubelscheine (?) >u die Hand gedrückt. Die Pässe der Tischler wären falsch gewesen, wird behauptet. Ferner „soll" in der Nacht nach dem Attentat auf dem Eise der Newa vor der Front des Winterpa lais die Leiche eines erschossenen elegant gekleideten Mannes gefunden sein, der einen Revolver und einen Zettel in der Hand hielt. Dieser Zettel ent hielt die Worte: „Ich habe mich selbst erschossen. Der Brief in meiner Tasche ist sofort an die dritte Abtheilung zu geben." Was Wahres an diesen Nachrichten ist, läßt sich jetzt nicht entscheiden. Atts dem MttLdenLhttle. "Waldenburg, 23. Februar. Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin und Se. Durchlaucht der Erb prinz Victor sind heute früh über Reichenbach-Hof nach München abgereist. *— (Die Gewerbevereins-Bibliothek) hat von Herrn Schuldirector Hanschmann dessen größeres Feuilleton. Um eine Million. Novelle von K. Keichner. (Fortsetzung.) Auch Elfriede hatte unwillkürlich eine Bewegung gemacht, um hindernd dazwischen zu treten, aber Thorstein beherrschte in diesem Augenblick so sicher die ganze Situation, daß sein fester, energischer Blick sie so förmlich an ihren Platz zu bannen schien. Der Baron war der Erste, welcher sprach. Sofort wendeten Aller Blicke erwartungsvoll sich auf ihn, denn Jeder wußte, und empfand, daß man erst jetzt vor der eigentlichen Entscheidung stehe. Und das entscheidende Wort fiel so ruhig aus dem Munde das bleichen Mannes, als hätte er nicht soeben einen inuerlichen Kampf mit sich durch gerungen, einen schweren Kampf, den kein mensch liches Auge gewahren konnte. Er sagte dem neuen Brautpaare, das so plötz lich aufgetaucht war, sehr verbindlich seine Glück wünsche, und sanctionirte damit den geschlossenen Bund und Thorstcin's Opfer; denn nun beeilte sich natürlich Jedermann, seinem Beispiele zu folgen. In den allgemeinen Trubel war es verloren ge gangen, daß der Graf Waldstetten einen halblauten Fluch ausstieß, während Fräulein Camilla aus sah, wie etwa der Teufel, wenn ihm eine arme Seele entschlüpft. Hätten Blicke tödten können, so würden solche ohne Zweifel die vereinigten Dolch stöße der Augen des würdigen Geschwisterpaares aus Thorstein sofort einen tobten Mann gemacht haben. Werk."„Friedrich Fröbel, die Entwickelung seiner Erziehungsidee in seinem Leben," zugleich eine äußerst anregend geschriebene, lehrreiche Biographie Fröbels, zum Geschenk erhalten. Dieses Buch, welches vom Verfasser Sr. Majestät dem Könige von Sachsen zugeeignet ist, wird bereits in die englische, französische, italienische, ungarische und russische Sprache übersetzt. — Das im Lehngrund bei Glauchau stehende Wohnhaus des Gärtners Brückner ist in der Nacht zum 21. d. eingestürzt. Verletzt ist Niemand. — Ein Freund der Armen in Zwickau hat der Armenversorgungsbehörde daselbst 32 Stück 6psün- dige Brode zur Vertheilung an Arme zur Verfügung gestellt, und haben diese Spende 32 Empfänger, zumeist Familien mit zahlreichen Köpfen, bei der Almosenaustheilung entgegengenommen. Atts dem SachsenLarrVe. — Nach einer von dem kgl. Finanzministerium an die Finanzdeputatton der Zweiten Kammer in Dresden gelangten Mittheilung sind die finanziellen Ergebnisse, welche durch Bepflanzung der Eisenbahn böschungen mit niedrig wachsenden Hölzern und Obstbäumen erzielt werden, fortschreitend günstige. Während diese Erträgnisse im Jahre 1873 sich nur auf 13,345 Mark beuefen, sind sie im Jahre 1878 schon auf 35,093 Mark gestiegen. Die Böschungen der Eisenbahnen in Sachsen werden theils mit Kleegrasmischungen besäet, was sich in den meisten Fällen bewährt hat, theils mit Hölzern, deren Wahl von den Feuchtigkeits- und Bodenverhältnissen abhängig ist (vorzugsweise Weide und Birke) und, soweit es die Boden- uud Klimaverhältnisse gerathen erscheinen lassen, mit Obstbäumen bepflanzt. — Die Ausstellung der deutschen Wollen-Jndustrie im Juli d. I. zu Leipzig erweckt das allgemeinste Interesse und zeigt sich dies im Inlands durch die besonders in den letzten Tagen äußerst zahlreich ein gegangenen Anmeldungen zur Beschickung; es sind Fälle zu verzeichnen, wo einzelne Städte mit 26, 34, ja mit 45 Ausstellern auftreten werden; neben den Stoffen wird sich die Maschinenausstellung be sonders glanzvoll gestalten. Als ein Zeichen, daß das Unternehmen auch im Auslande eine besondere Aufmerksamkeit erregt, dürfte zu gelten haben, daß die Kaiserlich Oltomanische Regierung Veranstaltung trifft, gleichzeitig mit dieser allgemeinen deutschen Ausstellung eine solche — natürlich in besonderer Localität — zn arrangiren, in der die Erzeugnisse der Staatsmanufacturen der einzelnen Produzenten der Textilindustrie und der Bodenerzeugnisse des weiten Landes zur Anschauung gelangen. — Ein interessantes Schulprogramm ist das der bekannten höheren Fachschule für Maschinenbau, des Technikum zu Mittweida (Sachsen), auf das wir „Verloren!" murmelte der Graf, als der Baron den verhängnißvollen Glückwunsch aussprach, und in diesem Augenblick hätte er den Baron noch mehr wie Thorstein gehaßt, wenn überhaupt eine Stei gerung seiner eigentlich wahren Gefühle gegen den Millionär noch möglich gewesen wäre. — „Warum denn hatte sich der sonst so hochmüthige Aristokrat nicht abgewendet von der frechen Lüge? So fragte der Graf sich, vor Wuth beinahe fassungs los — und hätte dadurch das Signal zur allge meinen Verachtung gegeben? Freilich, das Kuppeln sagte ihm wohl besser zu, dem Duckmäuser, der selbst früher gern auf unerlaubten Wegen gewandelt war!" Das entstellte Gesicht des Grafen erweckte so sehr die Besorgniß seiner Schwester, Laß sie trotz ihrer eigenen Erregung es über sich gewann, sich so weit zu fassen, um leise mahnend seinen Arm zu be rühren. Dies brachte ihn einigermaßen zu sich selbst zurück. Was Friedrich anbelangte, so hatte er anfangs ein ziemlich einfältiges Gesicht gemacht, dann aber, nachdem er gesehen, wie der Baron die Sache auf gefaßt und anerkannt, lachend Thorstein umarmt und Hildegard die Hand geküßt. Der Graf hätte ihn ohrfeigen mögen für sein vorschnelles Handeln. Verschwor sich denn Alles gegen ihn? Selbst der eigene Sohn — bisher sein gefügiges Werk zeug! Nun blieb auch nicht einmal der einzige Rückzug mehr übrig, inseinem gekränkten Sohne den be leidigten Vater spielen zu können, da auch dieser durch seine vorschnelle Gratulation die Sache beglaubigte. Schließlich kehrte die ganze Wuth des Grafen sich gegen Mittler, der aber glücklicherweise nirgends zu entdecken war. Elfriedens Blick hatte schüchtern die Augen des Ba- unsere Leser hierdurch aufmerksam gemacht haben wollen. Diese Schule bildet w) Maschinen-Jnge- nieure, l>) Werkmeister vollständig aus, und ist unseres Wissens unter allen ähnlichen Anstalten die älteste und besuchteste. Der letzte Jahresbericht zeigt wenigstens eine Frequenz von 405 namentlich aufgeführten Studirenden, von denen der jüngste 16, der älteste 33 Jahre zählt. Vertreten sind Europa, Amerika und Asien, so daß fast jeder neu ankommende StudirendeLandsleute trifft. Programm und alles Nähere ist von dem Director der Anstalt, Hrn. Weitzel, unentgeltlich zu erhalten. — Die in Dresden zuerst beim kgl. Schützen- Regiment Nr. 108 ausgetretene Genickstarre scheint sich trotz der ausgedehntesten Vorbeugungs-Maßregeln weiter verbreiten zu wollen, da auch einige Erkran kungsfälle dieser Art unter den Mannschaften des dortigen Garde-Reiter-Regiments vorgekommen sind, leider in dem einen Falle sogar mit tödtlichem Aus gange. Der Betroffene war der erst vor ganz kurzer Zeit mit der Tochter eines Neustädter Bür gers in den Ehestand getretene Vice-Wachtmeister Wolf von der 5. Escadron gen. Regiments, welcher am vorigen Donnerstag obengenannter Krankheit im blühendsten Mannesalter erlegen ist. Beim Schützenregiment sind bisher 3 Mann an dieser Krankheit verstorben, doch sind innerhalb acht Tagen keine neuen Erkrankungen dieser Art vorge kommen. — Das 18jährige Fädelmädchen in Auerbach, welches am Mittwoch dadurch, daß es der offenen Ofenfeuerung zu nahe gekommen war, bedeutende Brandwunden erlitt, ist denselben am Freitag er lege». — Als dieser Tage eine junge Dame in Grimma außerhalb der Stadt mit ihren Elterck pronienirte und wegen des schlechten Weges wenige Schritte hinter denselben ging, wurde sie von drei „armen Reisenden" insultirt, worauf sie einer derselben mit dem Stocke über den Rücken schlug. Nach dieser Heldenthat nahmen die drei Kerle hohulachend Reiß aus, um anderwärts auf die Barmherzigkeit der Menschen weiteren Anspruch zu machen. — Unter den vorige Woche in Meißen zuge reisten Fremden legitimirte sich auch ein Jude aus Böhmen durch einen Taufschein. Auf dem Scheine war sogar der Tauftag bezeichnet, gleichwohl stand in der betreffenden Rubrik „Mosaischen Glaubens." — Der Hilfsförster Mamsch in Lauchhammer traf kürzlich auf einem Palrouillengange im Walde mit einem Wilddiebe zusammen und erhielt von dem selben einen Schuß in's Bein. Das verletzte Glied mußte in Folge dessen amputirt werden; leider zog die Amputation den Tod des pflichttreuen Beamten nach sich. — In Gera hat ein ziemlich beleibter Hotelier für die Noth leidenden ein schweres Opfer gebracht. In seinem Locale wurde ein wohlhabender Mehl- rons gesucht. Er vermied es aber, diesem Blick zu begegnen. Glaubte er auch an ihre Schuld? War es ihr doch selbst traumhaft unklar, was eigentlich geschehen, nachdem sie so unüberlegt Thor- stein's Arm genommen. Sie hatte kaum gehört, was er zu ihr gesprochen — wie sie in die Grotte gekommen — wieviel Zeit verflossen, seit sie den Baron verlassen — sie wußte es selbst nicht mehr —es war ihr Alles gleich- giltig gewesen, so elend yatte sie sich gefühlt. Als Thor stein ihr dann zu Füßen gefallen, wollte sie aufspringen, gerade als das rothe Licht seinen grellen Schein über die Grotte warf, und war von ihm daran verhindert worden. An Nichts sonst vermochte Elfriede mit Deutlichkeit sich zu erinnern, bis zu Lem Augenblick, in welchem sie den Baron wieder gegenüberstand und dieser, ohne einen Blick für sie zu haben, das Sühn opfer Thorstein's annahm. Der, welcher am Besten über den Vorgang hätte Aus kunft ertheilen können, Mittler, war fest entschlossen gewesen, an diesem Abend, wenn nicht durch die Be nutzung eines glücklichen Zufalls, dann durch List oder Gewalt irgendwie zum Ziele zu gelangen, das heißt al so, dem Grafen das für dessen und seine — Mittler's — eigene Zwecke nöthige Material in die Hände zu liefern und zwar womöglich unter den Augen des Barons, auf dessen aristokratischen Hochmuth der Secretär vor Allem rechnete. An ein vorhandenes Einverstänhniß Elfrie dens mit dem schönen Freiherrn glaubte er ja ohnehin und rechnete daher auch zuversichtlich auf eine günstige Gelegenheit, die ihm was er brauchte — nämlich et was Elfrieden Compromittirendes — in die Hände lie fern würde, und welche nach Kräften auszubeuten als dann seiner Geschicklichkeit überlassen blieb. Schlimm sten Falls wäre er sogar davor nicht zurückgebebt, in selbsteigner Person den Ruf des jungen Mädchens ir gendwie unheilbar bloßzustellen. (Fortsetzung folgt.)