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Louise Michel, die „Sociale Revolution", findet sich folgende Mittheilung: In seiner letzten Sitzung hat der französische revolutionäre Ausschuß beschlos sen, daß als der Bourgeoisie gegebene Warnung es dringlich sei, eine bezeichnende That zu vollführen. Der Ausschuß hat demnach angeordnet, daß das Standbild des abscheulichen Henkers, der ihr Ober haupt war, verschwinden solle. In der Nacht vom 15. Juni wurde infolge dessen Thlers' Standbild in Saint-Germain zum Theil zerstört. Diese Exe- cution ist blos das Vorspiel anderer wirksamerer Ereignisse, 'die alle Polizeimaßregeln nicht verhindern werden. Tod den Ausbeutern! Es lebe die sociale Revolution! England. Im englischen Parlament ist ein Blaubuch zur Verlheilung gelangt. Dieses Blaubuch umfaßt gegen 400 Depeschen vom 13. Januar bis 31. Mai. d. I. und berichtet über Unterhandlungen und Schritte , der Botschafter in Konstantinopel und der Gesand- , len in Athen. Eine Depesche des englischen Bot- , schafters bei der Pforte, Göschen, vom 26. April ! setzie die Motive auseinander, weshalb Göschen den Ansichten der übrigen Botschafter zugestimmt habe, welche sich für die Reducirung des Griechenland zugebilligten Gebietes erklärten. Wenn England nichl zugestimmt haben würde, so hätte Griechenland die Convention nicht angenommen, und der Krieg wäre ausgebrochen, in welchem Griechenland aber keine Aussicht auf Erfolg gehabt haben würde. Eine soeben von einer amtlichen Reise aus Irland zurückgekehrte hochgestellte Persönlichkeit hat versichert, daß die Landligisten sich gegenwärtig eines gewalt- thätigen Vorgehens enthalten und ihre Kräfte vor läufig sparen, um über dieselben im Falle eines allgemeinen Aufstandes — welcher bei Ableh nung der Landbill unzweifelhaft in Aussicht stehen dürfte — um so besser verfügen zu können. Die Zahl der wohlorganisirten, mit Waffen trefflich aus gerüsteten Insurgenten belaufe sich auf 400,000 (?) und es sei sehr wahrscheinlich, daß eine eventuelle Rebellion derartige Dimensionen annehmen könnte, um zu ihrer Unterdrückung einer regulären Armee von 100,000 Mann zu bedürfen. Irland befindet sich — darüber ist man im Klaren — in einem Zustande latenter Anarchie. Rußland. Dem „Golos" zufolge wird in Petersburg eine besondere Commission zur Ausarbeitung eines all gemeinen Ausnahmegesetzes bestellt werden, welches in sämmtlichen Fällen in Anwendung kom men soll, wo es nothwendig sein wird, die Macht befugnisse und die gesetzliche Gewalt der Verwaltung zu stärken.- Als Mitglieder der Commission werden Kochanoff, Mitglied des Reichsraths, der Adjunct des Ministers des Innern, Tscherewin, Stadthaupt mann Baraoff, Generalmajor Suroff und je ein Vertreter des Kriegs- und Justizministeriums genannt. Den Vorsitz würde Kochanoff führen. Die Com mission soll mit ihren Arbeiten sofort beginnen. Amerika. Das Postwesen der Vereinigten Staaten von Nordamerika kostet diesem Staate nach einer Aeuße- rung des Präsidenten Hayes im lausenden Jahre einen Zuschuß von 14*/- Mill. Mark. Durch Re formen und Abstellungen längst bekannter Mißbräuche hofft man aber nach und nach die Ausgaben mit den Einnahmen in Einklang zu bringen. Atts dem Muldenthale. *Waldenburg, 23. Juni. Bekanntlich findet im nächsten Monat auch hier eine Ergänzungswahl zum Landtage statt. Diese Wahl ist für uns Walden burger deshalb von erhöhter Bedeutung, als, soviel uns bekannt, in der kommenden Herbstsession des Landtags voraussichtlich auch der Bau eines neuen Amtsgebäudes in hiesiger Stadt zur Verhandlung kommen wird, wofür der Betrag vom Landtage zu bewilligen ist. *— Der Komet ist noch immer Gegenstand all abendlicher Betrachtung seitens des Publikums, das auf einmal zu einer ganzen Gesellschaft von Stern guckern geworden ist. Am Montag Abend war er am schönsten zu sehen. Der garbensörmige Schweif hatte eine Länge von etwa 20 Vollmond-Durchmessern. Er stand der Sonne abgewendet, gerade gegen den Polarstern. Dec Komet schien manchmal zu flackern, ja es schien der Schweif auf kurze Augenblicke ganz zu entschwinden; dann aber wieder trat er in seiner ganzen Schönheit hervor. Gestern Abend konnte er wegen des bewölkten Himmels nur auf wenige Augenblicke beobachtet werden und schien es, als ob er kleiner geworden wäre, doch ist dies möglicherweise auf Rechnung der dunstgeschwängsrten Atmosphäre zu setzen. Ueber seine fernere Bahn läßt sich noch nichts Bestimmtes sagen, da erst noch Beobachtungen auf den Sternwarten angestellt werden müssen. — Die Vibliothek des Vereins „Feierabend" in Glauchau ist bereits auf 1700 Bände angewachsen. Se. Erlaucht Herr Graf Clemens zu Schönburg- Hinterglauchau hat in hochherziger Weise durch ein Geschenk von ca. 150 Bänden die Zwecke des Ver eins gefördert. — Am Sonnabend stürzte zu Beiersdorf bei Zwickau die 2jährige Tochter des Webers Carl Zeuner in die Düngerstelle eines dortigen Hauses und fand dabei sofort ihren Tod. Aus dem Sachsenlande. — Die königl. sächsische Jnvalidenstiflung hat in ihrem Hauptfond im Jahre 1880 einen Vermögens- I zuwachs von 1097 Mark (darunter 900 Mk. Ver- - mächtniß des Obersten a. D. Günther) erhalten und schloß ab mit einem Capitalbestand von 61,209 Mk. Unterstützt wurden 223 Invaliden, 5 mehr als im Vorjahre, mit je 15 Mk. — Auf den sächsischen Staatshahnen wurden im Mai 1,589,830 Personen, 330,677 weniger als im gleichen Monat des Vorjahres, befördert. Dagegen hat die Güterbeförderung, die 835,933 Tonnen be trug, ein geringes Plus (von 21,663 Tonnen) auf zuweisen. Vereinnahmt wurden 5,124,379 Mk., d. i. 376,086 Mk. weniger als im Mai 1880. Dieser Einnahmeausfall kommt fast ausschließlich aus das Conto des geringeren Personenverkehrs, der wohl darin seine» Grund hat, daß Pfingsten Heuer Feuilleton. Colomba. Corsisches Lebensbild von Prosper Meremss, deutsch von Ztudolph Wüldener. (Fortsetzung.) Aber an dieser Landschaft sah Orso für jetzt nur einen Umstand, freilich in seiner Lage einen hoch wichtigen: die Nacktheit der Erde verbürgte ihm die Unmöglichkeit eines Hinterhalts, und ein Mann, der leden Augenblick befürchten muß, es könnte hinter dem nächsten Busche ein auf seine Brust gerichteter Flintenlauf hervorblinken, sieht einen offen daliegen den Grund und Boden nothwendig für eine Art Oase an. Auf das verbrannte Maquis folgten mehrere angebaute Felder, welche nach dem Landes brauch bis zur Brusthöhe mit trockenen Steinen umfriedigt waren. Der Fußweg führte zwischen diesen Umfriedigungen, die von Ferne den Anblick dichter Gehölze darboten, wegen der unregelmäßig durcheinander gepflanzten ungeheuren Kastanien bäume, hindurch. Da Orso in Folge des immer rauher und steiler werdenden Pfades abzusteigen genöthigt war, so legte er seinem Pferde den Zügel über den Hals, ließ es frei laufen und stieg selber eilenden Fußes und oft auf der schlüpfrigen Asche ausgleitend, den Ab hang hinab. Er befand sich höchstens fünfundzwanzig Schritte von einer jener Steinumfriedigungen zur Rechten des Weges, als er, just sich gegenüber, zuerst einen Gewehrlauf, dann einen die Mauer überragenden Menschenkopf gewahrte. Das Gewehr wurde angelegt und er erkannte Orlanduccio, welcher abzudrücken im Begriffe war. Rasch setzte sich Orso in Vertheidigungszustand und Beide starrten sich, aufeinander zielend, einige Sekun den mit jener peinlichen Aufregung an, welche auch den Tapfersten durchzuckt, wenn er im Begriffe ist, den Tod zu geben oder zu empfangen. „Elender Feigling!" schrie Orso. Und noch waren die beiden Worte seinen Lippen nicht ganz entfahren, als er die Flamme von Orlan- duccio's Gewehr erblickte; und gleichzeitig ging auf der andern Seide des Pfades ein zweiter Schuß zu seiner Linken los, abgedrückt von einem Manne, den er noch nich nicht wahrgenommen hatte und der ihn von dem Posten hinter einer anderen Mauer aufs Korn nahm. Beide Kugeln hatten ihn ge troffen; die Orlanduccio's drang ihm durch den linken Arm, welchen er beim Zielen preisgab, die andere schlug ihm auf die Brust, zerriß sein Kleid, plattete sich jedoch glücklicherweise an der Klinge seines Stilets ab und machte nur eine leichte Quetschung. Orso's linker Arm sank schlaff an seiner Hüfte hinab, und der Laus seiner Büchse neigte sich einen Augen blick; aber er erhob denselben blitzschnell wieder, richtete das Gewehr mit der rechten Hand allein und gab Feuer auf Orlanduccio. Der Kopf seines Feindes, den er nur bis zu den Augen entdeckte, verschwand hinter der Mauer. Da wendete sich Orso zur Linken und drückte seinen zweiten Schuß auf einen von Pulverdampf umgebenen Mann ab, den er kaum bemerkte. Auch diese Gestalt verschwand. auf den Juni fiel. Von Anfang des Jahres bis Ende Mai betrug die Einnahme 25,243,031 Mk., d. i. 603,932 Mk. weniger als in den ersten fünf Monaten 1880, trotzdem daß die Betriebslänge der sächsischen Bahnen um 33,17 Kilometer (Pirna- Berggießhübel und Lommatzsch-Nossen) zugenommen hat. Hoffentlich hat der Juni diesen Ausfall wie der eingebracht. — Die beiden Grafen Hohenthal und Vitzthum sind aus Amerika wieder auf ihren Besitzungen Knauthayn und Lichtenwalde angekommen, nachdem sie die westlichen Staaten der Union, Mexiko und theilweise Südamerika bereist hatten. Graf Seebach hingegen setzt seine Tour um die Welt fort; er ist jetzt auf dem Wege nach Japan. — Der am 24. und 25. d. in Dresden stattge habte Engrosmarkt in Wollen-, Leinen- und Baum- wollenwaaren hat für die Fieranten durchweg einen sehr unbefriedigenden Verlauf genommen, namentlich klagten die in der Neustadt feilyaltenden Wollwaaren- händler über mangelnden Absatz. Nicht minder un zufrieden waren die Manufacturisten und Leinen fabrikanten, die mit ansehnlichen Waarenvorräthen auf dem Altmarkt und dem Antonsplatze in der Altstadt sich postirt hatten. Geschäft war wesentlich schlechter, als am vorigen Johannesmarkt. — Bei der Haussuchung und Verhaftung des Socialdemokraten Kayser in Dresden soll die Polizei Sammellisten für die Familien Ausgewiesener ge funden haben. Beider Frau des bereits inhaftirten Commis des Kayser'schen Geschäfts wurde ein reservirt aufbewahrter Geldbetrag beschlagnahmt, der nach der Behauptung der Frau zur Wohnungsmiethe diente, nach Annahme der Behörde aber eine Sammlung zu socialistischen Zwecken mgr. Endlich wurde die ganze Bibliothek im Geschäfte und in der Wohnung der Frau Paschky, deren Mann wegen politischer Vergehen im Landesgefängniß Zwickau eine Strafe verbüßt, beschlagnahmt, etwa 100 Bände. — Beim Ausroden des Knoblauchs im Leipziger Rosenthals wurde von einem der Arbeiter eine eiserne, vierkantige Pfeilspitze aufgefunden, an der sich noch Ueberbleibsel des hölzernen Bolzens, an welchem sie befestigt war, befanden. Dergleichen Pfeile wur den vor der Anwendung des Feuergewehrs zur Jagd, mit Armbrüsten abgeschossen. Da nun in dem früher sehr dichten Rosenthalwalde keine kriegerische Action stattgefunden haben kann, so ist der aufge fundene Pfeil höchst wahrscheinlich ein Erinnerungs zeichen an einen Jägersmann, der dort, wer weiß vor wie vielen Jahrhunderten, dem edlen Waidwerk oblag. Wilde Schweine gab es dort noch im 17. Jahrhundert. — Wie das „M. T." vernimmt, hat ein großes Schwindel-Consortium es versucht, auf briefliche Bestellung bei verschiedenen Firmen in Meerane größere Quantitäten Damenkleiverstoffe an sich zu bringen. Jedoch soll keiner der dortigen Fabrikanten auf die verführerischen Angebote, welche mit mehr fachen Referenzen begleitet, waren, hineingefallen sein. Jetzt lesen wir in der „Köln. Ztg.", daß eine schwarze Bande in Brüssel nach allen Himmels richtungen hin Briefe mit Bestellungen auf Manu- facturwaaren, Kaffee, Wein, Spirituosen rc. abge- Die vi^r Schüsse waren einander mit unglaub licher Geschwindigkeit gefolgt und nie haben exeicirte Soldaten ein schnelleres Rottenfeuer gemacht. Lang sam stieg der Rauch seiner Büchse zum Himmel. Keine Bewegung hinter der Mauer, nicht das leiseste Geräusch. Ohne den Schmerz, welchen er im Arm fühlte, hätte er glauben können, die Männer, auf welche er gezielt, seien Phantome seiner Einbildungs kraft gewesen. Eine zweite Entladung der Gewehre erwartend, machte Orso einige Schritte, um sich hinter einem, bei dem Brande des Maquis stehen gebliebenen Baumstrunk zu decken. So geschützt nahm er seine Büchse zwischen die Knies und lud sie eiligst wieder. Jndeß litt er unaussprechlich an seinem linken Arm und es schien ihm, als trage er eine ungeheure Last. Was war aus seinen Widersachern geworden? Er könnt es nicht begreifen. Wären sie geflohen, wären sie verwundet, so hätte er sicherlich ein Geräusch, irgend eine Bewegung der Zweige vernehmen müssen. Oder waren sie todt? oder warteten sie nicht viel mehr hinter dem Versteck ihrer Mauern eine neue Gelegenheit ab, auf ihn zu schießen? In dieser Un gewißheit und da er seine Kräfte allmählich schwin den fühlte, kniete er mit dem rechten Fuße auf die Erde, stützte seinen verwundeten Arm auf das linke Knie und legte sein Gewehr auf einem todten Aste des Baumstrunkes auf. Den Finger am Drücker, das Auge auf die Mauer geheftet, das Ohr gespannt auf jedes Geräusch — so blieb er einige Minuten, die ihm Jahrhunderte schienen, unbeweglich. (Fortsetzung folgt.)