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AlhönlmMr TaaMU Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. SO Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Mittwoch, den 15. Zuni 1881. Bekanntmachung. Nachdem durch Verordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom 7. dieses Monats unter Anderen auch für den 14. städtischen Wahlkreis die Vornahme einer Ergänzungswahl für die II. Kammer der Ständeversamm lung angeordnet worden ist, hat der unterzeichnete Stadtrath zum Wahlvor steher für den die hiesige Stadt umfassenden Wahlbezirk Herrn Stadtrath Limmer und zu dessen Stellvertreter Herrn Stadtrath List ernannt. Indem man solches hierdurch veröffentlicht, wird zugleich darauf aufmerk sam gemacht, daß etwaige Einsprüche gegen die an Rathsexpeditionsstelle all- hier ausliegende Wahlliste nur bis zum Ende des siebenten Tages nach dem Abdrucke des Wahlausschreibens (Nr. 134 der Leipziger Zeitung) demnach bis 18. dieses Monats erhoben werden können und daß nach Ablauf weiterer 14 Tage, binnen wel cher Frist über etwaige Reclamationen zu entscheiden ist, somit den 2. Juli dieses Jahres die Wahlliste geschloffen werden wird. Wer darin nicht eingetragen ist, kann an der ausgeschriebenen Wahl nicht Theil nehmen, auch ist etwaigen Reclamationen, welche bis Schluß der Liste nicht erledigt sind, für die bevorstehende Wahl keine weitere Folge zu geben. Waldenburg, am 11. Juni 1881. Der Stadtrath. Cunrady. Rr. "Waldenburg, 14. Juni 1881. Die Simultanschule. In der deutschen Lehrerversammlung zu Karls ruhe ward auch der Simultanschule ein übermäßiges Lob gespendet; es dürfte deshalb angemessen sein, einige Stellen aus einer Broschüre von Franz Poppe, „Meister des freien Deutschen Hochstifts," die unter dem Titel: „Meine Erfahrungen an einer Simultan- fchule in Frankfurt am Main" erschienen sind, dem entgegenzuhalten. In dieser Schrift heißt es: „Die ganze Anstalt machte mehr oder weniger den höchst unbefriedigenden, verstimmenden Eindruck eines confusen, wenig einheitlichen, unharmonischen Organismus, wie das in der Natur solch verwickelter, von der edlen Einfachheit einer wahren Volksschule sich weit entfernenden politischen Mißgeburten — was die Simultanschulen unzweifelhaft sind — be gründet liegt." „Daß es an einer paritätischen Schule nicht möglich ist, einen lebensvollen, das Gemttth erwärmenden, zu edlen Thaten anspornen den Geschichtsunterricht zu ertheilen, ist zu oft nach gewiesen, als daß ich nöthig hätte, hierüber noch viele Worte zu verlieren. Manche, und die aller interessantesten Partien der Geschichte lassen sich gar nicht darstellen ohne eine confessionelle Färbung, die aber in den Simultanschulen nicht gestattet werden darf. In Folge dessen erblassen und verschwimmen die erhabensten Gestalten der Historie zu bloßen Schemen und verlieren jedes charakteristische Ge präge eines bei richtiger Behandlung scharf hervor tretenden, in sich abgeschloffenen Charakters. Eine solche nothgedrungene Behandlung raubt dem Ge schichtsunterricht allen Werth, alle erziehliche Bedeu tung, die ihm sonst in so hohem Maße zuerkannt werden muß." . . . „Die Natur der Simultanschule bringt es mit sich, daß ein und derselbe Lehrer nicht zugleich Neligions- und Geschichtsunterricht ertheilen kann, weil er als confessioneller Religionslehrer zu leicht in die Versuchung gerathen würde, dem Ge schichtsunterricht eine confessionelle Färbung zu geben. In Folge dessen ist es ihm aber auch kaum möglich, die Geschichte in den Dienst der Religion zu ziehen, den bezüglichen Unterrichtsstoff fruchtbringend zu verwerthen, ihn als Jnductionsquelle zum Belegen und Beweisen zu benutzen. Ebenso müssen häufig die sprachlichen Lesestoffe für den Religionsunter richt brach liegen bleiben. Es fehlt mithin die Con centration des Lehrstoffes. Der Religionsunterricht steht isolirt da und entbehrt einer eindringlichen, alles durchdringenden Wirksamkeit, die er unbedingt in der Volksschule haben muß, und nur in der confessionellen haben kann. Seine nicht hoch genug zu schätzende erziehliche Bedeutung wird in der Si multanschule illusorisch. Das ist einer der schwer sten, wenn nicht der schwerste Vorwurf, der die Simultanschule trifft." . . Von einer Förderung der Toleranz, wie sie der Simultanschule so sehr nachgerühmt wird, hat Herr Poppe ebenfalls nicht das geringste wahrgenommen. „Wohl habe ich bemerkt", sagt er, „daß sich sogar während des geographischen Unterrichts in den Mie nen der Schüler der einen oder der anderen Con- fession ein triumphirendes Lächeln zeigte, wenn es hieß, in der und der Stadt, oder in dem und dem Lande gehöre die Bevölkerung durchweg ihrem Glau ben an. Wohl habe ich bemerkt, daß die Schüler während der Pausen über confessionelle Unterschiede in Zank geriethen. Wie könnte auch in Zwangs anstalten von einer Förderung der Toleranz die Rede sein! Und wie leicht erscheint unter solchen Umständen der Lehrer parteiisch! Lobt er Kinder seiner Confession, wendet er ihnen einen kleinen verdienten Vortheil zu, so heißt's: „Man sieht, er ist katholisch", oder: „Er ist protestantisch!" — das Auflauchen eines solchen Argwohns kann selbst der gerechteste Lehrer nicht vermeiden. Und wie sehr wird dadurch sein erziehlicher Einfluß geschädigt! — j Ueberhaupt greift in dem confessionell gemischten j Lehrercollegium leicht ein gewisses Mißtrauen um sich, man fürchtet Angeberei rc., und ein schönes, für das ganze Schulleben so unentbehrliches collegiales I Zusammenwirken erleidet bedenkliche Störungen." *Waldenburg, 14. Juni 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Kaiser hat am 13. früh 8 Uhr in Ems mit der Brunnencur begonnen und dann den Vor trag des Hofmarschalls Grafen Perponcher und des Chefs des Civilkabinets entgegengenommen. Um I Uhr wurde die Ankunft der Kaiserin aus Koblenz erwartet. Das Befinden des Reichskanzlers wird hier und da als nicht unbedenklich bezeichnet, andererseits wird dieser Angabe mit dem Hinzufügen widerspro chen, daß das Leiden des Fürsten zwar schmerzhaft, aber in keiner Weise Besorgniß erregend sei. Der Fürst laborirt an einer Venenentzündung, mit wel cher er schon früher wiederholt zu kämpfen hatte. Die Ernennung des Neichstagspräsidenten v. Goßler zum preußischen Cultusminister gewinnt wiederum an Wahrscheinlichkeit. Der Abg. Lasker sagte bei Gelegenheit der Be- rathung der Jnnungsvorlage im Reichstage: Soweit sei man doch hoffentlich noch nicht in der Ochlo kratie und in der Demagogenpolitik, daß man Gesetze erlassen müsse, nur um zu verhüten, daß draußen weitergehende Wünsche laut würden." Also Ochlos, zu deutsch Pöbel, sind alle die ehrlichen Handwerksmeister, die um Abhilfe der durch die manchestertiche Gesetzgebung hervorgerufenen Noth stände ihres Berufslebens bitten, und Demagogen politik ist es, wenn im Reichstage sich Männer dazu hergeben, die Wünsche dieser deutschen Bürger zu . vertreten und gesetzliche Abhilfe der gerügten Miß- I stände anzustreben. Ist denn der Reichstag nur dazu I da, nach dem Gutdünken der Herren Parlamen tarier, die sich dazu berufen fühlen, Gesetze zu machen, oder dazu, die Wünsche und Bedürfnisse des Volkes zum Ausdruck zu bringen und ihnen möglichst gerecht zu werden? Wir denken das letztere. Bei der in Hofgeismar stattgefundenen Ersatz wahl zum Reichstage hat, wie nunmehr festgestellt worden ist, Senator Or. Schläger (nationalliberal) 4615, Lehrer a. D. Liebermann (Fortschritt) 4059 Stimmen erhalten. Schläger ist somit gewählt. Die am 12. d. in Mainz stattgehabte General versammlung der deutschen Volkspartei war von 150 Theilnehmern besucht. Den Vorsitz führte Leipheimer-Stuttgart. Das geschäftliche und finan zielle Referat hatte Hörth, das politische Sonnemann übernommen. Die Mitglieder des engeren und weiteren Ausschusses wurden wiedergewählt. Der nächstjährige Parteitag findet in Karlsruhe statt. Von einer Episode, die sich in Karlsruhe wäh rend des Lehrertages ereignete und in Lehrer kreisen nicht geringes Aufsehen erregte, berichtet die „Neue Bad. Landesztg.": Ehe der Großherzog von Baden die Festhalle verließ, knüpfte er mit mehreren Ausschußmitgliedern ein Gespräch an, so unter anderm mit dem Lehrer Liebermann aus Kassel, zwischen welchem und dem Senator Schläger am letzten Freitag die Stichwahl zum Reichstage in Rinteln stattgefunden hat. Das Gespräch berührte auch die bekannte Maßregel des preußischen Cultus- ministers betreffs des Besuchs der Lehrerversamm lung, welche von Herrn Liebermann als Grund für den geringen Besuch aus Preußen bezeichnet wurde, worauf der Großherzog äußerte: „Na, es wird schon dafür gesorgt werden, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen." Schweiz. Die Züricher Regierung hat am 5. d. den für nächsten September nach Zürich berufenen inter nationalen Socialistencongreß verboten. Frankreich. Wieder und zwar mit größter Bestimmtheit denn je, tritt in Pariser Blättern die Nachricht auf, Leon Gambetta werde demnächst in die Reihe der „Unsterblichen" der Mitglieder der „Akademie fran^aise" ausgenommen werden. Unter den Pferden der französischen Armee wüthet gegenwärtig eine Seuche, die große Ver heerungen anrichtet. Als General Deroja jüngst in Compiegne das 5. Kürassier-Regiment inspicirte, mußte dasselbe zu Fuß manöveriren, weil es blos 132 dienstfähige Pferde zählte. Einer Meldung aus Oran zufolge hat der General Dstrie eine Jnsurgentenschaar von 400 Reitern und 600 Fußsoldaten geschlagen. Die In surgenten hatten 50 Todte und Verwundete, die Franzosen 2 Verwundete. Italien. Nach einer Mittheilung aus Aden vom 12. d. sind die Mitglieder der zur Erforschung des Innern des Landes von Assab aus abgegangenen italieni-