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der Explosion stieg eine große Dampfsäule auf, was mit obiger Annahme übereinstimmt, da die Ableitung des Dampfes durch die Kohlenkammer ging. Andere Ver muthungen führen das Unglück auf die Explosion des Kessels oder der Schießbaumwollen-Vorräthe zurück. Anlage von lebenden Hecken. Zur Anlage von lebenden Hecken empfiehlt Garten-Jnspector Herrmann zu Proskau, den Boden dort, wo die Hecke angelegt werden soll, auf 1 Meter Breite und 8') Csntim. Tiefs zu rajolen und mit verrottetem Compost oder wenigstens guter Gar tenerde zu vermischen. Nachdem der Boden sich genügend wieder gesetzt hat, pflanzt man zwei- bis dreijährige gut bewurzelte Pflänzlinge in zwei oder für breitere Hecken in drei Reihen, die 20 Centimeter von einander entfernt sind und in denen die Pflanzen 15 Ctm. auseinander gestellt werden. In den ersten Jahren werden die Spitzen der Triebe mehrmals eingestutzt und durch Niederbisgen mit einander verflochten. Dies wird so lange fortgesetzt, als lückenhafte Stellen in der Hecke vorhanden sind, worauf dann ein regelmäßiger zweimaliger Schnitt mit der Hecken- scheere vorgenommen wird. Neben dem Weißdorn und der Hainbuche empfiehlt Herrmann noch folgende Gehölze als vortrefflich zu Heckenanlagen geeignet: Weichselkirsche (Oerasus Naimled), Cornelkirsche (Oornsus masoula), Feld-Ulme (HIinus eampsstris var, sudsrosa). Besonders die Letztere liefert vortreffliche Hecken, die bis dicht auf die Erde verzweigt sind und von nützlichen Vögeln als Nistplatz bevorzugt werden. Von Nadelhölzern wird besonders der gemeine Wachholder (duniperas communis) als Hecken pflanze empfohlen; bei diesem muß aber das Beschneiden mit Vorsicht geschehen. Barometer in einer Tasse Kaffee. Ein Herr Sou- rogiün in Valencia hat die Erscheinungen, die in einer Tafle Kaffee vorkommen, nachdem man sie gezuckert hat, langjährigen Betrachtungen unterzogen, aus denen er folgende Schlüsse mit Sicherheit ziehen zu können glaubt: Wenn man den Zucker, ohne die Flüssigkeit umzurühren, sich ruhig auflösen läßt, so steigen bekanntlich Luftblasen an die Ober fläche der Flüssigkeit. Bilden diese nun eine schaumige Masse in der Mitte der Tasse, so kann nian bestimmt auf dauerndes schönes Wetter rechnen; setzt sich im Gegentheil der Schaum ringförmig an den Rand des Gefäßes an, so stehen starke Regengüsse bevor; bleibt der Schaum zwischen Rand und Mitte, so wird das Wetter veränderlich; fließt er, ohne sich zu zsrtheilen, nach einem einzigen Punkte des Taffenrandes, so steht mäßiger Regen bevor. Er hat diese Anzeichen regelmäßig mit denen des Thermometers und Barometers verglichen und sie erst, als er der genauen Uebereinstimmung sicher war, der Oeffentlichkeit übergeben. Zum Abgewöhnen. Nicht geringe Heiterkeit erregten in Wien am Sonntag Morgens die Dienstmänner in einer Straße der Josefstadt. So viele von ihnen, mit rothen Mützen und Blechnummern versehen, an den Ecken standen, jeder hatte, zum höchsten Gaudium der Herren Straßenbu ben, ein Monocle im Auge. Die „Kursichtigkeit auf einem Auge" sollte sich bald aufklären. Aus dem Thore eines Hauses trat ein elegant gekleideter junger Mann, der eben mit größter Nonchalance sein Monocle zum Auge führen wollte, als sich sämmtliche „bemonocleten" Dienstmänner um ihn schaarten und ihm unisono einen „guten Morgen, Herr von Fall" zuriesen. Der junge Mann wurde roth wie Blut und stürzte zurück in die Einfahrt des Hauses, aus welcher gleich darauf die laute Stimme des Fleischermeisters F., des Vaters des jungen Elegants, also heraustönte: „Und wann i an jeden Dienstmann von der ganzen Wienerstadt so a Monocle käsen und extra no zwa Zehnerln geben muaß, i wir Dir's do abg'wöhnen, dös Grimassenschneiden mit dem Glasscherben, wann mei Zureden bei Dir scho durchaus nix nutzen will." Tie größte Kälte der Erde, welche bis jetzt über haupt beobachtet worden, besitzt nach dem eben er schienenen großen Werke über „die Temperaturver hältnisse Rußlands von Wild", Werchojansk in Sibirien (67°34'N, 133" 51.0' Greenwich, 50 m Seehöhe). Jakutsk hat mithin seinen Ruhm, die niedrigste bekannte Winlertemperatur Asiens zu be sitzen, verloren. Dem genannten Werke zufolge be trügt die mittlere Jahrestemperatur von Jakutsk — 11.2" 0, von Werchojansk — 16.7° 0. Mit wahrem Frösteln lesen sich des letzteren Ortes mitt lere Monatstemperaturen; Januar — 45.7", Februar — 48.0", März — 33.8" (Celsius) rc., sowie die größte daselbst und überhaupt beobachtete Kälte — 63.2° C (den 30. December 1871)! Mit lebhaften Farben und übereinstimmend wird von allen Ge währsmännern die selbst für Sibirien alles Maß übersteigende Kälte der Gegend von Werchojansk geschildert: „Ein dreifacher Rennthierpelz," heißt es, „ist kaum im Stande, das Blut vor dem Er starren zu schützen. Jeder Alhemzug bringt ein unerträglich krankhaftes Gefühl in der Kehle und in der Lunge hervor. Der ausgehauchte Wasserdampf gefriert augenblicklich und verwandelt sich in feine Eisnadeln, die durch Aneinanderreihung ein bestän diges Knistern in der Luft hervorbringen, ähnlich dem Lärm, der bei Zerreißen von Sammet oder dicken Seidenstoff, oder beim Umwenden von trocknen, Heu entsteht. Die ganze Karawane der Reisenden ist beständig in eine dicke blaue Wolke gehüllt, die durch den Athmungsproceß von Men schen und Thieren hervorgebrachl wird. Durchschnei det ein Rabe langsamen Fluges die eisige Luft, so bleibt hinter ihm ebenfalls ein dünner fadengleicher Dampfstreifen zurück rc." Ucber Germanismen in der englischen Sprache. Allerdings handelt es sich mehr um das in Amerika gesprochene Englisch. Denn die Sprache in dem Tochterlande schließt sich gegen fremde Eindring linge durchaus nicht so spröde ab, wie in England selbst. Und das liegt auch in der Natur der Sache. Wenn in Amerika seit zwanzig Jahren mehr als fünf Millionen Deutsche auf den angelsächsischen Stamm gepfropft worden sind, so ist es ganz er klärlich, daß sie auch in der Sprache ihre Spuren hinterlassen haben, gerade wie es ursprünglich der Fall gewesen ist. So adoptirt z. B. der Amerika ner für Dinge, die ihm bis dahin, wo sie ihm nahe traten, ganz fremd geblieben sind, mit großer Liebenswürdigkeit auch den Namen. Mit der Sache übernimmt er die Bezeichnung. Das Wort „Urs LinäovKLrteii" ist vollständig in den Sprachschatz der Amerikaner übergegangen. Jeder weiß, was damit gemeint ist. Die Deutschen haben die Frö- belsche Institution zuerst in Amerika bekannt gemacht, man hat Gefallen daran Gefunden, und errichtet nun auch vielfach „Linäoi-AaräonZ". Im klebrigen sind ein gut Theil von Germanismen, ebenso wie bei der französischen Sprache, den Lebensmitteln entlehnt. 6llg,88 ob bock" oder „ok kennt jedes Kind. Jnieressanter ist es, daß sich das Wort „Brätzel" bereits in einigen Wörterbüchern vorfindet, „L brotMl". Hinter dem ,,80wsivüut", das der Amerikaner ehedem als den Inbegriff alles Schauderhaften zu verhöhnen pflegte, zu dem er sich aber jetzt mehr und mehr bekennt, duftet lieblich unser Sauerkraut hervor. Was aber ist eine Flasche „kloe"? Ein billiger Rheinwein. Der Name ist eine Abkürzung des Hoch-Heimer. Wo Deutsche sich in großer Anzahl niederlassen, übernehmen, wenn auch nur für einen kleineren Kreis, die Amerikaner gewisse bezeichnende Ausrücke. In einem kleinem Orte Wisconsins wird jeder Ameri kaner seinen Gast zum Trinken mit den Worten ein laden: „^ou't -U6 solunettor n ZllaW?" Weiß der Himmel, wie das „eins schmettern" so zu Ehren kom men konnte. Viele Hunds heißen in Amerika „Schnei der". Es ist damit durchaus keine Anzüglichkeit gegen das edle Handwerk beabsichtigt. Der Name wurde viel mehr von dem Verfasser des „Rip van Winkle" dem in dem Stücke vorkommenden Hunde gegeben, und da dies Stück seit undenklichen Zeiten allabendlich in eenem halben Dutzend Städten gegeben wird, so ist der Name Schneider schließlich in der That zum Hundenamen geworden. „Horv is ^our krou?" ge hört durchaus nicht zu den seltenen Anreden, wenn man sich, namentlich bei einem Deutschen, nach dem Befinden seiner Gatlin erkundigt. Man fährt in Newyork in einem Iranäau — Mehrheit landaus — spazieren. Man trinkt ein Glas „ok Leiter" und man geht „turninA" auf den Turnplatz. Mehr und mehr greift letztere Bezeichnung für gymnastischeUebun- gen um sich. Von musikalischen Bezeichnungen hat sich „tRe Heck" vollständiges Bürgerrecht erworben. Der Cotillon, welcher mit großer Vorliebe getanzt wird, heißt merkwürdiger Weise „Isis Clovlünn", ebenfalls weil dieser Tanz zuerst auf großen deut schen Maskenbällen aufgeführt wurde. Goldkörner. Sparsamkeit und Geiz sind zwei grundverschiedene Eigenschaften und nicht, wie Viele glauben, die letztere eine Verstärkung der ersten. Den Spar samen nennen wir sehr zutreffend „genau", denn er scheut jede unnöthige Ausgabe. Der Geizige dagegen scheut jede Ausgabe, auch die nöthige, ihm thut das Ausgeben an sich wehe, und er wird diesen Schmerz möglichst lange hinauszuschieben suchen. Der Sparsame macht seinen sonstigen Fähigkeiten gemäß als Geschäftsmann oder Gewerbetreibender meist gute Geschäfte, weil er eine Ausgabe zur rechten Zeit und am rechten Orte nicht scheut; der Geizige dagegen läßt sein Geld so lange als mög lich im Kasten und wird daher oft zu Schaden kom men. Beide hängen am Gelds, aber der Sparsame mit dem Verstände, der Geizige mit dem Herzen. Reden ist Silber und Schweigen Gold, letzteres nicht immer echtes. Schirges. Frag die Sterne nicht, die bleichen, Ob das Ziel, nach dem du schweifst, Endlich dennoch zu erreichen! Dein wird's nur, wenn du's ergreifst. L. Habicht. Mit Wort und Mienen zu betrügen, Sie nennen es: Der Form genügen! Räthsel. Im wilden Kampf erhalten's oft Soldaten, Der Künstler führt's im stillen Frieden aus, Versäumts der Spieler, fo erwächst ihm Schaden, Hat es das Bier, dann Gäste, geht nach Haus Und denkt: Viel besser ist's, es bleibt im Faß und Becher, Als daß es wandre in den Kopf der Zecher. Auflösung des Räthsels in Nr. 122: Die Hase (Fluß) der Hase (Thier). Gelöst von M. Rehder und L. hier. Landwirthschaftlicher Theil. (Erscheint jeden Sonntag.) Die Zug- oder Wanderheuschrecke. Dies übel berüchtigte Thier findet sich einzeln in Deutschland beinahe alle Jahre und kommt bis zum 60 ° nördl. Breite vor. Der Umstand, daß die Zugheuschrecke zu Zeiten nicht nur in verheeren den Schwärmen in unser Vaterland einfiel und künftig wiederum einfallen kann, sondern auch sich daselbst stark vermehrte, läßt es vollkommen gerecht fertigt erscheinen, ihrer auch in diesem Blatte zu gedenken, um so mehr dies, als vor Kurzem erst in unseren Zeitungen die Ankunft einzelner Heu schrecken signalisirt worden ist. In den letzten Tagen des Mai wurden in Dresden und in Möckern (Provinz Sachsen) sogar Heuschreckenschwärme be obachtet. Die eigentliche Heimath der Wanderheuschrecke ist der wärmere Süden und Südosten. Fast jedes Jahr erhalten wir Nachrichten über Heuschrecken verwüstungen aus der Türkei und besonders aus dem südlichen Rußland. Zeitweilig sind auch deutsche Fluren verwüstet worden, so 1849 die Umgegend von Breslau und 1859 die Umgebungen Tempel- burgs in Hinterpommern. Die Zugheuschrecke ist die größte der bei uns vorkommenden Feldheuschreäe, über 2 bis 2^/2 Zoll lang und reichlich 4^/2 Zoll in der Flügelspannung breit. Die langen Hinterbeine befähigen zu kräfti gen Sprüngen, die Vorderbeine bleiben dagegen verhältnißmäßig kurz und schwach; dec Kopf steht senkrecht nach unten. Die Augen sind oval, hoch hinaufgerückt, einander genähert und quellen stark hervor. Die fadenförmigen Fühler übertreffen die Kopflänge nur um Weniges. Die Flügel überragen den Hinterleib, ihre Decken sind schmal, bräunlich mit dunklen braunen Flecken. Die Körperfarbe ändert mannigfach ab, im Allgemeinen herrscht auf der Oberseite eine graugrüne, auf der Unterseite eine fleischrothe Färbung vor, jedoch geht die der Oberseite in Grasgrün oder bläuliches Grün, die der Unterseite mehr in Roth oder Gelb über, auch ein bläulicher Anflug kommt vor. Wie es scheint, dunkeln die Exemplare mehr und mehr, je weiter die Jahreszeit vorschreitet. Das Männchen ist er heblich kleiner wie das Weibchen. Das Weibchen legt seine anfangs dottergelben, allmählich braun werdenden Eier in Schnüren. Diese aus 65 — 100 Stück bestehend, häufen sich und backen mit dem weißen, klebrigen, sie umge benden Schaume in einen harten Klumpen zusam men; sie werden in den Erdboden gelegt oder auch an Grasstengel und andere Pflanzentheile angeklebt. Kurz nach Beendigung des Geschäfts sterben die Weibchen; die Männchen gehen schon bald nach der Paarung zu Grunde. Im nächsten Frühjahre, etwa im März, kommen die jungen Larven, die den Eiern entschlüpfen, zum Vorschein, und machen sich bald durch das Abfressen junger Pflänzchen bemerk bar. Sie häuten sich fünf Mal, ehe sie vollkommen werden; bei der vierten Häutung erscheinen die Flügelansätze und von da ab beginnt ihre Gefrä ßigkeit furchtbar zu werden. Vom Juli ab erschei nen die ersten ausgebildeten Heuschrecken. Alle Thiere, wie Störche, Krähen, Dohlen, Hüh ner, Schweine u. a., welche die Heuschrecken gern fressen, vermögen keine ausreichende Hilfe gegen sie zu leisten, vielmehr muß der Mensch mit aller Energie gegen diesen gefährlichen Feind einschreiten. Gemeinsam müssen Dörfer, ganze Kreise die Eier aufsuchen, welche man sicher da findet, wo viele todte Weibchen liegen, ferner muß man die Felder um pflügen, wodurch die Eier bloß gelegt und dem Verderben ausgesetzt werden, man muß Gräben ziehen, dieselben mit Fallöchern versehen und die Larven hineintreiben, um sie dort zu tödten; diese letztere Vertilgungsmethode läßt sich anwenden bet Larven, die zwischen der zweiten und vierten Häu tung stehen, aber nur bei warmem Wetter, bei welchem allein sie beweglich sind. Endlich muß man selbstverständlich die ausgebildeten Heuschrecken zu vernichten trachten. Von den sogenannten „Graspferden oder Heu pferden", die sich allerwärts auf den Wiesen umher- treiben, können verschiedene Arten in warmen, trocke nen Jahren auch schädlich werden, indem sie nicht nur die Gräser der Wiesen stark mitnehmen, son dern auch mit Vorliebe über Gersten- und Hafer felder herfallen. Verlag von C. T. Kästner, verantwortlich jur Redaction, Verlag und Druck E. Kästner in Waldenburg.