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Zchiuünmm TagelilaN Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster- scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, den 4. Juni 127. 1881. Bekanntmachung. Die Liste der bei den Landtagswahlen stimmberechtigten Einwohner hiesiger Stadt unterliegt gegenwärtig der vorschriftmäßigen Revision, worauf hierdurch mit dem Bemerken aufmerksam gemacht wird, daß dieselbe für jeden Betheilig ten zur Einsichtnahme an Rathsexpeditionsstelle bereit liegt, und etwaige Ein sprüche dagegen rechtzeitig hier anzubringen sind. Waldenburg, am 3. Juni 1881. Der Stadtrath. Cunrady. *Waldenburg, 3. Juni 1881. Schöne Redensarten. Gründe sind zuweilen wohlfeil wie Seifenblasen. Man hat dies neuerdings wieder erlebt bei den Auslassungen der Opposition gegenüber dem Gesetz entwurf, betreffend die Unfallversicherung. Die „Tri büne" schreibt: „Mit den Geboten der Menschenpflicht fällt das eigene Interesse der besitzenden Klassen zusammen. Will ich vor ansteckenden Krankheiten geschützt sein, so muß ich dafür sorgen, daß möglichst um mich her Gesundheit herrsche. Will ich mich vor den üblen Folgen schützen, die Verbrecherthum, Bettel und Verwahrlosung für mich haben können, so muß ich nach Kräften beitragen, daß Fleiß, Ordnung und auskömmliche Lebensverhältnisse um mich her be stehen." Das klingt ja furchtbar schön. Fleiß, Ordnung, gutes Auskommen! Nur muß man, sagt hierzu das „Deutsche Tgbl.", dann auch folgerichtig Fleiß und Ordnung unterstützen allenthalben, wo immer auch sie anzutreffen sind. Nach der Tribüne hegen die Manchestermänner über jenen Vordersatz nicht den leisesten Zweifel, nur haben wir nie bemerken kön nen, daß sie dem Fleiße, d. h. der Arbeit auf die Beine helfen wollen. Gerade die Stärkung des ohnedies schon mächtigen Kapitals durch Freizügig keit, Grttnder-Aktiengesetze charakterisirt sie als das, was sie sind. Die „Tribüne" fährt fort: „Daß im Laufe der letzten Jahrzehnte zur Hebung des Zustandes der arbeitenden Klaffen außerordentlich viel geschehen ist, lehrt jede unbefangene Beobachtung. Auf Wohnun gen und Nahrungsmittel, auf Kindererziehung und Krankenpflege, auf Schul- und Creditwesen wird eine Sorgfalt verwendet, von welcher frühere Gene rationen keine Vorstellung hatten. Dem hält das „Deutsche Tgbl." ein anderes Bild gegenüber: „Europamüdigkeit, Vagabundenthum, Ar muth, Bettelei und das Wachsen der Socialdemokratie" und sagt weiter : „Der armeMann; billiges Brot! Eine Partei, die mit solchen Schlagworten um sich wirft, huldigt wahrhaftig einer Hungerleiderdoctrin; wir danken dem Freiherrn v. Mirbach von Herzen, daß er in seiner Rede von vorgestern jenen Redensarten die Parole „lohnende Arbeit" entgegen stellte. Wer viel producirt, kann auch viel consumiren, nicht umgekehrt. Hierin liegt zugleich der Grund, weshalb wir Anhänger jener Wirthschaftspolitik sind, die sich die Hebung des nationalen Wohlstands durch Stärkung Alles dessen, was arbeitet und pro ductiv ist, und nicht dessen, was mit Gelds operirl und speculirt, angelegen sein läßt." "Waldenburg, 3. Juni 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Der Bundesrath hielt am 2. d. eine Sitzung ab, in welcher u. A. der Abschluß von Consular- verträgen mit Griechenland und Brasilien genehmigt wurden. Die am 30. Mai unterzeichnete Ueberein- kunft mit Belgien wegen Regelung der Handelsbe ziehungen fand kein Bedenken. Der preußische Cultusminister erläßt einen be- werkenswerthen Erlaß. Derselbe nimmt Bezug auf die Ueberlastung vieler Gemeinden durch das Elementarschulwesen und hält es für geboten, daß auf kostspielige Verbesserungen des bisherigen Zustandes, auch wenn an sich wünschenswerth und nützlich so lange zu verzichten, bis der Staat nach vollständiger Durchführung der begonnenen Steuer reform in der Lage sein werde, den Gemeinden einen wesentlichen Theil der Schullast abzunehmen. Der Reichskanzler ist immer noch leidend; er verbringt den Tag auf dem Sopha liegend und kann nur die wichtigsten Besuche empfangen. Bamberger hat aus 61 Orten seines Wahlkreises ein Mißtrauensvotum für seine Haltung im Reichtage erhalten. General Vogel von Falckenstein ist kürzlich auf Requisition der braunschweigischen Gerichte we gen der Beträge, zu denen er in Verfolg der be kannten Socialisten-Arrestationen des Jahres 1870 verurtheilt worden war, und die zu bezahlen er sich beharrlich geweigert hatte, gepfändet worden. Die ser günstige Ausgang hat auch den Pastor Grote ermulhigt, gegen den General im Wege des Pro zesses vorzugehen. Wie die Socialdemokraten, so war auch Pastor Grote auf braunschweigischem Grund und Boden auf Befehl des Generals ver haftet worden, ohne daß dieser Verhaftung gewisse Formalitäten voraufgegangen waren. Nur wegen der Nichtbeachtung jener Formalitäten erlag der General im Prozesse der Socialisten wegen Ent schädigung für die Haftzeit. Aus diesem Grunde hat nun auch offenbar der General versucht, die Jncompetenz des Landgerichts in Holzminden zu beweisen, um die Sache vor einem preußischen Ge richte verhandelt zu sehen. Dies ist jedoch dem General nicht gelungen, und selbst das Leipziger Gericht hat den von dem Verklagten erhobenen Einwand für nicht begründet erachtet. So wird denn auch das Landgericht in Holzminden über die Entschädigungskage Grote's zu befinden haben. Da der Fall ganz genau so liegt, wie der oben erwähnte, so ist kaum zu zweifeln, daß bei den braunschwei gischen Gerichten der General abermals unterliegen wird. Oesterreich. Das österreichische Abgeordnetenhaus ist am 1. Juni geschlossen worden. Die aus Provinzstädten Galiziens einlaufenden Berichte zeigen, daß, wenn hie und da in den letzten Tagen einige Vorsichtsmaßregeln wegen Juden hetze getroffen worden sind, dies nur auf Andrängen der Israeliten geschah, welche in gewohnter Weise jedes unbedeutende Merkmal übertreiben, jede auf den erstern Blick kenntliche Mystification als ein ernstes Zeichen der Gefahr auffassen und dabei in allamirender Weise den Schutz der Behörden und Sicherheitsorgane anrufen. Dieses Verhalten, das ewige Spähen und Bekunden von Mißtrauen, be sonders aber das überall prakticirte sinnlose Herum- sragen bei den Bauern, ob dieselben an die Jnsce- nirung einer Judenhetze denken, könnten am Ende denn noch eine wirkliche Gefahr heraufbeschwören, weil alles Das nachgerade einer Provocation der roheren Elemente gleichkommt. Viele Bauern in Galizien, welche von der großen Judenhetze in Rußland gar nichts gehört hatten, sind in letzterer Zeit auf diese höchst unkluge, allerdings unbeab sichtigte Weise von den Juden selbst darüber belehrt worden. Die Israeliten Galiziens haben allen Grund, ihr unsinniges Verhalten zu ändern. Ungarn. Der ungarische Reichstag ist am 2. d. ge schlossen worden. Die Thronrede erklärt die Freude darüber, daß die Hoffnung auf die patriotische Unterstützung des Reichstages sich erfüllte und es hierdurch auch möglich wurde, daß ungeachtet neuer Lasten, wovon die Monarchie betroffen wurde, mit Vermeidung aller Staatskredite und nachtheiligen Mitteln die außerordentlichen Ausgaben gedeckt und der rückständige Theil der großen schwebenden Schuld eingelöst werden konnte. Die Thronrede zählt die geschaffenen Gesetze im Interesse des Wohlstandes, der Entwickelung und anderer Gesetze auf, betont die gesicherte Eisenbahnverbindung mit dem Orient und die Convertirung der Staatsschuld in einer für den Staat vortheilhaften Weise bei voller Wahrung der Rechte der Gläubiger, wie den Wiederaufbau Szegedins unter beispielloser Sym pathie der ganzen Welt. Die Thronrede hofft auch künftig auf Benutzung der Zeit mit Hingebung und erblickt eine Garantie hierfür in den auswärtigen Verhältnissen, welche die gegründete Hoffnung ge währen, daß die Völker die Segnungen des Frie dens ungestört werden genießen können, da es der gegenseitige gute Wille der Mächte ermöglicht, die zeitweise auftauchenden Fragen im friedlichen Wege ihrer Lösung zuzuführen. Die Thronrede erwähnt schließlich die Vermählung des Kronprinzen und die hierbei bekundete Treue zur Krone, dankt für die eifrigen Bemühungen des Reichstags und entbietet der Nation aufrichtigen königlichen Gruß. England. In Bodyke, Grafschaft Clare, Provinz Münster, (Irland) versuchten Gerichlsexekutoren Exmissions befehle gegen einige Pächter auszuführen. Die Bevölkerung rottete sich in großen Massen zusammen und griff die Exekutoren, sowie die zum Schutze beigegebenen Militär- und Polizeimannschaf ten an und feuerte auf dieselben. Das Militär und die Polizei erwiderte das Feuer. Ein Tumultuant ist gelödtet, mehrere sind verwundet worden. Auch an anderen Stellen wüthet der Aufruhr. Am 31. Mai soll es auf der Insel Arran More zu einem Handgemenge gekommen sein. Fünf Boote, welche zu dem dort zum Schutze der Gerichtsdiener statio- nirten Kanonenboote „Goshawk" gehörten, sollen von Bewohnern der Insel zerstört worden sein, wo durch der „Goshawk" veranlaßt worden fei, auf die Insel zu schießen. Rußland. Die Berichte aus verschiedenen Gouvernements über die Ernteaussichten lauten überwiegenden Theils sehr günstig. Auch in minder bevorzugten Gouvernements sind die Aussichten gut. General LLannowski soll demnächst zum Kriegs minister ernannt werden. General Wannowski ist schon in früheren Verhältnissen ein besonderer Vertrauensmann des Kaisers gewesen, er mar dessen Generalstabschef während des orientalischen Krieges. In diplomatischen Kreisen wird es als ziemlich sicher angenommen, daß der Reichskanzler, Fürst Gort- schakoff, von der Leitung des auswärtigen Amtes auch formell zurücktreten werde. Türkei. In Pfortenkreisen verlautet, Said Pascha habe