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gerichteten Scheljaboff recognoscirt. In ihrer Wohnung wurden eine geheime Druckerei, Waffen, Sprengstoffe und Proclamationen aufgefunden. Der Zeitung „Porjadok" zufolge erhielt die Poli zei Kenntniß von einer Versammlung von Anar chisten, welche in einem kleinen Hause eines abge legenen Ortes außerhalb Petersburgs am 17. d. Mts. abgehalten werden sollte. Die Polizei hob die Versammlung an diesem Tage abends 8 Uhr auf und verhaftete alle Anwesenden. Rumänien. In der rumänischen Deputirtenkammer wurde eine Interpellation darüber eingebracht, welche Maß regeln die Regierung gegen die massenhafte Ein wanderung der aus Rußland flüchtenden Juden getroffen habe; der Minister des Innern versprach, die Interpellation in drei Tagen zu be antworten. Türkei. Der französische Botschafter in Konstantinopel hat auf Grund ihm von der französischen Regierung zugegangener Instructionen den französischen Consul in Smyrna angewiesen, Midhat Pascha das Asylrecht zu verweigern und demselben zu be deuten, das er das Consulat verlassen solle. Die anderen von Midhat Pascha um Schutz ange gangenen Negierungen haben ihren Consuln gleiche Weisungen ertheilt. Midhat Pascha hat sich den türkischen Behörden gestellt unter der Bedingung eines gerechten Urtheilspruches. Afrika. Das „Bureau Reuter" meldet aus Tunis vom 17. Mai: Gestern fand ein Gefecht bei Saukarba zwischen den Franzosen und Eingeborenen statt. Beiderseits waren starke Verluste. Die Franzosen marschiren auf Mater; mehrere verwundete Fran zosen sind nach Tunis gebracht worden. Nach einer Meldung der „Times" aus Tunis dauerte das Gefecht bei Saukarba zehn Stunden lang. In Bizerta ist eine französische Verstärkung gelandet. Amerika. Dreißig deutsche Einwanderer, sämmtlich kräftige Männer, kamen kürzlich in Savannah in Georgia an, um sich weiter nach Lumber City in demselben Staate zu begeben und dort sich anzu siedeln. Bei ihrer Ankunft in Savannah wurden sie durch ein von einer Bürgerversammlung er nanntes Comitee auf's Herzlichste empfangen und in einem der größten Gasthöfe der Stadt gastlich bewirthet. Der Vorsitzende des Empfangscomitees entbot ihnen im Namen des Staates in einer deut schen Ansprache ein herzliches Willkommen. Die neuen Ankömmlinge sagten, daß sie nur die Vor hut einer großen Zahl deutscher Einwanderer seien, welche den Staat Georgia zu ihrer Heimath zu machen beabsichtigten. Atts dem Muldenthale. *Waldenburg, 20. Mai. Nächsten Sonntag ver anstaltet der hiesige dramatische Verein eine Vor stellung zum Besten des hiesigen Unterstützungsver eins. Zur Aufführung soll „die Anti-Lantippe" Feuilleton. Colomba. Corsisches Lebensbild von Prosper Meremse, deutsch von Rudolph Wüldener. (Fortsetzung.) Nach einem ziemlich langen Ritte und unter der artigen Gesprächen kamen die Geschwister in ein kleines Dorf nicht weit von Bocognano, wo sie Halt machten, um zu essen und die Nacht bei einem Freunde ihrer Familie zuzubringen. Sie wurden mit jener corsischen Gastfreundschaft ausgenommen, die man nicht würdigen kann, wenn man sie nicht kennen lernte. Den anderen Tag begleitete sie rhr Wirth, der ein Gevatter der Frau della Rebbia gewesen war, bis eine Stunde von seinem Hause. „Sieh' diesen Wald und diese Maquis," sagte er beim Abschiede zu Orso, „ein Mann, der ein Unglück angerichtet hätte, würde da zehn Jahre lang in Frieden leben können, ohne daß die Gensd'armen oder Voltigeurs ihn fänden. Diese Waldungen grenzen an den Forst von Vizzawona, und wenn man gute Freunde in Bocognano oder der Umgegend hat, fehlt es an Nichts. Du hast da ein schönes Gewehr, es muß weit tragen. Blut der Madonna! welches Kaliber! Damit kann man etwas Besseres als Eber schießen!" Orso erwiderte kalt, das Gewehr sei ein englisches und trage wirklich weit. Man umarmte sich und Jedes zog weiter seines Weges. Schon hatten unsere Reisenden nur noch eine kleine Strecke bis Pietranera, als sie am Eingänge von Rudolf Kneisel kommen. Im Interesse des guten Zweckes ist ein recht zahlreicher Besuch dieser Vorstellung zu wünschen. *— Heute Nachmittag '/e4 Uhr wurde in der Mulde in der Nähe des Schießhauses auf der dort befindlichen Sandbank der Leichnam des am 7. d. ins Wasser gefallenen Knaben Hännßgen aus der Altstadt aufgefunden. *— Vom ärztlichen combinirten Zwickau-Glau- chauer Bezirksverein ist uns ein Schreiben zuge gangen, in welchem die Resultate der Untersuchung der am häufigsten angepriesenen Geheimmittel mitgetheilt werden. Es heißt darin: Bei der Wirkung aller solcher Mittel ist zu bedenken, daß die Geheimmittel zwar einen gewissen Erfolg (wie z. B. die Abführmittel) haben, aber (wie z. B. die scharfen Abführmittel, welche häufig in den Geheimmitteln enthalten sind) schweren Schaden bringen können, daß sich eine Krankheit bei jedem Menschen anders darstellt, und daß ein Arzneimittel, welches irgend einem dieser Kranken wohl gethan hat, bei einem anderen, eben weil die Verhältnisse völlig andere sind, nicht hilft bez. sogar wesentlich schadet. 1. Shäkerextract. Er enthält den eingedickten Saft vo» verschiedenen Kräutern, welche auf der Flasche selbst angegeben sind, und die zu wiederholen hier zu weit führen würde. Irgend eine Wirkung kann den einzelnen Substanzen mit Ausnahme der darin enthaltenen Aloe (welche bekanntlich abführend wirkt, aber häufig bedenkliche Folgen hat und trotzdem in sehr vielen Geheimmitteln vorhanden ist) kaum zugeschrieben werden. Aehnliche Extracte werden nach der Arznei taxe, eine solche Flasche voll ungefähr für 50 Pf. verkauft, während der Shäkerextract 1 Mk. 50 Pf. kostet. Natürlich müssen die großen Anzeigen mit bezahlt werden. 2. Schweizerpillen. Dieselben bestehen aus den eingedickten Säften des Wehr muths, des Bitterklees, der Tilge, dem Pulver der Gentianawurzel und Aloe, woraus Pillen hergestellt werden. Die Wirkung dieser Mittel ist, mit Aus nahme der bedenklich wirkenden Aloe, sehr unbe deutend. 3. vr. Voß Catarrhpillen bestehen aus Chinidin 0,025, Cinchonin 0,025, Tragant 0,oZ5, Althewurzel 0,«i5, Gentianawurzel 0,ois, Santel holz 0,005, Glycerin O,«»« und Salzsäure 0,o»8. Die Herstellung einer Pille kostet noch nicht 1 Pfennig, wovon auf das Chinidin allein über 1/2 Pfg. kommt, vr. Hager, ein sehr zuverlässiger Chemiker, hat aber in der pharmaceutischen Zeitung erklärt, daß er in den echten Or. Voß'schen Catarrhpillen das Chinidin überhaupt nicht gefunden habe. Was von der Wirkung dieser Pillen, bei dem das Chinidin noch ebenfalls wichtig sein könnte, zu halten ist, muß dem Urtheile jedes Einzelnen überlassen bleiben. — Der Glauchauer Polizei ist wegen Ermittelung des großen Diebstahls in einem unterhalb Penig gelegenen Fabrik-Etablissement und Festnahme des Handarbeiters John aus Penig von Seiten des Verletzten eine Belohnung von 300 Mk. ausgehän digt worden. — Im August kommen die „Pauliner" aus Leip zig auf einige Tage nach Zwickau, um zu einem wohlthätigen Zweck zu concertiren. einer Schlucht, durch welche sie paisiren mußten, mit einem Male sieben bis acht Bewaffnete erblick ten, die theils im Grase lagen, theils standen und zu warten schienen. Ihre Pferde weideten in ge ringer Entfernung. Colomba beobachtete sie einen Augenblick mit einem Fernrohre, welches sie aus der großen Ledertasche zog, die alle Corsen auf der Reise tragen. „Es sind unsere Leute," rief sie freudig. „Pieruccio hat seinen Auftrag gut ausgeführt." „Welche Leute?" fragte Orso. „Unsere Hirten," erwiderte sie. „Vorgestern Abend schickte ich Pieruccio fort, damit er die wackeren Leute zusammenrufe, um Dich in Dein Haus zu begleiten. Es schickt sich nicht, daß Du ohne Be gleitung nach Pietranera kommst, und zudem mußt Du wissen, daß die Barricini zu Allem fähig sind." „Colomba," sagte Orso in strengem Tone, „ich habe Dich schon so oft gebeten, nicht mehr von den Barricini und Deinem unbegründeten Verdachte zu sprechen. Ich werde mich gewiß nicht so lächerlich machen, mit dieser Rotte von Faullenzern einzu ziehen, und ich bin sehr unzufrieden, daß Du sie zusammen gerufen hast, ohne mir etwas davon zu sagen." „Mein Bruder, Du hast Deine Heimath vergessen. Es ist an mir, über Dich zu wachen, wenn Du Dich durch Deine Unvorsichtigkeiten Gefahren aus setzest. Ich mußte das thun, was ich gethan habe." In diesem Augenblick liefen die Hirten, welche die Ankommenden bemerkt hatten, nach ihren Pferden und sprengten ihnen im Galopp entgegen. „Es lebe Ors' Anton!" rief ein rüstiger Alter — Ein Schutzmann in Zwickau nahm am 17. d. ein erst kürzlich aus dem Zuchthause entlassenes, vielfach bestraftes Frauenzimmer fest, in dessen Be sitze sich einige Perlen-Trauerkränze befanden. Wie sich herausstellte, hatte diese Person die Kränze aus Erbbegräbnissen des dortigen Friedhofs gestohlen. Es wurde aber auch noch weiter ermittelt, daß sie bereits derartige Kränze verkauft hatte. Es scheint, als habe diese Person den Diebstahl solcher Kränze systematisch oder gewerbsmäßig betrieben. — Die Ausführung der durch den Reichshaus haltsetat genehmigten Militärbauten in Zwickau wird energisch betrieben, indem der Bau eines Exercirhauses bereits in Angriff genommen und die Submission für den Bau eines Lazareths von der königlichen Militär-Baudirection ausgeschrieben worden ist. Atts dem Sachfenlande. — Was den Landesgesangbuchentwurf anlangt, so soll derselbe der Synode in den nächsten Tagen zugehen. Der betreffende Erlaß des Kirchenregiments ist bereits bei dem Bureau der Synode eingetroffen und besagt, daß die von der vorigen Synode aus gesprochenen bez. Wünsche thunlichste Berücksichtigung gefunden haben. Darnach wird unter alle Lieder, unter denen sich auch Vaterlandslieder befinden, Name und Todesjahr des Verfassers, soweit sie be kannt, gesetzt, die Kirchengebete, der kleine Katechis mus und die Augsburgische Confession als Anhang hinzugefügt, festes starkes Papier mit bläulichem Schimmer und scharfem Druck genommen und die Orthographie der sächsischen Schulen angewendet. — Der sächsische Abg. Richter-Meißen ist zum Vorsitzenden derjenigen Reichstagscommission gewählt worden, die den Antrag des Abg. v. Below auf Verbot von Malzsurrogaten bei der Bierbereitung berathen soll. — Im April wurden im deutschen Reiche 518,413 Mk. an Wechselstempelsteuer vereinnahmt; davon wurdeü erhoben im Oberpostdirectionsbezirk Leipzig 31,188, im Dresdner Bezirke 10,659 Mk. — Eine für jeden Grundbesitzer höchst wichtige Entscheidung hat das Reichsgericht zu Leipzig ge troffen. Es hat in Betreff einer Enischädigungs- zahlung für einen durch die städtische Behörde in seinem Grundbesitz gestörten Eigenthümer entschieden, daß die Aufstellung des Bebauungsplanes seitens der Behörden ein Eingriff in die Privatrechte des Eigenthümers sei, und der Kläger wurde, da nicht er, sondern der frühere Besitzer des Grundstückes bei Aufstellung des Bebauungsplans geschädigt worden, mit der Klage abgewiesen. Der Schwerpunkt dieses Erkenntnisses ist wohl im tz 13 des Gesetzes vom 9. Juni 1874 (Festsetzung der Baufluchtlinien und des Bebauungsplanes betreffend) zu suchen, der übrigens bei seiner etwas unbestimmten Fassung schon mancherlei Meinungsverschiedenheiten unter den Jouristen hervorgerufen hat. Wir machen noch auf einen Paragraphen desselben Gesetzes aufmerk sam, nach welchem die Feststellung des Planes öffentlich bekannt gemacht und mindestens 14 Tage mit weißem Bart, der trotz der Hitze einen Capuzen- Mantel von corsischem Tuche trug, das dichter ist, als das Fell der Ziegen. „Er ist das wahre Eben bild seines Vaters, nur größer und stärker. Welch' schönes Gewehr! Man wird von diesem Gewehr reden, Ors' Anton." „Es lebe Ors' Anton!" wiederholten alle Hirten im Chor. „Wir wußten wohl, daß er doch endlich kommen würde." „Ah, Ors' Anton!" sagte ein großer Bursche mit ziegelfarbenem Gesicht, „wie würde sich Euer Vater freuen, wenn er Euch empfangen könnte! Derbrave Mann! Ihr würdet ihn wiedergefihen haben, hätte er mir glauben wollen, hätte er mich mit Giudice machen lassen . . . Der gute Mann, er hat mir nicht geglaubt, nun weiß er, daß ich Recht hatte." „Gut!" sagte der Alte, „Giudice wird durch das Warten Nichts verlieren." „Es lebe Ors' Anton!" und ein Dutzend Flinten schüsse begleiteten diesen Ausruf. Orso, der mitten unter diesen Männern sehr schlecht gelaunt war, weil sie alle zugleich sprachen und sich um ihn drängten, um ihm die Hand zu geben, konnte sich ziemlich lange nicht verständlich machen. Endlich nahm er eine Miene an, wie an der Spitze seines Pelotons, wenn er Verweise auszu- theilen und Arreststrafen zu verhängen hatte, und sprach: „Meine Freunde, ich danke Euch für die Liebe, die Ihr mir erzeigt und die Ihr für meinen Vater hattet, aber ich lasse mir von Niemandem etwas vorschreiben. Ich weiß, was ich zu thun habe!" (Fortsetzung folgt.)