Volltext Seite (XML)
— Am 9. d. hat die Enqußtecommiffion zur Erörterung der Verhältnisse der Meerane-Glauchauer Kleiderstofffabrikation die Abhörung der Auskunfts personen geschlossen. Auch die damit verbundene Wägung und Messung der Waaren ist zu Ende geführt. Die Zusammenstellung der Resultate und die Erstattung des Berichts an das Ministerium des Innern wird aber, dem Vernehmen nach, noch min destens eine Woche in Anspruch nehmen. — 9m Oberschindmaas wurde am 9. d. im Dittrich'schen Gehölz der 50 Jahre alte, verheirathete Weber Helbig aus Meerane erhängt aufgefunden und polizeilich aufgehoben. — Beim Umgraben seines Gartens stieß in Zwickau am 11. d. früh ein dortiger Einwohner auf eine Glasflasche, in der er bei näherer Besich tigung eine kleine Mumie vorfand. Letztere hat sich als ein in Spiritus aufgesetzt gewesener Fötus herausgestellt. Atts dem DachsenLande. — Ihre Mas. der König und die Königin sind am 11. d. Vorm. 8 Uhr 25 Min. nach Ems ge reist. Zur Verabschiedung halten sich die Staats minister, die Oberhof- und Hofchargen, der Stadt- commandant, der Polizeipräsident, der Oberbürger meister u. s. w. auf dem Leipziger Bahnhofe ein gefunden. — Vor seiner Abreise nach Ems hat Se. Maj. der König dem österreichischen Kaijerpaare, der belgischen Königsfamilie und dem Brautpaar in Wien seine Glückwünsche direct zukommen lassen. — Das 9. Verzeichniß der beim Reichstage ein gegangenen Petitionen enthält deren nur wenige aus dem Königreich Sachsen. Die Handelskammer zu Leipzig geht bezüglich des Aichungsgesetzes mit einer Reihe anderer deutscher Handelskammern conform. Eine größere Anzahl der Petitonen dieses Verzeich nisses richtet sich gegen die Erhöhung der Brau steuer, auf obligatorische Innungen, Herabsetzung der Gerichtskosten, Abänderung des Civilehegesetzes rc. Als Curiosa sind zu erwähnen die Petitionen eines Berliner Schneidermeisters auf Errichtung eines internationalen Gerichtshofes zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den europäischen Staaten be hufs Vermeidung der Kriege, eines Budberger Kaufmanns um Bewilligung von Geldmitteln zur Erbauung eines lenkbaren Luftschiffes, eines Fräu leins aus Wirballen um Erlaubniß zur Verheirathung mit ihrem Stiefvater. — Den Inhabern von Partialobligationen und Schuldscheinen der auf den Staat übergegangenen Z'/r"/» Anleihen von 1839 und 1841, sowie 40/0 Anleihen von 1854 und 1860 der vormaligen Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie wird seitens des Landtagsausschusses zu Verwaltung der Staats schulden in Dresden bekannt gegeben, daß die Aus zahlung der den 1. Juni d. I. fälligen Zinsen dieser Anleihen vom 16. d. M. an gegen Rückgabe der betreffenden Coupons bei der Staatsschuldenkasse zu Dresden und der Lotterie-Darlehnskasse zu Leipzig, sowie zufolge der bezüglichen Bekanntmachungen des Königlichen Finanz-Ministeriums auch bei der Sächsi schen Bank zu Dresden und deren Filialen stattfindet. — Die diesjährigen Gerichtsfenen werden im ge- sammten Reichsgebiet am 15. Juli beginnen und am 15. September endigen. Während der Ferien werden nur in Feriensachen Termine abgehalten und Entscheidungen getroffen. Feriensachen sind: Strafsachen, Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen; Meß- und Markt sachen; Streitigkeiten zwischen Vermiethern und Miethern von Wohnungs- und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumen der selben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mielher in die Miethsräume eingebrachten Sachen; Wechsel sachen und Bausachen, wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird. Das Gericht kann auf Antrag auch andere Sachen, so weit sie besonderer Beschleunigung bedürfen, als Feriensachen bezeichnen. Die gleiche Befugniß hat, vorbehaltlich der Entscheidung des Gerichts, der Vorsitzende. Auf das Mahnverfahren, das Zwangsvollstreckungsver- sahren und das Concursverfahren sind die Ferien ohne Einfluß. Ebenso wenig wird die Befugniß des Richters, Termine für die Zeit nach den Gerichts strien anzuberaumen und die solche Termine be treffenden Ladungen und Zustellungen zu erlassen, durch die Gerichtsferien tangirt. — Vorigen Sonntag hatten sich in Dresden ca. 200 bis 300 Socialdemokraien im Restaurant Bel levue in Friedrichstadt versammelt, um von da aus eine gemeinschaftliche Partie in die Baumbluth nach dem schöner Grunde zu unternehmen. Da von ber Partei aber derartige Partien häufig dazu be nutzt werde», unierwegs zu tagen, so war auch die Polizei mit von der Partie, d. h. eine Anzahl Be amte hatten sich zur Begleitung eingefunden. Kurz nach Aufbruch aus dem obenbezeichneten Restaurant brachten die Socialdemokraten ihre republikanischen Abzeichen in Form von rothen Nelken heraus und befestigten dieselben in ihren Knopflöchern oder an Hüten rc. Die Polizeibeamten schritten dagegen ein und veranlaßten die Entfernung dieser Blume, be gleiteten die Gesellschaft bis an die Stadtgrenze und übergaben dort das Geleit der Landgendarmerie, welche schon davon in Kenntniß gesetzt worden war und nun ihrerseits die Baumbluthbesucher durch ihre Gegenwart während des Spazierganges erfreute. Selbstverständlich unterblieb unter solchen Umstän den das Tagen und die Excursioner beschränkten sich auf die Bewunderung der noch nicht zu völliger Prachtentfaltung gelangten Baumblüthe. — Die diesjährige, mit der Buchhändlermesse in Leipzig verbundene Ausstellung in der Buchhändler- Börse wird am künftigen Sonnabend, den 14. Mai, eröffnet und den Besuchern eine reiche Fülle der neueren Erscheinungen auf dem Gebiete der Litera tur und der Kunst darbieten. Es sei hierbei be merkt, daß der Zutritt zur Ausstellung vom 14. bis 17. Mai ausschließlich nur Buchhändlern gestattet ist. Vom 18. bis 21. Mai ist dieselbe dem großen Publikum geöffnet. — Herr vr. Wölfert aus Leipzig, welcher« sich mit großer Energie der Verwerthung der vieler wähnten Erfindung des Herrn Oberförster Baum garten widmet, ist kürzlich in Berlin von dem Kriegs minister von Kameke in besonderer Audienz empfan gen worden. Herr von Kameke bekundete das leb hafteste Interesse für das Baumgarten'sche Luftschiff- Project und äußerte sich auf das Freundlichste da hin, daß das Kriegsministerium die Sache nunmehr in die Hand nehmen und es sich zunächst angelegen sein lassen werde, die strategische Bedeutung des lenkbaren Luftschiffes festzustellen. Auch sollen, wie das „Leipziger Tageblatt" hört, mehrere bedeutende Berliner Bankfirmen, u. A. S. von Bleichröder, Darmstädter Bank, Neumann u. Co., sich bereit er klärt haben, die zur Herstellung von einigen Ver kehrsluftschiffen erforderlichen Geldmittel zu be willigen. K Hohenstein, 11. Mai. Abermals hat der Herr die Stadt beschützt. Heute abend gegen 1/28 Uhr tönten wieder die Feuersignale durch die Stadt. Es brannte das Hotel „zu den drei Schwanen". Bei der noch günstigen Tageszeit und bei den gleichfalls günstigen Witterungsverhältnissen gelang es auch diesmal den wohlorganisirten Lösch-Anstalten dem Umsichgreifen der Flammen Einhalt zu thun. Das Hotel brennt gegenwärtig 10^/« Uhr in den unteren Räumen. Die Umfassungsmauern stehen noch. Morgen folgt weiterer Bericht. — Am 7. d. M. nachts hat der in Marienberg in Arbeit stehende Schuhmachergeselle Heinrich Grä mer das Dienstmädchen Minna Feig aus Hermanns dorf, zu welcher er eine unerwiderte Neigung gefaßt hatte, mittels eines Beiles zu ermorden versucht. Der Thäter ist verhaftet. — Dem Gendarm Hörnig zu Leisnig gelang es vor einigen Tagen, einen Burschen dingfest zu ma chen, welcher versucht hatte, einem 9jährigen Mäd chen Gewalt anzuthun. — Kürzlich stand eine geborene Blasewitzerin vor der IV. Berliner Strafkammer, ein blutjunges Mädchen, erst 15 Jahre zählend und schon — wie der Präsident verliest — 4 Mal durch sächs. Ge richtshöfe wegen Taschendiebstahls, 4 Mal durch preuß. Gerichtshöfe wegen Diebstahls und Unter schlagung bestraft, bereits 1 Jahr unter „Sitte" stehend und jetzt wieder zweier Diebstähle an 2 Porte monnaies, ausgeführt vor dem Bilse'schen Concert- hause, schuldig. Die junge Verirrte, Namens Marie Antonie Pfefferkorn, weinte und jammerte hände ringend, war auch sofort geständig, der Staatsan walt beantragte aber doch 3 Jahre Gesängniß, von denen der Vertheidiger (Rechtsanw. Thelen) zwei Jahre herunter plaidirte. Das arme Kind rief noch händeringend und schluchzend: „ein ganzes Jahr!" und ward dann abgesührt. — Die von Seiten der hohen Staatsregierung gemachte Anregung, im Miilsengrund den unge nügenden Erwerbsverhältnissen der Weberei durch Einführung neuer Erwerbszweige aufzuhelfen, wird in nächster Zeit durch Errichtung von Korbflecht schulen ein praktischer Anfang gebracht. Ein zu sammengetretenes Curatprium für die drei Ortschaf ten Mülsen St. Niclas, St. Jacob und St. Micheln, hat in jedem genannten Orte eine passende Localität, (und zwar in St. Niclas die Parterre-Räumlichkeiten des Hausbesitzers Emil Griebel dazu gemiethet. Der Unterricht soll schon in kürzester Zeit beginnen. Als ein zweiter neuer Erwerbszweig verdient beson ders die seit Michaelis v. I. von Herren Auers wald und Oeser errichtete Corsetnäherei her vorgehoben zu werden. Es werden in und außer halb der betreffenden Arbeitslocale z. Z. ca. 40 Personen beschäftigt. Bei der umsichtigen Leitung und soliden Ausführung der Fabrikate, welche so wohl in Qualität als Geschmack denen der renom- mirtesten Fabriken zur Seite gestellt werden können, ist zu erwarten, daß sich das Geschäft immer mehr erweitern werde. — Der vormalige Banquier und Agent Emil Julius Schlegel in Crimmitschau wurde in der am 11. d. abgehaltenen Gerichtssitzung beider zweiten Straf kammer des kgl. Landgerichts Zwickau von der An klage der Unterschlagung freigesprochen. — Seit einiger Zeit war in Altenburg der all gemein geschätzte und beliebte Nealschullehrer Raspe von dort verschwunden. In den letzten Tagen hatte er an Verfolgungswahn gelitten. Aus Magdeburg, wo sich Herr Raspe während der Ferien aushielt, wird jetzt gemeldet, daß die Leiche des Genannten in der Elbe aufgefunden worden sei. Vermischtes. Gerhard Rohlfs über Afrika. Am 30. April langte der Afrikareisende Or. Gerhard Rohlfs über Suez in Kairo nach einer sechsmonatlichen Abwesenheit wieder an. Derselbe, von den in Kairo lebenden Deutschen auf das Herzlichste bewillkommnet, theilte über seine letzte Expedition unter Andsrm auch das Nachfolgende mit: „Als ich im October 1880 von Egypten nach Abessynien aufbrach, um im Auftrage Sr. Majestät des Deutschen Kaisers die be treffenden Geschenke an König Johann zu überbringen, hatte ich gleich von vorn herein Gelegenheit, bei der Berührung mit den Eingeborenen zu constatiren, daß der Name Deutsch land ununterbrochen bei diesen wilden Völkern an Ansehen zunimmt, wo hingegen die Franzosen an Respect fortgesetzt verlieren. Einer französischen Expedition, die mit mir zu gleich in Abessynien eindringen wollte, wurde der Eintritt auf das Strengste verweigert. Usberall wurde ich mit der größten Liebenswürdigkeit und Bereitwilligkeit ausgenommen." „Besonders interessant war es für mich," so äußerte Or. Rohlfs, „daß auch die gewöhnlichsten Abessynier ganz speciell für preußisches Militär hohe Theilnahme zeigten und selbst in Kleinigkeiten aufgeklärt sein wollten." Rohlfs hatte auf dieser Expedition, wie die „Tr." meldet, dreißig Dromedare und eine Anzahl Maulthiere bei sich. Bencdet's Testament. Wiener Blätter veröffentlichen das bereits erwähnte im Jvhre 1873 abgefaßte Testament Benedek's, in welchem sich folgende Stelle findet: „Ich schaue mit ruhigem Gewissen meinem Ende entgegen und erkläre hiermit ausdrücklich, daß ich keine Memoiren oder sonstige Biographien hinterlasse. Ich habe auch Niemandem Daten geliefert, um über meine Soldatenwirksamkeit und meine Erlebnisse zu schreiben. Alle meine Vormerkungen und schriftlichen Aufzeichnungen über den Feldzug 1866, über das unter Anrufung meiner Unterthans- und Soldatentreue mir ausgedrungene Commando der Nordarmee habe ich verbrannt. Am 19. November 1866 habe ich dem damaligen Armee- Obercommandanten Erzherzog Albrecht, «ab. ikers. Nr. 22, schriftlich versprochen, auch fernerhin schweigend zu tragen und meine stillen Reflexionen mit mir ins Grab zu nehmen. Dieses mein Versprechen war vielleicht voreilig, vielleicht sogar dumm, aber eben dieses Versprechen war der bezeich nendste Ausdruck meines Soldaten-Charakiers. Daß die österreichische Regierung mein Versprechen, zu schweigen, in Händen habend und an die Ehrlichkeit meines Versprechens glaubend, am 9. oder 10. December 1866 ihren sonderbaren Artikel über mich, wo man mirsogarmeineganze Vergangenheit absprach, in der Zeitung publiciren ließ; daß dieser nicht zu quali- ficirende Regierungsartikel in der Präsidialcanzlei des Geueral- stabes, componirt von Feldmarschall-Lieutnant John und. . . corrigirt und ausgestellt wurde, und endlich in der ganz ab sonderlichen Fassung auf Befehl der Regierung publicirt worden ist, das übersteigt meine Begriffe von Recht, Billigkeit und Wohlanständigkeit. Ich habe es stillschweigend hin- genommen und trage durch sieben Jahre mein trauriges hartes Loos mit Ph'losophie und Selbstverleugnung. Ich wünsche mir selber Glück, daß ich trotz alledem gegen Nie manden einen Groll hege und auch nicht vertrottelt bin. Ich bin mit mir selber und mit aller Welt fertig geworden, bin mit mir vollkommen im Reinen, habe aber dabei alle meine Soldatenpoesis eingebüßt." Ein Mädchenmarkt. Am 4. April hät in der ägyptischen Stadt Tantah die weltberühmte Frühlingsmesse dieses Platzes, die gewöhnlich sechs Wochen dauert, und zu der Gäste aus allen Theilen der mohammedanischen Welt herbeiströmen, ihren Anfang genommen. Auch der österreichische General- consul in Alexandrien, Ritter von Boleslawsky, ist vor einigen Tagen zum Besuche dieser Messe nach Tantah abgereist. Das Interessanteste an dieser Messe ist, daß auf derselben auch Odalisken und Sklavinnen jür die Harems feilgeboten werden. Dieser Mädchenhandel muß jetzt zwar im Stillen betrieben werden, aber nichtsdestoweniger werden noch immer auf einer solchen Messe einige Tausend Mädchen umgesetzt, deren Preis zwischen 1200 und 50000 Francs und oft noch darüber variirt. Die orientalischen Fürsten senden stets besondere Agenten nach Tantah, die ihre Einkäufe dort na türlich etwas freier machen können. Allerlei. Die Krebspest in norddeutschen Ge- iväffern hat einen verheerenden Umfang angenom men. Der gesammle Krebsstand im Slettiner Re gierungsbezirk darf, was die fließenden Gewässer an betrifft, als vernichtet angesehen werden. Vor Auf gehen des Wassers waren die Krebse anscheinend noch sämmtlich gesund; das Sterben dalirt von dem Augenblicke an, da das Eis fortging. Auf dem Lande und auf dem Wasser überall todte Krebse! Es wurde beobachtet, daß die Thiere ihre Höhlen verließen, man sah ihren Vorderkörper noch lebendig, während sie hinten schon abgestorben schienen; einige