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händige Schreiben Kaiser Wilhelms an Kaiser Franz Josef und den Kronprinzen Rudolf sind. Die bei den anderen Briefe sind ebenfalls eigenhändige Glückwünsche des deutschen Kronprinzen an den Kaiser von Oesterreich und den österreichischen Thronfolger. Am 7. d. fand beim Reichskanzler ein Parla mentsdiner statt, zu welchem 60 Einladungen er gangen waren. Im Reichstage hat der Abg. Buhl einen An trag auf Bestrafung der Weinsälscher bis zu einer dreimonatigen Gefängnißstrafe und 1000 Mk. Geldstrafe eingebracht. In Breslau hat am 7. d. die Fortschritts partei eine große Versammlung abgehalten, welche von 2000 Personen besucht war. Herr Rechtsanwalt Munckel sprach über die gegenwärtige innere Politik des Reichskanzlers „mit durchschlagen dem Erfolge", wie das „Deutsche Montagsbl." sagt. Wie man der „Volks-Ztg." mittheilt, ist der social- demokratische Reichstagsabgeordnete Kayser, welcher sich zum Besuche seiner Mutter und seines Bruders nach Breslau begeben hatte, kurz nach seiner An kunft durch einen Criminalcommissar verhaftet wor den. Auf der Polizeiwache im Bahnhofsgebäude wurden seine Sachen durchsucht und eine Anzahl von Broschüren und Zeitungsnummeru mit Beschlag belegt. Kayser hat gegen dieses Vorgehen Beschwerde eingelegt. Oesterreich. Anläßlich der Hochzeit des Kronprinzen fand am 7. d. in Wien ein Hofball statt, wie er gleich großartig selbst in der Kaiserburg in neuerer Zeit kaum gesehen worden ist. Außer beiden Redoulen- sälen waren die Ceremoniensäle, die Rittersäle, so wie fast das ganze kaiserliche Appartement geöffnet. Es waren über 5000 Gäste anwesend. Die kolos salen Räume waren mit verschwenderischer Pracht wahrhaft berückend ausgestatlet, mit exotischen Ge wächsen und duftenden Blumen und mit den welt berühmten Gobelins des Kaiserhauses geschmückt. Die wunderbaren Toiletten der Damen in Bril lanten und die glänzenden mit Orden besäten Uni formen der Kavaliere gaben zusammen ein über wältigendes Bild. Gegen 9 Uhr erschienen in großem Ceremoniell die allerhöchsten Herrschaften, der Kaiser in Marschallsuniform, die Königin von Belgien am Arme führend; die Königin erschien in weißer, reich mit Brabanter Spitzen besetzter Atlasrobe, auf dem Haupt das Diamantendiadem, um den Hals ein Kollier von Perlen und Brillanten. Der König Leopold von Belgien führte die Kaiserin Elisabeth. Der König erschien in österreichischer Uniform mit allen Orden. Die Kaiserin, von Anmuth und Mut lerglück strahlend, trug eine reichgestickte taubengraue Atlasrobe, im Haare ein wunderbares Diadem. Der Kronprinz in Generalgala führte die Prinzessin Stefanie, die in einfacher weißseidener Robe mit viereckigem Ausschnitt erschien, ohne anderen Schmuck, als die Medaille .mit dem Bilde des Kronprinzen, der Prinz von Wales führte die Prinzessin Wilhelm von Preußen, die eine kostbar gestickte weiße Atlasrobe mit wundervollen Brillanten im Haare trug. Prinz Feuilleton. Colomba. Corsischss Lebensbild von Prosper MeremSe, deutsch von Itudotph Wükdener. (Fortsetzung.) Diese Worte wurden Ghilfuccio nach Wien be richtet, welcher seinerseits gegen einen Landsmann äußerte, er würde bei seiner Rückkehr nach Corsica Giudice gewiß als einen reichen Mann antreffen, weil er aus seinen verlorenen Prozessen mehr Vortheil zu ziehen wisse, wie aus denen, die er gewinne. Man Hal nie in Erfahrung gebracht, ob er damit sagen wollte, er betrüge seine Clienten, oder ob er sich auf jene gewöhnliche Wahrheit beschränkte, daß eine schlechte Sache dem Advocat immer mehr einbringt, als eine gute. Genug, der Advocat Barricini erfuhr dieses Epigramm und vergaß es nicht. Im Jahre 1812 wünschte er zum Maire seiner Gemeinde ernannt zu werden und er hatte auch alle Hoffnung, sein Ziel zu erreichen, als der General dem Präfecten schrieb und demselben einen Verwandten der Frau Ghilfuccio's empfahl. Der Präfect beeilte sich, den Wünschen des Generals nachzukommen, und Barri cini zweifelte nicht, daß er das Fehlschlägen seines Planes den Jntriguen Ghilfuccio's zu verdanken habe. Nach dem Sturze des Kaisers, 1814, wurde der Schützling des Generals als Bonapartist denun- cirt und durch Barricini ersetzt. Der Letztere mußte jedoch in den hundert Tagen weichen, übernahm aber nach diesem Sturme das Siegel der Mairie und die Gemeindebücher wieder. Wilhelm führte die Prinzessin Gisela. Ihnen folgten zahlreiche andere Fürstlichkeiten. Während der Tanz pausen hielt der Kaiser Cercle, wobei er den Fürsten Reuß sowie den päpstlichen Nuntius Vanulelli be sonders auszeichnete. Nach Mitternacht wurde das großartige Fest beendigt. Im österreichischen Ministerium des Auswärtigen wurden am 6. d. folgende Verträge mit Serbien unterzeichnet: Ein Handelsvertrag, eine Viehseuchen convention, eine Consularconventwn, ein Rechls- hülsevertrag, eine Verlaffenschaftsconvention und ein Verbrecher-Auslieferungsverlrag. Ungarn. Die Einnahmen der ungarischen Staats kassen im ersten Quartal 1881 sind gegen das Vorjahr um ^/iv Millionen günstiger, die Ausgaben dagegen um 74/10 Millionen ungünstiger und die Gesammtbilanz daher um 2^/10 Millionen schlechter. Da die Ausgabensteig-rung lheils durch die in ein zelnen Titeln, namentlich im Tabak erzielten Min dereinnahmen, welche sich jedoch im Lause des Jahres ausgleichen, theils durch einen transitorischen Charakter besitzende Ausgaben und theils durch nütz liche Investitionen entstanden ist, so zeigt sich eine Besserung nicht nur in der bedeutenden Steigerung der Einnahmen, sondern überhaupt in der ganzen Gebahrung. Frankreich. In der am 7. d. abgehaltenen Sitzung der inter nationalen Münzconserenz beantragten der französische Delegirte Cernuschi und der amerikani sche Delegirte Dona Harton, daß die Vertreter eines jeden Staates statistische Angaben über die Silber ausprägung in ihren Staaten liefern möchten. Die ser Antrag wurde angenommen. Der holländische Delegirte Pierson sprach sich zu Gunsten des Bi- metallismus aus. Der belgische Delegirte Pirmez erklärte, daß er die Behauptung, daß für alle Staaten die Goldwährung als alleinige Währung eine Nolhwendigkeit sei, aufrecht erhalle. Für die jenigen Staaten, in welchen ein Zwangscurs für Papiergeld bestehe, sei der Bimetallismus eine finanzielle Frage, weil diese Staaten sich von dem Zwangskurse durch das minderwerthige weiße Münz metall freizumachen suchen. Schließlich sprach sich Pirmez für die Aufrechterhaltung des 8tutu8 guv aus. Dem „Temps" zufolge steht die Veröffentlichung des allgemeinen Zolltarifs am 8. Mai zu erwar ten. Sämmtliche Handelsverträge würden an die sem Tage gekündigt werden; mehrere Regierungen würden demnächst Delegirte behufs Verhandlungen über neue Handelsverträge entsenden. Dänemark. Das Fvlkething wurde wegen Nichtübereinstim mung über das Finanzgesetz am 7. d. Nachmittag 3 Uhr aufgelöst. Die Neuwahlen sind auf den 24. Mai, der Zusammentritt des neuen Folkethings auf den 27. Mai anberauml. Russland. Laut amtlichem Ausweis sind in Rußland von den früheren Leibeigenen in der Zahl von 10,137,000 (85 Proc.) in den vollen Besitz ihrer Ländereien eingetrelen. Es bleiben demnach noch 1,553,000 Von diesem Augenblick an erhob sich sein Stern glänzender als je. Der Oberst della Rebbia, der auf Halbsold gefitzt war und sich nach Pietranera zurückgezogen halte, mußte gegen den Maire einen stillen Kampf fortwährend erneuter Chicane bestehen; bald halte er den Schaden zu ersetzen, den sein Pfero auf dem Felde desselben angerichlet; bald ließ dieser, unter dem Vorwande, den Fußboden in der Kirche auszubessern, eine zerbrochene Steinp.atte herausnehmen, welche das Wappen der della Rebbia und das Grab eines Gliedes dieser Familie deckte. Wenn die Ziegen die jungen Pflanzen des Oberst's abnaglen, so fanden die Eigenihümer derselben bei dem Maire Schutz; nach und nach wurden der Krämer, der das Postbureau in Pietranera verwal tete, und der Flurschütz, ein aller Soldat, beide Anhänger der d lla Rebbia, entlassen und durch Crealuren der Barricini ei setzt. Die Frau des Oberst's starb und hatte vorher den Wunsch ausgesprochen, in einem Wäldchen be graben zu werden, das sie gerne besucht hatte; aber der Maire erklärte sogleich, sie müsse auf dem ge wöhnlichen Gottesacker bestallet werden, weil er nicht berechtigt sei eine solche isoline Beerdigung zu erlauben. Der Oberst wülhete, schwur, seine Frau solle, bis die Erlaubniß eintreffe, an dem von ihr gewählten Orte beigesetzt werden und ließ dort ein Grab graben. Der Maire aber ließ ein Grab auf dem Gottesacker machen und bot die Gend'armerie auf, damit, wie er sich ausdrückte, das Gesetz in Kraft bleibe. Am Begräbnißtage standen die beiden Parteien einander gegenüber, und man konnte einen Augenblick befürchten, daß Bauern, deren Loskaufsoperationen noch nicht been det sind. Unter den Bauern, welche ihr Land frei gekauft haben, sind 644,000, die den Loskauf ohne Beihülfe der Regierung ermöglichten. Die russische St. Petersburger Zeitung meldet, es stehe in kürzester Zeit eine Steuererhöhung für Zucker und Spiritus bevor, derart, daß auf jeden Grad Spiritus eine Kopeke Zuschlag käme, so daß der Betrag jetzt auf acht Kopeken per Grad steigen würde. Hierdurch würde die Staatseinnahme um jährlich 15 Millionen Rubel erhöht. Vorstehende Details, auf Spiritus bezüglich, sollen bereits fest gesetzt sein; die Höhe des Zuschlages auf Zucker ist noch nicht festgesetzt, jedenfalls ist sie gleich bedeutend. Ueber Landerwerbungen Rußlands während der Herrschaft Alexanders II. berichten russische Blätter. Im Ganzen kamen während der Re gierung Alexanders II. 1,818,927 Quadrat werst hinzu; dagegen wurden 1,163,000 Quadrat werst an Amerika abgetreten, so daß die Territorien Rußlands in der 25jährigen Periode um 655,227 Quadratwerst wuchsen. Einen solchen Zuwachs kann keine der früheren Regierungen aufweisen, weder die Regierung Peter I., noch Katharina II., die sich durch ihre Eroberungen berühmt gemacht hat und trotzdem um ganze 2000 Quadratmeilen weniger Land erworben hat, als Alexander II. Amerika. Bezüglich der Auswanderung macht die „Illi nois Slaatsztg." folgende Bemerkung: „Nun, Alle, die kommen, sind willkommen. Doch wird sich, wenn nicht schon in diesem Jahre, sicher doch sehr bald in den nächsten Jahren Herausstellen, daß eine allzu sehr gesteigerte Auswanderung den Herüberkommen den das Unterkommen und einen sofortigen Ver dienst sehr erschweren wird. Die Zahl der Land bauer, Handwerker' und Fabrikarbeiter wächst zu sehr an, bevor noch die neuen Absatzmärkte in volle Entwickelung kommen können. Eine halbe Million Einwanderer in einem Jahre ist mehr, als das Land sofort gehörig mit Vortheil für sich und die Ankömmlinge unterbringen könne. Es ist an zunehmen, daß auf die Hochfluth der modernen Völkerwanderung nach den Vereinigten Staaten in wenigen Jahren für einige Zeit ein Rückschlag folgen wird. Aus dem Muldenthale. ^Waldenburg, 9. Mai. Heute Vormittag ist Se. Durchlaucht Prinz Otto von Schönburg-Wal denburg nach einem Aufenthalte von nur wenigen Tagen wieder nach Leipzig zurückgereist. Ihre Durchlaucht die Frau Fürstin von Schönburg-Wal denburg hat sich in Begleitung Sr. Durchlaucht des Prinzen Sigismund heute Nachmittag ebenfalls nach Leipzig begeben, woselbst der Prinz zu seiner weiteren wissenschaftlichen Ausbildung das Nicolai- gymnasium besuchen wird. — Das gesammte steuerpflichtige Einkommen der Stadt Zwickau und ihrer Bewohner ist in diesem Jahre auf 17,058,434 Mk. abgeschätzt, von welchen eine ordentliche Einkommensteuer von 282,454 Mk. ein Kampf um den Besitz der sterblichen Reste der Frau della Rebbia entstehe. Vierzig gut bewaffnete Bauern, die von den Verwandten der Verstorbenen mitgebracht worden waren, zwangen den Geistlichen, von der Kirche aus den Weg nach dem Wäldchen einzuschlagen; auf der andern Sette erschien der Maire mit seinen zwei Söhnen, seinen Anhängern und den Gensd'armen, um Widerstand zu leisten. Als er ankam und die Leichenbegleitung auffor derte, zurückzugchen, wurde er mit Hohn und Droh ungen empfangen; seine Gegner waren zahlreicher und schienen überdies zu Allem entschlossen zu sein. Bei seinem Anblicke wurden mehrere Flinten geladen und man sagt sogar, daß ein Corse ihn auf's Korn nahm; aber der Oberst hielt ihm das Gewehr in die Höhe und sagte: „Niemand schieße ohne meinen Befehl." Der Maire hatte, wie Panurg, von Natur eine gewisse Scheu vor dem Schießen und zog sich deshalb mit seiner Bedeckung zurück. Der Leichenzug dagegen setzte sich in Bewegung und schlug den weitesten Weg ein, so daß er selbst vor der Wohnung des Maires vorüberkvmmen mußte. Vor dieser rief ein Dummkopf, der sich dem Zuge angeschlossen hatte: „Es lebe der Kaiser!" Zwei oder drei Stimmen wiederholten den Ruf und die Rebbianisten, die mehr und mehr in die Hitze ge- riethen, schlugen vor, einen Stier des Maire nieder- zufchießen, der ihnen zufällig entgegenkam. Glück licherweise verhinderte der Oberst diese Gewalt- thätigkeit. (Fortsetzung folgt.)