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flaggten Straßen zum Bahnhofe, wo er unter den herzlichsten Ovationen nach Wien abreiste. In Merschetz (Ungarn) wurden am 20. d. 52 Münzfälscher verhaftet, drei Bankpressen, mehrere fertige Zehnguldennoten und zahlreiche mit Wasser druck versehene Notenblankette wurven unter einem Altäre der Friedhofskapelle gefunden. Frankreich» Der Finanzminister hat die genaue Ziffer des Ergebnisses der indirecten Steuern für die ersten drei Monate von 1881 festgestellt. Der Vor anschlag des Budgets ist um 52 Millionen und die Ergebnisse der ersten drei Monate des vorigen Jahres sind um 45 Millionen überstiegen. Das Jahr 1880 war doch schon als ein glänzendes Fi nanzjahr zu betrachten, da es für zwölf Monate einen Ueberschuß von 170 Millionen ergab. Wenn die Ergebnisse der folgenden Monate sich ebenso günstig stellen, so wird dieses Jahr wohl einen Ueberschuß von 200 Millionen ergeben. Es ist noch zu bemerken, daß diese Ueberschttsse mit den Steuer ermäßigungen zusammenfallen. Die Steuerermäßi gung auf Wein begann am 1. Januar und trotz dem überstieg der Ertrag der Steuer den Budget- Voranschlag um 19 Millionen. Dasselbe fand auch beim Zucker statt. Die französischen Truppen haben sich an der al gerischen Grenze concentrirt und ist der Urbetritt derselben auf tunesisches Gebiet demnächst zu erwarten. Auf die neuerliche Aufforderung an den Bey, den Eintritt der französischen Truppen in Tunis zu gestatten, erwiderte dieser, daß er einer Maßregel nicht zustimmen könne, welche eine Revolution in seinem Lande Hervorrufen müßte. England. In Irland nehmen, trotz des günstigen Eindrucks, den die neue Landbill hervorgebracht, die Agrar verbrechen abermals in erschrecklicher Weise über hand. Nächtliche Besuche vermummter Banden, körperliche Verstümmelungen, Brandlegungen rc. ge hören wieder zu den beständigen Vorkommnissen und die Zustände sind, wenn nicht schlimmer, so doch wenigstens ebenso schlimm, wie zur ärgsten Zeit vor der Einführung des Belagerungszustandes. Unter den Umständen wird das Gesetz zum Schutze der Person und des Eigenthums seit kurzem wieder etwas energischer gehandhabt. Am Sonnabend wurden in Gemäßheit dieses Gesetzes drei Ligisten verhaftet, darunter Mr. Matthew Harries, ein rüh riges Mitglied der Executive der Dubliner Landliga. Der Verhaftete war auch einer der Angeklagten in dem jüngsten Staatsprozesse. Der Premier Gladstone hat in einem Schreiben an die Testamentsvollstrecker Lord Beaconsfield's, die Herren Nathaniel Rothschild und Philipp Rose, die Absicht ausgesprochen, für den Verstorbenen ein j öffentliches Leichenbegängniß zu veranstalten. > Die Testamentsvollstrecker haben indeß in ihrer Antwort erklärt, daß das Testament Lord Beacons- I field's ihnen die Annahme des Anerbietens unmöglich mache, indem es bestimme, daß der Verstorbene einfach an der Seite seiner Gattin zu Hughenden beerdigt werde. Rußland. Aus Warschau wird der Pol. Corr, gemeldet, daß der Senator Polowcew seine seit dem Tode des Kaisers Alexander II. unterbrochene Untersuchung des Gouvernements Kiew wieder aufnimmt, woher fortwährend beglaubigte Details über unerhörte Mißbräuche der Beamtenschaft eintreffen. So wird augenblicklich ,der Vorsitzende des Friedens richtercollegiums in Human wegen Actenfälschung und Mißbrauch der Amtsgewalt strafgerichtlrch ver folgt. In Mlewo (Bezirk Czercasc) constatirte die Untersuchungscommission, daß den dortigen Bauern im Jahre 1861 durch Ueberlistung Obstgartenpar zellen im Ausmaße von 400 Dasiatinen in wieder- rechtlichster Weise entzogen und trotz unzähliger Klagen nicht zurückerstattet wurden. Der „Jntransigeant" Rochefort's, dem aller dings nicht allzu viel Glauben beizumessen ist, er geht sich in finsteren Prophezeihungen über das Schicksal Kaiser Alexander's III. Noch ehe die Helfmann ihr Kind los sein werde, werde sie den Kaiser los sein. Ueber die zu erwartende Revolu tion stellt das Blatt schon Berichte in Aussicht. Dasselbe weiß auch zu berichten, daß die Kaiserin sich für die Begnadigung des Perowskaja verwandt habe, jedoch auf den entschiedenen Widerspruch des Zaren gestoßen sei. Griechenland. Der Ministerpräsident Komunduros bemerkte bei der Ueberreichung der Collectivnote der europäi schen Mächte, er behalte sich deren schriftliche Be antwortung vor. Im Uebrigen könne er nur be dauern, daß die Gesandten der europäischen Mächte die Stelle seiner Antwort auf die erste Note, welche das Schicksal der durch die neue Grenzlinie von Griechenland ausgeschlossenen griechischen Bevölke rung betreffe, stillschweigend übergingen. Aus dem MuLdeuthale. *Waldcnburg, 22. April. Se. Durchlaucht der Fürst von Schönburg-Waldenburg begiebt sich heute von Seinem Jagdschloß Glatzen in Böhmen, wo Hochderselbe bereits seit letzten Dienstag mit Sr. Durchlaucht dem Prinzen Otto von Schönburg-Wal denburg, I. I. D. D. dem Fürsten und dem Prin zen von Reuß-Köstritz und Sr. D. dem Prinzen von Lowenstein-Werthheim Behufs Jagd auf Birk- und Auerwild weilt, aus Anlaß des Geburtstages Sr. Majestät des Königs direct nach Dresden. *— Wie wir vernehmen, hat sich der Ausschuß der conservativen Partei, nachdem der Gutsbesitzer und Rittmeister d. L. Herr Gelbke in Gesau die Candidatur zur Reichstagswahl abgelchnt hat, für die Ausstellung des Herrn Papier-Fabrikanten Niet hammer in Kriebstein entschieden. Herr Nietham mer ist gewissermaßen Compromißcandidat der Con servativen und Liberalen. Wir glauben aber, daß jeder Conservativer um so eher für Niethammer stimmen und für dessen Wahl wirken kann, als derselbe mehr nach „rechts" neigt und vor allen Dingen auf streng kirchlichem Boden steht. Die liberale Partei wird sicher ebenfalls für einen Mann stimmen, der, ein Patriot im besten Sinne Feuilleton. Colomba. Eorsischss Lebensbild von Prosper Meremee, deutsch von Audokph Wüldener. (Fortsetzung.) Dieser stieß den Vetter des Pathen seines Vetters leicht mit dem Ellenbogen, unterdrückte ein spöttisches Lächeln und erwiderte, er habe früher unter den Gardejägern zu Fuß gedient, komme aber jetzt von dem siebenten leichten Regiments. „Waren Sie bei Waterloo? Sie sind noch sehr jung." „Dies war mein einziger Feldzug." „Der kann für zwei gelten," entgegnete der Oberst. Der junge Corse biß sich auf die Lippen. „Papa," sagte Miß Lydia englisch, „fragen Sie ihn doch, ob die Corsen ihren Bonaparte sehr lieben." Bevor der Oberst diese Frage in's Französische übersetzt hatte, antwortete der junge Mann in gutem Englisch, wenn auch mit einem etwas fremdar tigen Accent: „Sie wissen, mein Fräulein, daß der Prophet in seinem Vaterlande nichts gilt. Wir Landsleute Napoleons lieben ihn vielleicht weniger wie die Franzosen. Aber ich, ich liebe und bewundere ihn, obgleich unsere beiden Familien sonst Feinde waren." „Sie sprechen englisch?" rief der Oberst aus. „Sehr schlecht, wie Sie hören." Wenngleich Miß Lydien der ungezwungene Ton des jungen Mannes mißfiel, so mußte sie doch bei dem Gedanken an eine persönliche Feindschaft zwischen einem Corporal und einem Kaiser lächeln. Es war dies gleichsam ein Vorgeschmack von den Eigenthümlichkeiten Corsica's, und sie nahm sich vor, diesen Zug in ihrem Tagebuch zu notiren. „Vielleicht waren Sie gefangen in England?" fragte der Oberst. „Nein, nein Oberst. Ich lernte die englische Sprache ganz jung in Frankreich von einem Gefangenen aus Ihrer Nation." Dann wandte er sich an Miß Nevil mit den Worten: „Mattei hat mir gesagt, Sie kämen aus Italien zurück. Sie sprechen ohne Zweifel das rein Tos kanische und es dürfte, wie ich fürchte, Ihnen etwas schwer fallen, unser Patois zu verstehen." „Meine Tochter versteht alle italienischen Dialecte," erwiderte der Oberst, „sie hat die Gabe, alle Sprachen zu erlernen. Bei mir ist dies nicht der Fall." „Würden Sie zum Beispeile diese Verse eines unserer corsischen Lieder verstehen? Ein Schäfer sagte zu einer Schäferin: Käm' ich in's heilige, heilige Paradies Und fände Dich nicht, ich verließe es wieder." (8srsnaba 61 Lieavo.) Miß Lydia verstand sie, fand aber dieses Citat etwas kühn, und poch mehr den Bück, der dasselbe begleitete und antwortete erröthend: „Ouxisev (ich verstehe)." des Wortes, die Interessen des XVII. Wahl kreises thatkräftig vertreten wird. Man darf aber auch hoffen, daß diejenigen sogenannten Social demokraten, welche wirklich nur die Verbesserung der Lage der Arbeiter, insbesondere der Weber, die, wie wir gern anerkennen, mitunter recht trostlos ist, im Auge haben, nicht aber ein systematisches Aufhetzen, Herrn Niethammer wählen werden; es ist bekannt, daß der Mann ein warmes Herz für seine Arbeiter hat und da wird er sicherlich auch an das Wohl der Arbeiter überhaupt denken. Unter den Land- wirthen wird es zwar Viele geben, welche lieber einen Berufsgenossen in den Reichstag schicken möchten, indessen mögen dieselben bs-enken, daß es absolut unmöglich ist, einen Candidaten zu finden, der allen Berufsgenossen angehört. Uebrigens sind Angesichts unserer wirthschaftlichen Lage in Deutschland die Interessen der Landwirthschaft und der Industrie der Art gemeinsam, daß auch ein Industrieller, wie Herr Niethammer, der nicht in wirthschaftlichen Doctrinen macht, sondern praktisch und gewissenhaft prüft, der Landwirthschaft zu nützen vermag. *—In den heutigen Schöffengerichtsverhandlungen wurde der Torfhändler Heinrich Böttcher von hier von der Anklage wegen Uebertretung des 8 7 des Gesetzes vom 18. August 1868 sreigesprochen und die Kosten des Verfahrens auf die Staatskasse über tragen, dagegen wurde der Bäcker Franz Rudolf Seidel aus Auerbach wegen Diebstahls zu 2 Monaten 2 Wochen Gefängniß, wovon jedoch 2 Wochen als durch die erlittene Untersuchungshaft für verbüßt erachtet worden sind, sowie zu Tragung der Kosten, und der Dienstknecht Friedrich Theodor Wagner aus Langenchursdorf, zur Zeit in Wasseruhlsdorf, eben falls wegen Diebstahls zu einer Woche Gefängniß und Tragung der Kosten verurtheilt. Als Schöffen fungirten die Herren Klempner Carl Robert Vieweg von hier und Gutsbesitzer und Ortsvorsteher Gott lieb Kirmse aus Oertelshain. *— Der hiesige Kriegerverein begeht die Geburts tagsfeier Sr. Majestät des Königs von Sachsen durch ein in der Müller'schen Restauration in Kertzsch abzuhaltendes Kränzchen. Demselben wird sich ein gemüthliches Beisammensein, verbunden mit decla matorischen Vorträgen, anschließen. *— Der Militärverein zu Altstadt-Waldenburg wird den Geburtstag Sr. Majestät des Königs durch kameradschaftliches Beisammensein mit den Frauen im Vereinslokal feiern. Aus dem Sachsenlande. — Ihre Durchlauchten der Prinz und die Frau Prinzessin Friedrich zu Hohenzollen sind am 20 d. abends 6 Uhr 20 Minuten von Dresden nach Ber lin zurückgereist. — Der sächsische Albertverein zählt gegenwärtig 4200 Mitglieder, wovon 3750 auf 37 Zweigvereine kommen. Die größtenn derselbe sind: der in Ebers bach mit 460, der in Chemnitz und Leipzig mit je 500, der in Möckern mit 300, ferner die in Frei berg, Ostritz und Zwickau mit je 200 Mitgliedern. — Im sächsischen Justizministerium geht man ernstlich mit dem Plane um, eine Reihe von Amts- „Und Sie gehen auf Urlaub in Ihre Heimath?" fragte der Oberst. „Nein, mein Oberst. Man hat mich auf Halb sold gesetzt, wahrscheinlich, weil ich mit bei Waterloo und ein Landsmann Napoleons bin. Ich kehre nach Hause zurück, leicht an Hoffnung, leicht an Geld, wie das Lied sagt." Und er sah seufzend zum Himmel empor. Der Oberst griff in die Tasche, drehte ein Gold stück zwischen den Fingern herum und suchte nach einer Redensart, um dasselbe auf recht feine Weise seinem unglücklichen Feinde in die Hand zu drücken. „Auch mich," sagte er mit freundlicher Miene, „auch mich hat man auf Haldsold gesetzt; aber. . . mit Ihrem Halbsolde können Sie sich nicht einmal Tabak kaufen. Nehmen Sie Corporal!" Dabei versuchte er das Goldstück in die geschlos sene Hand zu bringen, welche der junge Mann auf den Rand der Schaluppe stützte. Der junge Corse erröthete, richtete sich hoch auf, biß sich auf die Lippe und schien eben heftig ant worten zu wollen, als er plötzlich seinen Gesichts ausdruck änderte und laut auflachte. Der Oberst, sein Goldstück in der Hand, saß ganz erstaunt da. „Oberst," sagte der junge Mann wieder ernst, „erlauben Sie mir, Ihnen zwei Rathschläge zu geben. Der erste ist: bieten Sie einem Corsen nie Geld, denn manche meiner Landsleute dürften so unartig sein, Ihnen dasselbe an den Kopf zu wer fen; der zweite: geben Sie den Leuten keinen Titel, den sie nicht in Anspruch nehmen. (Fortsetzung folgt.)