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chönbnM Tageblatt Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge find erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. und Waldenburger Anzeiger. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich L Mk. 5V Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Sonnabend, den 23. April 1881. Zum 53. Geburtstage Sr. Majestät -es Kochs Albert oon Sachsen. »4- Es blüht ein Land im deutschen Reich, Geschmückt mit Ruhm und Ehren, Sein Volk an Fleiß den Bienen gleich, Bekannt selbst über Meeren, Und dieses hochgerühmte Land Ist Sachsen, unser Vaterland. An seinen waldumkränzten Höh'n, Den duft'gen Blumenmatten, An Traubenhügeln saftig, schön Und an der Eiche Schatten Erkenn' ich dieses theure Land, Mein Sachsen, unser Vaterland. Den Fürsten, den die Krone ziert, Mög' Gott noch lang' erhalten, Und über Ihm, der mild regiert, Des Friedens Sonne walten! Ja, blühe fort, dn köstlich Land, Mein Sachsen, unser Vaterland! Weit über tausend Jahre alt, Beglückt mit Gottes Segen, Sein Name durch die Zeilen hallt, Klingt lieblich uns entgegen; Und dieses alte schöne Land Ist Sachsen, unser Vaterland. Es ist mit Recht ein Edelstein, Das Herz der deutschen Gauen, Dem wir gern unsre Liebe weihn, Vereint mit Gottvertrauen; O grüne feiner, herrlich Land, Mein Sachsen, unser Vaterland! Beschirm' das Fürstenhaus Wettin, Den König schütz' auf's Neue, Der Rautenkranz umgrüne Ihn, Erhalt' des Volkes Treue Und segne stets das deutsche Land, Mein Sachsen, unser Vaterland! Friedrich Kündet. Wekanntrnachung. In der Zeit vom 3.-9. d. M. ist dem Gasthofsbesitzer Hermann Heitzsch in Oberwiera aus seinem offenen Hofraum ein alter Schubkarren im Taxwerthe von 3 Mk. —mit eisernen Füßen, nicht gut paffendem, defectem Rade und Bandeisen statt gewöhnlicher Holzschienen am Ober- und Unter gestell, gestohlen worden, was zur Ermittelung des Thaters andurch bekannt gemacht wird. Waldenburg, den 19. April 1881. Der Königliche Amtsanwalt. Mücklich. "Waldenburg, 22. April 1881. Communisten, Socialisten, Nihilisten. I. Ein früheres Mitglied der preußischen Fortschritts partei, jetzt amerikanischer Bürger, veröffentlicht in der „New-Dorker Staatszeitung" über die Gefahren der socialistisch-nihilistischen Ausbreitung einen Arti kel, dem wir folgende hochinteressante Ausführungen entnehmen: Der an Alexander II. verübte Meuchelmord muß als eine Katastrophe ernstlichster und großartigster Bedeutung nicht nur für Rußland, sondern für das gesammte Europa und auch für unser Amerika auf gefaßt werden. Die Nachricht davon zuckte wie ein Blitzstrahl in dunkler Nacht über das auf seinem Wege vorwärts tappende Europa und ließ mit Einem Male erkennen, in welcher Lage und welchen Ge fahren ausgesetzt dasselbe sich schon seit Jahren be findet, ohne sich derselben recht bewußt zu werden, obgleich es an belehrenden und warnenden Zeichen nicht fehlte. Jetzt müssen auch dem Blödesten die Schuppen von den Augen gefallen und ihm klar geworden sein, daß der russische Nihilismus, der deutsche Socialismus und der französische Communis- mus nichts Anderes zu einander sind, als die Glie der einer Dreieinigkeit, wie eine solche thatsächlicher und solidarischer nicht gedacht werden kann. Daß die Socialisten mit den Communisten nicht nur sympathisirten, sondern auch eng und innig ver brüdert waren, darüber konnte schon vor 10 Jahren kein Zweifel mehr obwalten, als nach den Schrecken und Gräueln der Pariser Commune die deutschen Socialisten kein Bedenken trugen, ihre innigste Sym pathie mit den Mördern und Petroleurs offen und herausfordernd zu bekennen. Die Nihilisten in Ruß land ndessen hielt man bisher immer noch für eine ganz aparte Spielart von Revolutionsmachern, viel leicht und mit gutem Grund, weil Rußland der übrigen civilisirten Welt gegenüber seine ganz apar ten Zustände hat und mit ganz aparten Factoren rechnet. Der triumphirende Jubel aber, welcher die Kunde von dem nihilistischen Kaisermord in St. Petersburg gleichwie mit einem Mosesstab überall weckte und sprudeln ließ, wo immer auf der Erde es Socialisten oder Communisten, oder aus Rußland geflüchtete Nihilisten giebt, er hat den dunkeln Wol kenschleier unklarer Vorstellungen zertheilt und der menschlichen Gesellschaft eine Trias unzähmbarster, unversöhnlichster und unbarmherzigster Feinde ge zeigt, die gleich reißenden Thieren auf der Lauer liegen und mit lechzenden Zungen und gefletschten Zähnen zum Sprunge bereit sind. Und wenn die drei revolutionärsten Verbindungen bisher wenigstens äußerlich getrennt und auch nicht nach einem ge meinschaftlichen Plane zu Werke gingen, so wird das nunmehr anders werden, denn bereits ist aus London ein Aufruf erlassen worden, welcher die Nihilisten, die Communisten und die Socialisten der ganzen Welt einladet, gemeinschaftlich daselbst im Januar nächsten Jahres einen Congreß zu hallen. Das löscht die letzten noch vorhanden gewesenen Scheidelinien zwischen den genannten drei gemein gefährlichen Parteien aus und macht alle Zweifel schwinden; die menschliche Gesellschaft weiß jetzt, woran sie mit ihren professionellen Revolutions machern ist, und sie mag sich bereit halten, dem drobenden Unheil zu begegnen. Es fällt mir nicht ein, der socialen Frage ihre Be rechtigung abzusprechen, aber dieselbe ist nicht Das, wozu jene Revolutionäre sie zu machen so krampf haft bemüht sind. Ich meine, wir sollten unserm guten Geschick danken, daß es eine sociale Frage giebt, oder besser: daß diese öffentlich und auf dem Wege friedlicher Gesetzgebung gelöst werden kann. Wer da glaubt, die sociale Frage sei eine Ausge burt der Neuzeit, der irrt sich, denn so lange die Ungleichheit des Besitzes existirt, so lange befindet sich die Menschheit einer socialen Frage gegenüber. In früheren Jahrhunderten behandelte man die Sache nur anders. Die Mächtigen und Reichen klopften nämlich die Leibeigenen und Besitzlosen bei vor witzigen Fragen so lange mit Feuer und Schwert auf den Mund, bis dieselben entweder verstummten, oder sich aufbäumten. Glaubt man etwa, den furchtbaren Bauernkriegen sei keine sociale Frage voraufgegangen? Ein sociales Elend gab es gewiß, denn der dritte Mensch war damals ein Bettler, und es gab Bauern, die sich, als sie gehängt wer den sollten, zum ersten Mal in ihrem Leben satt gegessen hatten, während sie die Henkersmahlzeit vor sich gehabt. Und war es etwa kein sociales Elend, wenn in einer einzigen der im Mittelalter häufigen Hungerepidemien, in den damals dünn bevölkerten Ländern, Hunderttausende elend zu Grunde gingen, während die Reichen und die Mächtigen im Ueber- fluß schwelgten? "Waldenburg, 22. April 1881. Politische Rundschau. Deutsches Reich. In Regierungskreisen hat man sich entschlossen, die Neichstagswahlen im Monat October, wahr scheinlich in der ersten Hälfte des October aus zuschreiben. — Die Reichshaupstadt soll demnächst ein neues antisemitisches Blatt erhalten. Dasselbe führt den Titel „Deutsche Zeitung" und erhält den be kannten Or. Ernst Henrici zum Chefredacteur. Der Polizeipräsident von Berlin hat am 21. d. die Morgenausgabe des „Börsencouriers" auf Grund des Socialistengesetzes confiscirt. Das Blatt hatte den Artikel des Rocheforl'schen „Jntran- sigeant" über den Fürstenmord wiedergegeben. In Baden haben der Minister des Innern Stößer, und der Justizminister Grimm ihre Entlassung genommen. Der Großherzog hat dem Ministerpräsidenten Turban das Ministerium des Innern übertragen. Im Anschlusse hieran ver öffentlicht das „Gesetzverordnungsblatt" eine Ver ordnung des Großherzogs, betreffend die Organisa tion der oberen Staatsbehörden, durch welche das Handelsministerium aufgehoben und dessen Zustän digkeit dem Ministerium des Innern übertragen wird. Das Ministerium des großherzoglichen Hau ses wird von dem Ministerium der Justiz getrennt und mit dem Präsidium des Stacusministeriums verbunden; das Departement des Culius und des öffentlichen Unterrichts wird dem Justizministerium zugetheilt. Zum Minister der Justiz, des Cultus und des öffentlichen Unterrichts ist der Oberschul- rathsdirector Nokk ernannt worden. Oesterreich. Der österreichische Kronprinz war während seines ganzen Aufenthaltes in Triest überall Gegenstand enthusiastischer Kundgebungen. Unter den Salut schüssen des Admiralschiffs verließ der Kronprinz die Dacht „Miramare" und fuhr im offenen Wagen in der Adwiralsuniform durch die dichtgedrängte, begeisterte Evvivas rufende Bevölkerung in den be-