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von 35,000 Quästoren eingesammelt und dem Sta tistischen Bureau zugestellt. Die letzte Volkszählung in Großbritannien sand vor zehn Jahren statt. Der Prozeß gegen Most ist vor die Assisen verwiesen worden. Die englische Regierung sucht die Behauptung, zwei Regierungsmitglieder hätten die Most'sche „Freiheit" unterstützt, zu bestreiten. Das Organ des Cabi- nets Gladstone, die „Daily News" erklärt: „Die Behauptung der „Morningpost", daß der Unter staatssekretär des Auswärtigen, Dilke, und der Lord der Admiralität, Brassey, die von Most herausgege bene „Freiheit" finanziell unterstützt hätten, entbehre jeder Begründung." Die Nachrichten aus Irland lauten wenig tröstlich. In Ferbane hat die Anklage-Jury die Klage gegen nicht weniger als fünfzig Land-Liguisten zurückgewiesen, welche angeschuloigt waren, über Farmer und Geschäftsleute den gesellschaftlichen und geschäftlichen Bann des sogenannten „boz^ottinA" verhängt zu haben. Viele Jagdpartien sind abbe stellt, weil die Jagdhunds vergiftet wurden. In der Grafschaft Galway mußten hundert Poucemen aufgeboten werden, um bei massenhaften Pächter- Austreibungen zu assistiren. Die Liga sagte angeb lich jedem Pächter, der es auf gewaltsame Austrei bung ankommen laste, eine dreimonatliche Pension (?) von 1 Pfund Sterling per Woche zu. Die Fonds des Central-Comitös in Dublin werden fast nur noch aus Amerika geliefert, im Betrage von 2000 bis 3000 Pfund Sterling pro Woche. Die Kapi talien gehen von NewHork nach Frankfurt a. M. an Bankiers, welche mit dem amerikanischen Geld märkte Verbindung haben. Italien. In der italienischen Depulirtenkammer erklärte der Ministerpräsident Cairoli bezüglich des französischen Vorgehens in Tunis, daß ein angebliches Einver- ständniß zwischen Frankreich und England betreffs Tunis nicht existire. Das Recht Frankreichs, durch Grenzstämme hervorgerufene Unruhen zu unter drücken, sei unleugbar. Frankreich habe Italien und England formell erklärt, daß es sich Tunis nicht bemächtigen wolle. Zwischen Italien und England bestehe in Bezug aus die schwebenden Fragen mit Einschluß der tunesischen vollkommenes Einverständniß. Den formellen Erklärungen Frank reichs, welches keine internationalen Schwierigkeiten werde Hervorrufen wollen, dürfe man vertrauen. Cairoli fügte seinen Erklärungen noch hinzu, die französische Republik habe der italienischen Regierung mitgetheilt, sie werde keine Kriegsschiffe, sondern nur Truppen nach Tunis senden. Rußland. Die Prozeßverhandlungen gegen Ryssakoff und Genossen haben am 7. d. vormittags 11 Uhr be gonnen. In der Leitung des Kriegsministeriums soll dem nächst ein Aenderung bevorstehen. Rumänien. Der Senat nahm mit 34 gegen 5 Stimmen das Gesetz, betreffend die Ausweisung der Aus länder, welche die Staatssicherheit gefährden, mit dem Amendement an, daß Ermordungs- und Ver giftungsversuche gegen die Person eines fremden Staatsoberhauptes oder ein Mitglied seiner Familie ! nicht als politische Verbrechen anzusehen seien. Griechenland. § Sämmtliche Gesandte sind beauftragt, identische von den Konstantinopler Botschaftern redigirte und von den gesammten Cabineten gebilligte Noten der griechischen Regierung zu übergeben, worin dieselbe ersucht wird, die der Konferenzlinie substituirte neue Grenzlinie anzunehmen. Aus dem Muldenthale. *Glauchau, 6. April. Se. Erlaucht Graf Richard Clemens von Schönburg-Glauchau ist heute, von Gusow kommend, hier wieder eingetroffen. Se. Erlaucht .ourde bei seinem jüngsten Aufenthalte in Berlin sowohl von Sr. Majestät dem Kaiser Wil helm, als auch von Sr. K. und K. Hoheit dem Kronprinzen von Preußen in besonderer Audienz empfangen, und reichte hierbei Sr. Majestät dem Kaiser die seinem verstorbenen Erlauchten Herrn Vater verliehen gewesenen preußischen Orden zu rück. *Walde»burg, 8. April. Zur Aufnahme in das hiesige Lehrerseminar hatten sich in diesem Jahre 35 Adspiranten gemeldet, wovon 2 an anderen Seminaren, wo sie sich gleichzeitig um Aufnahme beworben hatten, ausgenommen wurden. Von den 33 zur Prüfung Zugelassenen wurden 21 für tüchtig befunden, gegen 6 lagen ärztliche Bedenken vor, 6 waren ohne genügende Vorbereitung. *— Mit der diesjährigen Osterprüfung in der hiesigen Bürgerschule ist wieder, und zwar in den beiden Classenzimmern 4 und 8, eine in der An zahl nicht unbedeutende und hinsichtlich der Qualität recht schmucke und verschiedenartige Ausstellung von Zeichnungen und weiblichen Handarbeiten verbunden. Bei einer Rundschau und bez. genauerer Um- und Ansicht dieser doch nur kindlichen Erzeugnisse, so wohl der Knaben, wie auch der Mädchen, kann man sich nur freuen über die Leistungen mancher Kinder und ihnen von Herzen wünschen, auch in Zukunft so strebsam zu bleiben. Erfreulicher und ermuntern der für Lehrer und Lehrerin würde es jedenfalls sein, wenn das Interesse daran von Seiten der Eltern mit der Zeit ein höheres würde. *— Abermals sind wir heute in der erfreulichen Lage, eines hier stattgefundenen Jubiläums Er wähnung thun zu können. Frl. Johanna Graf, Kammerfrau Ihrer Durchlaucht der Frau Fürstin von Schönburg-Waldenburg, feierte nämlich am heutigen Tage ihr 25jähriges Dienstjubiläum. Früh morgens brachte Herr Stadtmusikdirector Kleindienst mit seinem Chore der Jubilarin ein Ständchen und im Laufe des Tages erhielt dieselbe vielfache Ge schenke und Gratulationsschreiben, von den durch lauchtigsten Herrschaften unv von dem durchlauch tigsten erbprinzlichen Paare zu Potsdam sowohl wie von vielen anderen Seiten. *— In der heutigen Schöffengerichtssitzung er hielt der Strumpfwirker Christian Hermann Dost in Langenchursdorf wegen Beleidigung 5 Tage Haft zudictirt; außerdem hat er noch die Kosten des Verfahrens zutragen. Schöffen waren diesmal die Herren Gutsbesitzer Scherpe aus Oberwinkel aus Gerhard aus Franken. Aus dem SachsenLande. — Bei den jetzt stattfindenden Controlversamm- lungen werden die 12 Jahre 6 Monate bei der Armee theils in Dienst, theils als Beurlaubte Be theiligten aus der Landwehr in den Landsturm überwiesen. — Die sächsisch-böhmische Dampfschifffahrts-Ge sellschaft erzielte im verflossenen Betriebsjahre eine Gesammteinnahme von 691,598 Mark. Da dies mal die Dotation für den Neservefond wegfällt und auch das Reparaturen-Conto geringer belastet ist, so steht den glücklichen Actionären eine Dividende von 15—16 Procent bevor. — Wird für einen Gläubiger wegen einer noch nicht vollstreckbaren Forderung auf dem Grundstück des Schuldners ein Arrest eingetragen, so hindert s nach einem Erkenntniß des Reichsgerichts II. Hülfs- z senats, vom 21. Februar d. I., diese Eintragung - allerdings den Schuldner zum Nachtheil des Arrestan- j ten Hypotheken zu bestellen, dagegen ist ein anderer j Gläubiger mit einem vollstreckbaren Schuldtitel da- ! durch nicht gehindert, die hypothekarische Eintragung seiner Forderung auf dem arrestirten Grundstücke im Wege der Zwangsvollstreckung zu veranlassen, welche Hypothek dadurch ein Vorzugsrecht vor dem Arrestvennerk erlangt. Gelangt das Grundstück zur Subhastation, so wird aus den Kaufgeldern zu nächst der Inhaber der im Wege der Zwangsvoll streckung eingetragenen Hypothek und sodann erst der Arrestgläubiger befriedigt. — Am 6. d. nachmittags erfolgte in Dresden die Verhaftung des Kleiderhändlers und Geldver leihers Immanuel Jacob. Gleichzeitig ist auch dessen Geschäftsführer, Namens Bohin, dingfest ge macht worden. — Am 5. d. gelangte in Dresden die erste Nummer eines neuen „Dresdner Tageblattes" zur Ausgabe. Die Tendenz desselben ist eine fort schrittliche im Sinne der „Frankfurter Zeitung" und Feuilleton. Flitterwochen. Erzählung von Julins Wiesenthal. (Fortsetzung.) „Und hier unten — mit der Nachschrift rehabilitirt sie mich und meint, daß man sich nie von Vorur theilen gefangen nehmen lassen müsse, die persön liche Ueberzeugung solle allein die Meinung bestim men. Und hier — hierfür verdient sie wahrlich geküßt zu werden, wenigstens dis alabasternen Finger- chen, die es geschrieben; nur außerordentliche Men schen pflegen angefeindet zu werden, und er ist ein außerordentlicher Mensch!"—Ich bin ein außerordent- licher.Mensch! „Wie glücklich muß seine Frau sein!" — Außerordentlich glücklich, — Verwünscht, daß fie glaubt, ich sei verheirathet!" Meta war die Verwechselung der Bücher nicht entgangen, sie kam zurück, den Umtausch zu bewir ken. Wie sie aber den Maler in ihrem Tagebuch lesen sah, zog sie sich erschreckt und gerade nicht angenehm berührt, wieder zurück. „Sie soll nicht ahnen, daß ich indiscret gewesen bin!" setzte Gustav sein Selbstgespräch fort. Sie wird zurückkehren, den Jrrlhum gut zu machen, ich lege das Buch auf seinen früheren Platz zurück. — Das Eine steht fest, es giebt nun etwas Abwechselung. Sie ist nicht verheirathet — wenn ich nur erst meine Frau los wäre!" Mit diesem erklärlichen Wunsch räumte er in dem Vorsatz, beim Umtausch der Bücher durch Meta keine Verlegenheit zu berei ten, das Feld. Fehrmann war nach der Verwechselung Meta's mit Ottilien und dem Zusammenstoß mit Gustav Sommer in der erregtesten Stimmung vor dem Eingang zur Villa auf und niedergegangen, ohne sich selbst zunächst Rechenschaft über sein Handeln geben zu können. Der Gärtnerbursche Wilhelm, im Begriff, den Garten wieder aufzusuchen, machte seiner Directionslosigkeit ein Ende, indem er nach seinem Begehr sragte. „Ich suchte Dich! Du solltest mir einen Dienst erweisen!" „Befehlen Sie über mich!" „Ich habe einen Ehrenhandel." „Schöner Verdienst dabei?" „Du sollst Dich ohne Zögern nach der Stadt aufmachen, mir eine Brille vom Optikus zu be sorgen." „Ohne Erlaubniß meiner Herrschaft darf ich mich entfernen." „Fatal! So besorge mir wenigstens einen Brief." „Sehr gern!" „Er muß aber erst geschrieben werden. Schaffe mir Papier und Feder — aber schnell!" „Wie ist das anzufangen? Ich schreibe niemals. Doch — halt, da liegt Papier und Bleistift. Mit diesen Worten griff Wilhelm nach dem auf der Bank liegen gebliebenen Tagebuche Meta's und überreichte es Fehrmann. Dieser riß das erste Blatt — auf dessen einer Seite der jungen Dame Aufzeichnungen geschrieben waren und dessen andere, unbeschriebene Seite er zufällig an deren Mutter zu adressiren gedachte — heraus. Die fehlende Brille mußte es wohl entschuldigen, wenn er nicht fand, daß die Rückseite des für seine Zwecke benütz ten Papieres bereits beschrieben war. Er rückte sich Wilhelm, dessen Rücken ihm als Schreibpult dienen mußte, zurecht, und schrieb folgenden Brief, den Inhalt sich selbst langsam dictirend: Gnädige Frau! Verzeihen Sie das ungewöhnliche Format mei nes Briefes, den Mangel eines Couverts; der Bote kann übrigens nicht lesen. Wenn ich heute Morgen um eine Unterredung mit Ihnen bat, gedachte ich, von Ihrer Frau Tochter Ottilie da zu ermuthigt, von Ihnen deren Hand zu erbitten. Die Dame hat ein schnödes Spiel mit mir ge trieben, ich erfahre, sie ist verheirathet — mein Besuch würde gegenstandslos sein. Trotz alle dem die Benachrichtigung meiner Abreise. — Fehrmann. Das Geschriebene klein zusammenfaltend, ertheilte der Schreiber, welcher seinem Herzen erheblich Luft gemacht hatte, Wilhelm den Befehl, es gegen ein ansehnliches Bestellgeld an die Frau Rath von Wen del auszuyändigen. Der Auftraggeber wie der Beauftragte verließen den Garten. Beinahe athemlos kam Meta jetzt zur Bank ge eilt, ihr Tagebuch, welches von Fehrmann nach dem Herausrcißen des einen Blattes wieder auf seinen früheren Platz gelegt worden, zu holen. Sie nahm sofort Besitz vom ängstlich vermißten Gegen stand, welcher ihre und anderer Geheimnisse hätte verralhen können. „Gott sei Dank, daß, ich mein Tagebuch wieder habe!" sprach sie erleichtert vor sich hin. Er hat der Neugier nicht widerstehen können, meine Aufzeich nungen zu lesen! Er kann die Jndiscretion, welche ich von Weitem beobachtet habe, nicht in Abrede stellen. Nun weiß er, daß wir die Unwahrheit ge sagt, uns für junge Frauen ausgegeben haben, die hier ihre Flitterwochen verleben. Sie öffnete das Buch und bemerkte, daß ihre Auf zeichnungen fehlen: „Halt — Herr Maler! Sie haben sich den Beweis unserer Unwahrheiten — schwarz auf weiß — ange eignet! Der Seltsamkeit wegen haben Sie das Blatt herausgerissen und bewahren es zum Angedenken unter ihren Sammlungen auf! — Wenn ich ihm nur nicht begegne — ich schäme mich wirklich! — Aber habe ich dafür nicht sein Skizzenbuch mit meinem Bilde?" (Fortsetzung folgt.)