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11. d. melden, ist die Capitulation von Potschef- stroom annullirt worden, weil der Befehlshaber der Belagerer zugestand, daß er den Belagerten den Abschluß der Waffenruhe verheimlicht habe. Hübsche Handlungsweise. Italien. Wie verlautet, wäre das neue Kabinet unter Präsidentschaft von Depretis bereits constituirt; der seitherige Finanzminister, der Kriegsminister, der Unterrichtsminister und der Minister für öffentliche Arbeiten würden ihre Portefuilles auch in dem neuen Kabinete behalten. Rußland. Der kaiserliche Hof hat sich nach Gatschina (zwei Meilen südlich von Petersburg) begeben, um dort seinen Aufenthalt zu nehmen. Loris-Melikoff ist schwer erkrankt und soll durch Baranow ersetzt werden. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 13. April. Se. Durchlaucht der Erbprinz von Schönburg-Waldenburg ist heute früh, von Potsdam kommend, auf Schloß Waldenburg eingetroffen. *— Heute Nachmittag ist Se. Durchlaucht Prinz Sigismund von Schönburg-Waldenburg in Gegen wart der Hohen Fürstlichen Familie, der Lehrerin nen und Lehrer des Prinzen, der Fürstlichen Be amten, der Fürstlichen Hausdienerschaft und mehrerer zu der Feierlichkeit eingeladenen Damen und Herren aus der Stadt, in der Schloßkapslle vonHrn.Oberpfar- rerOr.Schumann feierlich confirmirt worden. Letzterer trat, nachdem mehrereVerse desLiedes„Mirnachspricht Christus, unser Held" von den Versammelten gesungen worden waren, an den Altar und sprach, zu dem Hohen Conftrmanden gewendet, in innigen, wahr haft ergreifenden Worten über das herrliche Bibel wort „Gieb mir, mein Sohn, dein Herz, und laß deinen Augen meine Wege wohl gefallen." (Spr. Salom. 23, 26.) Die Versammelten sangen nach beendeter Predigt: „Meinen Jesum laß ich nicht, weil er sich für mich gegeben". Der Hohe Confir- mand legte alsdann mir lauter und fester Stimme das christliche Glaubensbekenntniß ab und empfing, nachdem der Kirchensängerchor unter Leitung des Hrn. Cantor Mehr die Motette „Sei getreu bis in d<m Tod" gesungen hatte, den kirchlichen Segen. Mit dem Gesang „So laßt uns denn dem lieben Herrn mit Leib und Seel nachgehen", dem Segen und dem Gebet des Herrn schloß die Feier. An dieser Stelle darf wohl auch der Wunsch ausgesprochen werden, daß dis vollendet schöne Rede des Herrn Oberpfar rers durch Druck vervielfältigt und so weitern Krei sen zugängig gemacht werden möchte. *— In der kleinen Gaststube des Rathskellers hier wurden am gesterigen Abend unter Anwe senheit einer großen Anzahl von Gewerbevereins mitgliedern diejenigen Lehrlinge, welche die Ge hilfenprüfung vor der Prüfungscommission des hie sigen Gewerbevereins bestanden haben, unter feier licher Ansprache seitens des Vorsitzenden Herrn Wirthschaftsdirector vr. Lamprecht aus der Lehre Feuilleton. Flitterwochen. Erzählung von Julius Wiesenthal. (Schluß.) Meta's Verwirruung war groß, es währte eine Weile, bevor sie die Worte fand, der peinlichen Situation ein Ende zu machen. „Handelt es sich nicht wieder um eine Künstler- Allegorie?" „Das dürfen Sie Meta. Auch die Allegorie mit der Frau in Italien soll ihre Verwirklichung finden. Ich kenne Ihre Vorliebe für Naturschönheiten, Ihren Sinn für alles Große und Edle. Wollen Sie mit mir nach Italien gehen?" „So ohne Weiteres?" war Alles, was die er staunte Frau Natb von Wendel einzuwenden ver mochte. Vor ihren sehenden Augen, mit ihren Ohren mußte sie das Unglaubliche erleben und vernehmen: ihre sorgsam getroffenen Vorsichtsmaßregeln gegen den gefürchteten Künstler erwiesen sich als unzuläng lich, sie stand vor geradezu unabwendbaren That- sachen. Die kurze Frage: „So ohne Weiteres?" war ihr vorläufiger Protest — und sie sank ermat tet auf die Bank nieder. Auch die Frau Commer- zienräthin Sommer war nicht sonderlich erbaut von der soeben erlebten Ueberraschung, ein stummer, wenn schon vorwurfsvoll beredterBlick trafihrenSohn. „Du wirst dem Glücke Deines Kindes nicht im Wege stehen, Mama!" Auch Gustav hatte sich seiner Mutter genähert und sie mit stummem Händedruck zu beschwichtigen versucht. Die gute Dame blickte auch weniger entlasten. Es waren dies 1., der Schmied Oscar Hildebrand aus Schloßchemnitz, ausgelernt bei Hrn. Schmiedemeister C. I. Lieske zu Nieder-Callenberg; 2., der Strumpfwirker Heinrich Gräfe von hier, ausgelernt bei Hrn. Strumpfwirkermeister August Bretschneider hier; 3., der Schlaffer Gustav Eduard Alfred Lönnborg aus Berlin und 4., der Schlaffer Hermann Ochs aus Plohn, letztere beiden ausgelernt bei Hrn. Schloffermeister August Mai hier. Der Erstere erhielt die Cenfur „gut", die letzteren Drei die Censur „sehr gut". Zugleich waren die von den Ausgelernten gefertigten Arbeiten mit ausge stellt worden; es waren dies eine schmiedeeiserne Deichsel- und Brustkette, ein Paar Damenstrümpfe, ein eisernes Thor su miniatm-s, ein französisches Kasten schloß mit schließender Falle und ein Paar eiserne Wandträger. Sämmtliche Arbeiten erregten die gerechte Bewunderung der Anwesenden. * — Unter dem Rindviehbestande des Gutsbe sitzers Christian Friedrich Wilhelm Stiegler in Langenchursdorf ist nach einer Bekanntmachung des Gemeindevorstandes daselbst die Maul- und Klauen seuche ausgebrochen. * — Der Unbekannte, welcher in Zwickau Rohr stühle zum Beziehen gesammelt, aber nicht wieder abgeliefert hat, hat das gleiche Manöver auch in hiesiger Stadt in mehreren Fällen mit Erfolg aus geführt. Hoffentlich gelingt es, den sauberen Bru der recht bald abzufasten, ehe die Stühle in dritte und vierte Hand übergehen. * — Am Sonntag wurde hier im Parke zu Grüne feld die erste Schwalbe beobachtet. „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer", sagt zwar Aristoteles, aber trotzdem wollen wir das Factum hier regi- striren. * — Den Landbriefträger i können bekanntlich auf ihren Bestellgängen gewöhnliche und eingeschrie bene Briessendungen, Postanweisungen, Nachnahme sendungen, Briefe mit Werlhangabe im Einzelnen bis zum Werthbetrage von 150 Mark und nach Befinden auch Packete — Werthpackete ebenfalls bis zu 150 Mark Einzelwerth — zur Abgabe bei der nächsten Postanstalt übergeben werden; auch Zeitungs gelder nehmen dis Landbriefträger zur Ausführung der Zeilungsbestellungen von den Landbewohnern entgegen. Jeder Landbrieflräger führt auf seinem Bestellgange ein Annahmebuch mit sich, in welches er die vorbezeichneten Sendungen — mit Ausnahme der gewöhnlichen Briefsendungen — und die Zei lungsbestellungen einzutragen hat. Den Absendern ist aber auch frei gestellt, die Sendungen selbst ein zutragen, der Landbriefträger muß ihnen auf Ver langen das Buch zu diesem Zwecke vorlegen. Es ist den Absendern dringend zu empfehlen, entweder die Sendungen selbst in das Annahmebuch einzu tragen oder darauf zu halten, daß der Landbrief träger die Eintragung sogleich beim Empfange der Sendungen rc. in Gegenwart der Absender besorgt. Das Annnahmebuch des Landbriefträgers wird nach jedem Bestellgange durch einen Beamten der Post anstalt durchgesehen, und es ist auf diese Weise die sichere und pünktliche Weiterbeförderung der in diese Annahmebücher eingetragenen Sendungen sicher ge- finster in die Welt als die Frau Rath von Wendel. Noch immer überwältigt von dem Vor gefallenen, gekränkt, ihre Pläne durchkreuzt und sich vermeintlich hintenangesetzt zu sehen, fand sie nicht die paffenden Worte, ihrer Entrüstung den ge hörigen Ausdruck zu geben — wenigstens für den Anfang nicht. Meta nahm dieses Stillschweigen für Zustimmung, sie glaubte, die Mutter von ihrem jungen Glücke bis zur Sprachlosigkeit gerührt. Frei von jedem drückenden Befangensein, ihrer Mutter stillschweigende Einwilligung sicher, ließ sie Gustav nicht länger in Ungewißheit. „Ich gehe mit Ihnen nach Italien! O, wie freue ich mich: wir werden Venedig sehen, Florenz, Rom, das Kapitol —" Und die Gänse!" fiel Frau von Wendel ein. „— Und überall, wohin wir auch gehen, wirst Du mein Modell zur Madonna sein!" über tönte Gustav's Liebesversicherung die wenig schmei chelhafte Unterbrechung der zürnenden Mama von Wendel. „Hörst Du, Mama: Sein Madonnen-Modell", versuchte Meta jetzt, die Mama für ihr Glück zu interessiren. „Frau Commerzienrath Sommer, als betheiligte Mutter und Wirthin, hielt es für gerathen, den vollzogenen Thatsachen volle Rechnung zu tragen. Sie wandte sich mit freundlichen Begrüßungen zu Ottilie und Fehrmann, zu Meta und ihrem Sohne Gustav: „So sind alle Besorgnisse recht erfreulich zerstreut worden. Anstatt der vorgegebenen Heirathen sind nun wirkliche Bündnisse geschloffen worden und die stellt. Den Posteinlieferungsschein über die betr. Sendungen bzw. die Zeitungsgeld-Quittung muß der Landbriefträger bei dem nächsten Bestellgange überbringen. Aus dem Sachsenlande. — Durch die jüngste Ausloosung hat sich die säch sische Staatsschuld um mehr als zwei Millionen M- vermindert. — Das Militär-Wochenblatt veröffentlicht jetzt auch die Personal-Veränderungen, welche im säch sischen Armeecorps infolge der Neuformirung zweier Infanterie-Regimenter stattaefunden haben, und ist daraus nun zu sehen, daß diese Regimenter, welche die Nummern 133 und 134 tragen, zuvörderst an einem Mangel jüngerer Offiziere leiden werden, der es fraglich erscheinen läßt, ob sie überhaupt gehörig dienstlich functioniren können. Das eine Regiment hat nur 13, das andere nur 12 Seconde-Lieute- nants erhalte». Es herrscht eben im sächsischen Armeecorps ein noch nicht dagewesener Offiziers mangel, dem selbst der Uebertritt vieler Offiziere aus fremdem Dienste und aus der Reserve resp. Landwehr nicht hat abhelfen können. — Bei der am 11. d. M. im König!, steno graphischen Institut unter Vorsitz des Jnstitutsvor- standes Professor Krieg stattgefundcnen Lehramtsprü fung in der Stenographie erhielten die Studenten Alfred Körner, Emil Körner und Eugen Herrmann, sowie der Seminar-Oberlehrer Schulze-Bautzen und Lehrer Hartmann-Ohrdruff das Zeugniß der Be fähigung. Der Erstgenannte erhielt die Note I vorzüglich befähigt). Als Examinatoren fungirten die Herren Professoren VI)r. Zeibig, Oppermann, Rotter und vr. jur. Rätzsch. — Die Verhandlungen des Reichstages erreichten bekanntlich in der Sitzung am 6. April dadurch ein jähes Ende, daß bei Namensaufruf sich die Be- schlußunfähigkeit des Hauses Herausstellle, indem nur 147 Abgeordnete anwesend waren und nicht zu erwarten stand, daß vor dem Osterfeste sich wie der ein beschlußfähiges Haus ergeben werde. Von den sächsischen Abgeordneten waren noch anwesend die Herren Ackermann, Eysoldt, Holtzmann, Kayser, Landmann, Reich, vr. Rentzsch, Schmiedel, vr. v. Schwarze, vr. Stephani, Vopel; die übrigen 12 sächsischen Abgeordneten fehlten theils entschuldigt, theils unentschuldigt. — Am 11. d. vormittags erfolgte in Dresden die feierliche Vertheilung der Preise der königl. Akademie der bildenden Künste und erwies sich hier bei Friedrich Helbig aus Blasewitz, ein Schüler des Professor Schilling, als der Glückliche, welcher für seinem „Prometheus mit dem geraubten Himmels feuer" den großen akademischen Preis, bestehend in dem auf 3 Jahre gewährten und pro Jahr 2400 Mk. betragenden Neisestipendium, erhielt. Die große goldene Medaille spendete man einem ehemaligen Schüler des Herrn Prof. Hähnel, Carl Röder aus Greiz, für seine schöne Gruppe „Adam und Eva nach dem Sündenfall." Außerdem gelangten noch wirklichen Flitterwochen müssen trotz allen projectir- ten Reisen auf meinem Landgute verlebt werden — das bitte ich mir aus." Allgemeine Zustimmung war der Lohn dieses annehmbaren Vorschlags „In Gnaden zugestanden!" versicherte die über- müthige glückliche Meta. „Unsere wirklichen Flitter wochen verleben wir hier." Kunstnotizen. Mit dem Ende Februar sind die deutschen Aus grabungen in Olympia eingestellt worden. Gefunden wurden von 1875 — 1881 an größeren Bildwerken, Gruppen, Statuen rc. 180 mehr oder minder vollständig erhaltene Gegenstände, 1500 Bruchstücke, 1000 Inschriften, 14,000 Kunstgegen stände aus Kupfer, 4000 aus Thon, 6000 Münzen rc. Nach der Ansicht des die Ausgrabungen leiten den Hrn. Treu sind davon ungefähr 2150 Gegen stände, welche die deutsche Regierung als Doubletten in Anspruch nehmen darf. Die vom deutschen Reichstage bewilligten Mittel haben zwar hingereicht, um die für die Archäologie wichtigsten Punkte in Olympia sestzustellen, aber es bleibt noch viel zu thun übrig und Griechenland wird die Ausgrabun gen fortsetzen, wenn auch langsamer. Franz Liszt, welcher augenblicklich in Wien weilt und vorigen Sonnabend im großen Saale des Mini steriums fürCultusundUnterrichtin einer musikalischen Soirsie mitwirkte, deren Einnahme der Gesellschaft vom rothem Kreuze und der Gründung einer Freischule in Lemberg gewidmet war, wird, am 15. d. zu längerm Aufenthalte in Weimar eintreffen.