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reichischen Rabbinern hatte sich eingefunden. Der lateinische Patriarch überreichte einen kostbaren Rosenkranz, die protestantischen Diakonissinnen einen Blumenstrauß. Der Besuch im Salomonischen Tempel (Omar-Moschee) fand ohne Störung statt. Der Gouverneur machte hierbei den Cicerone. Vor der Moschee stand ein halbes Bataillon Infanterie, das die militärischen Ehrenbezeigungen erwies. Der Gouverneur enthüllte den Stein, auf den der Hohepriester die Räucherpfanne stellte. Außen, bei einer Mauerruine, die allein den Juden zugänglich ist, standen viele derselben und beteten. Der Kron prinz sprach mit einigen der Andächtigen. Sodann hat er viele Kirchen, drei Klöster und eine Synagoge besucht, überall große Geldspenden zurücklassend. In der Heiligen-Grab-Kirche legte er ei» goldenes Herz als Geschenk seiner Braut nieder. Dem österreichi schen Hospiz spendete er sein Bilo. Aus dem MuideuLhale. *2Laldenburg, 5. April. Auf dem hiesigen alten Gottesacker werden gegenwärtig die Vorbereitungen zum Bau dec geistlichen Amtsgebäude getroffen und sind zu diesem Zwecke bereits einzelne Gräber aus gegraben worden. Die noch aufgefnndenen Ueber- reste der dort beerdigten Leichen werden gesammelt und in einer im neuen Gottesacker links aus- geworfenen Grube dem Schoße der Erde wieder übergeben. Bei der Fortschaffung der im alten Gottesacker bisher noch befindlich gewesenen alten ? Leichensteine, die kürzlich versteigert worden waren, fand man als Grundlage oben aufliegender Steine unter Anderm auch einen Leichenstein mit der Jahreszahl 1417, es läßt dies darauf schließen, daß bereits um jene Zeit der Beerdigungsplatz an dieser Stelle gewesen sein muß. *— Heiter lacht die Frühlingssonne von des Himmels lichtem Blau, und mit neuer Lebenswonne überströmt sie Flur und Au!" An diese Worte des Dichters erinnerte das heutige Wetter, wenn auch nicht geleugnet werden soll, daß es noch ein „bischen frisch" war. Die Sonne steigt von Tag zu Tag höher, sie beginnt mehr und mehr ihre freundlichen Strahlen in jene Winkelund Ecken zu werfen, wohin den Winter hindurch der Blick ihr ver schlossen war. Und wie lange wird es dauern, steht unser Muldenthal wieder in entzückender blühender Pracht, sind alle die Höhen und Berge ringsum ? mit herrlichem, dunklem Grün übergossen, das t unsere Umgebung zu einem der prächtigsten Punkte I des ganzen Muldenlyals macht. — In Zwickau sind in den ersten drei Monaten ? dieses Jahres bereits 59 Baugenehmigungen er- z theilt worden, während im vorigen Jahre bis zum ; gleichen Zeitpunkte nur 34 Baugenehmigungen er- : theilt waren. Zwickau wächst augenscheinlich ganz j rapid. In Glauchau dagegen werden die Woh- Feuilleton. Flitterwochen. Erzählung von Julius Miesenlhal. (Fortsetzung.) „Und als allmälig dunklere Schatten all' den Zauber eines erquickenden Maiabends ahnen ließen und tausend und abertausend gesiedelte Sänger kunstgerecht vom Blatte ihrs Melodien schmetterten, dem großen Kapellmeister am lichtblonden Katheder droben die Abendssrenade darzuoringen — da fühlte ich mich so selig, so glücklich, der Wirklich keit entrückt!" Gustav fühlte sich von dem bohen Sinn für alles Große und Schöne unwiderstehlich angeregt. Im Tone wahren Bedauerns äußerte er: „Es ist schade, daß Sie Ihrem Reisetrieb nicht folgen können! Sie sind an Pflichten — an einen Gemahl gebunden!" „Vielleicht, daß wir später reisen," lautete dis verlegene Antwort. „Nur in der Jugend ist man enthusiastischer Ausnahme fähig. Es ist wie mit dem Genüsse edlen Weines: in der Jugend zur Anregung und Begeisterung genossen, ist es ein Göttertrank, in späteren Jahren ein Medicament, die schlaffen Lebens geister aufzurütteln. — Und theilt Ihr Herr Gemahl Ihre idealen Anschauungen vom Leben?" Meta's Verlegenheit war keine geringe. „Er läßt mich gewähren," war Alles, was sie zu ent gegnen vermochte. „Das Gewährenlassen genügt nicht in allen Fäl len, namentlich da nicht, wo eine stimmungsvoll angelegte Seels nach Einklang, nach Ergänzung strebt." „Haben Sie diese Ergänzung gefunden? Sie sind verheiralhet!" bog Meta geschickt aus. Jetzt erst erinnerte sich Gustav, daß er auch für nungen immer leerer und die Einwohner immer weniger. — Schrecklich hat der Tod innerhalb einiger Wochen in einer Bergarbeitersfamilie in Zwickau gewüthet. Es starben erst ein 14jährigsr, wenige Tage später ein 4jähriger Knabe, dann die Mutter im Alter von 46 Jahren, und endlich eine 22 jährige Tochter. Alle vier Personen verstorben am Typhus. — Ueber den traurigen Vorfall in der Anstalt für Geisteskranke zu Colditz, wo ein Mann auf seinen Bruder schoß, erfährt man, das Ersterer als Grund seiner That angegeben hat, er habe erst seinen Bruder und dann sich selbst von den Qualen der Krankheit erlösen wollen, an welcher auch ein dritter Bruder leide. Aus dem SachseuLmwr. — Die Besetzung der Stellen der Obersten der neuen bez. vacant gewordenen Regimenter ist nun mehr erfolgt und haben Oberstlieutenant Lommatzsch das Regiment Nr. 133 und Oberstlieutenant von Polenz das Regiment Nr. 107 erhalten, während der bisherige Commandeur des 107. Regiments zum 134. Regiment in Zwickau befehligt worden ist. Sodann haben Oberstlieutenant Larraß das ; Straßburger Regiment Nr. 105 und der König!. ! Flügel-Adjutant Oberstlieutenant von Minckwitz das - Schützen-Regiment erhalten. Sämmtliche der Ge- ! nannten, sowie der Commandeur des 1. Bataillons ! des 4. Infanterie-Regiments Nr. 103, von Kirch- ! bach, sind von Sr. Majestät dem Könige zu Obersten i ernannt worden. Die Ernennung neuer Generale j ist noch nicht erfolgt. j — Die sächsische Staatsschuld vermindert sich . durch die jüngsten Ausloosungen um mehr als i 2,000,000 Mark. Von den ehem. fächs.-bayr. Eisenbahnacsien, dis 1855 in 3proc. Staatspapiere verwandelt wurden, kamen zur Ausloosung 48,000 Mk., am 1. October zahlbar; aus früheren Ver- loosungen sind noch abzufordern 34,200 Mk. An Sleuerkreditkassenscheinen 3proc. Staatsschuld von 1830 wurden 671,050 Mk., ebenfalls am 1. Octo ber zahlbar, ausgeloost; rückständig aus früheren Verloosungen sind noch 48,750 Mk. Von der 4- procentigen Staatsschuld von 1847 kommen am 1. October 966,000 Mk. zur Heimzahlung; 75,000 Mk. sind noch nicht abgefordert. Endlich wurde von den ehemaligen sächsisch-schlesischen Eisenbahnacsien, welche 1851 in 4procentigs Staatsschuldscheine ver wandelt worden sind und alljährlich nur einmal von der Verloosung berührt werden, ein Nominalbetrag von 332,700 Mk. ausgeloost, welcher bereits am 1. Juli, und zwar mit 7 Proc. Prämie, zur Aus zahlung gelangt. Rückständig sind aus früheren Jahren 51,000 Mk., deren Verzinsung aufgehört hat. — Um die Direction des Leipziger Stadtthealers sollen sich nicht weniger als achtundvierzig Bewerber verheiralhet galt. Gegen seinen besseren Glauben versuchte er die Vortheile des Gebundenseins in ziemlich complicirter Auseinandersetzung zu beweisen: „Ja. Für den Künstler ist diese Ergänzung mit unter unumgänglich nothwendig. Sie werden viel fach die Aufstellung gehört haben, ein Künstler solle sich nicht vor Erreichung seines höchsten Zieles bin den, da jede Fessel, sei sie noch so süß, ihn vom Himmel der Kunst zur Wirklichkeit der Erde herab ziehe. Oft aber ist das ewige Jrregehen nach Idealen die Ursache für Zersplitterung aller guten Kräfte und Eigenschaften, weshalb es angebracht erscheint, anstatt des Umherirrens seinen Engel auf einem bestimmten Platz suchen und finden zu müssen." „Es wäre mir interessant, Ihre Frau kennen zu lernen." „Sie hält sich — in Italien auf, wohin ich Studien halber bald zurückzukehren gedenke," wich Gustav aus. „Sie sind Maler, Sie werden doch ein Bild von ihr auf dem Heizen tragen!" „Solch' kleine Bilder, auf dem Herzen zu tragen, male ich nicht; ich male nur große Bilder. Doch — wenn Sie gestatten, zeige ich Ihnen eine Skizze meiner Angebeteten." Bei diesen Worten erhob Gustav sich von der Bank und eilte dem Hause zu, scheinbar froh, dem peinlichen Verhör entkommen zu sein. Sobald er aber sicher war, von Meta für abwesend gehalten zu werden, kehrte er auf den Fußspitzen unbemerkt zurück, faßte hinter einem Baume, von welchem aus er Meta in's Profil schauen konnte, Posto, und begann eifrig in sein Skizzenbuch zu zeichnen. In zwischen war auch Herr Fehrmann wieder auf dem Schauplatze erschienen; seine tadellose, nur für be stimmte Fälle geeignete Toilette verräth, daß er nun doch wohl den männlichen Entschluß gefaßt, bei wirklich ver- gemeldet haben. Die Entscheidung darüber wird schwerlich vor Ende Mai erfolgen. — Am Freitag früh kurz nach 8 Uhr wurde in einer im 3. Stock des Hauses Nr. 22 der kleinen Fleischergasse in Leipzig gelegenen Wohnung ein Brand bemerkt und durch die herbeigeeilte Feuerwehr gelöscht. Die Wohnung wurde von einer nicht un bemittelten, im 61. Jahre stehenden Leyrerstochter, Fräulein Minna Kreußler aus Leipzig, allein be wohnt. Nach Zertrümmerung der Saalthüre fanden dis Feuerwehrleute in der mit Rauch angefüllten Wohnung die Bewohnerin todt und an mehreren Stellen des Körpers angebrannt auf den Stuben dielen liegend, das Bett, worin dis Verunglückte gelegen, fast ganz vom Feuer verzehrt vor. Die Entseelte war angekleidet und ist jedenfalls beim Le sen vom Schlaf übermannt worden und darauf der Brand entstanden. Nach der kurz darauf vorge nommenen genauen Untersuchung der Sachlage und Besichtigung des Leichnams kann mit Gewißheit be hauptet werden, daß kein Verbrechen, sondern ein Unglücks fall hier geschehen ist. — Der Spinnereibesitzer D. in H. bei Chemnitz hatte letztwillig bestimmt, daß er in Gotha durch Feuer bestattet zu werden wünsche und die Hinter lassenen erfüllten natürlich diesen Wunsch. Beim Fortbringen der Leiche aus der Behausung ersuchten dieselben den dortigen Pastor K., die christliche Ein segnung vorzunehmen. Dieser aber verweigerte dies, „da Herr D. durch den Wunsch, in Gotha durch Feuer beerdigt zu werden, ein christliches Be- gräbniß abgelehnt habe". Die Geistlichkeit in Gotha hat aber bereitwillig dem Verstorbenen die letzten kirchlichen Ehren erwiesen und ihrer Verwunde rung über die Weigerung des vorerwähnten Geist lichen Ausdruck gegeben. — Das ursprüngliche Deficit des Pausaer Vor schußvereins betrug circa 300,000 M. Nachdem die Mitglieder auf ihre Stammeinlagen verzichtet und freiwillige Beiträge gesammelt hatten, blieben bis vor Kurzem noch annähernd zwei Drittheils ge nannter Summe zu decken. Die Mitglieder sind nach ihrer Leistungsfähigkeit eingeschntzt worden und gegenwärtig werden fortgesetzt Forderungen abgestoßen. Gläubiger haben ganz namhafte Nach lässe bewilligt. — Vom seitherigen Redacteur der „Glauchauer Abendzeitung", Bielich, wird in Crimmitschau die Herausgabe eines Tageblattes beabsichtigt; dasselbe soll seine Verbreitung in sämmtlichen umliegenden Städten finden. Crimmitschau wird hiernach drei Blätter haben. Viel Holz! — In Pirna soll demnächst ein eigenthümliches Auctions-Objekt unter den Hammer kommen: eine Kaserne. In der Nähe des dortigen Feldschlößchens hatte nämlich ein Bau-Unternehmer auf eigenes Risiko diese Kaserne gebaut und war von verschie denen Seiten in der Annahme bestärkt worden, daß, Frau von Wendel um Ottilie zu werben. Nur wenige Minuten wollte er sich auf den schweren Gang vorbereiten, als leise geflüsterte Worte, ganz aus der Nähe an sein Ohr klingend, seine Auf merksamkeit erforderten. Es war Meta, welche bei der ringsum herrschenden Stille ein für den Lauscher ziemlich vernehmbares Selbstgespräch hielt: „Wie ungerecht man ihn verketzert hat! Seinet wegen war es nicht nöthig, uns für verheirathete Frauen auszugeben! Sie sind an Pflichten, an einen Gemahl gebunden! Wie er das sagte, klang beinahe ein Ton des Mitleids durch. Aber auch er ist gebunden!" Das Erlebte in ihr neu angelegtes Tagebuch ein- zutrogen war die zunüchstliegende Beschäftigung. Sie schloß ihre Aufzeichnungen mit der Sentenz: „so bin ich denn auf allerhöchsten Befehl ver- heirathet!", welche sie ziemlich laut recsipitulirte, so daß sie der nicht weit davon stehende Fehrmann vernahm. „Sie sind verheiralhet?" fragte er, erstaunt näher tretend. l Meta fuhr erschreckt in die Höhe unp antwortete: „Ja! Wer sind Sie, mein Herr?" s „Verheiralhet!" fuhr er in vorwurfschollem Tone fort. „Ist es möglich? Und Sw gab^n mir trotz alledem Hoffnung, ermuthigten mich) bei Ihrer Frau Mutter um Sie zu werben!" j „Ich verstehe von alledem kein Wort»" war Alles, was Meta auf die ihr unverständliche Mede zu ent gegnen wußte. heirathet?" „Ja, aber —" (Fortsetzung folgt.) „Aber ich fange an, zu verstehens Sie haben mich zum Besten gehabt. Sind Sie