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1en, daß es sich bei der Beschickung der Conferenz für die deutsche Reichsregierung nicht um einen Akt politischer Courtoisie, sondern um den ernsten Ver such einer internationalen Verständigung über die Währungsfrage handelt. In Münster hat am 14. d. ein von etwa 800 Handwerksmeistern besuchter westfälischer Hand werke rtag stattgefunden, der sich zu Gunsten der obligatorischen Innungen aussprach. Oesterreich. Bei der letzten Volkszählung wurde alsUmgangs- sprache in der Armee angegeben: bei 97,753 deutsch, 45,748 tschechisch, mährisch, slovakisch, 19,678 polnisch, 18,557 ruthenisch, 7901 slovenisch, 20,671 kroatisch und serbisch, 3669 italienisch, 11,281 rumä nisch, 46,216 magyarisch. 69 Prozent konnten so wohl lesen als schreiben, 4 Prozent blos lesen, 27 Prozent weder lesen noch schreiben. In der Sitzung des Abgeordnetenhauses in Wien am 11. d. wurde die angekündigte Novelle zum Grundsteuer-Gesetz, wodurch Krone und Regie rung ihr den mnerösterreichischen Bauern gegebenes Versprechen einzulösen gedenken, durch den Finanz minister überreicht. In diesem Gesetzentwürfe wird die Grundsteuer-Hauptsumme für sämmlliche König reiche und Länder nur mit 37,500,000 Gulden, folglich mit jenem Betrage veranschlagt, welcher sich nach der bisherigen Vorschreibung ergiebt. Es fällt dabei noch ins Gewicht, daß nach dem Gesetze diese Summe während der folgenden 15 Jahre nicht er höht werden darf. Weiteres enthält dieser Gesetz entwurf für jene Grundsteuerträger, bei welchen sich eine Steuererhöhung ergiebt, die mehr als 10 Prozent der jetzigen Grundsteuer beträgt, mannigfache Ueber- gangsbestimmungen. Die Prager Organe bestätigen, daß sich die Regierung in der Universitätsfrage für eine geson derte tschechische Universität entschieden habe. Diese soll in einem Zeiträume von fünf Jahren ins Leben gerufen werden. Die philosophische Facultät wird den Anfang machen, weil für diese die meisten Lehrkräfte bereits vorhanden sind. England. Nach aus Paris eingegangenen Informationen hätte die Reise Parnsll's dahin den Zweck, im Interesse der Landliga gewisse finanzielle Arrange ments zu treffen und den Sitz der Centralleitung der Liga in Paris aufzuschlagen. Zu diesem Schritte sei Parnell durch die Wahrnehmung ver anlaßt worden, daß die englischen Behörden die Briefe der Häupter der Liga öffnen und durchsehen ließen. Parnell habe sich auch nach Frankfurt a. M. begeben, um den Fond der Liga dort unterzubringen. Die Absicht, nach Amerika zu reisen, habe Parnell zur Zeit aufgegeben, werde vielmehr in einigen Ta gen nach London zurückkehren. Türkei. Der englische Botschafter Göschen bat vom türki- Feuilleton. Irene. Erzählung von A. Wels. (Fortsetzung.) „Zu meiner Schande muß ich es gestehen; — es ist aber auch schon ziemlich lange her, gnädiges Fräulein." „Warst Du dem Herrn sehr böse, Mama? .. ." „Ich weiß es nicht mehr — wahrscheinlich nicht sehr; denn als man uns . . . bald darauf trennte, weinte ich heftig." Was war das? . . . Warum diese Lüge? . . . Es war doch nicht möglich, daß sie alles andere ver gessen hatte! . . . Nein! Denn der scheue Blick, den sie auf mich warf, zeigte mir deutlich ihre Befürch tung, daß ich ihr widersprechen würde. — Natürlich schwieg ich. „Ich habe nie einen Spielkameraden gehabt" — meinte das junge Mädchen, indem sie mit einem Anflug von Träumerei ihren schönen Kopf neigte — „es muß reizend sein, wenn man sich nach Jahren wiedersieht, sich gegenseitig all' die kleinen Details der Kindheit in's Gedächtniß zurückzurufen." Sie hatte Recht, aber weder die Baronin noch ich, hatten bisher daran gedacht. Die Unterhaltung nahm jetzt einen ganz anderen Gang; — die Heiterkeit des jungen Mädchens gab derselben ein neues Leben. Es war, ... bei Gott, es war, als wenn sie das einzige lebendige Wesen in ihrer Familie sei, dermaßen stach ihre sprudelnde Lebensfrische von dem kalten, geisterhaften Wesen der Andern ab. Mit rührender Sorgfalt beschäftigte sie sich mit ihrem Vater; — ihre Stiefmutter schien für sie eine ältere Schwester zu sein, und selbst der Herr Staatsanwalt thaute ihr gegenüber, wie man zu sagen pflegt, auf und beantwortete diesen oder jenen schen Minister des Auswärtigen die Versicherung friedlicher Absicht seitens der Pforte erhalten. Die gleiche Versicherung soll auch aus Athen einge langt sein. Die Botschafter enthalten sich übrigens jeder Unterhandlung bis zur Ankunft des Grafen Hatzfeld. Aus dem Muldenthale. "Waldenburg, 16. Februar. Bei dem gestern Nachmittag in der Chares'schen Restauration zu Altstadt-Waldenburg abgehaltenen Amtstag der Herren Gemeindevorstände undGsmeindevertreter wurde dem in Ruhestand getretenen Gemeindevorsteher Herrn Müller in Langenchursdorf das ihm infolge seiner langjährigen und treuen Dienste von Sr. Majestät dem König verliehene Albrechtskreuz von Hrn. Amts hauptmann Geh. Regierungsrath v. Hausen unter feierlicher Ansprache eingehändigt. — Die Pauliner in Leipzig wollen in den ersten Tagen des Monats März der Castnogesellschaft in Glauchau einen Besuch abstatten. Dieselben wollen in der Glauchauer Stadtürche eine größere musika lische Aufführung zu wohlthätigen Zwecken ver anstalten. Mus dem SuchsenLande. — Durch die in unserm Erzgebirge und neuer dings auch im Vogtlands bestehenden Klöppelschulen werden nicht allein tüchtige Klöpplerinnen herange bildet, sondern es wird auch den Kindern Gelegen heit zu einem wenn auch sehr mäßigen Erwerb ge boten. Die 50 Schülerinnen der Klöppelschule zu Schwarzenberg verdienten im vorigen Jahre zu sammen 524 Mk. 89 Pf.; der höchste Verdienst betrug 33 Mk. 61 Pfg. Anerkennenswerth ist es, daß bei den Klöppelschulen auch eine Einrichtung besteht, nach welcher die Kinder veranlaßt werden, kleine Spareinlagen zu machen; von den obenge nannten Schülerinnen wurden im Jahre 1880 62 Mk. 21 Pf. Spareinlagen erzielt. Der Staat unterstützte die Klöppelschule zu Schwarzenberg pro 1880 mit 350 Mk., während die Stadtgemeinde 120 Mk. zu den Kosten der Schule beitrug. Leider werden auch in der Spitzenfabrikation die Arbeits löhne mehr und mehr gedrückt, und nur die Händler sind es, die dabei verdienen. — Im städtischen Verein zu Meerane sprach am 14. d. vr. Jerusalem aus Leipzig über „die Auf- t gaben der nächsten Reichstagssession." Redner i empfahl ein Zusammengehen der conservativen und ' progressiven Parteien gegenüber den Ultramontanen I nnd Socialdemokralen. Seit 1878 sei die Frage ' heraufbeschworen: Freihandel oder Schutzzoll?" I Besser sollte es heißen: Freihandel und Schutzzoll! . Directe und indirekte Steuer! denn alle haben ihre j Fehler wie ihre Vorzüge. Die Börsensteuer sei recht ihrer Scherze gleichfalls mit einem Scherz, ein Ding, das mir eine Stunde vorher außerhalb aller Mög lichkeit erschienen wäre. — Aus mich machte dieses seltsame Mädchen den Eindruck des ersten Sonnen strahls uach qualvoll durchwachter Nacht. Die Ge sellschaft, in der ich mich seit einer Stunde befand, hatte, ich wiederhole es, so etwas Düsteres, Unheim liches, daß ich sie sicherlich ein ander Mal nicht wieder ausgesucht haben würde; vielleicht war es aber auch nur diese Gesellschaft, in welcher mir Irene als solch ein leuchtender Kontrast erscheinen und mich augenblicklich für sich einnehmen konnte. „Doch Apropos", rief sie mit einem Male — „ich wußte doch, daß ich mich über etwas ärgern müsse. Denke Dir, Mama, der schlechte Mensch, der Hegemann, den ich gestern schon auf den Bahn hof geschickt habe, damit er keinen Zug verpasse und gleich, wenn er den Herrn Staatsanwalt aussteigen sehe, herlaufe und uns davon in Kennlniß setze — er Hal es heute versäumt — und mir die Ueber- raschung verdorben, welche ich für Herrn von Stern feld vorbereitet halte." „Wie, Irene ... Du warst es, die ihn dorthin gesandt hat?" fragte dieser. „Freilich ... denn . . „O das ist schlimm — unangenehm; denn man wird ihn sicherlich fragen, warum er sich auf dem Bahnhofe befand und wenn er die Wahrheit sagt, dann ... o es ist äußerst unangenehm — dann wirst auch Du vernommen werden müssen." Der Hauch von Lebenssrische, welcher durch die Ankunft des jungen Mädchens über die Familie ge weht hatte, war jetzt mit einem Male wie weg gefegt. Man sah sich bedenklich an — man seufzte und schlug die Blicke zu Boden. Doch die Neu gier Jrene's mußte befriedigt werden und der Staatsanwalt erzählte ihr in wenigen Worten das Vorgefallene. und billig, die Wehrsteuer könne ein gefährlicher Weg werden, das allgemeine Wehrsystem zu durch löchern und dort die Steuer zu erheben, wo großes Vermögen eine hohe Abschätzung erlaube. Die Brausteuer sei nur dann zu bewilligen, wenn auch die Branntweinsteuer erhöht werde. Das Tabaks monopol erfordere eine zu hohe Abfindungssumme und könnte erst in zehn bis zwanzig Jahren einiges Erlrägniß bringen. Es sei überhaupt davor zu warnen, alles auf den Staat abzuwälzen. Auch das Unfallversicherungsgesetz sei ein Stück Staats- socialismus. Der Antrag auf zweijährige Budget perioden sei unannehmbar. Zum Schluß forderte der Redner zur Unterstützung der Ordnungspar teien auf und warnte, durch Lauheit und unbe gründete Opposition das große Werk des Reiches zu Grunde zu richten. — Im Auclionslokale des königl. Amtsgerichts zu Crimmitschau gelangte am 15. d. vormittags ein Theil der zur früheren socialdemokratischen Genossen schafts-Druckerei gehörigen Schriften und sonstigen Utensilien zur öffentlichen Versteigerung. Dieser Theil der Schriften war von einem Gläubiger der Genossenschafts-Druckerei gerichtlich abgepfändet wor den, während der andere Theil, der Zwickauer Bank gehörig, sich noch im früheren Arbeitslocal befindet, also nicht, wie früher berichtet, nach auswärts ver kauft ist. — In den siebziger Jahren hatte ein Besitzer in Calluberg mtt der Schützengesellschaft, der er selbst angehörte, einen Vertrag abgeschlossen, worin der selbe sich verpflichtete, der Gesellschaft behufs Er bauung eines neuen Schützenhauses mit Tanzsaal ein ihm gehöriges Grundstück auf 25 Jahre pacht weise zu überlassen. Der Verpächter behielt sich aber vor, daß dieser Vertrag gekündigt werden könne und nach Ablauf eines Jahres aufgehoben sei, wenn die Gesellschaft mit dem Pachtzins im Rückstände bleibe oder denselben an einem Termin nicht zahle. Der Pachtzins des letzten Termins wurde um 4 Tage zu spät bezahlt und der Grundeigenthttmer bestand wie Shylock auf seinem Schein und kündigte den Vertrag. Die Gesellschaft hat sich nun ent schlossen, ein Grundstück käuflich zu erwerben und haben bereits zwei dortige Bürger ihre dazu geeig neten Grundstücke angeboten. Demnächst soll nun die Belehnung und alsdann der Abbruch und Ueber- tragung des Schützenhauses von dem alten auf den neuerworbenen Schützenplatz vorgenommen werden. — In der Nacht zum Freitag ist in Hastrungs- feld bei Gotha ein so bedeutendes Feuer entstanden, daß zu befürchten ist, daß" der größte Theil des Ortes ein Raub der Flammen wurde. Das Feuer ist früh 3 Uhr ausgebrochen und war um 9 Uhr vormittags noch nicht bewältigt. Es liegt dringender Verdacht der Brandstiftung vor. — Im Mülsener Grunde, welcher zum großen Theil von Handwebern bewohnt ist, die bei gedrück- „Er ist doch ein Pechvogel", sagte sie lächelnd, und ohne daß, wie es mir schien, das ganze Ereig- niß einen merklichen Eindruck auf sie gemacht hätte — „wie lange wird es dauern, ehe man ihn frei lassen wird?" „Das kann ich nicht sagen; aber viel hängt davon ab, daß Herr Waldburg sich seiner annimmt." „Das werden Sie doch sicherlich thun, mein Herr?" „Gewiß, gnädiges Fräulein; — obgleich es mein Vorsatz nicht war, in diesem Städtchen zu verweilen." „Fürchten Sie sich nur nicht vor der Langeweile — wir werden Ihnen schon die Zeit vertreiben! Ich werde gleich ein Programm aufstellen. Ein Paar Stunden täglich müssen Sie uns schon von Ihren Reisen erzählen — das geht einmal nicht anders! — Dann können Sie mit Mama von ihren Jugend streichen plaudern und ich werde zuhören; — mit Papa lesen Sie die Zeitungen und dispuliren über Politik — mit Herrn von Sternfeld philosophiren Sie — dann machen wir, Mama nnd ich, Ihnen Musik, und ich führe Sie in den Bergen spazieren! . . . Sie sollen sehen, der Tag wird Ihnen wie eine Stunde vergehen!" „Ihr Programm ist so verführerisch, mein Fräulein, daß es den Hegemann der Gefahr aussetzt, daß ich seine Angelegenheit nur sehr lau betreibe, um recht lange Zeil hier bleiben zu können." „Fürchten Sie das nicht; der Herr Staatsanwalt hat mir schon so oft gesagt, daß die Gerechtigkeit am Ende immer die Wahrheit erfährt," — meinte sie schelmisch lächelnd, „daß mir das Schicksal unseres Schützlings ihr unbesorgt anvertrauen können!" (Fortsetzung folgt.)